Begnadeter Angriffsspieler in der Blüte- und Eiszeit des DDR-Schachs

Zum 20. Todestag von Artur Hennings

Einleitung

1963: Die Bierwette

1964: Alleinsieg in Bydgoszcz

1965: Schliemann!

1965: Spitzenbrett bei der Studenten-Mannschafts-WM

1965: Zinnowitzer Damenopfer

1965: Miniatur mit doppeltem Figurenopfer

1965: IM-Titel

1966: Vorausscheid Zonenturnier

1967: Weitere internationale Bewährungsproben

1967: Big point gegen Big Bent?

1968: Gulko & DDR-Meisterschaft Weimar

1968: Rundschau und noch ein Damenopfer

1969: Heimspiel für Artur

1969: Arturs Glanzstück gegen Boleslavsky

1970: Arturs Endspielkünste

1970: Ungarn weiter gutes Pflaster

1970: Bronze für die DDR!

1970: Warna

1970: Olympiade in Siegen

1970: Hochzeit

1970: Pokalverteidigung Leipzig

1971: Überraschungssieger!

1971: Mittelfeld und endgültiger Pokalgewinn

1972: Aus der Sonderliga

1972: Kuba zum Dritten

1972: Amsterdam - Aufstieg!

1972: Zonenturnier und Olympia-Aus

1972: Höhenluft im Kaukasus

1973: Die "Neckař-Kontroverse"

1973: Begegnung mit Tal

1972/73: DTSB-Leistungssportbeschluss

1977-1990:"Amateur", aber kein bisschen opfermüde ...

1990-1994: Bundesliga

1994-2003: Rückkehr in den Norden & Hattrick

Andenken

Statistik

Artur bei DDR-Meisterschaften

Artur bei Deutschen Meisterschaften

Artur bei Olympiaden/Internationalen Teamwettbewerben

Artur in der Bundesliga

Artur bei sonstigen Turnieren (Auswahl)

Quellen/Nachweise

Online-Quellen

Bücher/Zeitschriften

Datenbanken/Engines

Bildquellen

Einleitung

Lok Schwerin 1962: stehend: 3.v.r. Artur Hennings, 2.v.r. D. Schwertfeger (DDR-Fernschach-Jugendmeister), sitzend: 1.v.r. Walter Merten (langjähriger Vorsitzender der DDR-Fernschach-Kommission Die Idee, ein Portrait über IM Artur Hennings zu schreiben, entstand bereits vor zwei Jahren. Ich war auf einige Partien aus den 70er Jahren in der Zeitschrift "Schach" gestoßen. Besonders ein intensiv geführter Leserbrief-Wechsel, den ich gern die "Neckař-Kontroverse" nennen möchte, erregte meine Aufmerksamkeit.
Beim Nachspielen weiterer Partien stellte ich überrascht fest, wie stark Hennings vor allem Ende der 60er/zu Beginn der 70er Jahre war. Er besiegte mehrere Spieler der absoluten Weltklasse und war während der Olympiade 1970 in Siegen Top-Scorer der DDR-Mannschaft (neben Fritz Baumbach). Zudem pflegte er einen sehr attraktiven Angriffsstil, wofür meine Partienauswahl zahlreiche Beispiele anführt.

Die Zeit 1973/74 bedeutete für die Spitzenspieler der DDR einen großen Einschnitt: Schach fiel bei den Funktionärs-Oberen der DDR als nicht-olympische Sportart in Ungnade. Turnierteilnahmen im nicht-sozialistischen Ausland und auch generell an Olympiaden, Weltmeisterschaften etc. fielen dem zum Opfer. Für Arturs sportliche Ambitionen (naheliegend zunächst der damals seltene und wertvolle GM-Titel) war dies wohl mindestens ebenso ein Sargnagel wie später für die Karrieren von Lothar Vogt und Rainer Knaak. Wobei Artur bereits mehrfach beweisen durfte, dass er auch gegen die Weltbesten bestehen kann und er wohl auf dem Höhepunkt seines Schaffens getroffen wurde.

DDR-Sonderliga 1982/83 Lok Schwerin vs. Baukombinat Leipzig v.r.: Artur Hennings, Hans-Ulrich Grünberg, Wilfried Heinsohn Abgesehen davon war Artur offenbar ein unangepasster Geist, was zu damaligen Zeiten für zusätzliche Schwierigkeiten sorgte. Für ihn fiel bereits die Olympiade 1972 ins Wasser, obwohl er als Erfolgsgarant der Olympiade 1970 eigentlich für die Mannschaft gesetzt war ... Auf die Umstände werde ich im Detail eingehen.
Ich selbst habe Artur zu seinen Lebzeiten leider nicht näher kennen gelernt, sondern lediglich bei Bundesliga- und DEM-Partien gekiebitzt.
Durch ausgewählte Partien - vielfach mit Arturs Original-Kommentaren aus der Zeitschrift "Schach" garniert - sowie Erinnerungen von Zeitzeugen, Teamgefährten und Kollegen versuche ich dennoch, mich dem Schachspieler und der Person Artur Hennings zu nähern. Bei den ausgewählten Partien liegt das Hauptaugenmerk auf dem Höhepunkt von Arturs Schaffen – im Zeitraum 1963 bis 1973.
Seine Karriere begann in einer auch schachlich hochspannenden Zeit, die gemeinhin als "goldene Ära des Schachs" bezeichnet wird. Durch Kurzporträts von Arturs Gegnern möchte ich einen Teil dieser Epoche einfangen.

Die Zuarbeiten zum vorliegenden Artikel erstrecken sich wie angedeutet über einen Zeitraum von zwei Jahren. Hierfür oder einfach nur für koordinierende Hilfe möchte ich folgenden Personen herzlich danken:

FM Michael Becker
Manfred Hardt
GM Hans-Joachim Hecht
Sven Helms
Frank Hoppe
Dr. Christoph Hornych
Stefan Kalhorn
GM Rainer Knaak
Gert Kleint
Hannes Leisner
IM Heinz Liebert
Michael Oswald
GM Dr. Helmut Pfleger
FM Manfred Schöneberg
Olaf Teschke
FM Wolfgang Thormann
Paul-Werner Wagner

Besonderer Dank für aufwändige Zuarbeiten gilt Konrad Reiß und Bernd Segebarth.

Bei der Transkription von Namen habe ich mich weitgehend an der Schreibweise englischsprachiger Datenbanken orientiert, da diese uns im Schachalltag am häufigsten begegnen und auch immer mal wieder aus englischsprachigen Texten zitiert wird. Dies durchzuhalten ist aber nicht einfach.
Vielfach habe ich zeitgenössische Partiekommentare zitiert. Vor dieser Arbeit aus der Pre-Computer-Ära habe ich großen Respekt. Abweichende Varianten heutiger Engines sind nach bestem Wissen maßvoll eingesetzt und natürlich kenntlich gemacht worden. Gelegentlich habe ich den eröffnungstheoretischen Teil um aktuellere Varianten und Partiebeispiele ergänzt.

1963: Die Bierwette

Paul Werner Wagner 2023 Artur Hennings wurde am 11.7.1940 in Schwerin geboren. Von Arturs schachlichen Anfängen ist mir wenig bekannt.
Einige Details liefert allerdings Paul Werner Wagner in seiner Kolumne über Artur (die urspünglich im Jahr 2007 in der Berliner Zeitung veröffentlicht wurde).

Paul Werner Wagner aus Wolfen blickt selbst auf ein bewegtes Leben zurück – inklusive Fluchtversuch aus der DDR, der ihm 19 Monate Haft einbrachte. Wagner ist heute u. a. Vorsitzender der Emanuel-Lasker-Gesellschaft.

"Aus der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin entstammte Artur Hennings (1940- 2003), der führende Schachmeister des Nordostens. Er kam frühzeitig unter die Fittiche von Walter Merten, dem langjährigen Vorsitzenden der Fernschachkommission der DDR. Artur zeichnete sich als brillanter Angriffsspieler und mutiger Kämpfer aus."

Michael Becker 2006 Erste schachliche Akzente setzte Artur in den 50er Jahren bei Einheit Schwerin. Er wurde 1957 Schweriner Jugend-Bezirksmeister nach Stichkampf, was ihm die Startberechtigung für die DDR-Jugendmeisterschaft 1958 in Meißen brachte. Dort belegte er Rang 4.
In den Jahren 1958, 1959 und 1962 wurde Artur Schweriner Bezirksmeister bei den Erwachsenen. Ein Vizetitel hinter Resetat (Wittenberge) kam 1963 hinzu.
Ca. 1961 wechselte er zu Lok Schwerin und etwas später aufgrund des Armeediensts zu Vorwärts.
Nach den Anfangserfolgen auf nationaler Ebene übersiedelte er nach Leipzig (noch später Delitzsch und Bitterfeld) und war er in den Leistungszentren Leipzig und Halle aktiv.

Lassen wir doch zunächst einige Weggefährten Arturs zu Wort kommen. Allesamt gezielt für dieses Porträt befragt. FM Michael Becker, mit dem er in Halle u.a. eine gemeinsame Bundesligasaison bestritt:

"Ich kannte ihn als tollen Mannschaftskameraden, mit dem immer was los war.
So bunt wie seine Partien war wohl auch sein Leben.
So kompromisslos – manche würden auch sagen: stur – in seiner Einstellung zur Partie, war er auch in seiner Meinung im öffentlichen Leben, was ihm wahrscheinlich viel Ärger mit den Funktionären in der DDR einbrachte."

Manfred Schöneberg 2012 Manfred Schöneberg wurde 1972 DDR-Meister im Normalschach sowie 1969 und 1972 im Blitzschach. Mit ihm bestritt Artur viele gemeinsame Spielserien in Halle und Leipzig. Sie waren auch beide Teil der DDR-Mannschaft, die 1970 EM-Bronze errang:

Ich kenne ihn mehr aus seiner Leipziger Zeit. Er war ja viermal mit unserer Mannschaft SG Leipzig DDR-Mannschaftsmeister (1970-1973). Auch spielte ich mit ihm dreimal in einer Mannschaft bei der Studentenmannschaftsweltmeisterschaft (1965-1967).
Er war ein taktisch sehr versierter Spieler, seine Partien waren immer interessant und sehenswert. Ich selbst habe zehnmal gegen ihn gespielt. Zweimal verloren, Rest Remis.

Helmut Pfleger 1980 Seit 1967 war Artur mit Helmut Pfleger bekannt, wie dieser nachstehend per Mail schildert. Womöglich der Grundstein dafür, dass beide in den 90er Jahren gemeinsam für den SC Bamberg in der Bundesliga antraten.
Helmut Pfleger ist vor allem das Fernseh-Gesicht des WDR, für den er über mehrere Jahrzehnte die Live-Sendung "Schach der Großmeister" moderierte.
Obwohl stets nur Amateur erreichte Pfleger zahlreiche herausragende Ergebnisse – vor allem als Mannschaftsspieler. Bei der Olympiade 1978 in Buenos Aires bezwang er Lev Polugayevsky in einer denkwürdigen Partie und verhalf so der BRD zum 2,5-1,5-Überraschungssieg gegen die übermächtige UdSSR.

Ich traf Artur erstmals beim Turnier in Bukarest 1967. Bei der Turnierorganisation hatte man mir schon am Abend ein Hotel angewiesen, und als ich dort nun auf mein Zimmer ging, lag in "meinem" (Doppel-) Bett Artur Hennings. Offenbar dachten die Veranstalter, Deutsch und Deutsch gesellt sich gern, an "Klassenfeinde" dachten sie jedenfalls im damals sozialistischen Rumänien nicht.
Wir blieben auch das Turnier über dort zusammen und kamen bestens miteinander aus. Nur manchmal musste ich Artur etwas bremsen, wenn er gar so despektierliche Witze über die DDR erzählte - mein Hinweis auf seine Gefährdung war ihm ziemlich egal.

