Deutsche Jugendmeisterschaften Winterberg 2002

Die deutschen Meisterschaften fanden obligatorisch in der Woche nach Pfingsten statt. Anscheinend hat die DSJ gefallen am Sauerland gefunden, so fand die letztjährige Meisterschaft ebenfalls in den Bergen des Sauerlandes statt, im 40 km entfernten Willingen. Dies Jahr hingegen verschlug es die Karawane nach Winterberg. So eilte Frau Schlichthaar (an dieser Stelle einen herzlichen Dank an Sie, weil Sie immer fahren!) mit Jewgeni, Robby und mir nach Hessen, gemeiner Weise an Paderborn vorbei, wo der 1. FCM sein letztes Saisonspiel bestritt. Leider konnte ich das Herz der Fahrerin nicht erweichen und so vertröstete ich mich damit, dass der Club bestimmt nur eine öde Nullnummer hinlegen würde (Anmerkung: der Club gewann in Paderborn mit 6:0!). Kurz vor Ende der Fahrt holten wir Herbert Großmann plus Gefährten ein, im Nachhinein betrachtet ein glücklicher Zufall, da beide Autos wohl auf der gleichen Welle des Erfolges nach Winterberg hīneingespült wurden. Dies war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht absehbar.
In Winterberg selbst gab es die üblichen Probleme bei der Zimmereinteilung, unangenehmer fand ich aber die Tatsache, dass die Organisatoren der DJEM die Unterkunft ohne Frühstück geplant hatten. Die Bungalowsiedlung, die uns Herberge bot, konnte das Problem dennoch lösen: in ihren Räumen hatte sich ein VERSCHWEND, pardon, SPAR eingenistet. Dieser hat die markante Eigenschaft, zum Jahreswechsel nur die Währung (Euro statt DM), nicht aber den Betrag verändert zu haben. Dies nenne ich mal Marktwirtschaft, ein Phänomen, mit dem wir in Winterberg noch öfter zu kämpfen hatten.

Zum schachlichen Teil:
Die Betrachtung der Teilnehmer erfolgt nach Altersklassen, auf Grund der Vielzahl der Starter versuche ich mich aber zurückzuhalten.

U-10 4 sachsen-anhaltinische Starter
Pauline "Pauli" Mertens spielte ein gutes Turnier und verpasste erst in der 10.Runde den großen Wurf! Im direkten Duell um den dritten Platz zog sie den Kürzeren und musste daher ihrer Konkurrenten den Vortritt auf dem Podest lassen. Platz 4 der Mädchenwertung am Ende ist ein Ergebnis mit dem Trainer J. Wendling sicher zufrieden ist.

Carolin Kammrad sorgte am Anfang für unmerkliche Differenzen bei den Landesbetreuern. Ich beanspruchte die Betreuung der Kleinen, schließlich wohnte ich schon mit ihren Großeltern und der Tante unter einem Dach. Leider machte mir der Brain einen Strich durch die Rechnung, seine Annaburger Bindung ließ ich mehr gelten als meine eigenen Ansprüche. Carolin legte im zweiten Abschnitt eine schöne Serie hin, nach der es anfangs gar nicht aussah.

Adrian Pfefferkorn
Angereist mit Hund und Mutti hatte er es auf dem Schachbrett nicht immer leicht. Mangelnde Konzentration führten zu einfachen Verlusten, die ein besseres Abschneiden verhinderten.

Eric Gröger
Wurde von Papa betreut und fiel daher aus meinem Beobachtungskreis. Nach Startproblemen legte er eine kleine Serie hin, die ihn an Brett 8 spülte. Dort konnte er sich leider nicht festsetzen.

U-12 7 sachsen-anhaltinische Starter
Für Anne Brummack war es die erste Meisterschaft auf diesem Niveau, dies zeigt auch das Ergebnis. Beim nächsten Mal läuft es sicher besser.

Christine Hoffmann spielte ihrer Art entsprechend ein ruhiges Turnier, riß keine Bäume aus, brach nicht ein und bildete den Gegenpol zu Laura Herkt. Wenn man den Durchschnitt der beiden bildet, erhält man ein normal gesprächiges Mädchen.

Laura Herkt hatte eigentlich das nötige Quentchen Glück für eine Medaille. Sie erhielt Remisangebote in schlechten Stellungen, die sie dankend annahm. Leider schaffte sie aber nicht, aus vorteilhaften Stellungen mehr rauszuholen. Vor allem fehlt ihr der Mut, Remisangebote Wertzahl-stärkerer Gegner abzulehnen. Wenn Laura noch etwas erreichen will, muss sie ihr Sicherheitsdenken aufgeben, ansonsten werden kämpferische Naturen im Land ihr sicher bald das Wasser abgraben.

