Löberitz begeht am 1. Juni den 800. Jahrestag der urkundlichen Ersterwähnung

Ein kleiner geschichtlicher Rückblick

von Konrad Reiß

Im Norden und Westen durch das Sumpfgebiet der Fuhne begrenzt und im Osten durch die Zörbiger Burganlage geschützt, kam es um 700 n. Chr. zur Gründung der Dörfer Löberitz sowie der später eingemeindeten Grötz und Rodigkau.
Als Gründer gelten die Wenden, ein von Osten kommender sorbisch-slawischer Stamm. So ist es folgerichtig, dass der Name Löberitz auch aus diesem Sprachkreis kommt. Er könnte von einer Person mit dem Namen Luborad abgeleitet sein und die Kurzform Lub wurde mit der typisch slawischen Endsilbe "itz" in Verbindung gebracht. Das bedeutet wiederum, in diesem Ort wohnt die Familie oder Sippe des Luborad.
Die erste schriftliche Erwähnung auf einer Urkunde, allerdings noch als "Lüberiz", stammt aus dem Jahre 1207.
Auch Grötz verweist durch seinen Namen, der aus dem slawischen Sprachraum kommt auf die slawische Gründung hin. Das vormals wendische Grozisch (poln. Grodzic) bedeutet wohl soviel wie "einzäunen" oder kleine Schanze bzw. Burg.
Unweit von Löberitz, allerdings noch auf Zörbiger Flur und nahe der alten Handelsstraße, welche von Zörbig in den Nordwesten führt, liegt der sagenumwobene Flins oder Teufelsstein. Es handelt sich um einen eiszeitlichen Granitblock, den die Sorben, aber auch schon früher die Germanen als Kultstätte nutzten. Nach der Christianisierung soll er als Marienwallfahrtsort gedient haben.

Begünstigt wurde die Löberitzer Ortsgründung vor allem durch die Lage an der wichtigen Handelsroute, der sogenannten Salzstraße, die von Halle beginnend über Zörbig in den Nordosten des Landes führte.
Schon im 12. Jahrhundert standen die Häuser in geschlossenen Reihen. Immer mehr entwickelte sich Löberitz als Hauptdorf, einerseits durch die sich dort entwickelnden Rittergüter, vor allem aber durch den Bau einer, dem Heiligen Martin geweihten Kirche im Jahre 1432. Noch früher soll hier eine kleine hölzerne Kapelle gestanden haben. Die heutige Schreibweise von Löberitz ist erstmals im Jahre 1528 nachweisbar und steht auf einer Urkunde, welche im Thüringischen Landesarchiv in Weimar liegt. Neben der Kirche entstand 1578 eine Schule, welche 1829 stark renoviert wurde, ehe es 1851 zu einem Schulneubau kam.
Aber nicht nur positive Ereignisse bestimmten die geschichtliche Entwicklung der Ortes. 1547 kamen Truppen Karls des V. nach der Schlacht bei Mühlberg durch den Ort und verwüsteten ihn auf schlimmste Weise. Während des Dreißigjährigen Krieges kam das sogar mehrmals vor. Des weiteren machten tödliche Seuchen, wie zum Beispiel die Pest, vor dem Ort nicht halt. Vor allem die arme Landbevölkerung hatte darunter zu leiden.
Auch von Brandkatastrophen blieb der Ort nicht verschont. So wird von einem großem Brand am 17.09.1741 in Grötz berichtet. 21 Häuser und die nach der Ernte gefüllten Scheunen fielen der Katastrophe zum Opfer. Der Schaden wurde auf 40.000 Taler beziffert. 1750 brannte in Rodigkau die Schenke ab und am 21.05.1827 wurden dort 9 Bauernhöfe Opfer der Flammen.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn im Jahre 1867 die freiwillige Feuerwehr als eine der ersten Wehren des Bitterfelder Raumes entstand. Der Gründer und erster Hauptmann war der Gasthofbesitzer Ohme.