Er erzählte mir in diesem Zusammenhang auch, dass er bei einem Ausflug beim Capablanca Memorial auf Kuba auch mit Lothar Schmid ein Zimmer teilte. So hatte sich also die Zimmergeschichte wiederholt.

Bei der Partieauswahl möchte ich im Jahr 1963 in Arturs Karriere einsteigen. Gleich unsere erste Partie und die Anekdote um selbige kennzeichnet Artur sehr treffend als Spieler und Person ... Es ist Arturs erste (bekannte) Partie gegen Wolfgang Uhlmann.

Wolfgang Uhlmann 1970 Wolfgang Uhlmann muss eigentlich nicht näher vorgestellt werden. Er war der erfolgreichste Spieler der DDR, 11facher Landesmeister und zudem WM-Kandidat. Gerade Mitte der 60er Jahre, in die nachstehende Partie fällt, feierte Uhlmann Turniersiege bei sehr stark besetzten Wettbewerben in Sarajevo, Havanna, Zagreb und Hastings. Uhlmann war noch lange aktiv und auch bei den Senioren als Vize-Weltmeister erfolgreich. Er verstarb im Jahr 2020.

Bei den DDR-Meisterschaften war er gerade zu Beginn/Mitte der 60er Jahre stets hoher Favorit, denn die nächste Generation mit Espig (1969) und Knaak (1974) sollte erst später folgen. In Aschersleben 1963 allerdings lief es nicht rund für Uhlmann: Er verlor mehrere Partien. Eine davon gegen den 22jährigen Debütanten Artur Hennings. Dem mangelte es offenbar nicht an Optimismus und Vertrauen in seine taktischen Fähigkeiten und gemäß Heinz Liebert verwettete Artur vorab im Freundeskreis einen Kasten Bier auf einen Sieg gegen den klaren Favoriten ...
"Schach" 4/1963 resümiert die Letztrundenpartie wie folgt:

... lieferten sich Uhlmann (10 Pkt.) und Mühlberg (9,5 Pkt.) um den 6. Platz ein spannendes Duell. Beide hatten mit Hennings und Schroeder relativ schwächere Gegner. Aber nicht zuletzt zeigten auch diese Partien, daß das Leistungsniveau in den letzten Jahren auch bei den Spielern, die nicht in den Sportclubs organisiert sind, beträchtlich gestiegen ist. Besonders Uhlmann mußte diesen Fakt zur Kenntnis nehmen. Der junge Schweriner Armeesportler Hennings zeigte keinen Respekt vor dem großen Namen. Durch einen gefährlichen Dame-Läufer-Mattangriff gewann er einen Bauern und mittels eines überraschenden Turmopfers auf f7 den nächsten.

Artur Hennings - Wolfgang Uhlmann [C06]

DDR-ch 13th/Aschersleben (17) 1963


1. e4 e6 2. d4 d5 3. Nd2 Nf6 4. e5 Nfd7 5. Bd3 c5 6. c3 Nc6 7. Ne2 Qb6 8. Nf3 cxd4 9. cxd4 f6 10. exf6 Nxf6 11. O-O Bd6 12. Bd2

12. Nc3 ist der häufigste und z. B. auch von John Shaw empfohlene Zug.

12... O-O 13. Bc3 Bd7 14. Qd2

Bei der Schacholympiade 1960 in Leipzig sorgte Jonathan Penrose für Aufsehen, indem er in der Schlussrunde Weltmeister Mikhail Tal bezwang und somit den siegreichen Sowjets den einzigen Partieverlust beibrachte. Auch gegen Uhlmann stand der Engländer ebendort nach einem Läuferopfer auf g6 lange Zeit aussichtsreich, ehe der Frontmann der DDR schließlich doch noch das Ruder herumreißen konnte.

14. Ng3 Dürfte stärker sein als das von Artur gewählte 14.Dd2. 14... Rae8 15. Ne5 Re7 16. Rc1 Be8 17. Kh1 Bxe5 18. dxe5 Nd7 19. f4 Ref7 20. Qh5 g6 21. Qg4 Qe3 22. Bxg6! hxg6 23. Qxg6+ Kh8 24. Rce1 Qb6 25. Qxe6 d4 26. Bd2 Qc5 27. Ne4 Qe7 28. Qc4 Rg7 29. Ng5 Rxg5 30. fxg5 Ndxe5 31. Rxf8+ Qxf8 32. Qe6 Bd7 33. Qf6+? (33. Qh6+) 33... Qxf6 34. gxf6 Kg8 35. Rf1 Kf7 36. b3 Nd8 37. h3 Ne6 38. Kh2 Bc6 39. Bb4 Ng5 40. Bc5 d3 41. Bxa7 Ne4 42. Be3 Nd7 43. Rd1 Bb5 44. a4 Ba6 45. b4 Bc4 46. Rb1 Ndxf6 47. a5 Nd5 48. Bc1 Ndc3 49. Rb2 Bb5 50. g4 Ne2 51. Be3 N4c3 52. Rd2 Nd5 53. Bc5 Nec3 0-1 (53) Penrose,J-Uhlmann,W Leipzig 1960

14... Rae8 15. Rae1 Re7 16. Ng3 Ng4 17. h3 Nh6 18. Bb1 Bxg3?

Erstaunlich, dass Französisch-Experte Uhlmann auf diese Weise den Druck von f3 nimmt, wo doch das Qualitätsopfer ebendort im Tarrasch-Franzosen ein bekanntes Motiv ist. Vielleicht noch erstaunlicher, dass er zwar ein Jahr später bei der DDR-Meisterschaft in Magdeburg gegen Lothar Zinn den Textzug durch das bessere 18...Lf4 ersetzte, aber immer noch nicht auf f3 zugriff. 1963 war Uhlmann nicht in berauschender Form und belegte nur Rang 8 mit mehreren Verlustpartien. Meister wurde Günther Möhring. "Einleitung zu einer verfehlten Wendung, die an einem unerwarteten Scheinopfer des Gegners scheitert." kommentiert die Zeitschrift "Schach" 1963, S. 205.

18... Bf4 19. Qc2 g6 20. Ne2 Bb8 21. Qd2 Nf5 22. Nc1 Nd6 23. Nh4? Nc4 24. Qh6 Bf4 0-1 (24) Zinn,L-Uhlmann,W Magdeburg 1964

18... Rxf3! 19. gxf3 Qd8 und Schwarz herrscht über die Felder f4 und h4. In einer praktischen Partie muss das eine Traumstellung für einen Franzosen sein, auch wenn sich Computer sicher mit Weiß behaupten.

19. fxg3

Jetzt hingegen kontrolliert Weiß alle wichtigen Punkte und darf sich wohl fühlen.

19... e5

erzwungen

20. Qg5 Nf7

20... Bf5 "was nach der Partie empfohlen wurde, hat wegen 21. Nxe5! auch seine Bedenken", Zeitschrift "Schach".(21. Rxe5! ist sogar noch stärker. Schwarz verliert Material.)

21. Qh5 e4










22. Qxd5!

Aus!

22... exf3 23. Rxe7 Nxe7 24. Qxd7 Nc6 25. Kh2 fxg2 26. Kxg2 Qd8 27. Rxf7!

Hier führten schon viele Wege zum Ziel, aber der Textzug ist kräftig und anschaulich genug.

27... Rxf7 28. Bxh7+ Kxh7

"Schach" 4/ 1963 kommentiert: "Die wirklich wunderhübsche Pointe ist, daß

28... Kf8 wegen 29. Bb4+! nicht geht!"

29. Qxf7 Nxd4

"Schach": "Nimmt Schwarz nicht, so hat er ersatzlos zwei Bauern weniger und muß auch verlieren. Jetzt hingegen - aller guten taktischen Dinge sind drei! - macht Hennings der spannenden Partie sofort ein pointiertes Ende!"

30. Qh5+ Kg8 31. Qe5!

Prost, Artur! "Schach": "Das war Hennings' Paradestück!"

1-0 [Reyk Schäfer]

Günther Möhring errang in Aschersleben den Titel vor Burkhard Malich und Bodo Starck.
Bernd Segebarth 2015 Unter dem Strich erzielte Artur bei seinem Debüt mit 7/17 noch deutlich unter 50% und wurde 13.(18). Vom Sieg gegen Uhlmann, den er natürlich auch stolz seinen Schweriner Schachfreunden demonstrierte, konnte er dennoch erst einmal zehren. Hier eine Schilderung des langjährigen Schweriner Vereinskollegen und ehemaligen Präsidenten des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern Bernd Segebarth:

In der Tat dürfte es so sein, dass ich am längsten mit Artur verbunden war. Ich hatte persönlichen Kontakt zu Artur seit 1962, als ich noch gar nicht schachlich organisiert war. Ich spielte damals vielleicht ganz gut Fußball und Artur war als Zuschauer Stammgast. Da seine damalige Arbeitsstätte unmittelbar an unsere Wohnadresse grenzte, werteten wir oft die Fußballspiele des Wochenendes aus. 1963 nahm ich zunächst als Nichtaktiver an der KEM Schwerin (bin seitdem Miglied bei Lok Schwerin) teil und war dann dabei, als Artur seine Patie gegen Uhlmann von der DDR-Meisterschaft 1963 zeigte.

1964: Alleinsieg in Bydgoszcz

Dr. Enrico Paoli 2004 Ob das Turnier in Bydgoszcz Arturs erster Auslandseinsatz war, entzieht sich meiner Kenntnis, aber sicherlich einer der ersten. Und er bestritt ihn bravourös! Das Feld war wohl nicht ganz so stark, so dass man Artur durchaus als Geheimfavoriten handeln konnte. Aber der eigentliche Favorit war wohl der einzige IM im Feld: Dr. Enrico Paoli.
Der Italiener wurde dreimal Landesmeister und später Großmeister ehrenhalber. Er war auch als Schiedsrichter, Buchautor und Studienkomponist tätig. Schach spielte er bis ins hohe Alter von 96(!) Jahren, als ihn eine Augenkrankheit zwang, mit dem Spiel aufzuhören. Er starb im Alter von 97 Jahren.
Bemerkenswert ist, wie furchtlos und direkt Artur mit den schwarzen Steinen den Turnierfavoriten anging. Zweifellos das Privileg der Jugend. Auf diese Weise gelang es ihm, mit 9/11 das Turnier zu gewinnen und Paoli auf Rang 2 zu verweisen (8,5).


Enrico Paoli - Artur Hennings [B77]

Bydgoszcz 1964


1. e4 c5 2. Nf3 Nc6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 g6 5. Bc4 Bg7 6. Be3 Nf6 7. Nc3 O-O 8. Bb3 d6 9. f3 a5 10. Qd2 Ne5 11. O-O

Angesichts der gegnerischen Vorkehrung am Damenflügel verzichtet Weiß mit Recht auf die schärfere Gangart

11. O-O-O es würde 11... Bd7 mit der Drohung ...a4 folgen.

11... d5!

Ein feines Bauernopfer, womit Schwarz die Initiative ergreift. Der Zug ist der Auftakt für eine Serie effektvoller Verwicklungen, die den besonderen Gehalt der Partie ausmachen.

12. exd5

Noch am besten, denn

12. Nxd5 Nxd5 13. Bxd5? e6 14. Bb3 a4 15. f4 Ng4 und gewinnt

12... a4 13. Nxa4 Rxa4! 14. Bxa4 Nc4 15. Qc1 Nxd5 16. Bf2 Ndb6

Schon werden die Schwierigkeiten im weißen Lager offensichtlich. Aber noch gibt es für Weiß eine, wenn auch wenig Vertrauen erweckende, Möglichkeit, den drohenden Figurenverlust abzuwenden.

17. c3 Nxa4 18. b3

Diese Gabel ist es, von der Weiß die entscheidende Wende erwartet. Doch Schwarz hat noch weitere Pfeile zu versenden.

18... e5! 19. Nb5 Nd2 20. Rd1 Bh6 21. Kh1 Qd3! 22. bxa4 Qe2 23. Bg3










23... Bh3!

Wie leicht ersichtlich, ist dieser kecke Läufer wegen Matt in drei Zügen nicht zu nehmen.

24. Rg1 Nxf3

Der Höhepunkt der Aktion, der ein Diagramm verdient. Im Grunde genommen ist Schwarz aber nun mit seiner stürmischen Attacke weitgehend festgefahren; ein Zurück kann es für ihn nicht mehr geben, auch dann nicht, wenn die weiße Verteidigung nicht zu überwinden sein sollte.

25. Qxh6 Nxg1 26. gxh3

Im Falle von

26. Rxg1 hätte Schwarz durch 26... Bxg2+ 27. Rxg2 Qf1+ 28. Rg1 Qf3+ usw. ein sicheres Remis in der Hand, mehr aber wohl kaum.

26... Nf3 27. Qc1 Rd8 28. Qf1 Qe4!

Dies gibt dem schwarzen Angriff neuen Auftrieb, und dieser ist nun entscheidend.

29. Qg2 Rd2 30. Bf2 Qe2 31. Rf1 Nh4 32. Re1 Qxf2

droht ...Sf3

33. Qxf2 Rxf2 34. Kg1 Rxa2 35. Re3 Rxa4 0-1 [Redaktion Schach]

1965: Schliemann!

Im Juli 1965 folgte Spartacus Budapest einer Einladung des SC Leipzig in die Messestadt. Auf dem Programm standen Vergleichskämpfe der beiden Klubs und der DDR-Studentenauswahl mit den Ungarn. Hintergrund war u. a. die bevorstehende Studenten-Olympiade in Rumänien.
Die Ungarn waren mit den IM Honfí und Haág an den Spitzenbrettern durchaus stark aufgestellt und für jede Mannschaft eine Hürde. "Schach" beeilte sich denn auch zu vermelden, dass die westdeutschen Klubs aus Hannover und Hamburg im Anschluss deutlich bezwungen wurden.
Haág war Europäischer Silbermedaillengewinner mit der Mannschaft und auch ein erfolgreicher Fernschachspieler. Seinen größten Erfolg im Nahschach feierte er 1961, als er mit Boleslavsky in Debrecen den Turniersieg teilte.
Wir werden Zeuge eines weiteren beeindruckenden Schwarzsiegs von Artur. Zum Einsatz kommt eines seiner Leib-und Magensysteme: das Schliemann-Jänisch-Gambit. Basierend auf Arturs Kommentaren für "Schach" die nachfolgende Partie.

Die Kapitel-Überschrift ist aber noch aus einem anderen Grund bemerkenswert: War es doch Adolph Schliemann - ein Cousin des berühmten Archäologen Heinrich -, der nicht nur (gemeinsam mit Jänisch) der scharfen Variante im Spanier einen Namen gab, sondern auch das frühe Schweriner(!) Schachvereinsleben maßgeblich mitbegründete. Dr. Christoph Hornych hat ihm in seinem Buch "Über Adolph Schliemann und die Schweriner Schachgeschichte der 1860er Jahre" ein Denkmal gesetzt.


Ervin Haag - Artur Hennings [C63]

Leipzig 1965


1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 f5

RS: Das Schliemann-(oder Jänisch-)Gambit passte nur zu gut zu Arturs taktischem Stil. Dabei war er jedoch breit aufgestellt mit diversen anderen spanischen Systemen (auch mit verzögertem ...f5) und dem Sizilianer.

4. Nc3 fxe4 5. Nxe4 d5

RS: Wie die Variante zeigt, gilt heute 5.. .Sf6 als der Hauptzug. Zur damaligen Zeit war 5...d5 allerdings unangefochten die Nr. 1. Das belegt ein Theorieartikel von GM Wolfgang Pietzsch in "Schach" 3/1964 unter dem Titel "Eine komplizierte Variante". Interessant erscheint auch die allgemeine Einschätzung aus diesem Artikel zu 3...f5, die von der heutigen Bewertung wohl nicht allzu sehr abweicht: "Mit den Zügen 1.e4 e5 2. Sf3 Sc6 3.Lb5 f5 wird eine Variante eingeleitet, die zwar nicht als vollwertig gilt, aber meist zu einem sehr schwierigen Spiel führt. Für Weiß ist es nicht leicht, die schwarze Eröffnungsanlage als zweitrangig nachzuweisen. Seitens des Schwarzen wird sie bevorzugt, wenn ein weniger erfahrener Gegner aufs Glatteis geführt werden soll. In der DDR hat Meister Günther Möhring damit schon viel Erfolg für sich verbucht - aber auch in der Sowjetunion wird diese Variante häufig angewandt."

5... Nf6 RS: "This move appears to have superseded 5...d5 as the experts choice. Most notably, it has been used on a regular basis by Radjabov, which is about as high a recommendation as one could ask for." (Brunello in "Attacking the Spanish") 6. Nxf6+ Qxf6 7. Qe2 Be7 8. Bxc6 dxc6 9. Nxe5 Bf5 10. O-O O-O 11. d4 Bd6 12. c3 Be6 13. f4 Rae8 14. Be3 Qf5 15. b3 a5 16. Rae1 a4 17. c4 axb3 18. axb3 h5 19. h3 Qh7 20. g4 hxg4 21. hxg4 Bxe5 22. dxe5 Qg6 23. Rf2 Qxg4+ 24. Qxg4 Bxg4 25. Ra2 Kf7 26. Ra7 Bc8 27. Kf2 Rh8 28. Rg1 g6 29. b4 Rd8 30. b5 cxb5 31. cxb5 Rh2+ 32. Rg2 Rxg2+ 33. Kxg2 Be6 34. Kf2 Bd5 35. b6 cxb6 36. Bxb6 Rc8 37. Ra5 Ke6 38. Bc5 Rc6 39. Rb5 Kf5 40. Bd6 Rc2+ 41. Ke3 Bc6 42. Ra5 Rc4 43. Ra8 Re4+ 44. Kd3 Rxf4 45. Rf8+ Kg4 46. Rxf4+ Kxf4 47. e6+ Kf3 48. e7 g5 49. Kd2 g4 50. Ke1 Bb5 51. Bc7 g3 52. Bb6 Kg2 53. Bc7 Be8 54. Bd6 Bh5 55. Bc7 Bf7 56. Bd6 Be8 57. Bc7 b5 58. Bd6 Bh5 59. Be5 Kh3 60. Kf1 b4 61. Kg1 b3 62. Bb2 Be8 63. Bc3 Bc6 64. Bb2 Kg4 65. Bc3 Kf3 66. Bb2 Ke2 67. e8=Q+ Bxe8 68. Kg2 1/2-1/2 (68) Kramnik,V (2766)-Radjabov,T (2729) Monte Carlo 2007

6. Nxe5 dxe4 7. Nxc6 Qd5 8. c4 Qd6 9. Nxa7+ Bd7 10. Bxd7+ Qxd7 11. Nb5

Gebräuchlicher ist zur Zeit

11. Qh5+ mit der möglichen Folge 11... g6 12. Qe5+ Kf7 13. Nb5 c6 14. Qd4!

11... Nf6 12. d4 exd3 13. O-O Bc5

Dies ist genauer als

13... c6 14. Nc3 Bc5 15. Re1+ Kf7 16. Be3 Bxe3 17. Rxe3 Rad8 18. Qf3 Rhe8 Und nun steht dem Weißen der starke Zug 19. Ne4 zur Verfügung 19... Qd4 20. Nxf6 Rxe3 21. fxe3 Qxf6 22. Kf2 Ke6 23. Qxf6+ gxf6 24. Ke1 Rg8 25. g3 Rg5 26. Rd1 Rh5 27. h4 Rf5 28. Rxd3 Rf3 29. g4 Rh3 30. h5 Rg3 31. Rb3 Rxg4 32. Rxb7 Rxc4 33. Rxh7 Rc2 34. h6 Rxb2 35. Ra7 Rh2 36. h7 c5 37. a4 Kd5 38. Rf7 c4 39. a5 c3 40. Kd1 Kc4 41. a6 c2+ 42. Kc1 Kb3 43. Rb7+ Kc3 44. Rc7+ Kb3 45. a7 Rh1+ 46. Kd2 Rd1+ 47. Ke2 Rd8 48. e4 Kb2 49. Rb7+ Kc3 50. Rb8 c1=Q 51. Rxd8 Qh1 52. Rc8+ Kb3 1/2-1/2 (52) Spassky,B-Kholmov,R Baku 1961

14. Re1+ Kf7 15. Bf4

Dieser Zug ist weniger bekannt. Am gebräuchlichsten ist an dieser Stelle

15. Be3 z. B. 15... Bxe3 16. Rxe3 Rad8 und es ist sehr zweifelhaft, ob Weiß seinen Mehrbauern realisieren kann, da der starke schwarze d-Bauer die volle Aufmerksamkeit des Weißen erfordert.

15... Rhe8

Nicht ratsam wäre

15... c6 wegen 16. Nc7 und 17.Se6

16. Nxc7 Rxe1+ 17. Qxe1 Ng4 18. Bg3?

18. Kf1 musste verucht werden. RS: Darauf folgt jedoch 18... Qf5

18... Bxf2+! 19. Bxf2 Qxc7 20. g3 Re8

nicht

20... Qxc4 wegen 21. Rc1

21. Qc3 Ne5! 22. Rf1 Qc6! 23. Bd4+ Nf3+ 24. Kg2 Re2+

Der schwarze Angriff läuft wie am Schnürchen.

25. Rf2

erzwungen

25... Qe4!

Die weiße Stelung ist nun derart beengt, daß sich schwerlich noch gute Züge finden lassen.

26. Qa5

Er hofft noch auf Dauerschach.

26... Rxf2+

am einfachsten

27. Bxf2 Ng5+ 28. Kf1 Qe2+ 29. Kg1 d2 30. Qf5+ Ke8 31. Qb5+ Kf8 32. Qc5+

Bei

32. Bc5+ läuft der König über f7 nach g6.

32... Qe7 33. Qc8+ Kf7 34. Qf5+ Ke8 35. Qc2

35. Qc8+ Qd8

35... Qe2 36. Qa4+ Kf7 37. Qd7+ Kg6 0-1 [Artur Hennings]

1965: Spitzenbrett bei der Studenten-Mannschafts-WM

In den Jahren 1965 bis 1967 konnte Artur drei Studenten-Mannschafts-WM bestreiten. Eine davon in Schweden. In dieser Hinsicht war Artur besser dran als z. B. Rainer Knaak. Letzterer schildert in seiner persönlichen Chronologie zum 1972er DTSB-Leistungssportbeschluss (auf den ich später noch ausführlicher eingehen werde), wie die Studenten-Mannschafts-WM bereits ab 1970 nicht mehr beschickt wurden. Wurden die Nicht-Entsendungen zunächst mit politisch heiklen Austragungsorten begründet, so wurde doch bald klar, dass es unabhängig vom Ort bis auf Weiteres keine DDR-Mannschaft bei dieser Meisterschaft geben würde.

Lubomir Kavalek 1968 Artur bestritt alle drei Meisterschaften am Spitzenbrett - mit einer sehr respektablen Gesamtausbeute von 50%. Im Partiebeispiel geht es gegen eine facettenreiche Persönlichkeit der Schachgeschichte: Lubomir Kavalek. Der spätere Top-10-Spieler verließ 1968 nach dem sowjetischen Einmarsch seine Heimat ČSSR in Richtung Westdeutschland. Hier spielte er für Solingen in der Bundesliga. 1970 übersiedelte Kavalek in die USA, wo er sich als Spieler, Journalist und Trainer einen Namen machte. Er sekundierte u.a. Yasser Seirawan, Robert Hübner, Bobby Fischer (in der zweiten Hälfte des WM-Matches gegen Spassky) sowie Nigel Short (bei den Kandidaten-Matches und im PCA-WM-Match gegen Kasparov). Letztgenannte Zusammenarbeit endete im Streit.

Bei den Quellen-Nachweisen sind viele weiterführende Links zu Buch-Rezensionen, Interviews und Kavaleks berühmtester Partie enthalten. Das scharfe sizilianische Gefecht mit Artur, das noch im gleichen Jahr in Leipzig erneut zur Debatte stand, wurde in z. T. sehenswerten Varianten um den 18. Zug herum entschieden.


Artur Hennings - Lubomir Kavalek [B97]

WchT U26 12th fin-A/Sinaia (8) 1965


1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 a6 6. Bg5 e6 7. f4 Qb6 8. Qd2 Qxb2 9. Rb1 Qa3 10. f5 Nc6 11. fxe6 fxe6 12. Nxc6 bxc6 13. Bxf6

13. Be2 ist heutzutage wohl der Hauptzug 13... Be7 14. O-O O-O 15. Rb3 Qc5+ 16. Be3 Qe5 17. Bf4 Qc5+ 18. Kh1 Ng4 19. h3 e5 20. Na4 Qa7 21. hxg4 exf4 22. Nb6 Be6 23. Nxa8 Bxb3 24. axb3 Qxa8 25. Ra1 Bf6 26. Rxa6 Qd8 27. Rxc6 Be5 28. Bf3 Bd4 29. Qe1 Be3 30. Kh2 Qf6 31. Kh3 g5 32. g3 Qh6+ 33. Kg2 fxg3 34. Qxg3 Bf4 35. Qh3 Qg7 36. e5 Bxe5 37. Be4 h6 38. b4 Qf7 39. Qf3 Qb7 40. Qb3+ Kg7 41. Qc4 Rf7 42. Rxd6 Qa7 43. Rg6+ Kh8 44. Qc8+ 1-0 (44) Ivanchuk, V (2748)-Grischuk,A (2756) Nice 2010

13. e5 dxe5 14. Bxf6 gxf6 15. Ne4 Be7 16. Be2 h5 17. c4 f5 18. Rb3 Qa4 19. O-O fxe4 20. Qc3 Qxa2 21. Bd1 Rf8 22. Bxh5+ Kd8 23. Rd1+ Bd7 24. Qe3 Qa5 25. Rb7 Bc5 26. Rdxd7+ Kc8 27. Rdc7+ Kd8 28. Rd7+ 1/2-1/2 (28) Kavalek,L-Fischer, R Sousse 1967

13... gxf6

Lubosh gelang nur vier Monate später die sehr glückliche Revanche, obwohl der Partiezug objektiv der bessere ist ...

14. Be2










14... Qa5

14... Qc5 "I played both 14...Qa5 and 14...Qc5 in 1965 against the late East-German master Artur Hennings, which brought me a win and a loss.", schreibt Lubomir Kavalek in seiner Autobiografie "Life at play" in den Kommentaren zur oben erwähnten Partie gegen Fischer. Warum er "the late East-German master" schreibt, wenn eine der Partien von der Studenten-WM stammt? In der Tat war Artur allerdings drei Jahre älter als Kavalek. 15. Na4 Qe5 16. O-O d5 17. Nb6 Bd6 18. Qh6 Bc5+ 19. Kh1 Bxb6 20. Rxb6 Qg5 21. Qxg5 fxg5 22. exd5 cxd5 23. Bh5+ Kd8 24. Rf7 Bd7 25. Be2 Re8 26. Rxh7 Kc7 27. Rxa6 Reb8 28. h3 Rxa6 29. Bxa6 Kd6 30. Rg7 Bb5 31. Bxb5 Rxb5 32. Rxg5 Rc5 33. h4 Rxc2 34. h5 Rxa2 35. h6 Ra8 36. g4 d4 37. Kg2 e5 Es ist noch ein langer Weg, diese Stellung mit Weiß zu verlieren, aber hier sehen wir wohl den ersten Schritt ... 38. h7 (38. Rg6+! diese Abdrängung gewinnt. 38... Kd5 39. h7 Rh8 40. Rg7 e4 41. g5 d3 42. Kf2 Rf8+ 43. Ke1 e3 44. Rg8) 38... Rh8 39. Rg7 e4 40. g5 e3 41. g6? (41. Kf3=) 41... e2 42. Re7 Kxe7 43. g7 Rxh7 44. g8=Q e1=Q 45. Qxh7+ Kd6 46. Qd3 Qc3 47. Qa6+ Kc5 48. Kf2 Qe3+ 49. Kf1 Kb4 50. Qb6+ Kc3 51. Qa5+ Kb2 52. Qb4+ Kc1 53. Qc5+ Kd1 54. Qh5+ Kd2 55. Qa5+ Qc3 56. Qg5+ Kc2 57. Qg2+ Kc1 58. Qg5+ Qd2 59. Qc5+ Kd1 60. Qh5+ Kc2 61. Qc5+ Qc3 62. Qd5 d3 63. Qe4 Kb2 64. Qb7+ Kc1 65. Qf3 Qc4 66. Qe3+ d2+ 67. Kf2 Kc2 0-1 (67) Hennings,A-Kavalek,L Leipzig 1965; diese wirklich kaum mögliche Niederlage - gemessen an der zuvor erreichten Stellung - hätte Artur die IM-Norm kosten können. Aber kleiner Vorgriff: Es hat dann doch gereicht ...

15. O-O Be7 16. Rf3 O-O??

Rochiert mutig in den Untergang. Schwarz sollte in typischer sizilianischer Manier den König an Ort und Stelle belassen und das Feld h6 (h5) unter Kontrolle nehmen.

16... h5 17. Kh1 h4

17. Qh6

Jetzt gibt es schon keine Verteidigung mehr. Der tragikomische Versuch, mit dem König zurück zu flüchten, wird vereitelt.

17... Kh8

17... Kf7










18. e5!! Hauptsächlich, um a Tempo die Diagonale h5-e8 für den Läufer frei zu legen. 18... Qxe5 (18... dxe5 19. Rd3 Bc5+ 20. Kh1 Ke7 21. Bh5 Bd4 22. Qg7+) (18... d5 19. exf6) 19. Re3 Qg5 (19... Qd4 20. Rb4!) 20. Bh5+ Kg8 21. Rg3

18. Rh3 Rf7 19. Qg6 e5 20. Qxf7 Bxh3 21. Qxe7 Qc5+ 22. Kh1 Qf2 23. gxh3 Rg8 24. Bg4 Rxg4 25. hxg4 Qf3+ 26. Kg1

26. Kg1 Qe3+ 27. Kg2 Qd2+ 28. Kh1

1-0 [Reyk Schäfer]

1965: Zinnowitzer Damenopfer

1965 war auch weiterhin ein sehr aktives und erfolgreiches Jahr für den aufstrebenden Artur. Es folgten das Internationale DSV-Turnier in Zinnowitz, die DDR-Meisterschaft sowie das Internationale Turnier in Leipzig – alle mit sehr guten Ergebnissen für unseren Protagonisten.

In Zinnowitz erzielte Artur 50% gegen starke internationale Konkurrenz. "Schach" 11/65 berichtet auf S.323:

In diesem Jahr fehlten die Internationalen Meister Pietzsch, Malich und Fuchs, die in Havanna, Sotschi und Jerewan spielten. Dies wiederum machte Plätze frei für einige Nachwuchskräfte, die, wie die Tabelle zeigt, durchaus ihren Mann standen (Hennings, Neukirch).

Es kam u. a. zur Neuauflage des Französisch-Duells mit Wolfgang Uhlmann. Artur kam gut aus der Eröffnung, fand dann aber nicht den richtigen Plan und wurde am Damenflügel überspielt.
Uhlmann teilte schließlich auch den Turniersieg mit dem bekannten russischen Theoretiker Vladimir Simagin.
Günther Möhring 2005 Artur ließ sich durch Niederlagen wie gegen Uhlmann nicht beirren und es gelang ihm eine Reihe schöner Partien – u.a. gegen den DDR-Meister von 1963 Günther Möhring. Mit dem gebürtigen Geraer verband Artur eine intensive Rivalität. Es ist wohl kein Zufall, dass Möhring in der Auswahl mehrfach vorkommt. Waren die Partien mit Artur doch stets hart umkämpft und inhaltsreich. Möhring wurde nicht nur DDR-Meister im Schach, sondern 1968 auch im Go. Sicher ein Novum. Er vertrat die DDR zudem bei der Schach-Olympiade in Tel Aviv 1964 und erzielte mit 11/13 am 2. Ersatzbrett das beste Ergebnis.


Guenther Moehring - Artur Hennings [B78]

Zinnowitz International DSV-02/Zinnowitz (2) 1965


Mit Kommentaren aus "Schach" 11/1965, S,358 unter der Überschrift "Zinnowitzer Damenopfer"

1. e4 c5 2. Nc3 Nc6 3. Nge2 g6 4. d4 cxd4 5. Nxd4 Bg7 6. Be3 Nf6 7. Bc4 d6 8. f3 Qb6

"Zu einem solchen Damenausfall wird man sich gewiß nur dann entschließen, wenn man mit allen Feinheiten des Springerabzugs nach f5 gut vertraut ist. Gleich 9.Sf5 dürfte für Weiß wohl spielbar sein, wenn auch nach 9...D:b2 10.S:g7+ Kf8 Turnierpraxis und Analysen sowjetischer Meister gewissen Vorteil für Schwarz ergaben. Nach 9.Lb5 droht indes mit mehr Berechtigung der Zug Sf5. Darum wurde nach 9.Lb5 in verschiedenen Partien die Dame nach c7 zurückgezogen. In der vorliegenden Partie versucht der Anziehende einen anderen Weg, aus der Gegenüberstellung von Le3 und Db6 Nutzen zu ziehen. " (Schach 11/65)

9. Ncb5

9. Nf5 ist heutzutage der Hauptzug. 9... Qxb2 10. Nxg7+ Kf8 11. Bd2 Kxg7 12. O-O Be6 13. Bb3 Qa3 14. Kh1 Rhc8 15. Bc1 Qa5 16. Bb2 Ne5 17. Nd5 Bxd5 18. exd5 Nc4 19. Bd4 Kg8 20. Qd3 Ne5 21. Qe2 Nxd5 22. f4 Nc6 23. Bb2 Nf6 24. Bxf6 exf6 25. Rad1 Re8 26. Qc4 Qc7 27. f5 g5 28. Qc3 Re5 29. h4 h6 30. Qf3 Kg7 31. Qh5 Re4 32. g3 Ne5 33. Rd2 Re3 34. hxg5 hxg5 35. Rh2 Qc6+ 36. Kg1 Rxg3+ 37. Kf2 Qf3+ 0-1 (37) Sasikiran,K (2656)-Gelfand,B (2684) Moscow 2019

9... a6 10. Nf5 Qa5+ 11. Bd2










"Hochspannung auf dem Brett! Auf beiden Seiten hängen verschiedene Figuren. Es gibt für Schwarz nur eine Lösung: das Damenopfer." (Schach, 11/65)

11... gxf5

Auch wenn es hier erzwungen ist: Positionelle Damenopfer dieser Art waren gewissermaßen Arturs Markenzeichen. Man hat ihn wohl überdurchschnittlich oft mit drei Figuren oder Turm+Figur+Bauer oder anderer Kompensation für die Dame spielen sehen. Wir werden im Laufe unserer Partienauswahl auf weitere Beispiele stoßen. In einer Partie gegen Tompa (Leipzig 1977- sie hat die Aufnahme in unsere Auswahl knapp verpasst) versah Artur ein ähnliches Damenopfer mit ?!, spielte es dennoch und kommentierte die solide Alternative mit: "war gut genug, aber solch ein Damenopfer reizt immer, und ich konnte nicht widerstehen."

12. Bxa5?

Wohl schon ein ernster Fehler, aber vermutlich war das Abspiel zu dieser Zeit noch nicht gründlich erforscht. Weiß lässt einen wichtigen Zwischenzug aus. In den Original-Kommentaren aus "Schach" ist dieser Zug unkommentiert.

12. Nxd6+ exd6 13. Bxa5 Nxa5 14. Be2 O-O 15. Qxd6 fxe4 16. fxe4 Be6 mit ungefähr gleichen Chancen war notwendig. Im Folgenden ist Artur ganz in seinem Element und die Dame geht im Wirbel der schwarzen Figuren unter.

12... axb5 13. Bxb5 Rxa5 14. Bxc6+ bxc6 15. exf5 Nd5

"Damit beginnt eine emsige Tätigkeit der schwarzen Leichtfiguren und des Damenturms, wogegen Weiß keine ausreichende Abwehr hat. Alles wäre nur halb so schlimm, wenn der Bf3 noch auf f2 stünde. So aber gähnt auf e3 ein schreckliches Loch, auf das der schwarze Springer schon zusteuert." (Schach, 11/65)

16. Qc1

"Weiß sollte - koste es, was es wolle -

16. O-O spielen, z. B. 16... Ne3 17. Qd2 " (Schach 11/65)

16... Ne3!

Mit der extra Portion Chuzpe gespielt und im Übrigen auch der Engine-Favorit. Dass Weiß hier die Dame ggf. zurückgeben kann, war offenbar eingepreist und belässt Schwarz ebenfalls im klaren Vorteil. "Dieser kecke Springerzug macht dem Weißen sehr drastisch klar, was die Glocke geschlagen hat. Da Möhring im Augenblick die trostlose Stellung seiner drei Schwerfiguren doch nicht verbessern kann, stabilisiert er vorerst seine Bauernstellung am Königsflügel. " (Schach 11/65)

17. g4

17. Qxe3 Re5 18. Qxe5 Bxe5 19. g4 h5 20. c3 hxg4 21. fxg4 Rh4 22. h3 c5 23. Kd2 Bb7 und Turm + zwei Bauern sind auf instruktive Weise chancenlos gegen das schwarze Läuferpaar, das hervorragend mit dem Turm koordiniert ist.

17... Bh6! 18. Qb1

"Einen solchen Zug machen zu müssen, ist tragisch. Aber was sonst? Schwarz kann nun mit dem weißen König umspringen, wie er will." (Schach 11/65)

18... Rd5 19. a4 Ba6 20. Ra3 Ng2+ 21. Kf2 Rd2+ 22. Kg3 Nf4

"Unter den zahlreichen Zuschauern erwarteten einige die Fortsetzung

22... Bf4+ 23. Kh3 h5 die natürlich auch viel für sich hat." (Schach 11/65)

23. Rg1 Ne2+ 24. Kh4 f6 25. f4

Verhindert für einen Zug das Läuferschach auf g5 und erweitert den Bereich des Ta3, kann aber das Verderben doch nicht aufhalten." (Schach 11/65)

25... Bxf4 26. Rf3 Bg5+ 27. Kh3

27. Kh5 Nf4+ 28. Rxf4 Rxh2#

27... h5 28. Rf2 hxg4+ 29. Kxg4 Rh4+ 30. Kf3 Rf4+ 31. Ke3

"Auf

31. Kg2 gewinnt sowohl 31... Rg4+ (als auch 31... Rxf2+ 32. Kxf2 Nc3+ " (Schach 11/ 65))

31... Rg4+ 32. Kf3 Rxg1 33. Qa2 Nd4+ 0-1 [Artur Hennings]

Wie kommentierte ich doch in der soeben gesehenen Partie:

Positionelle Damenopfer dieser Art waren gewissermaßen Arturs Markenzeichen. Man hat ihn wohl überdurchschnittlich oft mit drei Figuren oder Turm+Figur+Bauer oder anderer Kompensation für die Dame spielen sehen.

Nun handelt es sich ja trotz der "Schach" entliehenen Überschrift eher nicht um ein (Damen-)"opfer", sondern mehr um eine Materialkonstellation, die durchaus hin und wieder vorkommt. Aber dass Arturs Leichtfiguren im gleichen Turnier nur wenige Runden später erneut die gegnerische Dame (die wiederum einem nationalen Champion von 1963 gehörte) schwindlig spielen, ist schon eine bemerkenswerte Koinzidenz.

Teodor Ghitescu 1965 Arturs Gegner in der folgenden Partie ist Teodor Ghitescu, der es 1963 zum rumänischen Meister brachte.
Die rumänische Nationalmannschaft wurde viele Jahre lang um das Dreigestirn Gheorghiu, Ciocâltea, Ghitescu gebildet. Entsprechend brachte es Ghitescu auf zwölf(!) Olympia-Teilnahmen im Zeitraum von 1956 bis 1984 – des Öfteren am Spitzenbrett. Da verwundert es nicht, dass sich Artur und Ghitescu bei der Olympiade fünf Jahre später in Siegen erneut gegenüber sitzen sollten ...
1986 wurde dem gelernten Bauingenieur der Großmeistertitel ehrenhalber verliehen.


Artur Hennings - Theodor Ghitescu [B89]

Zinnowitz International DSV-02/Zinnowitz (7) 1965


Mit Kommentaren aus "Schach" 11/1965, S. 359

1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 Nc6 6. Bc4 e6 7. Be3

"Hier bzw. im nächsten Zug wird meist Lb3 gespielt." (Schach 11/65)

7... Be7 8. Qe2 O-O 9. O-O-O Bd7 10. f4

10. Bb3 Nxd4 11. Bxd4 b5 12. e5 dxe5 13. Qxe5 b4 14. Ne4 Bc6 15. Nc5 Qb8 16. Qe3 Bd6 17. Na6 Bf4 18. Nxb8 Bxe3+ 19. Bxe3 Rfxb8 20. f3 Nd5 21. Bf2 a5 22. Bc4 Rc8 23. Rd2 Bb7 24. Bd3 a4 25. Rhd1 a3 26. b3 Nc3 27. Bd4 Nxd1 28. Rxd1 f6 29. Bc4 Bd5 30. Bxd5 exd5 31. Bf2 Ra5 32. Rd3 Kf7 33. Kd2 Ra6 34. Kd1 Rac6 35. Rd2 h5 36. Bd4 g5 37. h3 g4 38. fxg4 hxg4 39. h4 g3 40. Be3 Rh8 41. Rd4 Re6 42. Ke2 Rhe8 43. Re4 Rxe4 0-1 (43) Aronian,L (2752) -Gelfand,B (2723) Monte Carlo 2006

10... Nxd4

10... Rc8 11. e5 Ne8 12. Nxc6 Bxc6 13. f5 exf5 14. e6 Kh8 15. exf7 Nf6 16. Be6 Bd7 17. Bb3 f4 18. Bxf4 Bg4 19. Qe3 Bxd1 20. Rxd1 a6 21. Be6 Rc5 22. g4 b5 23. h4 b4 24. Ne2 Qc7 25. g5 Rxc2+ 26. Kb1 Nh5 27. Bh2 g6 28. Bb3 Rc5 29. Nf4 Re5 30. Qd4 Nxf4 31. Bxf4 Qc5 32. Bxe5+ dxe5 33. Qe4 Kg7 34. Bd5 Qd6 35. Bb3 Qc5 36. Rc1 Qd4 37. Qb7 Bd8 38. Rd1 Qb6 39. Qe4 Bc7 40. Bc4 a5 41. Rd7 a4 42. Qf3 Bd8 43. Qg3 Bc7 44. b3 a3 45. Qf3 Bd8 46. Kc2 Kh8 47. Kd3 Kg7 48. Ke2 Kh8 49. Qd5 Bc7 50. Rd8 Bxd8 51. Qxe5+ Bf6 52. Qxf6+ Qxf6 53. gxf6 h5 54. Kf3 Kh7 55. Kf4 Kh6 56. Ke5 g5 57. Ke6 Rb8 58. Bb5 Rh8 59. Ke7 Kg6 60. Bd3+ 1-0 (60) Topalov,V (2750)-Leko,P (2630) Dortmund 1996

11. Bxd4 e5?

Auch ohne diesen zweifelhaften Zug steht Schwarz bereits anrüchig. "Die Verlockung zu dem Zug . ..Lg4 ist Schuld daran, daß Schwarz unversehens in einen für ihn höchst unerfreulichen Konflikt gerät." (Schach 11/65)

12. fxe5 Bg4

"Wie er hierauf zu entgegnen hat, mußte Weiß sich allerdings schon vorher zurecht gelegt haben, denn 13.Df2 zum Beispiel taugt nichts wegen 13... d;e und Weiß büßt Material ein." (Schach 11/65) #

13. exf6!

Selbstverständlich!

13. Qf2 dxe5 wie von "Schach" angegeben, verliert nicht etwa für Weiß, der definitiv Kompensation für die Qualität hat. Dennoch ist es viel stärker, die Dame zu geben.

13... Bxe2 14. fxe7 Qxe7 15. Bxe2

Auch hier hat Weiß bereits entscheidenden Vorteil. Obwohl die Stellung nach herkömmlicher Materialzählung maximal leicht besser für Weiß ist und keine forcierten Fortsetzungen in Sicht sind, spuckt Stockfish -5 aus. Was mich zum Schluss kommen lässt, dass zumindest ich in der Pre-Engine-Ära die Leichtfigurenseite immer noch unterschätzt habe (obwohl bereits Sympathie vorhanden war). Zumindest scheint die Figurenseite von Haus aus deutlich stärker zu sein, wenn die Königssicherheit gegeben ist. Auch das Läuferpaar könnte eine wichtige Rolle spielen im Vergleich zu Springer/ Springer/Läufer für die Dame. "Mit drei Leichtfiguren für die Dame hat Hennings ein ähnliches Kräfteverhältnis vor sich, wie er es in der 2. Runde des Turniers - mit Schwarz - gegen Möhring mit großem Vergnügen bis zum Siege auskosten konnte." (Schach 11/65)

15... Rac8 16. Bd3 Qe6 17. Kb1 a6 18. Rdf1 b5 19. Rf5 f6 20. Nd5 Rf7 21. Rhf1 Rcf8 22. g4

"Da Schwarz in der c-Linie doch nichts zu melden hat, überdeckt er noch einmal den Schlüsselpunkt f6, zu dessen Erstürmung Weiß indes ungehindert weitere Verstärkung heranziehen kann." (Schach 11/65)

22... Kh8 23. h4 Kg8

"Ein Zeichen der Hilflosigkeit. Weiß andererseits manövriert im folgenden noch ein wenig im eigenen Lager, bevor er mit g4-g5 losschlägt." (Schach 11/65)

24. a3 Qe8 25. R1f4 Qe6 26. Ka1 Kh8 27. c3 Qe8 28. Bb1 a5 29. Ba2 b4 30. cxb4 axb4

"Der unzulängliche Versuch eines Gegenspiels" (Schach 11/65)

31. Nxb4 Rc7 32. g5! Rc1+ 33. Bb1 Rf7 34. gxf6 g6 35. Rd5 h6 36. Ka2 Qe6 37. Bc2 Kh7 38. Bb3 Qh3 39. Rxd6 Qh1 40. Bxf7 Qd1 41. Bg8+! Kxg8 42. f7+ Kh7 43. f8=N+

Artur weiß hübsche Mattbilder zu schätzen und so bringt er die Sache stilvoll zu Ende.

1-0 [Artur Hennings]

1965: Miniatur mit doppeltem Figurenopfer

Anton Csulits im Löberitzer Schach-Museum Kurzen Prozess gab es in Annaberg-Buchholz bei Arturs 2. DDR-Meisterschaft gegen den hierzulande bestens bekannten und inzwischen verstorbenen Anton Csulits. Anton war in Halle und Bamberg über viele Jahre hinweg Arturs Mannschaftskollege. Seine beste Platzierung bei DDR-Meisterschaften erreichte er 1967 mit Platz 4 in Colditz.
In Sachsen-Anhalt war er als Geschäftsführer des Landesverbandes, Landestrainer und Turnierorganisator tätig. Er war zudem treibende Kraft beim Hallenser Engagement in der Frauenbundesliga.

Die folgende Partie fand auch Eingang in einen spanisch-sprachigen Artikel über Opfer auf g7. Dort heißt es:

No siempre la pieza a sacrificar en g7 es una torre, tampoco es requisito indispensable que la columna g esté abierta, como veremos en el siguiente ejemplo.

Meine Übersetzung:

Nicht immer ist es ein Turm, der sich auf g7 opfert. Auch ist eine geöffnete g-Linie keine zwingende Voraussetzung, wie wir im folgenden Beispiel sehen werden.


Artur Hennings - Anton Csulits [B49]

DDR-ch 15th/Annaberg-Buchholz (11) 1965


1. e4 c5 2. Nf3 e6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nc6 5. Nc3 a6 6. Be2 Qc7 7. Be3 Nf6 8. O-O Bb4 9. Re1 Bxc3 10. bxc3 Nxe4 11. Bd3 Nf6?

11... d5=

12. Nf5 O-O?!










Jetzt folgt ein sehenswertes Doppelopfer, aber für Reparaturversuche war es ohnehin zu spät.

12... Kf8 13. Bc5+ Kg8 14. Nd6

13. Nxg7! Kxg7 14. Bh6+!

Notwendig um am Ball zu bleiben und im höheren Sinne der Gewinnzug. Wie man in nachstehender Partie sehen kann, hatte ein Amateur hier einen GM auf der Pfanne, wurde aber ohne das zweite Opfer am Ende noch überspielt.

14. Qf3?? Ng8 15. Bxh7 Nce7 16. Qh5 d6 17. Bd4+ e5 18. Rxe5 dxe5 19. Bxe5+ Qxe5 20. Qxe5+ Kxh7 21. Rb1 Ng6 22. Qh5+ Kg7 23. Rb6 Re8 24. h4 Re1+ 25. Kh2 Re5 26. g3 Be6 27. f4 Nf6 28. Qg5 Re2+ 29. Kg1 Rd8 30. Rb1 Rd5 0-1 (30) Acuna Celada, I (2152) -Vazquez Igarza,R (2566) Madrid 2012

14... Kxh6 15. Qd2+ Kh5 16. Re3 Ne5 17. Rh3+ Kg4 18. Qe2+

18. Rg3+ Kh5 19. Qg5#

18... Kg5 19. Qe3+ 1-0 [Reyk Schäfer]

In Abwesenheit von Wolfgang Uhlmann und Wolfgang Pietzsch gestaltete sich das Titelrennen äußerst spannend. Nur 1,5 Punkte trennten am Ende den Ersten vom Siebten.
DDR-Meister wurde Lothar Zinn vor Werner Golz. Artur errang mit 10,5/17 einen hervorragenden 3. Platz.

1965: IM-Titel

Ende 1965 kam in Leipzig das erste Interschach-Turnier zur Austragung, wobei der Verband sicher auch Normen für die einheimischen Spieler im Auge hatte. GM-Normen erzielten Liberson (nach starkem Schlussspurt), Kavalek und der alleinige Turniersieger Wolfgang Pietzsch. Letzterer hat dann in der Berichterstattung einiges überstrahlt, so dass z. B. nicht erwähnt wurde, welche Punktzahl für die IM-Norm notwendig war. Lesen wir zunächst die Einschätzung von Verbandstrainer Hans Platz zur Bedeutung des Turniers ("Schach" 2/1966):

In Zusammenarbeit der Stadt Leipzig mit dem Deutschen Schachverband wurde das I. Interschach zu einem Erfolg ersten Ranges in sportlicher und gesellschaftlicher Hinsicht. Erstmalig konnte in der DDR ein Turnier der Kategorie 1A, der höchsten Turnierqualifikation der FIDE, zustande gebracht werden, und erstmalig wurden vom Deutschen Schachverband innerhalb eines Jahres zwei internationale Turniere organisiert und durchgeführt. Was hinter diesen beiden "kleinen Rekorden" für Enthusiasmus und Arbeit steckt, kann nur jemand ermessen, der das Ringen darum aus nächster Nähe miterleben konnte.
Und es hat sich gelohnt! Mit Pietzsch, Zinn und Hennings sind neue Titelträger des Deutschen Schachverbandes in Sicht, die nach Bestätigung durch die Qualifikationskommission der FIDE das DDR-Schach repräsentativ international vertreten sollen.

Hans Platz Hans Platz wird in meinem Beitrag noch des Öfteren die Leistungen von Artur kritisch begleiten. Er hat sich auch im Bereich des Nachwuchstrainings sehr viele Verdienste erworben. Die DDR vertrat er bei den Schach-Olympiaden 1952 und 1956 noch als Spieler und später zu vielen Gelegenheiten als Trainer. Das aktuell erschienene Buch "Schach in Ostberlin" (Nickel/Thormann) porträtiert ihn und andere Berliner Protagonisten meines Beitrags ausführlich. Dabei wird seine Freundschaft mit Botvinnik betont, gegen den er 1952 remisierte. Außerdem legen die Autoren Wert auf die Tatsache, dass Platz parteilos war. Im Saale-Schachbund und damit in den Arbeiten Konrad Reiß' spielt der gebürtige Hallenser ebenso eine Rolle.

Zurück zur Frage der Normen. Die genauen Normen-Kriterien der damaligen Zeit sind mir nicht bekannt. Definitiv gab es noch keine Mindest-ELO als Voraussetzung. Und es scheint so, als hätten die Genannten den jeweiligen Titel (ausschließlich?) aufgrund der Leistung beim Leipziger Turnier verliehen bekommen (Zinn erzielte wie Artur auch 7,5 Punkte). Jedenfalls wurde Artur seit dem Leipziger Turnier als IM geführt.
Noch ein paar Hintergrundinformationen zum Turnier - nach wie vor von Hans Platz in Schach 2/66 – vorbereitend auf das Kavalek-Zitat:

Wie eng Organisation und sportliches Ergebnis meist gekoppelt sind, zeigte sich erneut. Selbst am Anreisetag gab es noch leicht gemischte Gefühle der für das Turniergelingen Verantwortlichen, ob nun wirklich die benötigten fünf Großmeister und sieben Internationalen Meister in Leipzig eintreffen werden. Buchstäblich in letzter Minute halfen uns die tschechoslowakischen Schachfreunde aus der Not und waren schließlich mit drei Internationalen Meistern zur Stelle. Ursprünglich sollten für die beiden zusätzlichen ČSSR-Spieler ein rumänischer und ein kubanischer Titelträger mit von der Partie sein, doch kam hier nichts zustande. Kurzfristig abkömmlich war Prags Altinternationaler Opočensky, der kürzlich noch Teilnehmer der ČSSR-Landesmeisterschaft war. Noch vor wenigen Jahren war Opečensky wegen seiner taktischen Schlagfertigkeit ein äußerst gefährlicher, gewissermaßen "unangenehmer" Gegner. Jetzt mußte er aber doch dem Alter seinen Tribut zollen. Die Turniertabelle spiegelt jedoch nicht seine oft ausgezeichneten, sprich Gewinnstellungen, wider, doch ließen in der vierten und fünften Spielstunde die Kräfte nach.
Nur gezwungenermaßen setzt bekanntlich Dr. Trifunovic seine volle Kraft ein, gezwungenermaßen dann, wenn sein Gegner den vollen Punkt von ihm haben will. Ein Spiel auf Gewinn gegen ihn ist wirklich gefährlich und geht fast regelmäßig ins eigene Auge, und deswegen wollte es offenbar kein Spieler richtig versuchen. Manch Kritiker wird gegen eine solche Totalremise hart zu Felde ziehen – soll's derjenige bei passender Gelegenheit selbst versuchen, dem jugoslawischen Großmeister beizukommen.

Dazu in schönem Kontrast die aufrichtigen Erinnerungen eines der GM-Norm-Spielers. Ich hatte Lubomir Kavalek als zweifachen Gegner Arturs bereits vorgestellt und zitiere aus seinen Memoiren "Life at Play":

Our chess officials ... sent me to Leipzig. I travelled with two other players by train. We could still see bombed-out buildings and ruins of old palaces in Dresden. The East Germans were also eager to up their grandmaster count and organized many tournaments peopled by elderly grandmaster 'tourists'.
The Leipzig tournament in 1965 was one of the last of its kind, and accompanying me in the train were veterans Karel Opočensky, 73, and Jaroslav Šajtar, 44. Šajtar had stopped playing chess some time before and had become a bureaucrat, representing the country in FIDE, organizing Student Olympiads, and keeping a tight rein on Czech players. Invitations to national tournaments arrived at the Chess Federation and had to receive the stamp of approval from this good communist. There was also Gedeon Barcza, in his fifties, and Dr. Trifunovic, the king of draws, who managed to draw all fifteen of his games.
To meet my second grandmaster norm, I had to make at least 2,5 points against my German opponents. I risked the Poisoned Pawn Variation in the Najdorf Sicilian and made my norm, finishing tied for second. The tournament fulfilled its purpose, and I became an official grandmaster. Fresh baked grandmasters at the time received a diploma from FIDE, but Šajtar did not see fit to come up with the required fee in hard currency, and so I ended up a grandmaster without a license. The diploma arrived eleven years later, a museum piece by then, signed by Max Euwe.

Meine Übersetzung:

Unsere Funktionäre entsandten mich nach Leipzig. Ich reiste mit anderen Spielern im Zug. Wir konnten immer noch ausgebombte Häuser und die Ruinen von Palästen in Dresden sehen. Die Ostdeutschen waren auch erpicht darauf, die Zahl ihrer Großmeister zu erhöhen und organisierten Turniere mit alternden Großmeister-"Touristen".
Das Leipziger Turnier von 1965 war eines der letzten seiner Art. Im Zug begleiteten mich Karel Opočensky, 73 und Jaroslav Šajtar, 44. Šajtar hatte bereits vor einiger Zeit mit Schach spielen aufgehört und war ein Bürokrat geworden. Er vertrat das Land bei der FIDE, organisierte Studenten-Olympiaden und hielt die tschechischen Spieler an der kurzen Leine. Einladungen zu nationalen Turnieren gingen über die tschechische Föderation und mussten von diesem guten Kommunisten abgesegnet werden.
Außerdem nahmen teil Gedeon Barcza (Mitte fünfzig) und Dr. Trifunovic, der Remiskönig. Er brachte es fertig, all seine 15 Partien zu remisieren.
Um meine zweite GM-Norm zu erfüllen, musste ich mindestens 2,5 Punkte gegen meine deutschen Kontrahenten erzielen. Ich riskierte die Bauernraub-Variante im Najdorf-Sizilianer und erfüllte meine Norm als geteilter Zweiter. Das Turnier efüllte seinen Zweck und ich wurde offiziell Großmeister. Frisch gebackene GM erhielten zu dieser Zeit eine Ehrenurkunde von der FIDE, aber Šajtar hielt es nicht für angebracht, die vorgesehene Gebühr in harter Währung zu entrichten. So wurde ich zum Großmeister ohne Lizenz. Die Urkunde - mittlerweile ein Museumsstück - erreichte mich 11 Jahre später, unterzeichnet von Max Euwe.

Zurück zu Artur: In der Tat spielte er hier ganz hervorragend und ließ sogar noch einige Möglichkeiten aus (siehe die in den Kommentaren zu Hennings-Kavalek erwähnte Revanchepartie mit Verlust Arturs aus gewonnener und eigentlich nicht verlierbarer Stellung). Gegen Wolfgang Uhlmann sollte er letztlich nach dem Husarenstreich von 1963 keinen Sieg mehr in den offiziellen Datenbanken notiert bekommen (wobei sicher viele Partien aus dem DDR-Zeitraum nicht den Weg in die Datenbanken fanden). Im Gegenteil gelang es dem Dresdner, die persönliche Bilanz zu seinen Gunsten zu drehen. Wer weiß, wie das Gesamtergebnis der beiden ausgesehen hätte, wenn Artur die folgende geradlinige Erstrunden-Partie zum Sieg geführt hätte ...


Wolfgang Uhlmann - Artur Hennings [D78]

Leipzig International-01/Leipzig (1) 1965


1. d4 d5 2. c4 c6 3. Nf3 Nf6 4. Nbd2 g6 5. g3 Bg7 6. Bg2 O-O 7. O-O Nbd7 8. Qc2 Re8 9. e4?

zu optimistisch - ruhige Züge wie 9.Td1 waren angesagt.

9... dxe4 10. Nxe4 Nxe4 11. Qxe4 e5! 12. Bg5

Auch nach dem Tausch auf e5 begründet sich der schwarze Vorteil in der größeren Aktivität seiner Läufer, insbesondere entlang der Diagonalen a1-h8.

12... exd4 13. Qh4 f6 14. Bh6 Ne5 15. Bxg7 Kxg7 16. Nxe5 fxe5 17. Qxd8 Rxd8 18. Rae1

Auf dieses Spiel gegen e5 hatte Uhlmann wohl gehofft, um gewisse Gegenchancen zu wahren. Allerdings löst Artur die Situation taktisch. Der hängende Be5 konnte alternativ ignoriert werden, indem Schwarz sofort auf seinen Freibauern setzt.

18... Re8

18... Bf5! 19. Rxe5 d3 20. Rd1 Rd4 21. b3 Kf6 22. Re3 d2

18... d3! vielleicht sogar noch stärker als 18...Lf5 19. Rd1 Rd4 20. Rd2 Bf5 21. b3 g5 22. f3 Rad8 23. Kf2 und Weiß ist dauerhaft bewegungsunfähig, während Schwarz u.a. über die spiegelbildlichen Motive ... h4-hg sowie a5-a4-a;b verfügt. 23... Kf6 24. Rfd1 h5

19. f4 Be6! 20. b3 exf4 21. Rxf4 Rad8 22. Rd1 d3 23. Re4 Bf5 24. Rxe8 Rxe8 25. Bf1 c5 26. Kf2 Kf6 27. Rd2 g5 28. Bxd3 Rd8 29. Ke3 h5?!

29... Ke5! und Weiß kann kaum ins Läuferendspiel einlenken, da dies dem sK das Feld d4 überlassen würde. Gut möglich, dass Artur diesen Zug abwählte, um bei einem evtl. Übergang ins Bauernendspiel keine Zeit zu verlieren, aber: 30. Bxf5 Rxd2 31. Kxd2 Kxf5 32. Ke3 Kg4 33. Kf2 Kh3 34. Kg1 h5 war analog zur Partie keine Option für Weiß. Dass ...h5 hier erst verzögert erfolgt, spielt keine Rolle.

30. Bxf5?

Das Bauernendspiel sollte für Weiß verloren sein.

30. Be2 Rxd2 31. Kxd2 h4 32. a3 Ke5 33. Ke3 war jetzt dagegen im Remissinne durchaus möglich.

30... Rxd2 31. Kxd2 Kxf5 32. Ke3 Kg4 33. Kf2 Kh3 34. Kg1 a6 35. a4 a5 36. Kh1 h4 37. gxh4 Kxh4 38. Kg2










38... Kg4??

38... g4! Dies mussten beide bei der Abwicklung ins Bauernendspiel übersehen haben. Die Opposition der Könige wird entscheidend von der 2./4. Reihe auf die 1./3. verlagert. 39. Kf2 Kh3 40. Kg1 g3

39. h3+ Kh4 40. Kh2 g4 41. hxg4 Kxg4 42. Kg2 Kf4 43. Kf2 1/2-1/2 [Reyk Schäfer]

Burkhard Malich, Bundesliga 1994/95 Aus dem gleichen Turnier stammt die folgende typische Partie gegen Dr. Burkhard Malich. Es sieht lange so aus, als habe Malich einfach einen Mehrbauern, aber Weiß muss beständig aufpassen. Als Malich kurz vor der Zeitkontrolle fehlgreift, lässt sich Artur die sehenswerte Taktik nicht entgehen.

Burkhard Malich wurde 1957 und 1973 DDR-Meister und kam gleich sechsmal auf den Vize-Rang. Das Turnier in Zinnowitz gewann er dreimal. Auch als Mannschaftsspieler war Malich sehr erfolgreich und dank seines soliden Stils stets eine Bank. Er spielte gemeinsam mit Artur für Buna Halle in der Bundesliga.
Dankenswerterweise war sich Burkhard Malich nicht zu schade, für "Schach" 2/1966 seine Verlustpartie gegen Artur zu kommentieren. Diese Anmerkungen habe ich nachträglich den meinigen hinzugefügt:


Burkhard Malich - Artur Hennings [D44]

Leipzig International-01/Leipzig (7) 1965


Schach 2/1966, S.

1. d4 d5 2. Nf3 Nf6 3. c4 c6 4. Nc3 e6 5. Bg5 dxc4 6. a4

Üblicher ist 6.e4; RS: von mir nachfolgende Beispielpartie eingefügt

6. e4 b5 7. e5 h6 8. Bh4 g5 9. Nxg5 hxg5 10. Bxg5 Nbd7 11. exf6 Bb7 12. g3 c5 13. d5 Nxf6 14. Bg2 Bh6 15. Bxf6 Qxf6 16. O-O O-O-O 17. Nxb5 exd5 18. Nxa7+ Kb8 19. Nb5 Bg7 20. a4 Qh6 21. h4 Bf6 22. Qe1 Bxh4 23. Qa5 Be7 24. Qc7+ Ka8 25. Qa5+ Kb8 26. Qc7+ Ka8 27. Rfe1 Bd6 28. Qb6 Bb8 29. a5 Rd7 30. Re8 Qh2+ 31. Kf1 Qxg2+ 32. Kxg2 d4+ 33. Qxb7+ Rxb7 34. Rxh8 Rxb5 35. a6 Ka7 36. Rf8 Rxb2 37. Rxf7+ Ka8 38. a7 c3 39. Rf8 1-0 (39) Kasparov,G (2805)-Ivanchuk,V (2710) Linares 1994

6... Bb4 7. e4 Qa5

Dieser Zug war mir unbekannt; auch in den geläufigen Theoriebüchern wird er nicht angegeben. Üblicher ist 7...c5 RS: Heutige Engines bewerten 7... c5, 7...h6, 7...Da5 und 7...L:c3 alle ungefähr mit Ausgleich, wobei letzteres mittlerweile am beliebtesten ist.

8. Bd2 Nbd7

8... c5 9. Bxc4 cxd4 10. Nxd4 O-O 11. Nc2 Nc6 12. Nxb4 Qxb4 13. b3 Qe7 14. O-O Rd8 15. Re1 Ne5 16. Bf1 Bd7 17. Qe2 Bc6 18. Bg5 h6 19. Bh4 Ng6 20. Bg3 Rd7 21. f3 Rad8 22. Qe3 a6 23. Rab1 Qb4 24. Rec1 e5 25. Be1 Qe7 26. Na2 Rd4 27. Ba5 R8d7 28. Bc3 Bxe4 29. fxe4 Rxe4 30. Qa7 b5 31. Qxa6 Ng4 32. h3 Qc5+ 33. Kh1 Nf2+ 34. Kh2 Qe3 35. Re1 Qf4+ 36. g3 Qf5 37. Bg2 Rh4 38. Qa8+ Kh7 39. Qf3 Rxh3+ 40. Kg1 Qxf3 41. Bxf3 Nd3 42. Re3 Rxg3+ 43. Kh2 Rxf3 44. Rxf3 bxa4 45. bxa4 e4 46. Rf5 Nh4 47. Rfb5 Nf4 48. R5b4 Rd3 49. Rxe4 g5 50. Rxf4 gxf4 51. Rf1 Nf3+ 52. Kh1 Kg6 53. a5 Kf5 54. a6 Ng5 55. a7 Rh3+ 56. Kg1 Rg3+ 57. Kf2 Ne4+ 58. Ke1 Rg8 59. Bd4 Kg4 60. Be5 1-0 (60) Nakamura,H (2791)-Giri,A (2769) Saint Louis 2016

9. Bxc4 e5

Erstaunlich. Ich hatte 9...0-0 erwartet. Der Textzug erscheint fehlerhaft, denn Weiß kann den Bf7 erobern. Schwarz erhält aber gefährliches Gegenspiel.

10. Qb3

RS: Die Idee bekommt noch mehr Kraft nach vorherigem Tausch auf e5. Nicht möglich dagegen ist

10. dxe5 Nxe5 11. Nxe5 Qxe5 12. Bxf7+ (12. Qb3! RS) 12... Kxf7 13. Qb3+ Nd5! und Schwarz behält die Oberhand.

Fraglich ist wahrscheinlich auch 10. O-O denn nach 10... exd4 muss Weiß mit 11. e5 auf wilde Verwicklungen ausgehen(11. Nxd4 Qc5 RS: dies hatte Dr. Malich als unangenehme Antwort angegeben, weshalb die Verwicklungen mit 11.e5 vorzuziehen seien (die im Übrigen vorteilhaft für Weiß sind), allerdings:(11... O-O!) 12. Bxf7+ Kxf7 13. Qb3+ Ke7 14. Nf5+ Kf8 15. Bf4 Ne8 16. Na2 Ba5 17. Rac1 Qb6 18. Qe6)

10... exd4 11. Bxf7+

gut ist sicher

11. Nxd4 O-O 12. O-O da 12... Nxe4 (12... Ne5 und von großem Vorteil kann kaum die Rede sein.) 13. Nxe4 Bxd2 14. Nd6 nicht zu empfehlen ist.

11... Kf8 12. Nxd4 Ne5!

Ich hatte nur

12... Nc5 erwartet und wollte folgende Möglichkeit wählen 13. Qc4 b5 14. Qe2 Kxf7 15. Nxc6

13. Be6 Nd3+ 14. Kf1 Nc5 15. Qc4 Nxe6 16. Nxe6+ Bxe6 17. Qxe6 Qa6+ 18. Kg1

oder

18. Ne2 Bxd2 19. Qd6+ Kf7 20. Qxd2 Rad8 21. Qc2 Rd4 22. f3 Rhd8 mit großer Überlegenheit für den Bauern.

18... Re8

besser ist sofortiges

18... Qd3 um die Antwort 19.Dh3 auszuschalten.

19. Qf5

19. Qb3 RS

19... Qd3 20. Be1 Bxc3 21. Bxc3 Qxe4 22. Qc5+

Die Vereinfachung

22. Qxe4 Nxe4 23. Bd4 c5 24. Be3 nebst 25.g4 hätte wahrscheinlich gleiches Spiel gegeben. Ich glaubte aber, daß Schwarz keinen ausreichenden Ersatz für den Bauern hätte. Auch der Turnierstand erzwang ein Spiel auf einen vollen Zähler.

22... Kf7 23. Qxa7 Rhf8 24. Qxb7+ Kg8 25. h3?

Nun glaubte ich mit zwei Mehrbauern die Gefahren leicht bannen zu können. Besser ist 25.h4, um den Turm über h3 ins Gefecht zu führen. RS: Seit Alpha Zero würde wohl jeder 25.h4 sehr ernsthaft in Betracht ziehen, um den eingesperrten Th1 ggf. über h3 zu aktivieren. Tatsächlich wäre das auch objektiv um einiges stärker. Nach dem Textzug verwaltet ein Rechner die Mehrbauern sicher auch noch vorteilsträchtig, aber ein Mensch muss mächtig auf der Hut sein.

25. h4 Nh5 26. Rh3 Rf7 27. Qb4 Qg6 28. a5 Nf4 29. Rg3 Ne2+ 30. Kh2 Nxg3 31. fxg3 und in der scharfen Stellung dürften die Chancen des Weißen kaum schlechter sein.

