Äskulap in Görlitz

Görlitzer Altstadt Fast direkt auf dem Weg vom Riesengebirge ins Anhaltinische liegt .. nein, nicht Deizisau (sorry Nudel), sondern die östlichste Stadt Deutschlands Görlitz. Nach der "Erleichterung" des Wagens und dem Ausklinken in der Bautzener Werkstatt rief auch schon gleich die erste Runde, nachdem die Autobahnausfahrt nur einen schmalen Korridor in einer ansonsten kilometerlangen Lkw-Phalanx darstellte. Gerade noch das, freundlicherweise vom Veranstalter organisierte, Hotel in der Südstadt bezogen und die ersten bekannten Gesichter wie Maiky be- und gegrüßt und dann war schon wieder das Brett vor dem Kopf. Nach den jeweiligen leichten Aufwärtstrends (Hamburg, Kassel, Budapest) in diesem Jahr sollte Görlitz die finale Korrektur vor der langen Sommerpause werden. Vom XX. Springfestival an der Donau über das Rosenberg-Blitz direkt zum XXI.Äskulap an der Neiße. Voller Zuversicht platzierte ich mich in die geräumige Halle des Wartburg-Hauses (am Hang zur Neiße mit Blick über die nur etwa 200 m entfernte Grenze nach Polen - auch hier wird die EU-Erweiterung Spuren zeichnen, vielleicht vornehmlich staufreie ..), nichts ahnend von dem bevorstehenden fatalen Paarlauf, wohl aber von den außerordentlichen Reizen dieser Stadt. Die wesentlichen Merkmale des Grenzortes lassen sich kaum besser und prägnanter zusammenfassen als es die Stadtverwaltung in Person A.Bednarek selbst getan hat, weshalb ich hier gerne auch "nur" darauf verweisen möchte:

