Teil 2: Naumburg vs. Löberitz
Für die Naumburger ließ sich der zweite Spieltag gut an. Das Fehlen von
drei Stammspielern verschaffte den möglichen Vorteil, eine (immerhin
mögliche) Vorbereitung seitens der Löberitzer möglicherweise ad
adsurdum geführt zu haben. Überdies beschloß Mini- Bruno eine Stunde
vor der Partie, Verwandte zu besuchen. Wie gesagt, es sah sehr gut aus! Doch
dann geschah, was wir insgeheim wußten und befürchteten. Mini-Bruno war
pünktlich zurück. Und wie man hört, erbeutete er einen Baumkuchen.
Man wollte diesmal nichts dem Zufall überlassen. Ein Sieg mußte her,
verdammter Abstiegskampf! Eine diesbezügliche Maßnahme betraf die
Stärkung des Gruppengefühls: die Mannschaft wurde in eilends
hergerichteten Drei- Bett- Zimmern untergebracht. Auf diese Weise konnte jedem
Naumburger Spieler zumindest ein Starkschnarcher und somit rechtzeitiges
Aufstehen zugesichert werden (Nebenbei: "es" betrifft B, Mini- Bruno und wie
sich herausstellte auch Jens Härtig, der es nicht glauben wollte, bis er
durch sich selbst geweckt wurde). Erstmalig spielten die vier Mannschaften einer
Naumburger Doppelrunde im selben Saal, vormals Kuhstall genannt. Es war Punkt
14:00 Uhr, als die 2. Runde durch vorsichtiges Abtasten des -wie immer
zweifelhaften- gegnerischen Theoriewissens eröffnet wurde. Genannt sei hier
Mikly, der mittels Albins Gegengambit Ralf Hilmann innerhalb von vier Zügen
eine halbe Stunde Bedenkzeit abnahm. Als schließlich auch Dex mit
traditionellen 20 Minuten Verspätung das in vorweihnachtliches Dämmerlicht
getauchte Spiellokal betrat, hatten verschiedene Quellen ihn bereits über
verdächtige Vorgänge an den beiden hintersten Bretten sowie über
Haarfarbe und Vorbau seiner Gegnerin Dana Reizniece informiert. Voll böser
Ahnungen murmelte er: "Ich habe einen katastrophalen Score gegen Frauen" und
spielte den Königsbauern.
Für den ersten Schock sorgte Mini- Bruno, der -entgegen der mannschaftlichen
Absprache- Haralds Vierbauernzentrum eiskalt auskonterte und die Naumburger in
die verantwortungsvolle Position brachte, einen Vorsprung halten zu müssen.
Das gelang für ein paar Stunden, ungefähr bis zu jenem Zeitpunkt, als eine
Art Freejazz einsetzte, vom Dachboden kommend, und an den Nerven sämtlicher
Spieler herumsägte.
B., eher irritiert als indigniert, bot Holly sofort Remis, was dieser nach
einigem Bedenken annahm. Als nächstes stapfte eine alte Jungfer ins Lokal und
fragte, die heilige Ruhe mißachtend, naß-forsch in die Runde, wem das
Auto gehöre, das draußen "ein bißchen falsch" geparkt sei. Brain und
Normi, die nichts damit zu tun hatten, nahmen dies zum Anlaß, alle
Gewinnversuche gegen Jens bzw. Matthias einzustellen. Auch Dex und Dana einigten
sich, nach Großchancen auf beiden Seiten, im Zuge dessen friedlich. Nach ca.
4 Stunden lag Naumburg 3:2 vorne!
Ein Punkt für die Naumburger schien an den letzten drei Bettern auch noch
möglich.
Doch zunächst brachte Simon seine Partie gegen Roland Rümmler mit Turm und
zwei Bauern gegen Läufer und Springer nach Hause. Dann wurde auch Bernd
Rössler durch ein glänzendes Figurenopfer von Yogi demontiert.
An dieser Stelle soll noch einmal auf die nervliche Anspannung hingewiesen sein,
die auf den Spielern an Brett 8 lastete.
Sie war enorm, um nicht zuviel zu sagen. Die Spätfolgen von Mini- Brunos KI-
Husarenritt traten nun offen zutage. Ralf Hillmann, der bis hierhin Mikly paroli
geboten hatte, verlor plötzlich jegliche Lust am Spiel und stellte grob
fahrlässig den Läufer ein. Mikly nahm die Figur und mußte im folgenden
die gegnerischen Zudringlichkeiten nur noch aussitzen. So stand es am Ende 5:3
für Löberitz, ein glanzloser, jedoch verdienter Sieg.
Abends verzichteten die Löberitzer auf die rustikale Kost im "Schwalbenhof"
(Bockwurst mit diversen Beilagen) und dinierten am Marktplatz in der "Kanzlei",
ein schummriger Club für Besserverdienende, eingerichtet zwischen
gutbürgerlich und hip. Dana brillierte an Fotoapparat und Forellen-Zerlege-
Gabel. (Wie heißt das Ding?) Dreiviertel der geschossenen Fotos gehen auf
ihre Kappe, Selbstporträts eingeschlossen.
Dex, der sich dem Zug
angeschlossen hatte, erinnerte noch mal an den Auftritt seiner Band
"Schrödingers Katze" am 4. Dezember im Ballhaus Aschersleben. Im speziellen
legte er Wert darauf, dass die Karten direkt im Ballhaus gekauft würden, weil
nur so gewährleistet sei, dass das Geld tatsächlich bei "Schrödingers
Katze" ankommt. Gegen 11 fuhr man noch einmal hinauf zum "Schwalbenhof", um zu
kiebitzen oder einer B- Geschichte von der Olympiade 66 zu lauschen. Da
solcherlei rezeptive Tätigkeiten stets ins Unendliche tendieren, war es kein
leichtes, den Tag zu beenden. Unterschiedliche Methoden kamen zum Einsatz.
Der Schreiber dieser Zeilen legte sich in die Koje, (wo er noch lange nicht
schlafen konnte), während die Löberitzer Mannschaft direkt weitersegelte
in die Abenteuer des dritten und letzten Teils dieses Berichts.
Dex
Naumburger SV | SG 1871 Löberitz | 3:5 | |
---|---|---|---|
1 | GM Malich, Dr. B. | Pröhl, H. | ½ |
2 | Dexter, D. | WGM Reizniece, D. | ½ |
3 | Dietze, F-H. | FM Matthey, H. | 1-0 |
4 | Härtig, J. | Schuster, M. | ½ |
5 | Will, Ma. | Schütze, N. | ½ |
6 | Rümmler, R. | Spreng, S. | 0-1 |
7 | Rößler, B. | Bilawer, A. | 0-1 |
8 | Hillmann, R. | Klyszcz, M. | 0-1 |