Schachdorf Löberitz um 1890

Friedrich Franz Ohme war zu dieser Zeit der zentrale geistige Kopf im kulturellen und gesellschaftlichen Leben des Ortes. Unter seiner Leitung entstand 1864 der Gesangverein "Liedertafel", 1865 der Turnverein und 1871 der Löberitzer Schachclub. Gerade der Schachclub machte überregional 1877 in Leipzig als Gründungsverein des "Deutschen Schachbundes" und 1882 im benachbarten Zörbig als Mitbegründer des "Saaleschachbundes", dem Vorläufer unseres jetzigen Landesschachverbandes, auf das Dorf Löberitz aufmerksam. Fünf große Schachkongresse dieses Bundes wurden in der "Weintraube", dem größten Gasthof des Ortes, abgehalten.
1873 bekam Löberitz eine Poststation bzw. Franz Ohme erhielt die Erlaubnis zum Verkauf von Postwertzeichen. Auch ein Zeichen des gewachsenen Wohlstandes.
Der Torfstich im Fuhnegebiet, zwei große Ziegeleien, eine Brauerei, eine Schnapsbrennerei die über 80 Jahre ihren Betrieb aufrechterhielt, und die 1899 eingeweihte Molkerei brachten den Menschen neben der Landwirtschaft ein Auskommen.
Der 1882 gegründete Geflügelverein für Löberitz und Umgebung, ein im Jahre 1916 erstmals erwähnter Fußballclub, der Löberitzer Sportverein von 1919, der 1920 gegründete Arbeiter-Radfahrer-Verein "Solidarität" und ein 1925 entstandener Bandonionclub bereicherten das kulturelle Dorfleben.
1927 wurden die bisher selbständigen Dörfer Grötz und Rodigkau in Löberitz eingemeindet und erster Gemeindevorsteher nach dieser Gebietsreform wurde Kaufmann Paul Turich.

Die zwei Weltkriege hemmten die kulturelle Expansion, schafften es aber nicht, das Kulturleben völlig zu zerstören. Viele Opfer waren da zu beklagen. Ein Denkmal erinnert auf dem Friedhof an die Gefallenen des I. Weltkrieges.
Auch die letzten Kriegstage des II. Weltkrieges warfen einen dunklen Schatten auf den Ort, denn große Gruppen KZ-Häftlinge wurden durch den Ort getrieben. Das Grab des unbekannten KZ-Häftlings auf dem Friedhof kündet noch heute von den unmenschlichen Gräueltaten des Naziregimes.
Nach der deutschen Niederlage im II. Weltkrieg wurde Löberitz 1945 kurzzeitig von den Amerikanern kontrolliert, ehe diese dann von der Sowjetarmee abgelöst wurden. Der dadurch eingeleitete Umsturz des schon seit 1871 bestehenden Gesellschaftssystems brachte auch für Löberitz viele Veränderungen mit sich. Alle Großgrundbesitzer wurden enteignet und der dabei gewonnene Grund und Boden wurde 1946 durch die Bodenreform an neue Besitzer übergeben. "Junkerland in Bauernhand" war der Leitspruch dieser Entwicklung. Leider wurden dabei auch Großbauern enteignet, die sich aktiv am Kampf gegen den Faschismus beteiligten oder sich mildtätig am Gemeindeleben beteiligten. Dennoch konnte in den ersten Jahren eine Aufbruchstimmung festgestellt werden. Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Westen und der Deutschen Demokratischen Republik in Mitteldeutschland kam es zur Teilung Deutschlands. Die Ostgebiete wie Schlesien, Ostpreußen, Pommern und das Sudetenland ging schon nach 1945 an die durch den Krieg geschädigten östlichen Nachbarstaaten. Viele Flüchtlinge aus diesen verlorenen Gebieten kamen auch nach Löberitz und fanden hier eine neue friedliche Heimat. Harte Arbeit und mancherlei Entbehrungen in den Nachkriegsjahren ließen die Flüchtlinge und die ansässigen Löberitzer zusammenwachsen. Die Zwangskollektivierung und die Gründung von den großen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften machten dieser Euphorie ein Ende. Im September 1952 kam es auch in Löberitz zur Gründung einer LPG. Sie erhielt den Namen des großen deutschen Bauernführers Thomas Münzer.
1989 kam es nach jahrzehntelanger Misswirtschaft im Osten Deutschlands zu einer friedlichen Revolution. Eigentlich war diese Entwicklung nach den wirtschaftlichen Ergebnissen gesetzmäßig doch für alle Bürger nicht vorhersehbar und extrem schnell. Die Ereignisse überschlugen sich und eine "Politik des Runden Tisches" löste bis zu einer gesellschaftlichen Neuordnung den abgewirtschafteten Kommunismus ab. Der Einheitsstein am Anger, ein Findling mit der Inschrift "1990 * 3. Okt.", gestaltet vom Stein- und Holzbildhauer Walter Hachmeister, kündet von den Ereignissen der friedlichen Revolution.
Viele neue Maßnahmen, wie zum Beispiel die Versorgung des gesamten Ortes mit Trinkwasser, Ausbau mehrerer Straßen und die großzügige Sanierung der Kindereinrichtungen brachten nach der Wiedervereinigung unter dem Bürgermeister Willi Kaspar neuen Wind in die Gemeinde. Leider gab es bei dieser Entwicklung auch wieder Hemmnisse, denn Löberitz wurde wie viele der Nachbarorte nicht in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen, da es mit 1200 Einwohnern gegenüber den anderen Orten bisher als zu groß galt. So waren natürlich viele Erneuerungsmaßnahmen finanziell nicht möglich.
Doch die Gemeinde, deren Geschicke in den letzten Jahren von Bürgermeisterin Heidemarie Funke gelenkt werden, ließ sich dadurch nicht entmutigen und versucht auch weiterhin den Ort und den dort lebenden Bürgerinnen und Bürgern ein wohnliches Leben zu sichern. Und Heidemarie Funkes Bestrebungen können sich sehen lassen, denn Löberitz hat trotz der vielen Veränderungen seinen dörflichen Charakter bewahrt. Erwähnt werden müssen unbedingt die völlige Neugestaltung der Kindertagesstätte "Pünktchen" und die schmucken Einrichtungen für Sport und Kultur. Am 29. Februar 2004 hat nun im Rahmen einer Gebietsreform die Gemeinde Löberitz ihre Eigenständigkeit verloren und bildet seit dem 1. März 2004 als selbständiger Ortsteil neben Göttnitz, Salzfurtkapelle, Schrenz, Spören, Stumsdorf und Zörbig die Stadt Zörbig. Inzwischen wurden in diese neue Stadt Zörbig die bis dahin selbständigen Gemeinden Großzöberitz (02.03.2004), die Gemeinde Quetzdölsdorf und die Gemeinde Cösitz (beide ab 01.01.2005) eingemeindet. Damit wurde eine Einwohnerzahl von ca. 10.000 erreicht. Sicherlich war das für die Löberitzer kein erstrebenswertes Ziel, doch die gesetzlichen Rahmenbedingungen ließen keinen anderen Weg zu. Ortsbürgermeisterin von Löberitz ist per Gebietsänderungsvertrag die bisherige Bürgermeisterin Heidemarie Funke. Ihr zur Seite stehen die Ortschaftsratsmitglieder Roland Bernt, Andreas Daus, Andrea Fälscher, Andreas Hänsch, Christian Schöttle und Andreas Stenschke. Dieses Gremium zeigt nun vorrangig für die Planung und Gestaltung des kulturellen und sportlichen Lebens des Ortes Verantwortung.

