IV. Ani-Cup Hamburg 2007

Versunkene Romantik

Happy End für Mikly Will man sich ein Turnier zwischen den Tagen gönnen, dann wird die üppige Auswahl schnell zur Qual. Doch diesmal wanderten die Überlegungen nur relativ kurz von Potsdam über Litomyšl schließlich nach Hamburg, zur Schmalspurlösung vor der Haustür, dem Ani-Cup in Hamburg-Rahlstedt. Schmalspur natürlich nur im Sinne des logistischen Aufwandes, war er doch für Aktive meiner Kragenweite ansehnlich besetzt in Form einer klaren Überzahl nominell höher gesetzter Teilnehmer. Dazu (fast) ausschließlich Doppelrunden mochte es ein geeigneter Steigerungslauf zur Revitalisierung von Liberec sein. So las mir direkt der erste Tag gehörig die Leviten.
Hamburg ruft Zweimal leistete ich mir zu viel Romantik, objektiver ausgedrückt Genauigkeitsmängel. Zum Auftakt gegen Dusan Nedic verwarf ich die soliden Fahrgewässer zugunsten eines Gewinnversuchs, dem ich jedoch eine Entscheidung gegen den Bauch zu viel zumutete. Dusan kritisierte das ambitionierte Vorgehen hernach aus prinzipiellen Erwägungen. In der sich anschließenden Partie dagegen machte Hinter jedem Siegertyp sitzt eine starke Frau ich kurzen Prozess mit mir durch die Hergabe eines Zentralbauern unter Verzicht auf die Rückeroberung zugunsten eines unzureichenden Figurenspiels. Null aus Zwei! Runde 3 servierte mir den jungen Dänen Salihu und dieser mir das nun schon bitter nötige Punktcomeback. Wie am Vortag (Maahs) bescherte der Nachmittag einen alten Bekannten (Nugel) aus Hamburger Zeiten. Alsbald Medaillenkampf: Kopylev vs. Nedic verirrten wir uns in Neuland und waren wohl beide ob der Option einer Stellungswiederholung recht dankbar. Ein neuer Morgen und ein weiterer Jugendlicher, diesmal aus Bremen und dazu das Novum einer Remisofferte nach dem ersten (!) Zug unter Hinweis auf das so mäßig verlaufene Turnier! Das muss verblüffen bei einem Setzlistenplatz im dritten Quartal und einem dazu durchaus passenden Spiegelsaal Halbzeitkonto von minus eins! Bald schon wollte sich ein Grübeln breit machen, ob die Ablehnung wohl willkommene Früchte tragen würde, doch zum Ausgang des Mittelspiels ließ der Nachwuchs weitere freundliche Offerten folgen. So gestärkt gelang mit eingebrochener Dunkelheit der Aufschlag für einen Big Point, aber nach der Abwicklung zum Qualitätsvorteil räusperte sich der Schachkämpfer lange Tag unüberhörbar und alle Stringenz wich diffusen Plansubjekten, so dass uns schließlich eine Zugwiederholung den Punkt halbierte. Wie gewohnt brachte der finale Morgen wieder einen der aufstrebenden Jungstars (Nguyen) an die schwarze Seite. Für ein positives Turnierresümee war mindestens ein Halber Pflicht, der mit Hilfe simpler Strategie auch alsbald den Weg in die Scheune fand. Eingedenk des verpassten Startschusses durfte ich also letztlich zwar nicht mit der Substanz meiner Leistung, wohl aber mit dem erzielten Ergebnis zufrieden sein.
Sieger A und B: Merijn van Delft, Philipp Flören In den Hafen aller Wünsche fand auch Ani-Dauerbrenner und Evi-Wahl-Hamburger Merijn van Delft. Hatten ihn zuvor regelmäßige fünf Punkte von Rang vier beginnend jeweils auf die Plätze gebracht, so legte er bei der aktuell vierten Auflage einen, wenn auch bestenfalls lauwarmen Halben nach. Dieser reichte zur Verblüffung aller zum Turniersieg dank knapp besserer Zweitwertung, war doch gerade die Buchholz von Elo-Favorit und Wahl-Holsteiner Mihail Kopylov vor der letzten Runde deutlich höher ausgewiesen. Damit aber zog dieser immerhin noch an Christian Michna vorbei, dessen Frau Marta (vielen sicher noch unter dem Namen Zielinska bekannt) normalerweise hätte selbst um die Trophäe kämpfen können, doch die in drei Wochen erwartete Stärkung des Schach-Nachwuchses ließ sie sich mit der Betreuung von Tochter Masza im B-Turnier begnügen.
Sachpreise + Suren Nach der Verteilung der Haupt- und einiger Sachpreise blieb zum anberaumten Rotwein-Umtrunk nur noch eine Frage hinsichtlich der routiniert verwalteten Turnierserie offen: Wie kam der Ani-Cup zu seinem Namen? Der aus Armenien stammende Organisator Suren Petrosyan entlarvt schmunzelnd und freimütig seine romantische Ader: Ani sei ein in Armenien weit verbreiteter Mädchenname und zudem ist Ani eine durch ein Erdbeben im 14.Jahrhundert versunkene armenische Stadt, deren Reste sich inzwischen allerdings auf dem heutigen Gebiet der Türkei befinden, so wie eben manches armenische Erbe heute seinen Platz auf verschiedenen Feldern des terrestrischen Brettes gefunden hat.

Mikly

Zum Seitenanfang

 
Links