Senioren-WM Naumburg 2002

Uhlmann-Katalymov Die Senioren-Weltmeisterschaft in Naumburg ist zu Ende und hat mit Josef Petkevitch aus Riga erneut einen lettischen Sieger gefunden. Vier Spieler - darunter Titelverteidiger Klovans - kamen auf 8,5/11. Der Gegnerschnitt gab den Ausschlag für Petkevitch. Wolfgang Uhlmann (8) blieb ungeschlagen, konnte aber einige gute Stellungen nicht verwerten (darunter eine gegen den Wolmirstedter Boris Gruzman) und scheiterte so erneut beim Anlauf auf den Seniorenthron. Uhlmann - Katalymov war so eine Partie, in der der Dresdner nach anfänglichen Vorteilen (Uhlmann in der Analyse: "Eröffnung und Vsjo, vsjo!") sogar ein Turmendspiel mit Minusbauern verteidigen musste, diese Aufgabe aber sicher meisterte. Großmeister Dr. Burkhard Malich vom Gastgeber war mit 7/11 auf Rang 28 bester Sachsen-Anhaltiner. Das Damenturnier stand deutlich im Schatten der Herren-WM, auch in Sachen Teilnehmerzahlen. M. Litinskaja heißt die neue Titelträgerin.
Dom Zeit für einige Vorort-Impressionen. Für Organisation und ein vielfältiges Rahmenprogramm zeichneten Reinhold Hoffmanns Chess Org und der ESV Naumburg gemeinsam verantwortlich. Auch die Stadt Naumburg nahm regen Anteil. Von den vielen Veranstaltungen haben wir einige wie den Burgenlandpokal bereits erwähnt. Zunächst zur WM selbst.
Der Reformationstag schien als WM-Besuchstag gut geeignet zu sein. Die Rathaussäle waren proppenvoll - zu voll, um Schach zu spielen, wäre mein Eindruck gewesen. Insbesondere an den vorderen Brettern hing die Besuchertraube trotz Projektion im Vorraum bedenklich dicht auf den Spielern. Die scheinen das aber gewohnt zu sein, die Organisation wurde öffentlich mehrfach als perfekt gelobt. Über 300 SpielerInnen unter einen Hut zu bringen ist sicher nicht einfach. Die WM ist schließlich offen - einzige Bedingung ist ein Mindestalter von 60 Jahren. So nahmen zahlreiche Vertreter der Region teil. Neben den bereits erwähnten Titelträgern konnten sich auch Hermann Packroff (ESV), Dr. Hans Werchan (USC), Werner Hobsuch (Klostermansfeld, über das Remis gegen M. Taimanov wurde berichtet) u. a. gut in Szene setzen.
König a1 Profitiert hat sicher auch die Region. Es gab Ausflüge nach Freyburg, Dornburg, Weimar u. a. Zumindest kurzzeitig dürfte die Hotelbranche geboomt haben. Die Stadt nahm merklich Anteil. Besondere Idee: In den Geschäften der Innenstadt wurden Schachaufgaben für einen Löserwettbewerb versteckt. Dabei gab's pro Schaufenster der beteiligten Geschäftsleute eine Figur mit Feld (im Bild weißer König auf a1). Wir konnten das Problem nicht lösen, da einige geschummelt und die Figur im Laden, nicht im Fenster platzierten. Pech am Feiertag. Aber auch so wusste man bescheid. Der Wirt in der Brasserie konnte die Spitzenleute mit Namen nennen, nur an Kleinigkeiten haperte es mit dem Verständnis ("320 Leute und dann jeder gegen jeden!"). Die Litfaßsäulen waren voll und Lebend-Schachaufführungen auf dem Markt/in der Marienkirche fanden viel Publikum.
Narrenmatt Eine dieser Aufführungen konnten wir bestaunen. Nach Drehbuch von Herbert Beste führten SchülerInnen der Uta-Schule in Kostümen der Dresdner Designerin Micheel zunächst Narren- und Seekadettenmatt vor. Dann waren sie die Protagonisten einer Partie Wanzek - Will, die ganz feierlich von der Empore aus geführt wurde. Interessant hierbei die einführenden Interviews. Von Wanze war z. B. zu erfahren, dass er mit sechs Jahren wohl lieber Fußball gespielt hätte, von seiner Mutter dann aber zum Schach geschleift wurde... Der ESV war an weiteren Rahmenveranstaltungen wie Blitzturnieren, Vergleichskämpfen mit Starnberg oder der Simultanvorstellung Mark Taimanovs beteiligt.
Mark Taimanov war neben den deutschen Schachlegenden Uhlmann und Unzicker der Medienheld in Naumburg. Seine Lebensgeschichte mit dem Berufsverbot nach der 0:6-Niederlage gegen Fischer, seine bedeutend jüngere Frau und nicht zuletzt sein Weltruf als Pianist weckten vielfach Interesse bei Presse und Fernsehen. Taimanov war in Naumburg auch außerhalb der WM überaus aktiv. Obwohl jenseits der 75 gab er wie erwähnt eine Simultanvorstellung Mark Taimanov und zwei sehr gut besuchte Klavierkonzerte. Er spielte Werke von Chopin, Rachmaninoff, Tschaikowski und Schubert. Keine Angst, ich werde mich nicht als Musikkritiker versuchen. Nur soviel: Das Publikum - mich eingeschlossen - hat Taimanov stürmisch gefeiert.
Die nächste WM soll übrigens in Frankreich stattfinden. Für 2004 ist Halle/Saale im Gespräch.

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