Der Landesmeister Christian Günther spielte ein rabenschwarzes Turnier, nach akzeptablen 3,5 Punkten aus 5 Runden, schaffte er nur noch ein Remis. 4 Punkte aus 11 Runden sind eindeutig zu wenig.

Der letzte Naumburger Starter Hannes Wendling erregte am meisten Aufmerksamkeit in der Grußbox der Meisterschaftszeitung. Ansonsten holte er das beste Ergebnis der Sachsen-Anhaltiner. Dies darf aber nicht über seine Schwarzschwäche hinweg täuschen. Zwei halbe im Nachzug ist keine Werbung für "Black is ok".

Mit Lukas Jahnerīs 5,5 Punkten können wir zufrieden sein. Ähnlich wie bei Anne war es seine erste DJEM, es bleibt abzuwarten, welche Lehren er aus dem Turnier zieht (ziehen kann).

Christian Lips war das Phantom unserer Brigade. Einmal kurz aufgetaucht, griff ich ihn mir und bereitete ihn auf seine nächste Runde vor. Er machte den Punkt und verschwand wieder von der Bildoberfläche. Da er privat untergebracht war, konnten die Landesbetreuer ihn sich sonst nicht greifen. Wie Sven Ottke, schnell rein in die Arena und schnell wieder raus, war sein Auftreten. Daher noch schlechter einzuschätzen als Lukas.

Insgesamt konnte das Auftreten der Jüngsten nicht überzeugen. Mittelfeldplätze lassen keine rosigen Aussichten für die Zukunft zu. Die meisten Hoffnungen können wir wahrscheinlich auf die Mädchen der U-10 setzen, wo "Paulis" vierter Platz und Carolins Ergebnis sich sehen lassen können. In der U-12 hatte ich als Betreuer eher mit der Psyche als mit dem Schach der Kinder zu kämpfen. Situationen wie: Betreuer: "Wenn Du diese Variante spielst, hat es der Gegner sehr schwer, zu gewinnen." Antwort: "Oh, das ist gut, Remis reicht mir." oder auch: "Ich habe das Remis angenommen, denn hätte ich verloren, hättest Du als Betreuer doch sicher geschimpft, warum ich das Remis abgelehnt hätte!" waren an der Tagesordnung. Beide Sätze von Zweien der Top-Drei in Sachsen-Anhalt. Außerdem drohte den Teilnehmern immer Gefahr von Thüringer Seite aus: GM T. Päthz, der zu unserem sachsen-anhaltinischen Trainingslager geladen wurde und regelmäßig die Sangerhäusener trainiert, nutzte nicht nur einmal sein Wissen über unsere Kinder, um seine Schützlinge vorzubereiten. An dem Punkt müssen wir nächstes Jahr wachsamer sein.

In den oberen Altersklassen kam es zu spannenden Turnierverläufen, da mehrere Starter um Medaillen kämpften.

U 14 männlich 1 Starter
Carsten Wenger fehlte die Turnierhärte oder Form, um dieses Mal bei der Meisterschaft bestehen zu können. Er verspielte vorteilhafte Stellungen und landete am Ende bei 3 Punkten. Die Berg- und Talfahrt nach den LEMs scheint sich fortzusetzen, Carsten muss Konstanz in seine Ergebnisse bringen, um voran zu kommen.

