Glossar, Chevalier

Herkunftserklärung

Thomas Richter aka Chevalier Die Herkunft seines "Namens" klingt in Muskater an ..
in etwas jüngeren Jahren sagte man Thomas eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit zu dem französischen Schauspieler Maurice Chevalier nach - c'est ca!
De Richy ist dann lediglich die naheliegende Frankophonisation des bis dato unberührten Nachnamens ..

Mit gebührender Achtung vor dem Adel ..
mikly

Chevaliere de Rici: Eine Legende wird geboren

Als ich im September des Jahres 1978 die Arbeitsgemeinschaft Schach an der damaligen Grundschule wieder ins Leben rief, konnte ich mich vor Teilnehmern nicht retten. 30 - 40 Kinder wollten permanent beschäftigt werden. Es waren hauptsächlich Kinder der unteren Klassen 1-6. Eine Ausnahme war dabei: Thomas Richter aus der 10. Klasse.
Für meine, mir selbst auferlegte Mission, war das ein glücklicher Umstand. Mit seinen schachlichen Grundkenntnissen und dank der allgemeinen Achtung, die er bei den jüngeren Kindern genoss (!), konnte ich ihn auf Anhieb als zweiten Übungsleiter einsetzen. Diese hierarchische Erhebung sollte für lange Zeit Bestand haben.
Sein "Machtstatus" ging erst nach dem Auftreten von Uwe Bombien und Andreas Weiß als Universalfunktionäre etwas verloren.
Für seine schachliche Entwicklung sorgte auch die Tatsache, dass ich eigentlich vorrangig in Zörbig als Übungsleiter tätig war. Schon aus diesem Grund wurde Thomas Richter, der zur damaligen Zeit neben dem Schach noch bei Chemie Wolfen als erfolgreicher Ringer tätig war und erst nach einem Sportunfall diese Kariere beenden mußte, in der Zörbiger Jugendmannschaft eingesetzt, die dann auch prompt Bezirksmeister wurde. Ein Titel, der bei der damaligen hohen Stellung des Nachwuchsschachs im Bezirk Halle gegenüber dem des Bezirks Magdeburg, durchaus mit einem heutigen Landesmeistertitel gleichzusetzen war.
Hauptwidersacher von damals war, wenn ich mich noch richtig erinnere, Merseburg mit den heute noch bekannten Spielern Dirk Wildenrath, Jens Härtig usw.
Hauptakteure der damaligen SSG Zörbig waren unter anderen die später nach Löberitz verschlagenen Uwe Bombien, Thomas Worch und Katharina Flegel sowie unser Thomas Richter.
Bald darauf kriselte es in Zörbig, resultierend unter anderen auch aus der Tatsache, dass Nachwuchsschach (SSG) und Erwachsenenschach (BSG Empor, später BSG VEM) nicht unter einen Hut kamen. Bei vielen Kindern scheiterte der Übergang vom Nachwuchsbereich in den Erwachsenenbereich.
Diese Diskrepanz mußte in Löberitz mit der Neugründung der Schachgemeinschaft ausgeschaltet werden, denn hier sollten und konnten die Nachwuchsspieler ohne Probleme in die Erwachsenenmannschaften hinein wachsen. Nun wurde ja in Löberitz - wie ja viele inzwischen gelernt haben - nicht nur Schach gespielt, sondern auch viele gesellige Unternehmungen gestartet. Bei vielen Reisen, Wanderungen und Ausflügen wurde dann so das eine oder andere Glas oder die eine oder andere Flasche geleert. Da zeigte es sich immer, dass unser -inzwischen volljähriger Thomas- eine großzügige Art an den Tag legte. "Herr Ober bring' Se Mal noch ne' Runde", "Wieviel Geld soll ich Dir borgen" oder "Was kostet der Spaß? Ich kauf ihn" waren damals so einige seiner viel beachteten Redewendungen.
Inzwischen erlernte er den Handwerksberuf eines Zimmerers. Seine immer hilfsbereite Art und sein handwerkliches Geschick halfen während der damals in der DDR herrschenden Mangelwirtschaft so manches häusliche Problem der Vereinsmitglieder zu lösen. Natürlich war er zu dieser Zeit durch einige Nebenbeschäftigungen finanziell immer gut drauf. Er konnte es sich also leisen.
Zu dieser Zeit, um 1979, lief im Fernsehen (DDR-Fernsehen oder ARD?) ein sog. Mantel- und Degenfilm. In dieser aus Frankreich kommenden Serie spielte ein Chevaliere de Rici die überzeugende Hauptrolle. Die Tatsache, dass Rici ins Deutsche übersetzt auch Richter heißen könnte war die alleinige Grundlage für die Namensgebung!
Eine etwas längere Haarpracht und das gönnerhafte Auftreten unterstützten diesen äußeren Eindruck. Vorsorglich unserer Sprachexperten möchte ich natürlich noch darauf verweisen, dass ich natürlich nicht mehr genau weiß, ob der damalig beliebte Filmheld wirklich so geschrieben wurde und ob die Übersetzung wirklich so der Wahrheit entspricht. Doch die Zeit läßt den damals sich entwickelnden Ruf durch Gewohnheitsrecht manifestieren.

