3. Spieltag: SF Bad Schmiedeberg - SG 1871 Löberitz II 4,5:3,5

Ampelgelb

Ampelrot? Wenn man die Bahn vor Plan erreicht, dann jedoch feststellen muss, den Kulturbeutel liegen gelassen zu haben, dann ist etwas über Erwarten gelungen und etwas anderes in Schieflage geraten; ein paar müßige Umsteigeminuten und ein baldiger Drogeriebesuch sind fällig.

Die Welt hat sich in ihrem Raum-Zeit-Kontinuum mal wieder arg verdichtet. Im Bahnhof von Fulda erhalte ich neue Mitbewohner an meinem Großraumtisch. Alsbald zeigt der Herr Nachbar Interesse an den Schachgrafiken auf dem Display meines Notebooks. Wir kommen ins Ampelfarben am Bahnhof Weimar Gespräch. Er hat auch Schach gespielt, damals, in der Schule, u.a. mit einer gewissen Bettina Trabert. Bettina Trabert? Bettina Trabert! Ja, auch wir spielten einst in einer Mannschaft, waren in einem Verein, damals, in Großhansdorf. Und im kleinen Sommer-Camp, damals, in der Ardèche, bei Largentière. Ob sie noch aktiv ist? Warum nicht; wir finden die jüngsten Partien von ihr aus 2009 in der flugs befragten Datenbank. Vielleicht hat sie dann geheiratet und einen anderen Namen angenommen; so etwas kommt vor.
Blitz im Frühstücksraum: Chevalier, Münzi Jedenfalls ist mir dieser wildfremde Mann nun gar nicht mehr so fremd, fast schon ein Vertrauter; als hätten wir zufällig entdeckt, derselben Geheimorganisation anzugehören. Und es kommt noch besser - der Herr Vertrauter ist Englisch-Professor! Ohne jedes Zögern entreiße ich ihm Grafiken und Trabert-Listen und öffne das noch stets von sprachqualitativen Zweifeln geplagte Zug-Interview mit Mark Gluhovsky. Willfährig dreht er es zu sich und beginnt die darin verborgenen Fehler zu korrigieren. Stilecht - im Zug! Zum Glück entdeckt er nur Kleinigkeiten, keine gravierenden Böcke. Zum Pech jedoch ist der Text dann doch zu lang, um die Ausbesserungen bis zur Verabschiedung in Eisenach noch fertig zu stellen. Die Grafiken kehren auf den Bildschirm zurück.

Sebi Mikly, Patricia, Konstantin, Münzi, Chevalier, Reyk Pauline

Der Weimarer Zeitschriftenhandel im Bahnhof ist offenbar umgestaltet worden; Schachmagazine sind so leicht erstmal nicht wiederzufinden. Dafür bietet die Bäckerei gegenüber frische Quarktorten feil. Uns wird, wohl eingedenk unseres sehr beschränkten Blickfokus, empfohlen, doch das ganze Blech mitzunehmen. Das machen wir. Aber nur zum selben Preis wie für die eigentlich georderten zwei Stücke.
Herbstdeko Darauf lässt sich die launige Verkäuferin ein. Aber nur, wenn sie dafür jetzt Feierabend machen kann und wir den Rest ihrer Schicht übernehmen. Das machen wir, nicht. Wir nehmen auch nicht das leckere Schwarzbrot mit; es ist zu schwer für Reisende. Auch das Herbstlaub ist in dunkler Nacht nicht auszumachen. Dafür trotz Anhöhe das Mertens'sche Anwesen. Und man kann Quarktorte auch im Auto essen. Der Löberitzer Schachklub wartet. Dort zelebriert der neue Geschäftsführer gerade allerlei Siegerehren, wird angeregt diskutiert und ich finde heraus, dass man gegen Frido am leichtesten dann gewinnt, wenn man ihm nicht gegenüber sitzt; seitlich, mit eingeschränktem Bewegungsradius vom Königsflügel bis etwa zum Zentrum - das läuft wie von selbst, dagegen ist er machtlos!

Globalissimo Weniger erfolgreich verlief anderntags die sachsen-anhaltinische Landesblitzmannschaftsmeisterschaft in der Grundschule, jedenfalls für die Löberitzer Teams. Währenddessen sicherte sich ¼ AEM souverän den Titel und wird also die Landesfarben beim Bund vertreten. Viel Glück!
Zur letzten Einstimmung durch Normi auf den sonntäglichen Ernst verwöhnte uns das Paprikaház Dorotheenhof einmal mehr mit ungarischen Spezialitäten unter Abzug einer kleinen Abordnung, die dem Spaziergang zur Dönerbude den Vorzug gab. Der Auftrag wurde kurz und klar formuliert: Zwei volle Mannschaftspunkte sollten ins Rückgepäck!

Richtung Petersberg Das erste Auto machte sich also auf den Weg. Die intensiven virtuellen Recherchen für ein vergnügliches Freiluft- und/oder Bewegungsnachmittags- und Abendprogramm in Bad Schmiedeberg hatten schließlich ergeben, dass der Goitzschesee einmal umwandert werden sollte. Mit der Dämmerung parkten wir am Uferweg und waren bereits 200 Meter davon, als Sebi einfiel, doch unbedingt mitwandern zu wollen. Schnurstracks kletterte er durchs Fenster aus dem Wagen und übernahm voll überschäumender Energie die Pole in Richtung Bitterfelder Bogen, der übrigens unter geübten Stiefeln ganz vorzüglich zu klingen vermag, bis es den Hang hinauf ging und er es vorzog, sich ins Dunkel der Nacht zurückfallen zu lassen und auf die tolle Aussicht vom obersten Stahlrost zu verzichten. Das war natürlich unfair, hatten wir doch extra Pauline auf Ampel geschaltet. Zurück an den Gestaden der Goitzsche gerieten die Villa zu weit und die dunkle Macht der Umrundung zu fern.

