Der Saale-Schachbund (2)

Aufstieg und Untergang des bedeutendsten Schachverbandes in Mitteldeutschland

Eine Beratungspartie13), die in die Schachgeschichte einging

Reinhold Schmidt Die Pausen bei diesen Kongressen wurden oftmals auch für freie Partien genutzt. Da ging es, wenn man von der Ehre einmal absieht, um nichts, und gerade deshalb entwickelten sich solche Kämpfe oftmals interessanter als die eigentlichen und offiziellen Turnierpartien.
Großer Beliebtheit erfreuten sich vor allem aber Beratungspartien. Hier scharten sich meist zwei, drei Spieler um einen Schachmeister und berieten die in Frage kommenden Züge und Varianten. Allerdings wurden diese Partien selten aufgeschrieben und gingen somit für die Nachwelt verloren. Einige der wenigen erhalten gebliebenen Partien spielte 1883 der Vorkämpfer des deutschen Schachs, Siegbert Tarrasch, gemeinsam mit dem Zörbiger Geschichtsschreiber Reinhold Schmidt, sowie dem Ehrenpräsidenten des Halleschen Schachclubs, dem Oberprediger Sickel.
Ihre Gegner, die die weißen Steine führten, waren Bernhard Richter, Jacques Schwarz und Holländer. Die mit der Schottischen Eröffnung beginnende Partie entwickelte sich zu einem lebhaften Kampf. Doch folgen wir nun ungekürzt der Analyse von Meister Tarrasch, die wir aus seinem Buch "Dreihundert Schachpartien" (Leipzig, Verlag von Veit und Comp. 1895) entnehmen:

Weiß: B. Richter, Schwarz, Holländer
Schwarz: Sickel, R. Schmidt, Tarrasch

1.e4 e5, 2. Sf3 Sc6, 3. d4 ed4:, 4. Sd4: Lc5, 5. Le3 Df6, 6. c3 Sge7, 7.Dd2 Ld4: (Stärker ist 0-0 und auf 8. Sb5, Le3: 9. De3: Gegenangriff durch d5.) 8.cd4: d5, 9. e5 (Dieses Vorrücken des e-Bauern schwächt das Zentrum und gibt den schwarzen Figuren (Läufer und Springer) das für dieselben günstige Feld f5. Sc3 muss geschehen, worauf der für Schwarz ungünstig wäre wegen 10. d5) 9. ... Dg6 10. Sc3 Lf5, (Um Sb5 mit Tc8 zu parieren. Schwarz ist nun vorzüglich entwickelt und hindert durch seine Damen- und Läuferstellung die natürliche Entwicklung des weißen Königsläufers nach d3.) 11. a3 ( Weiß fürchtet Sb4, konnte jedoch diesem Zuge besser durch Se2 vorbeugen. Der Turmbauernzug bedeutet nicht nur Tempoverlust, sondern schwächt auch den Punkt b3 in einer für die langen Rochade sehr gefährlicher Weise.) ... 0-0, 12. Se2 (Um nach f4 zu gehen) ... f6, (Hierdurch wird die erwähnte Absicht vereitelt, da Weiß durchaus den Bauern e5 genügend decken muß.) 13. f4 Tad8, 14. Sg3 fe5:, 15. e5: Le4, 16. Lb5 (Diagrammstellung)

Diagramm 1

(Auf Se4: würde der Bauer wieder schlagen, wodurch das weiße Zentrum unhaltbar würde.) .... Sf5! (Schwarz greift den Sg3 an; tauscht ihn Weiß gegen den Sf5, so schlägt Schwarz mit dem Turme wieder, verhindert die Rochade und hält den g-Bauern doppelt angegriffen.), 17. Se4: Se3:!, 18. De3: Dg2:, 19. 0-0-0 (Auf 19.Sg3 folgt 19. ... Db2: mit Angriff auf Turm und Läufer.) ... de4:, 20. Lc6: bc6, 21. The1 Tf2, 22. De4: Dh2:, 23. Dc6: (Besser e6, was die Partie jedoch nicht retten würde, denn Schwarz würde durch Te8 aufhalten und durch die Bauern seines Königsflügels die Partie entscheiden.) ... Tb2 (Diagrammstellung)

Diagramm 2

Nun droht ein schönes Turmopfer auf b1. 24. Dc3 (Weiß konnte Dc4+ versuchen nebst Th1 auf Kh8, um, falls die Dame etwa nach e2 geht, den Turm auf h7 zu opfern und so mindestens remis zu halten; Schwarz hätte jedoch die Dame nach g2 gezogen, Tb1+ wäre ungenügend wegen Kb1:, Tb8+, Db4.) ... Tdb8, 25 Dd3 Dh6+ und Weiß gab auf; denn auf 26.De3 folgt ... Dc6+; auf 26. Te3 folgt ... Tb3 oder 26. ... Tb1+, 27. Kd2 T8b2+, 28. Ke1 Dh1+, 29. Df1 Dh4+; auf 26. Td2 endlich folgt ... Td2:, 27. Dd2: Tb1+, 28. Kc2 Tb2+.

Konrad Reiß

13) Dreihundert Schachpartien, Siegbert Tarrasch, Verlag von Veit und Comp.; Leipzig 1895
Federzeichnungen: Franz Dießner/Halle

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