3. Spieltag: GW Piesteritz - SG 1871 Löberitz II 3,5:4,5

Dicke Luft im Hühnerstall

Glühwein grün-weiß: Reyk, Chrido, Pati, Münzi, Julia Unser Dezember-Punktspiel sollte gegen Grün-Weiß Piesteritz bestritten werden. Dem Winterwetter und der weiten Anreise geschuldet, trafen sich unser Neuzugang Julia samt ihrem Ehemann René, Patricia, Reyk, das Zweigestirn Christian und Frido (besser bekannt unter dem Namen Chrido) und der Berichtschreiber Münzi bereits am Samstag in der Lutherstadt. Nach kurzer Stärkung von der weiten Anreise auf dem Wittenberger Weihnachtsmarkt mit Glühwein vom Stand der Fußballabteilung des Grün-Weiß Piesteritz und Pferdekeksen des örtlichen Reitvereins ging es in die Indoor-Strandbar Coco. Zu Cocktails und "Heißer Orange" wurden der Tradition folgend die Codenamen durch den Raum gerufen und zumindest versucht die Attentäter zu umschiffen. Nachdem zu fortgerückter Stunde endgültig geklärt war, dass sich blau und schwarz im Schummerlicht nicht immer ausreichend unterscheiden ließen und Brustharnische in Kohle gehärtet wurden, verabschiedete man sich in die Nacht.

Wenige Stunden Schlaf später trafen wir uns frohen Mutes in der "Milljöh-Kneipe" Zum Hühnerstall, dem Spiellokal von Grün-Weiß Piesteritz. Beim Betreten des Spiellokals begrüßten uns bereits eine dichte Zigarettenrauchwolke und die ersten Stammtischler. Gespielt wurde in einem kleinen Hinterraum entlang einer langen Tafel. Zwar war es hier etwas stickig, aber immerhin weitgehend rauchfrei. Der wenige Platz ließ den Berichtschreiber allerdings zweimal überlegen, ob er sein Brett verlässt um bei den Teamkollegen nach dem Rechten zu schauen, draußen Luft zu schnappen oder einen Kaffee zu holen. Schließlich störte man dabei zwangsläufig die Konzentration der benachbarten Teamkollegen, die erst Platz machen mussten.
Es schien also eine denkwürdige Runde, bezogen auf das Spiellokal, zu werden. Nun aber zum Schach - Spielberichte in der Reihenfolge des Partieabschlusses.

Julia, früher Jungtalent bei der TSG Wittenberg, später für Bayer Leverkusen im Einsatz und nun in ihrer ersten Verbandsligapartie für Löberitz "unter Vertrag", sah sich an Brett 6 mit einem Damenbauernspiel konfrontiert. In fortgeschrittener Stellung übersah ihr Gegner Harald Leipold eine positionelle Feinheit und verrechnete sich anschließend bei einem Springeropfer. Julia brachte daraufhin die Partie routiniert zum vollen Punkt. Starker Einstieg!
Löberitz 1 - Piesteritz 0

Nur einen Moment später beendete auch Reyk seine ereignisreiche Partie gegen Benno Pankrath. Schon früh wich Benno von den üblichen Eröffnungslinien durch ungenaues Spiel ab. Wenige Züge später holte Reyk schon den etwas zu weit vorgerückten schwarzen Springer auf d4 ab, sah sich dadurch aber der starken schwarzen Initiative ausgesetzt. Zweimal findet die Engine in den sehr komplexen Stellungen der kurzen Partie Möglichkeiten, die Initiative zu nahezu Ausgleich zu münzen.
Glücklicherweise übersah Benno diese Varianten und gab nach Reyks Konsolidierung rasch auf.
Löberitz 2 - Piesteritz 0

Die Vorbereitung endete für Nicklas dieses Mal besonders früh, nämlich bereits nach dem ersten Zug. Fest davon ausgehend, dass 1. e4 mit e6 beantwortet würde, erwischte ihn 1...g6 auf dem falschen Fuß. Schnell geriet Nicklas verunsichert in die Defensive und ließ sich sogleich auch eine Qualität abnehmen. Zwar beprobte er Michael Enigks Endspielfähigkeiten noch ambitioniert, was letztlich aber doch vergebens war.
Löberitz 2 - Piesteritz 1

Ich fand mich nach der Eröffnung in einem für mich eher ungünstig gelaufenen Französisch-Aufbau wieder. Ein vergiftetes Springeropfer im Zentrum, brachte mir nicht nur zwei Mehrbauern, sondern auch die Initiative ein. Wenige Züge später fiel Steves Stellung komplett auseinander und mir so der Punkt zu.
Löberitz 3 - Piesteritz 1