Görlitz - Stadtdenkmal vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert

Einkaufsmeile Berliner Straße Genau das ist es, was mir dort zu sehen vergönnt war und es ist ein außerordentlich beeindruckendes Erlebnis Bauten, die andernorts seltene Juwele der Zierde wären, in derartiger Fülle und in unvergleichlicher Konsistenz eines "Gesamtbildes" als fast selbstverständlich wahrzunehmen zu dürfen.
Einen gewissen Kontrast bilden die inzwischen üblichen Phänomene vieler östlicher Städte. So leidet z. B. die Shopping-Meile Berliner Straße vor allem in ihrer zum Bahnhof gewandten Hälfte unter massivem Verkehrsschilder sind hässlich Leerstand. Ebenso sind auch etliche Wohnhäuser unzureichend belegt. Der Obst- und Gemüsehandel ist offensichtlich eine rein vietnamesische Angelegenheit. Die Frequentierung der gastronomischen Betriebe über die Tage war, natürlich nicht repräsentativ, fast durchweg sehr gut. Manches Interieur gleicht dabei auf angenehme Weise einem lebendigen Museum. Insgesamt lässt sich ein sehr positiver und angenehmer Eindruck nicht vermeiden. Von Verzagtheit ist überhaupt nichts zu spüren. Dazu passt der Anstieg der Übernachtungen um mehr als zehn Prozent im Vorjahr. Auch das Preisniveau erinnert zuweilen noch an "gute alte Zeiten". Am Wettkampfort selbst galt bereits eine 5-Euro-Note als Goldbarren, der entweder reichlich Münzen oder Verzehr zurückbrachte.
Spielsaal Das gern benutzte Attribut "familiär" trifft trotz 12 Titelträgern und knapp 100 Teilnehmern auf das Äskulap-Turnier in besonderem Maße zu, z. B. auf die vielfachen Ausflüge der Piesteritzer (die einzige Spielpraxisausnahme z. B. für den ansonsten berufsbedingt abstinenten Schöni) dorthin, aber sogar sprichwörtlich auf die Heymann-Familie, wo die Generationen nebst Verheiratungen (Lobzhanidze) einträchtig um die Tische rücken und wenn es sein muss zwangsläufig dann halt auch mal gegeneinander. Die Eltern wurden für mich das erste Pärchen, da ich gegen beide (in Runde 1 gegen Marianne und in Runde 6 gegen Walter) Maiky spielen durfte. Beide Partien beinhalteten jeweils eine kleine Schrecksekunde, waren aber ansonsten blitzsauber. Angenehm im sportlichen Sinne. Angenehm auch noch das abendliche Gespräch mit Schöni und eigentlich alle Gespräche mit den Piesteritzern, die meist mit Familien an die Grenze reisen. Die Piesteritzer bildeten dann auch das zweite Pärchen. In Runde 2 in Gestalt von Benno Pankrath, der mir Remis bot und dazu erklärte, er wolle keinesfalls mit 2 aus 2 starten - das habe ihm in den Vorjahren kein Glück gebracht. Nun, Benno, auch ich kann Dir den Gefallen nicht tun! Will unbedingt gewinnen und lasse in chancenreicher Stellung und gewisser Zeitnot einzügig Turm plus Springer stehen! Wieder und wieder stehe ich mit leeren Händen da, sobald mein Gegner nominell stärker ist. Zum Verzweifeln. Schwer angeschlagen Schöni laufe ich durch die Stadt auf der Suche nach einem ICafé, finde eines und merke es mir für den Abend vor. Dazwischen liegt Runde 3, die mein 3. Pärchen eröffnet in Person der Nachwuchsspielerinnen aus Rüdersdorf. Jennifer Sdunzik war wie Bekka ein Jahr in den USA gewesen und hat die DWZ-Entwicklung nicht so ganz mitgemacht. So hängt sie unter 1600, was sie nicht abhielt in der 1. Runde mit einem Sieg gegen eine "Heymann"-Tochter (Elo 2100) bereits ein für sie sehr starkes Turnier einzuläuten. Bis zur Schlussrunde vermochte lediglich der "alte HSKler" Steve Berger sie zu bezwingen! Steve, der gerne das durchaus passende Rüdersdorfer Shirt seiner halb so großen Freundin trug, hat seine Heimat Hamburg just zugunsten Berlins verlassen. Ob er dennoch dem HSK treu bleibt, wird sicher alsbald in den einschlägigen Medien zu erfahren sein ..
Jennifer Von Nadja aber zurück zu Jennifer, die mich in der Partie nach einer Schwäche zum Ende der Eröffnung absolut chancenlos ließ! Die gesamte Partie bot mir ein einziges Leiden. Das Turnier war spätestens jetzt natürlich schon unrettbar verloren - der gesamte Wiederaufbau des Jahres zunichte. Hinzu kam mir das Bewusstsein, trotz allem eigentlich gar nicht so schlecht in Form zu sein, aber diese Scharte nicht mehr ausmerzen zu können, viele Monate damit leben zu müssen. Ich suchte das ICafé auf und schrieb mir den Frust an den armen Riker von der Seele. Am nächsten Morgen fiel das Aufraffen noch mal schwerer. Die Veranstalter hatten ob der widrigen Beginnzeiten um 8.30 bzw. gar 8.00 Uhr jedem Teilnehmer einen kleinen Wecker geschenkt - auch dieser hätte mir kaum genützt. Hinzu kam auch noch ein innerörtlicher kilometerlanger Stau vor dem Grenzübergang Stadtbrücke. Aber wozu gibt es Gegenfahrbahnen? Schließlich sollten die Pärchen noch vollendet werden und zunächst das aus Rüdersdorf. Nach der Erfahrung des Vortages spielte ich gegen Paarungen der letzten Runde Thea-Lina genauso wie Jennifer gegen mich. Das brachte uns natürlich ihre häufigen und amüsierten Besuche ein. Thea-Lina machte es allerdings besser um nach einer kleinen Ungenauigkeit ebenfalls chancenlos zu bleiben. Daher nun also mein gar nicht subjektives Postulat: 1. .. c5? . Das scheint wirklich nur etwas für die gelben Seiten zu sein, soweit es sich um igelähnliche Abspiele handelt. Der Nachmittag brachte mir mit Familienvater Frank-Peter Rößler den "Single", obschon ich bei dem Nachnamen nebst Gedanken an die Heymann-Tochter Ulrike das zunächst nicht vermutete. Gegen ihn verspielte ich endgültig die letzte Chance halbwegs heil aus der Misere zu kommen indem ich der Brustkernschen Entlarvung huldigte wieder mal zu ungeduldig zu sein. Bis zum nächsten Morgen war alles verarbeitet und nichts konnte mich mehr schrecken. Finale an den Spitzenbrettern Weder die 8 Uhr, die auch mit Packen und Frühstückausfall nicht einzuhalten waren, noch die starke Eröffnungsbehandlung von Vater Heymann. Ein Zug zu spät rochiert und es war gnadenlos um seinen König geschehen. Piesteritz, diesmal Fred Heintel, in der Schlussrunde war als Auslosung ärgerlich. Einerseits hatte ich bereits in den Mannschaftskämpfen mal das "Vergnügen" mit ihm gehabt und andererseits war somit klar, Benno würde in sieben Runden meine einzige "Elo-Partie" bleiben - und das bei zwei Drittel Elozahlenträgern unter den Teilnehmern!! Somit keine Chance mehr wenigstens in dieser Hinsicht etwas "gutzumachen". Fred fragte mich dann auch schon vor der Partie, ob ich sie denn ausspielen wolle. In den meisten Situationen wäre ich schnell mit ihm einig geworden, zumal meine Schwarzleistung zuletzt ziemlich schwächelte .. Wir spielten also und natürlich musste ich viel mehr als er leiden und als es dann soweit war den Punkt einzufahren vereinfachte ich derart, dass es für ihn leicht wurde das Endspiel trotz Minusbauern zu halten.
Fred Also nicht mal ein Mini-Happy-End. Gelohnt hat sich der Besuch dennoch, denn ich lernte eine unbedingt sehenswerte Stadt und ein liebenswertes, wenn auch äußerst gefährliches Turnier kennen! Sportlich aber blieb das Gedenken an Brain in Aalen. Auch die abendliche Abschlussparty vermochte mich nicht mehr aufzumuntern, denn da war ich bereits wieder auf dem Weg nach Hamburg zum Osterbesuch meiner Eltern in Großhansdorf, bestückt mit einer faszinierenden Fahrt durch das mitternächtliche Berlin ..

Mikly

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