Ich persönlich konnte von der Großzügigkeit unter anderen bei einem unserer häufigen Prag-Besuche profitieren. Mein morgendlicher Tagesablauf begann in Prag mit dem Abklappern der Antiquariate um dort alte und preiswerte Schachbücher aufzustöbern.
Nun muß man allerdings bedenken, dass wir nur einen begrenzten finanziellen Rahmen zu Verfügung hatten. Es durften pro Tag nur maximal 20 Mark (bei Kurzbesuchen von ein bis zwei Tagen durfte auch 30 Mark pro Tag) getauscht werden. Dafür bekam man bei einem Wechselkurs von ca. 1: 3 60 Kronen. Wegen der staatlich gelenkt Geldknappheit wurde bei solchen Reisen fast die gesamte Verpflegung aus der Heimat mitgebracht um dann die daraus eingesparten Mittel für das vorzüglich mundende böhmische Bier einzusetzen. Eine überaus gute und auch heute noch zu empfehlende Werteentscheidung.
Kurz vor der Rückreise - bei diesem Besuch waren neben dem Chevaliere und mir, noch Heiko+Auto und Uwe mit - entdeckte der Hauptheld dieser Schilderung persönlich in einem Antiquariat, unweit des Hauptbahnhofes ein, wie sich später herausstellte äußerst seltenes und damit wertvolles Buch (siehe auch Schachzettel von Harald E. Balló) mit einem recht diffusen Inhalt für 360,- Kronen! Doch woher am letzten Tag das Geld nehmen? Das war kein Pappenstiel und für die umgerechneten 120,- Mark mußte man fast eine Woche arbeiten. Jedenfalls ich.
Da ist es gut wenn man Freunde hat, vor allem welche, die nicht wie die anderen beiden abgebrannt waren. Mit der Schuldenlast, die natürlich in der Heimat beglichen wurde, ging es eine andere Strecke über Karlsbad mit der dort gefundenen Dampfwalze, doch das ist schon wieder eine andere Geschichte, und Oberwiesental zurück nach Deutschland. Zumindestens in das Stück wo wir hin gehörten und demzufolge hin durften.
An der Grenze kam es noch zu einem folgenschweren Zwischenfall. Heiko fuhr unbewußt an einer Sperranlage vorbei, weil hier die Abstände zwischen den Grenzposten beider Staaten anders waren als bei der Einreise, so daß eine Grenzoffizier uns mit gezogener Pistole im Anschlag stoppte. Mit dem Hinweis, dass wir nicht die ersten wären, die er auf dieser Art und Weise stoppte, war eine Totaldurchsuchung des Autos die Folge. Zum Glück hatte ich das wertvolle Buch in meiner Umhängetasche (Genau, die mit dem Reichsadler) eingepackt. Da wurde zwar reingeschaut aber das Päckchen, anders als die Sachen im Kofferraum, nicht aufgemacht. Da wäre es weg gewesen, denn die Ausfuhr antiquarischer Sachen war bei Strafe verboten. Ein wunderbares Abendessen und allerhand Wehrmut ohne Wehmut in Annaberg-Buchholz, das nächtliche Warten vor der geschlossenen Tankstelle und eine kalte Nacht zu viert im Trabant waren die letzten erwähnenswerten Begebenheiten vor der endgültigen Heimfahrt am anderen Tag. Doch das Fazit dieser Reise war die Umsetzung eines heroischen Rufs in die Tat.

Konrad

Heiko, Chevalier, Uwe