Im Gespräch: Normi nach der DEM

M&R: Du kommst gerade von der DEM aus Bad Wörishofen zurück. Im Gepäck liegen 4,5/9 gegen sehr starke Gegner (3 GM, 3 IM). Dazu viele hochinteressante Partien. Ich denke, du kannst zufrieden sein?
N: Im Prinzip schon. Ich war mit meinem Schach zufrieden. O.k. Runde 1, diese Stellung muss man einfach gewinnen ...
Unzufrieden war ich natürlich auch mit der Weißpartie gegen Pajeken. Da hab ich am Brett einfach die falsche Entscheidung getroffen und eine eine Stellung gespielt, die mir einfach nicht liegt, das hat Cliff schon gut erkannt.

M&R: Du bist nur um einen halben Zähler an Deiner ersten IM-Norm hauchdünn vorbeigeschrammt – weint ein Auge noch während das andere ja breites Grinsen trägt?
N: Vor dem Turnier hab ich natuerlich schon gehofft zumindest in die Naehe einer Norm zu kommen. Danach war ich aber nicht zu enttäuscht, da das Gesamtergebnis stimmte. Erleichternd kam hinzu, dass mir mehrfach erklärt wurde, man scheitert immer mindestens fünfmal mit einem halben Punkt an der Norm und beim ersten Versuch sowieso.

M&R: Hat die verpasste Chance nun zusätzlichen Ehrgeiz entfacht?
N: Ehrgeizig war ich schon immer, ich denke das hat nicht viel geändert.

M&R: Welche Partie würdest Du als Deine stärkste Leistung einstufen und warum? Du hattest eine Reihe prominenter Kontrahenten – welche Partie war für Dich besonders interessant und warum?
N: Stärkste Leistung kann ich schwer einschätzen, natürlich fand ich die Siege gegen Hausrath und Meister gut. Sie waren vor allem relativ sauber.
Die interessanteste Partie war aber sicher die gegen David, obwohl oder gerade weil sie voll von Fehlern ist.
Von den Kontahenten kann ich niemanden hervorheben. Für mich ist Gegner = Gegner und die Partie das Entscheidende. Allerdings um so stärker der Gegner desto besser. Das ist ja klar.

M&R: Wie Brain 2007 (Bad Königshofen) konntest auch Du Dich gegenüber der ersten Teilnahme (Osterburg 2006) auf 50% steigern. Einfach nur Ausdruck gewachsener Stärke oder hat die Erfahrung der ersten Meisterschaft auch geholfen? Was war diesmal anders?
N: Ich denke, die Erfahrungen der ersten DEM in Osterburg spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Erfahrung oder auch gewachsene Spielstärke kommt, meiner Meinung nach, aus den Oberligajahren. Es ist schon ein Niveausprung von der Landesliga nach oben. Das ist auch der Grund, warum ich unbedingt 2. Liga spielen will.

M&R: Kannst Du uns Deine Erfahrungen mit der Live-Übertragung schildern? (War Dir während der Partien die Live-Übertragung bewusst oder hast Du jeden Gedanken daran komplett ausgeschaltet? Hat es in irgendeiner Weise Dein Spiel beeinflusst (z. B. besonders kritische Überprüfung oder 'Spielen für die Galerie' oder höhere Anspannung o. ä.?)? – immerhin haben Dir sicher eine ganze Menge Leute u. U. aus der ganzen Welt unmittelbar sozusagen auf die Finger gesehen ..)
N: Ich finde Liveübertragung super und hatte keine Probleme damit. Im gewissen Sinne war es hilfreich, da ich öfters dazu neige zu schnell meine Entscheidungen zu treffen. Ich dachte dann meist so: "Wenn ich jetzt schnell ziehe und dann ist es ein Fehler und alle schauen zu, wie soll ich das denn rechtfertigen?" Ich hab also im Endeffekt mehr geprüft als sonst und mir mehr Zeit genommen. Da ich aber eigentlich fast immer genug übrig habe, war das sicher nicht verkehrt.

M&R: Die Geschichte der DEM weist immer wieder Änderungen des Modus auf, immer wieder wird er diskutiert. Die aktuelle föderalistische Prägung ermöglichte Dir die Teilnahme auf Augenhöhe mit einigen der Besten des Landes. Was hältst Du davon?
N: Ich denke, der Qualifikationsmodus sollte beibehalten werden. Vielleicht aber auf nur einen Teilnehmer pro Landesverband beschränkt. Die Freiheiten des Ausrichters sollten deutlich beschränkt werden, er sollte maximal zwei Plätze vergeben dürfen. Vor allem muss das "Einkaufen" in die Meisterschaft abgeschafft werden.
Das restliche Feld soll der DSB oder die Kommission Leistungssport mit den Spitzenspielern aus A- und B-Kader "auffüllen".

M&R: Hast Du Dich als Vertreter des Landesverbandes Sachsen-Anhalt empfunden?
N: Natürlich, obwohl eigentlich mehr als Vetreter von Michael ;-)

M&R: Welche Begegnung oder Erfahrung während der 10 Tage im Kurort war für Dich bemerkenswert?
N: Das bessere Kennnlernen von Leuten wie z. B. Sebastian Siebrecht sind so ziemlich die positivsten Erfahrungen, die man als Schachspieler machen kann.

M&R: Wie viele der 216 Stunden im Kurort blieben neben Schach (inklusive Vorbereitung), Essen und Schlafen übrig? (Konntest Du sonstige Angebote der Region nutzen?)
N: Ab und zu war ich im Kurpark spazieren, aber das war es auch schon. Ich hab während der Meisterschaft ziemlich intensiv am Schach gearbeitet, obwohl keine meiner Vorbereitung (mit Ausnahme der gegen Bischoff) aufs Brett kam.
Die Tage verliefen meist so: 8:30 Frühstück, 9:00 bis 12:30 Vorbereitung, dann bis 13:00 Mittagessen und dann bis zur Partie relaxen. Nach der Partie noch analysieren und essen und dann will/kann man auch nichts mehr machen.
Am Ende möchte ich nochmal allen danken, die zu Hause mitgefiebert haben und besonders Michael Straches Arbeitgeber, dass ich die Möglichkeit hatte teilzunehmen.

Die Fragen stellten Mikly und Riker.

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