Grußwort des LSV-Präsidenten, Dr. Günter Reinemann, zur Eröffnung des Schachmuseums

Liebe Schachfreunde und liebe Freunde des Schachspiels aus nah und fern!
Dr. Günter Reinemann Immer wieder bin ich sehr dankbar und freue ich mich sehr, wenn ich zu national und auch international herausragenden Ereignissen der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz e.V. ein Grußwort schreiben darf. Im Rahmen der Feiern zum Jubiläum "800 Jahre Löberitz" hat die Schachgemeinschaft erneut immense Anstrengungen und vielfältige Initiativen unternommen, damit pünktlich zu den Jubiläumsfeiern ein weiteres Kleinod in Löberitz seinen Platz findet – nämlich ein Schachmuseum. Mit diesem Schachmuseum unterstreicht die Schachgemeinschaft ihren Anspruch, den sie auch auf der Homepage verankert hat - die Tradition zu pflegen, damit aus der Retrospektive der Vergangenheit Impulse und Ideen für die Zukunft entstehen! Ich bin überzeugt, dass dies sowohl für das Leistungs- als auch das Breitenschach nicht nur in Löberitz sondern auch regional bis hin zu international hohe Beachtung, Ausstrahlung und Wirkung erreichen wird! Ich wünsche der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz e.V., an der Spitze mit ihrem "Spiritus Rector", Konrad Reiß, das Allerbeste, weitere schachliche und künstlerische Entdeckerlust und für das Museum ein stets interessiertes und aufgeschlossenes Publikum.

Dr.-Ing. habil. Günter Reinemann
Präsident des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt

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