1. Spieltag: SG 1871 Löberitz II - SK Dessau '93 II 6:2

Tour de Baustell - oder - Wege, Umwege und Zielüberholung

Franz Mehlhose Erstmal so richtig im Pünktlichkeitstraining beginnt das dumpfe Warten, in Bahnhöfen, auf Flughäfen, die spannungsarme, improvisationslose Zeit. Auch Snoopy, leicht verbeult, Fußsport trifft Kopf, und Reyk warten im Erfurter Bahnhofsfoyer geduldig die moderate Verspätung meines Zuges ab. Wir erkunden die nächtliche Vielfalt der Stadt. Im originellen, sich noch in Öffnung befindlichen "Franz Mehlhose" kriegen wir eine Privatführung nebst Vorstellung der nächsten Pläne sowie den Tipp auf die "Süße Ecke", einer Snoopy in der Ecke temporären Location direkt am Flussufer der Gera. Die avisierten Live-Events lesen sich teils wie ein verschobener Veranstaltungskalender des "Hafen 2" - zwischen Offenbach und Erfurt pendelnde Groupies hätten jedenfalls leichtes Spiel. Das "Café Nerly" stärkt uns zwischendurch. Als Raucher genösse man den eindrucksvollen Saal. Mit Einsetzen des Regens flüchten wir und lernen bei der Entsorgung des Heimspielers: Die Stadt geht in die Fläche! Erschöpft von intensiven Wochen sinke ich in die berühmt-berüchtigte Schieflage und merke es nicht einmal mehr.

Kreativwerkstatt Süße Ecke Nach dem Mittagsfrühstück schwingt mein Gastgeber die Peitsche, Reyk drängt es in die Wälder. Und tatsächlich, nach der Anfahrt durch die gewohnt reizvolle thüringische Landschaft, wird der Eisenberg nahe Bad Blankenburg unser Streunareal. Den Hügel hinauf verspricht das stellenweise feuchtmoosige Terrain Aussicht auf Pilze. Wir teilen uns die begehbaren Abschnitte und durchforsten systematisch den Grund. Nach etwa zwei Stunden wandere ich den Pfad zum Treffpunkt am Wagen Pilzernte nicht pfannentauglich hinab und stelle die Kamera vorsorglich auf Selbstauslöser ein, denn schließlich sollte ja wohl zünftig ein waidmännisches Zeugnis der Pilzernten angefertigt werden. Aber kaum am Parkplatz angekommen wirft Reyk auch schon einen kritischen Blick in meinen prall gefüllten Korb, entfernt sogleich das üppigste Exemplar, bestimmt auch die meisten anderen mit flüchtigem Blick als nicht pfannentauglich und entleert schließlich den gesamten Inhalt an den Fuß der Felswand.

Noch Plätze frei überm Schwarzatal Nach Schwarzburg schaffen wir es bei der sich anschließenden Erkundungsfahrt nicht. Erst stranden wir in den allgegenwärtigen Sackgassen von Dittersdorf, dem Dorf ohne Ausgang, dann suggeriert die alte Wegekarte aus DDR-Zeiten eine Straße, die real nur als rudimentärer Pfad daherkommt und letztlich durchschlägt Reyk den Knoten mit einer Passage durch den Wald, vorbei an prächtigen Morcheln und Champignons am Wegesrand, fast punktgenau hin zur einladend Die Sackgasse in den Wald gestalteten Sportschule von Bad Blankenburg, wohin unser Sebi zum Lehrgang des DSB eingeladen war. Ihm eine Weile beim Abendessen zusehend decken wir uns zur Abreise mit den einzig verfügbaren Kuchensorten der im Nachbarsaal angesiedelten Bewirtschaftung ein, garniert mit unverhofft erfreulichen Botschaften aus dem hohen Norden, wo der Meister stolpert.

Bernd, das Brot Los geht's, die Sammeltour ins Bett. Schon der Weg nach Boblas ist ein einziger Hürdenlauf, Baustellen und Umwege allerorten bis hin zur Sperrung der Saalebrücke in Dornburg. Ungläubig nehmen wir den Uferweg, der allmählich in einen Radweg übergeht bis der Pfad an einer Querung für Automobile nicht mehr passierbar ist. Vor uns noch ein Fahrzeug, ein Pärchen, ebenso konsterniert. Es ist dunkel geworden. Unmöglich mehrere hundert Meter auf dem schmalen Streifen ohne Sicht rückwärts zu fahren. Sobald die Berme sich nur ein kleines Stückchen in die Böschung hinein weitet, unternehmen wir das signalgestützte Wendemanöver. Der Versuch, den Umweg zu meiden, hat uns eine zusätzliche halbe Stunde gekostet. Als wir mit ordentlicher Verspätung in Boblas eintreffen, verfahren wir uns sogar dort noch.