U 14 weiblich 3 Starterinnen
Neben der Landesmeisterin Susan Großmann starteten auf Grund der Vorberechtigung von Annett Hofmann und der Ummeldung von Julia Herkt von U18 auf U14 noch zwei weitere unserer Mädchen in dieser Altersklasse. Es sollte das spannendste Turnier aus sachsen-anhaltinischer Sicht werden. Annett als Vorjahresdritte, Susan als Landesmeisterin U14w und der Damen, sowie die unbekannte Größe Julia hofften alle auf eine Plazierung auf dem Treppchen. Julia begann furios, nach 4 Runden führte sie mit weißer Weste das Teilnehmerfeld an. Ein Sieg im direkten Duell gegen Annett hatte diese vorerst zurückgeworfen. Susan ging schon am ersten Tag einmal über die volle Zeit (in Runde Zwo), zum Vergleich, Robert Schlichthaar hatte nach dem ersten Turniertag erst 4 Stunden in den Knochen und nicht wie Susan 10h! Bei ebenfalls zwei Spielen! Die Landesmeisterin gewann ihre zweite Partie nach eben 6h durch Zeitüberschreitung der Gegnerin, da in der Schlußstellung Susanīs K+D für stark genug erachtet wurde, gegen den gegnerischen K+T+Randbauer anzukommen. Die nächste Runde verlor sie aber gegen Elena Winkelkind aus Elbflorenz, wodurch sie wie Annett erst einmal (unwesentlich) zurückfiel. Julia spielte jetzt gegen die Setzlistenoberen und hielt zweimal Remis gegen Winkelmann und Naiditsch.
Dadurch konnte Susan durch drei Siege en Suite aufschließen, wo sie ebenfalls Annett ausstach. Annett leistete trotz allem Schützenhilfe und bezwang die Dresdnerin, wonach es in der siebenten Runde zum Show-Down der führenden Julia und Susan kam. Hier hatte Susan das glücklichere Ende für sich. Nun führte sie mit einem halben Punkt Vorsprung die Tabelle an. Den Platz an der Sonne konnte sie aber nicht halten, da sie in Runde Acht gegen Naiditsch mit Mehrqualität den Turm und damit den Titel einstellte. In der letzten Runde gewannen die Mädels dann ihre Partien, wonach sie auf den Plätzen 2,3 und 5 einkamen. Schade um die vergebenen Titel, den Julia, wie auch Susan verdient gehabt hätten.

U 16 männlich 1 Starter
Jewgeni Degtiarev bezwang in der ersten Runde den späteren Vizemeister. Ein guter Auftakt zu einem souveränem Turnier. Bis auf die Runden 3+4, wo er anderthalb Punkte abgab, machte er sonst alles platt, was sich ihm in den Weg stellte. 7,5 aus 9 sind eine deutliche Sprache, die deutsche vermeidete er sowieso meistens, dafür läßt Jewgeni eher Schach, Mimik und Gestik sprechen. Ich bin gespannt, ob er in den deutschen Kader aufgenommen wird!

U 16 weiblich 2 Starterinnen
In dieser Altersklasse war nach drei Runden verkehrte Welt. Wiebke Wölfer führte mit Maria Schöne verlustpunktfrei an und lag damit einen Punkt vor Sandra Krege. Sandra verlor nach strapaziöser Anreise (am Tag zuvor Jugendweihe) die Auftaktrunde und fand nie wirklich ins Turnier. In Runde 7 konnte sie die Landesverhältnisse noch einmal klären, als sie Wiebke bezwang, undenkbar die andere Seite, eine Freundschaft wäre zerbrochen, wenn Wiebke irgendwie siegreich geblieben wäre. Der immer strahlenden Wiebke machte die Niederlage natürlich nichts aus.
Beide landete unter den ersten Zehn, für die eine ein großer Erfolg, für die andere herbe Enttäuschung.

U 18 männlich 2 Starter
Frank Biedermann und, über einen Nachrückeplatz reingekommen, Robert Schlichthaar spielten in dieser Altersklasse um Punkte (ersterer) und Plätze (zweiterer). Robert lief in der ersten Runde in eine Vorbereitung des (Thüringer) Gegners, auch wenn an dieser nicht GM Päthz beteiligt war. Danach legte er einen famosen Zwischenspurt ein und bezwang Hannes Rau, Volker Seifert und den Setzlistenersten mit einem unaussprechlichen Namen. So überbot er nach 7 Runden das von mir gegebene Ziel von 5 Punkten, die ich damals (anno 1999) sammelte. In Runde 8 vergaß Robbi leider, den Vogel abzuschießen, als er gegen den späteren deutschen Meister Ilja Zaragatski verlor. In Runde 9 sicherte er sich dann aber durch ein Remis in besserer Stellung den dritten Platz. Eine leichte Steigerung nach dem dritten Platz in der U 18 Landesmeisterschaft. Frank hatte mit dem Niveau des Turnieres zu kämpfen. Die Gegner spielten remise Stellungen (leider zu recht) weiter und warteten auf den entscheidenen Fehler. Unerfahrenheit und fehlende Wettkämpfe auf diesem Level sind Gründe für das Abschneiden. Was Frank aber sicher nicht stört, da er aus Spass Schach spielt und dafür schon erschreckend weit gekommen ist.

Jens Windelband

Zum Seitenanfang | « DJEM 2001 | » DJEM 2003

 
Links: