Interviewbericht oder Bericht im Interview:

Pfingst-Open Marburg 2012

oder

Concerns at Kearns

FI: Hallo! Ihr kommt gerade vom Marburger Pfingstopen, wie lief's?

Lahnromantik PM: Ich bin mit meinem Ergebnis sehr zufrieden. Gegen die DWZ- schwächeren Gegner hab' ich recht souverän gewonnen. Gegen einen Stärkeren war nur Remis drin, aber die Partie war weitestgehend ausgeglichen, sodass auch dieses Ergebnis für beide Seiten gerechtfertigt war. Und dann war da noch mein einziger Verlust gegen Christopher Kearns. In dieser Partie spielte ich schon in der Eröffnung ungenau, weil ich auf seine Angriffsidee im Sizilianer nicht gefasst war. Er konnte seinen Vorteil entsprechend ausbauen, aber es war noch nicht ganz einfach. Am Ende verpasste ich es, meinen schwarzfeldrigen Läufer ins Spiel zu bringen und mein Gegner gewann verdient. Aber mit 4,5 Punkten aus 6 Runden und Platz vier hatte ich mein Ziel, unter die ersten fünf zu kommen, erfüllt.

Turniersieger applaudiert dem Vize MK: Hätte ich die doppelt verfügbare +3 Stellungsbewertung in der Schlussrunde ganz normal verwertet, dann wäre es zwar noch lange kein berauschendes Ergebnis, aber immer noch okay gewesen. So jedoch geriet es zur Fortsetzung der seit gut einem Jahr andauernden Negativserie. Immerhin wurde der jüngste Tiefpunkt vom Naumburger Osteropen nicht wiederholt. Was ich dort noch alles verloren hatte wurde in Marburg wenigstens Remis. Nur eine Partie (gegen Christopher Kearns) ging verloren. Sämtliche Partien waren komplett ausgekämpft und gingen meist über die volle Distanz. Perlen waren nicht darunter, doch das Niveau war mit Ausnahme des Schlusstages noch akzeptabel. Gleich von einer Trendwende zu sprechen ist natürlich entschieden zu früh.

Albtraum Kearns Doppelt bemerkenswert verlief dieser verrückte letzte Tag, als ich vormittags gegen Fastturniersieger Christopher Kearns antreten musste, der am Vorabend Pauline ihre einzige Niederlage beigebracht hatte. In dieser Partie spielte ich schon in der Eröffnung ungenau, weil ich gar keine Angriffsidee im Sizilianer hatte. Aber auch wenn ich ihm die Aufgabe nicht besonders anspruchsvoll gestaltete, so wurde es doch eine der so seltenen Niederlagen, die ganz eindeutig und klar sind, in denen der Gegner in der Situation einfach besser war, woran es nichts zu rütteln gibt, nichts zu hadern und nichts zum Ärgern. Es war also einer der wenigen Momente, in denen ein Partieverlust gar nicht weh tat und ich mich tatsächlich einfach an der guten Leistung meines Gegners erfreuen konnte, was sich während der Analyse hernach aufgrund seiner Einblicke nochmal bestätigte. Chapeau!

Der Nachmittag hingegen verlief gegen einen Jugendlichen leider völlig konträr - da wäre ein Viertel zu Null wohl noch ein geschöntes Ergebnis gewesen um nicht Minuswerten für Fehlleistungen die Rede zu geben. Immerhin brachte ihm sein Kampfgeist in aussichtsloser Situation noch den ersten Jugendpreis (und kostete dubioserweise gleichzeitig Kearns den Turniersieg).

FI: Wie gefielen Euch die Organisation und das Drumherum?

So manche Partie geriet zum Drahtseilakt PM: Ich würd' sagen, das Turnier war an sich sehr gut geplant und auch organisiert. Ungünstig war nur die nachträgliche Vorverlegung der Nachmittagsrunde von 15 Uhr auf 14:30 Uhr. Komisch war auch die Auslosung der ersten Runde, aber das lag wohl daran, dass das Open als Doppelturnier ausgetragen wurde. So gab es eine Rangliste nach ELO für das Open und eine DWZ-Liste für die Bezirksmeisterschaft oder so. Mikly hatte also einen viel stärkeren Gegner als ich. Und so kam es dann auch, dass wir immer schön ab der ersten Runde einen halben Punkt Unterschied hatten und zum Glück auch immer die gleiche Farbe. Witzig war auch, dass wir unsere Bretter von einer zur nächsten Runde gern mal getauscht haben oder auch die Gegner. Drei von sechs Gegnern gleich und dann noch das gleiche Ergebnis gegen diese muss man erst mal schaffen :-). Dazu gehörte eben auch besagter Schrecken der Löberitzer, Christopher Kearns, der einfach souverän gegen uns beide gewann.