Himmelsdramen (1) Wir ziehen Annika aber letztlich ebenso von den Feierlichkeiten im Hause Priese ab, wie Pauline von ihren Backwerken in Naumburg. In Halle kurz noch den längst vom Schlaf übermannten Nachwuchs in seine behütete Obhut übergeben, dankbar ein zünftiges Abendbrot einverleibt, den dienstbaren Normi begrüßt und weiter, zu den Löberitz-Zörbiger Schlafstätten.

Oberhaus Sonntag. Früh. Mannschaftskampf, Saisoneröffnung. Gewissenhaft widmet sich Pauline ihrer neuen Rolle als Captain und startet den Wettkampf mit einer kurzen Willkommensansprache. Keinerlei Überraschungen bei den Aufstellungen, Dessau voll und auch wir treten mit dem eigentlichen Stammachter an. Und doch haben sich unsere Gäste leicht verspekuliert, gingen sie doch am Spitzenbrett von Yogi als Leihgabe unserer spielfreien I. aus. Darauf jedenfalls hatte sich Dessaus Iziaslav Leibovitch vorbereitet, um hernach, als alles ganz anders gelaufen war, uns seine Unterhaus Vorbereitung in Form von russischen Analyseseiten zu übergeben, verbunden mit der Bitte, diese an Yogi weiter zu reichen, denn sie mögen ihm helfen, in der 2.Bundesliga etwaige Fehler in der Eröffnung zu vermeiden! Denn dort solle er doch erfolgreich sein! Ein feiner Gentleman der alten Schule mit seltener und ausgesprochen freundlicher Geste, einfach nett!

Dass er auch noch eine ordentliche Klinge schlägt, bewies er zuvor mit seiner Partie gegen Pauline, die er stets kontrollierte, in der er nichts anbrennen ließ und ausgangs der Mittelspiels den Weg zum Gewinn fand. Doch der Reihe nach ... und diese Reihen lichteten sich überraschend schnell.

Bretter 1-6 Nach nur etwas über einer Stunde erzielt Patricia bereits den Führungstreffer, da sie ihren kombinierten Damenflügelkönigsangriff geschickt und souverän durchzieht, gegen allerdings nur verhaltenen Widerstand. Nicht lange darauf erhöht Mikly zum 2:0 und auch er trifft auf nur geringe Gegenwehr, denn Mikhail Zoun überlässt ihm in seinem flexiblen Schwarzaufbau die gesamte Initiative.
Sven Sonntag stellt seine Partie gegen den frisch geschulten Sebi in der f-Linie ein, wo ihm erst ein Bauer und dann eine ganze Figur abhanden kommen.
Nach getaner Arbeit: Annika und die Forelle Fast zeitgleich krönt unser Neuzugang Nicolas sein von ihm so genanntes "Springer-am-Rand-Experiment" mit einer hübschen Königsjagd zum Sieg, während Konstantin einen schwarzen Sonntag erwischt, mit versäumten Varianten hadert, sich dann gänzlich verzettelt und die Segel streichen muss. 4:1!

Die Entscheidung fällt vorne. Zwar stemmt sich Dessaus Gentleman, nun gar nicht generös, nochmal gegen die drohende Niederlage, aber Reyk kassiert bei zwei Abwicklungen jeweils einen Bauern und führt diesen Vorteil sicher in den Hafen. Schließlich verblitzt sich Annikas Gegner und der unerwartet klare und zügige Erfolg ist eingefahren.

Himmelsdramen (2) Mit diesem Zeitvorteil und der prallen Herbstsonne lassen wir uns die Rödgener Mahlzeit mal wieder draußen auf der Terrasse und in aller Ruhe munden; die Zufriedenheit über den geglückten Auftakt schwingt bei jedem Bissen mit. Später grünen sogar noch Familienzweige zum Kaffee in Bad Kösen. Der finale Heimwegsabschnitt meinethalben wird lediglich noch durch die defekte Bahnsteckdose bei gleichzeitig leerem Notebook-Akku getrübt. Aber Sebi hat ja vorgemacht, wie man längere Heimfahrten auch gestalten kann.

Mikly

  SG 1871 Löberitz II SK Dessau '93 II 6:2
1 Mertens, Pauline Leibovitch, Iziaslav 0-1
2 Pallas, Sebastian Sonntag, Sven 1-0
3 Schäfer, Reyk Schneider, Jens-Erik 1-0
4 Klyszcz, Michael Zoun, Mikhail 1-0
5 Niegsch, Nicolas Pannier, Thomas 1-0
6 Lehmann, Patricia Luebeck, Wolfgang 1-0
7 Bolshakov, Konstantin Hübner, Walter 0-1
8 Priese, Annika Thom, Michael 1-0
Konstantin Pauline Mikly

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