Bei Christian lief am zweiten Brett im Sizilianisch gegen Christian Hanak anfangs alles nach Plan. Während Weiß seinen König am Damenflügel sicherte und am Königsflügel die Bauern voranschickte, beließ unser Mannschaftsleiter seinen Befehlshaber im Zentrum und organisierte den Gegenangriff am Damenflügel. Dabei übersah er im falschen Moment den stellungstypischen weißen Vorstoß g6, der die wichtigen schwarzen Verteidiger vom König entfernte. Eine taktische Unachtsamkeit später investierte Weiß Springer und Turm um die schwarze Dame gefangen zu nehmen. Dem folgenden übermächtigen Zusammenspiel der weißen Steine konnte der ML Christian auch mit härtestem Kampf nichts mehr entgegensetzen.
Löberitz 3 - Piesteritz 2

An Brett 8 litt Thomas mit Schwarz lange unter dem Druck des weißen Bauerns auf d6. Die Stellungseinschätzungen bewegten sich zwischenzeitlich im Bereich zwischen unklar bis zweifelhaft. In schwieriger Stellung blieb er allerdings immer ruhig und nutzte Fehler des Gegners konsequent aus. Letztlich verwandelte er auch noch das Remis geglaubte Turmendspiel mit 3 gegen 2 Bauern zum ganzen Punkt.
Löberitz 4 - Piesteritz 2

Bei Frido kam ein Silzilianer mit Lg5 aufs Brett. Getreu dem Motto, Schlagen auf b2 sei selbst dann schlecht, wenn es gut sei, wird dieses von Frank Enigk nur angetäuscht und anstelle dessen die Damen getauscht. In unklarer Stellung entscheidet sich Frido für die ruhige Fortsetzung. Es wurde noch ein wenig taktiert - unter anderem unter Mithilfe andere Piesteritzer, die im Nebenraum mehrfach so lautstark über die besten Fortsetzungen in den verbliebenen Partien diskutierten, dass sie bis an Brett 1 und 4 zu hören waren. Letztlich mündete die Partie dennoch ins remise Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern.
Löberitz 4.5 - Piesteritz 2.5

In Patis Partie sollte es über die gesamten 6 Stunden spannend bleiben und seinen Höhepunkt im Finale finden. Im Mittelspiel geriet sie unter starken Druck ihres Gegners Fred Heintel und verbrauchte in der Folge an vielen kritischen Stellen im Übergang von Mittel- zu Endspiel ihr Zeitpolster. Fred seinerseits fand keinen geeigneten Hebel, sodass Pati mit einem Minusbauer immer noch Remis-Chancen wahrte.
Nach der Zeitkontrolle streute Fred einige Ungenauigkeiten ein und verlor so nach und nach sämtliche Gewinnchancen. In der Folge wurden nur noch recht ambitionslos Figuren umgruppiert, in der Hoffnung auf den rettenden Zeitnot-Fehler der Gegnerin. Es kam wie es kommen musste. Pati bot mit zwei gegen fünf Minuten auf der Uhr nur Remis, statt nach Artikel 10.2 der Fide-Regeln*) darauf zu reklamieren. Ihr Gegner lehnte ab und so sollte einige Züge später die Stellung immer noch remis, ihre Bedenkzeit aber aufgebraucht sein. Das Highlight des Kampfes folgte aber erst nach der Partie durch den absolut überflüssigen Rat "Man muss auch verlieren können" eines anderen Piesteritzers an die verärgerte Patricia.
Löberitz 4.5 - Piesteritz 3.5

Damit endete unser Mannschaftskampf mit einem denkbar knappen 4.5 zu 3.5-Sieg. Die Umstände dieses für den Abstiegskampf wichtigen Erfolgs konnten allerdings nicht wirklich glücklich stimmen. So verzichtete man auf das übliche Teamessen zugunsten einer kurzen Stärkung auf dem Weihnachtsmarkt und eines zügigen Aufbruchs Richtung Heimat.

Münzi

*) Anmerkung der Redaktion: Bei 10.2 weiß jeder, was gemeint ist – auch wenn der Artikel inzwischen in den Anhang "Endspurtphase" gewandert ist und nunmehr G5 heißt. Leider gibt es immer noch nicht flächendeckend Digital-Uhren, so dass die Möglichkeit, in den Bonus-Modus zu wechseln (G4) nicht gegeben ist. Ab kommender Saison ist der Spuk aber vorbei, wenn die Verbandsliga die Fischer-Bedenkzeit einführt.

  GW Piesteritz SG 1871 Löberitz II 3,5:4,5
1 Enigk, Frank Mertens, Fridolin ½
2 Hanak, Christian Böhm, Christian 1-0
3 Pankrath, Benno Schäfer, Reyk 0-1
4 Heintel, Fred Lehmann, Patricia 1-0
5 Rothe, Steve Münzberg, Stephan 0-1
6 Leipold, Harald Hoegen, Julia 0-1
7 Enigk, Michael Rößler, Nicklas Stefan 1-0
8 Steche, Roland Hähndel, Thomas 0-1

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