Pauline (1) Pauline (2) Nachtpflanze

Einkauf und auf zum Schmiedeberg. In die Pension gelogged, den um die Ecke gelegenen Stadtkern bis zum Tore besichtigt und dabei so manches gelernt: Rathausfenster müssen durchaus nicht monoton angebracht und Grundstücke können auch gebaut werden! Auf dem Rückweg zur ausgemachten Verköstigungsquelle stieren wir just in dem Moment auf die Schirme eines Pub-Viewing als der BVB an den bayerischen Hosen zieht - ein Jubelorkan bricht los, die Fenster bleiben heil.
Der Hof lässt sich auch nicht lumpen und fährt mancherlei kulinarische Verführungen auf bis das zweite Auto schließlich eintrifft. Konstantin labt sich an alkoholfreiem Wodka, andere an anderem, Julia am Fotoapparat und letztlich wird Globalissimo im Quartier zur Tagesschlussrunde.

Bad Schmiedeberg - Löberitz im Unterhaus Am nächsten Morgen hat im Ortsteil Ogkeln die Freiwillige Feuerwehr ihre Feier erst kurz zuvor beendet, als wir ihre Räumlichkeiten als Spiellokal entern. Nennenswerte Spuren der Nacht finden sich aber nicht - eine vorbildliche Hinterlassenschaft! Spuren ganz anderer Art werden aber auf die Bretter gestellt und diese zeugen nicht gerade von Durchschlagskraft. Paulines Gegner zaubert spontan mal Französisch aus dem Eröffnungshut, weil das der Georg Meier neulich beim Gewinn der Mannschaftseuropameisterschaft ja auch schon sehr erfolgreich praktiziert hat! Kann dann ja wohl kaum schaden. Tut es auch nicht. Björn streicht ohne nennenswerte Probleme ein Remis ein. Bald darauf endet auch Brett 2 auf ähnliche Weise - das erreichte Turmendspiel verspricht keiner Seite mehr Vorteil.
Richtung Scholis Doch zeichnet sich das spätere Ungemach auf der Mehrzahl von Spielfeldern frühzeitig ab. Dabei gerät die gesamte Mittelachse von 4 bis 6 in Rückstand und keiner sollte das Blatt noch wenden können. Der Berichterstatter wählt noch in der Eröffnung eine strategisch ungünstige Fortsetzung und findet hernach bei labilem Damenflügel ohne Dame kein geeignetes Gegenspiel mehr. Somit kommt mein Gegner noch rechtzeitig zum Mittagessen, während ich die saisonübergreifende Serie siegloser Antritte in allmählich besorgniserregender Weise weiter ausbaue. Da steht die Ampel auf rot. Auch Patricia hat den Schwung der Vorsaison noch nicht wiedergefunden. Aus einer komischen Eröffnung wurde eine komische Partie und letztlich ein nicht mehr ganz so komischer, sondern vielmehr klarer Verlust. Mit einem Erfolgserlebnis könnte der Motor aber bestimmt wieder gezündet werden.
Bad Schmiedeberg - Löberitz im Oberhaus Konstantin fand einige Male nicht die richtigen Ideen um Gegenspiel zu generieren. Fast folgerichtig übernahm der Weiße die Initiative und vollendete zu einem weiteren Punkt für die Kurstädter. Derweil war noch der lange absehbare Anschlusstreffer vom weiterhin formstarken Reyk gefallen. Voller Vorfreude auf einen offenen Katalanen trickste ihn Trixi zwar in die geschlossene Variante, doch auch da brannte nichts an. Sehr solide auch unsere Ersatzbank, die sich nicht nur als zuverlässige Stützen am sondern auch neben dem Brett präsentieren. Chevalier verrammelte so konsequent sein Terrain bis rein gar nichts mehr ging. Münzi kämpfte erst mit Minusbauern ums Remis, doch beim Blitzen behielt er die nötige Ruhe und konnte genügend Bauern einsammeln, so dass sogar noch ein ganzer Zähler heraussprang.
Letztlich also ein knappes Resultat, doch diese Optik trügt ein wenig. Gefühlt fiel die Niederlage höher aus; ein völlig verdienter Erfolg für Bad Schmiedeberg.

Fensterschrägen Grundstücksbau Werden und Vergehen

Als wir die heimischen Gefilde erreichen, da steht de facto auch der ebenso verdiente Erfolg der I. zu Buche. Wir haben also zumindest mit der Ausleihe unseres Kapitäns nichts falsch gemacht. So schmeckt das Curry wieder.

Wenn die I. auch noch den ärgsten Widersacher ungefährdet niederringt, die II. hingegen das Beißen verlernt, dann ist etwas über Erwarten gelungen und etwas anderes in Schieflage geraten; die Bewahrung der Lockerheit und ein baldiger Kurswechsel sind fällig.

Mikly

  SF Bad Schmiedeberg SG 1871 Löberitz II 4,5:3,5
1 Einbrodt, Björn Mertens, Pauline ½
2 Dittrich, Gerhard Pallas, Sebastian ½
3 Weise, Beatrix Schäfer, Reyk 0-1
4 Baum, Bernhard Klyszcz, Michael 1-0
5 Berndorff, Jörg Lehmann, Patricia 1-0
6 Baum, Michael Bolshakov, Konstantin 1-0
7 Gadke, Kay Münzberg, Stephan 0-1
8 König, Thomas Richter, Thomas ½

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