Die Spitzenbretter mit Pauline an 2 MK: Ganz gut! Die Spielbedingungen waren einwandfrei, die Turnierleitung unaufgeregt. Eingebettet in das Turnier war zudem die lokale Bezirkseinzelmeisterschaft. Unklar blieb, ob es deshalb zur ungewöhnlichen Ausschreibung von 6 Runden kam, denn die BEM wird gewöhnlich über 7 Runden ausgetragen. Vielleicht der Kompromiss mit einem 5-rundigen Pfingstopen? Klar war somit jedenfalls, dass von dem als besonders schön avisierten Pfingstwetter auch rein gar nichts übrig bleiben würde, dass also sämtliche 3 Tage von früh bis spät dem Schach unter unfreiem Himmel zugeordnet wären und nicht einmal ein halber Tag für Anderes bliebe. Fast schon ein KO-Kriterium.
Moderne Trockner Nochmal kritisch wurde es dann Sonntag früh als sich eine ‚Mehrheit' dafür aussprach, die ausgeschriebene einstündige Pause zwischen den Vor- und Nachmittagsrunden auf nur noch eine halbe Stunde zu verkürzen. Das geht gar nicht! Klar hat immer eine Mehrheit einen gewissen Vorteil dadurch (eine halbe Stunde früher daheim bzw. eine halbe Stunde weniger Wartezeit auf die jeweils zweite Runde des Tages), aber die Nachteile für diejenigen, die über die volle Distanz spielen, sind eindeutig gewichtiger, denn die müssen dann innerhalb von nur 30 Minuten wieder runter kommen, neu einstellen, sich verpflegen und auch sonst alles erledigen, was noch so übrig bleibt jenseits der 64 Felder. Wenn diese dann auch noch Auswärtige sind, also keine nahegelegene Bleibe haben, dann sind sie, zumal an solchen Feiertagen in einem Ortsteil wie Wehrda, auf Gedeih und Verderb auf das übrig gelassene Angebot im Spiellokal angewiesen, denn für einen vorbereitenden Einkauf kam die ‚Abstimmung' einfach zu spät. Insgesamt jedenfalls für einige Wenige durchaus ein Wettbewerbsnachteil. Und so sind Mehrheitsentscheidungen eben missverstanden und nicht anwendbar.

FI: Wie kam es denn dazu, an genau diesem Open teilzunehmen?

Wehr da nicht in Wehrda PM: Ja nun, im April hab ich mich einfach mal im Internet nach einem Schachverein in Marburg, meinem neuen Wohnort, kundig gemacht. In deren Terminkalender wurde ein Turnier zu Pfingsten ausgeschrieben. Da es noch keine näheren Informationen auf der Seite gab, schrieb ich den Vorsitzenden an, ob auch Auswärtige mitspielen dürften und bekam schnell eine Ausschreibung und die Bestätigung zugesendet. Zudem wurde am Sporttag der Uni, als ich in der Kategorie Schach teilnahm, auch noch mal eine offizielle Ausschreibung verteilt und Werbung gemacht.
Glücklicherweise war der Austragungsort auch noch in meinem Stadtteil. Fast so, als ob ich das geplant hätte :-).

Turnierleiter Kolja MK: Auf der inzwischen wieder verstärkten Suche nach Möglichkeiten, etwas mehr Spielpraxis zu erlangen, bieten sich solche Veranstaltungen wie über Pfingsten für spontane Entscheidungen natürlich an. Begünstigt wurde dieses Turnier dabei von der erstaunlichen Tatsache, dass ich im gesamten Raum Hessen ansonsten kein einziges öffentliches Turnier über Pfingsten ausgeschrieben fand. So entpuppte sich das zentralhessische Marburg, quasi genau im neuen Wohnzimmer von Pauline, als der zeitweilige Schachnabel von gesamt Hessen.

FI: Hattet Ihr bei dem engen Spielplan überhaupt noch so etwas wie "Freizeit"? Habt ihr denn bei zwei Runden pro Tag überhaupt etwas von dem schönen Wetter genießen können?

Entdeckung Havana PM: So richtig nicht. Mittags war es meist so, dass wir beschäftigt waren, etwas Essbares aufzutreiben und sich dann noch für 3 Minuten auf die nächste Partie und den nächsten Gegner zu stürzen. Gut, am Abend konnten wir uns noch ganz gut raus setzen, aber die Sonne war leider meist auf der falschen Seite. Trotzdem, im "Havana", kurz über dem Wehr der Lahn zu sitzen war wirklich toll. Schade bloß, dass das Open Air Kino erst am 01.06. aufgemacht wird. Das Wetter hätte wirklich gut gepasst.

Der Lahngeist MK: Na ja, das blieb dann schon arg knapp - für die schöne Oberstadt hat es jedenfalls nicht mehr gereicht. Aber einmal die Lahn rauf und runter kann an so lauen Abenden auch ganz inspirierend sein. Das "Havana" tat sein Übriges dazu, denn da wurde unter Bezeugung des Wehrreihers eine neue Mannschaftsleitung erkoren! Ansonsten waren wir mit Teeküche und Company gut versorgt.

FI: Wie lautet also Euer Fazit zum Turnier?

PM: Also ich bin bestimmt nächstes Jahr wieder dabei. Ein ELO-ausgewertetes Turnier für 10€ Startgeld muss man einfach mitnehmen und die Organisation sowie der Ablauf waren gut. Da gibt es keinen Grund zur Beschwerde. Und am Ende konnte ich doch noch einen Doppelpreis absahnen, obwohl sie die gar nicht vergeben wollten :-).

Der Himmel brennt im Burgwald MK: Insgesamt war es durchaus okay. Verlauf und Ergebnis der letzten Runde trüben mir auch jetzt noch die schachliche Quintessenz deutlich ein, jammerschade. Darüber hinaus gibt es nichts zu bedauern; es waren angenehme Tage, dem Schach endlich mal wieder huldvoll gewidmet. Und auf der Rückfahrt tröstete mich bei Weimar (Lahn) das gewaltige Schauspiel einer im Burgwald versinkenden bluthellen Sonne.

FI: Ähem .. wer oder was auch immer dankt für das Interview!

PM: Pauline Mertens
MK: Michael Klyszcz
FI: Fake- oder Fantasie-Interviewer

Quotes: Free Time Players (Found in the Ausschreibung zum Korbacher Open 2012)

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