25... Nh5 26. Qa7?

RS: Schon ist der Gewinn dahin .. .

26. Qb3+ Kh8 27. Qb4 Qc2 28. Qg4 Nf6 29. Qd4 Weiß kann erfolgreich Angriff und Verteidigung verbinden.

26... Qg6 27. Kh2 Qd6+ 28. Kg1










28. g3 Re2 und es droht 29...D:g3 matt

28... c5!

Die weiße Dame wird vom Kampfgeschehen abgeschnitten, und der Angriff wird nun unwiderstehlich. RS: Dass sich Dr. Malich bereits in Verluststellung wähnt, erklärt, dass er im 31. Zug nicht mehr nach dem entscheidenden Fehler sucht. Der generelle Eindruck, er habe noch lange auf Gewinn gespielt, wird aber durch den Kommentar zum 22. Zug bestätigt (und dies hatte ja auch seine Berechtigung).

29. Re1?!

29. Qb7 Rxf2 30. Kxf2 Qg3+ führt zum Dauerschach, aber wer wollte es Dr. Malich nach dem bisherigen Partieverlauf verdenken, dass er mehr will? Allerdings ist Artur in solchen Stellungen brandgefährlich ...

29... Rxe1+ 30. Bxe1 Nf4 31. g3??

Gegen 31...Se2+ 32.Kf1 Sg3+ RS: Schon ist es passiert! Es war höchste Eisenbahn, mit .. .

31. Qb7 die lange Diagonale unter Kontrolle zu bringen. 31... Ne2+ 32. Kf1 Re8 33. g3 Nxg3+? funktioniert jetzt nicht 34. fxg3 Qd1 35. Kg2!

31. a5? Ne2+ 32. Kf1 Re8 33. Qb7 (33. g3 Nxg3+ 34. fxg3 Qd3+ 35. Kg2 dieses Feld braucht die Dame . .. 35... Qe4+ 36. Kh2 Qc2+ nebst Matt) 33... Ng3+! 34. fxg3 Qd1 ist die Hauptidee von Schwarz.

31... Ne2+ 32. Kh2 Nd4! 33. Qb7 Nf3+ 34. Kg2 Qd4!

RS: Durch diesen Angriff auf f2 wird die schwarze Dame überlastet, die nun die so wichtige Diagonale räumen muss.

35. Qe7 Qd5 36. Bc3 Nh4+ 37. Kf1 Qd1+ 38. Be1










38... Rxf2+!

RS: Solch eine Taktik ließ sich Artur selten entgehen ...

0-1 [Burkhard Malich]

Nachfolgend die Einschätzung, von Hans Platz (ebenfalls "Schach" 2/1966) zu Arturs Leistung in Leipzig (man achte auf die Verwendung von "Deutsche Meisterschaft" anstelle von "DDR-Meisterschaft":

Schon Zinnowitz und auch die Deutsche Meisterschaft in Annaberg-Buchholz bestätigten, daß Hennings mit Riesenschritten den Anschluß an die DDR-Spitze erreicht hat. Nach seiner Übersiedlung von Schwerin nach Leipzig kam dort sein schachliches Talent zur Blüte. Mit großem Fleiß und Spielleidenschaft nahm er Wettkampf auf Wettkampf auf sich und krönte nunmehr seine Einsatzbereitschaft durch die Erreichung der Meisternorm.
Hennings ist Taktiker, ebenso wie Zinn, was allerdings in Leipzig nicht so richtig zur Geltung kam. So hat die Meisternorm von 7,5 Punkten = 50% auch ihre Schattenseite gezeigt, denn einige Spieler schränkten das Risiko bewußt ein, womit sie am sichersten ihr Ziel zu erreichen glaubten. Das wiederum führte jedoch gewissermaßen zu einer Verklemmung des individuellen Stils. Hennings und Zinn stehen jedoch erst am Anfang ihrer internationalen Spielkarriere und werden noch genug Gelegenheit bekommen sich zu entfalten.

1966: Vorausscheid Zonenturnier

Teilnehmer und Trainer beim Ausscheidungsturnier Rabenberg: Fuchs, Pietzsch, Zinn, Golz, Platz, Hennings, Neukirch, Rätsch Das Jahr 1966 verlief etwas ruhiger als das Vorjahr. Die Wiederholung des Zinnowitzer DSV-Turniers geriet für Artur weniger erfolgreich.
Darüber hinaus war Artur an einem Ausscheidungsturnier beteiligt, das über die Teilnahme am Zonenturnier entscheiden sollte. Für die DDR standen drei Plätze zur Verfügung und Wolfgang Uhlmann galt als gesetzt. Die zwei weiteren Plätze wurden nun doppelrundig zwischen den vier Erstplatzierten der DDR-Meisterschaft 1965 (Zinn, Golz, Hennings, Neukirch) sowie den IM Pietzsch und Fuchs (beide zur DDR-Meisterschaft wegen eines internationalen Starts verhindert) ausgespielt. Artur beschloss dieses Turnier mit 4,5/10 auf dem 5. Platz. Dennoch hatte Schach 4/1966 nur Lob für unseren Protagonisten übrig:

Artur Hennings konnte recht gut mithalten und war für jeden ein gefährlicher Gegner. Seit zwei Jahren befindet er sich in stetigem Aufstieg und dürfte seinen Weg auch erfolgreich fortsetzen. Was ihm gegenüber den bekannteren "Assen" noch fehlt, sind lediglich internationale Erfahrung und Routine.

Diese anfänglich wohlwollenden Einschätzungen sind besonders auffällig im Vergleich zu den späteren missliebigen Beurteilungen, auf die wir noch zu sprechen kommen werden.
Die Qualifikation schafften am Ende Fuchs und Zinn mit 6/10. Der anfängliche klare Spitzenreiter und Sieger des Internationalen Turniers in Leipzig, Wolfgang Pietzsch, zeigte am Ende Nerven und wurde nach Feinwertung nur Dritter. Eine Übersicht der nachfolgenden Zonenturniere findet sich hier. Uhlmann (3.) und Zinn traten in Halle an, Fuchs (5.) dagegen in Vrnjacka Banja.

1967: Weitere internationale Bewährungsproben

Deutlich turnierintensiver dann 1967. Arturs dritte Teilnahme an einer DDR-Meisterschaft geriet wohl nicht ganz nach Wunsch. Auf der Habenseite steht jedoch eine Glanzpartie gegen den alten Rivalen Günther Möhring, die in keiner Partiensammlung Arturs fehlen darf ...


Artur Hennings - Guenther Moehring [B89]

DDR-ch 16th/Colditz (15) 1967


1. e4 c5 2. Nf3 Nc6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 d6 5. Nc3 e6 6. Be3 Nf6 7. Bc4 Be7 8. Qe2 O-O 9. O-O-O Qc7 10. Bb3 a6 11. g4! b5?

11... Nxd4 12. Rxd4 b5 13. g5 Nd7 14. Rg1 Re8 15. Rg3 Bb7 16. Rh3 g6 17. f4 Nc5 18. f5 Nxb3+ 19. axb3 exf5 20. Qf2 b4 21. Nd5 Bxd5 22. Rxd5 Qc6 23. Rd4 d5 24. exf5 Bc5 25. Qh4 h5 26. gxh6 Kh7 27. fxg6+ fxg6 28. Qf2 Rf8 29. Rf3 Rxf3 30. Qxf3 Qe6 31. Rd3 Rf8 32. Qg3 Rf1+ 33. Kd2 Bd6 34. Qg2 Rf5 35. Kc1 Bf8 36. Kb1 Rh5 37. Bd2 Qe5 38. Qf3 Qf5 39. Qe3 Qf7 40. Qe2 a5 41. Rf3 Rf5 42. Rxf5 gxf5 43. Qa6 f4 44. Qd3+ Kg8 45. h7+ Qxh7 46. Qxd5+ Kh8 47. Bxf4 Qh3 48. Be5+ Bg7 49. Qd8+ Kh7 50. Qe7 1-0 (50) Aronian,L (2764)-Grischuk,A (2766) Leuven 2018

12. g5! Nxd4

12... Nd7 13. Nd5! exd5 14. Nxc6 Qxc6 15. Bxd5

13. Bxd4 Nd7 14. Rhg1 Nc5

14... b4 15. Nd5!? exd5 16. Bxd5 Bb7 17. g6! hxg6 18. Rxg6 Bf6 19. Bxf6 Nxf6 20. Rxf6 Bxd5 21. Rxd5

15. Qh5 b4










16. Bf6!

Das Rufzeichen aus dem DDR-Bulletin. Auch wenn die Maschine zunächst = sagt, dürfte der Zug gewinnen.

16. Qh6! Diesen Zug bewertet der Rechner zunächst deutlich stärker als 16. Lf6, aber letzterer behauptet sich nach eingehender Analyse. Artur hat also mindestens so gut gerechnet wie moderne Engines :) 16... e5 17. Nd5 gxh6 (17... Qd8 18. Nf6+) 18. gxh6+ Kh8 19. Nxc7 Ra7 20. Bxc5 dxc5 21. Nd5

16... Re8

16... bxc3 17. Qh6!!

16... Rd8 17. Rg3 bxc3 18. Rh3 Kf8 Anders als nach dem Partiezug 16... Te8 ist das nicht der sofortige K.o., da Schwarz jetzt eine Fluchtroute für den König bis nach a8 hat! Das ändert jedoch nichts an der Dominanz der weißen Figuren. 19. Bxg7+ Ke8 20. Rf3 Kd7 21. Rxf7 cxb2+ 22. Kb1 Kc6 23. Bd4 Nxb3 24. cxb3 Rd7 25. Bxb2 Kb7 26. Rc1 Qd8 27. f4 Rb8 28. Qxh7 Ka8 29. g6

17. Rg3!

17. Qh6? Bf8

17... bxc3 18. Rh3 cxb2+

18... h6 19. gxh6 Bxf6 20. hxg7 Bxg7 21. Rg1 Kf8 22. Rxg7 Nxe4 23. Qh4 und Schwarz hat nur noch einige Racheschachs, bevor Tg8+ entscheidet.

19. Kb1 Bxf6

19... h6 20. Qxh6! gxh6 21. Rxh6 Bxf6 22. gxf6

19... Kf8 20. Bxg7+

20. gxf6 Kf8

20... gxf6 21. Qh6! Nxe4 22. Rg1+ Ng5 23. Qxf6!

21. e5! Ne4

21... dxe5 22. fxg7+ Ke7 23. Qg5+ f6 24. g8=Q

22. fxg7+ Ke7 23. Qh4+ f6

23... Kd7 24. Ba4+!

24. Qxe4 d5 25. g8=Q! Rxg8 26. Qxh7+ 1-0 [Reyk Schäfer Bulletin]

DDR-Meister wurde Wolfgang Pietzsch, Anton Csulits glänzte mit einem 4. Platz. Artur am Ende auf Rang 8 (9,5/17).
Florin Gheorghiu 1987 Im weiteren Jahresverlauf folgte das Turnier in Bukarest, das Helmut Pfleger bereits erwähnte. Turniersieger wurde Rumäniens Vorkämpfer Florin Gheorghiu (9,5/13), der übrigens auch einen sehenswerten Youtube-Kanal betreibt, wo er einige der klassischen Partien aus heutiger Sicht kommentiert. Er war neunmal rumänischer Landesmeister und vertrat sein Land vierzehnmal bei Schacholympiaden.

Artur kam auf Rang 9 (6/13) und berichtet in Schach 6/67 selbst über das Turnier:

Der 23jährige Großmeister Florin Gheorghiu gewann das Turnier verdient. Er riskierte sehr viel, und er hatte trotzdem am Ende immer das "Glück", daß seine Rechnung aufging. Der Internationale Meister H. Pfleger legte seine Partien auf positioneller Grundlage an. Er zeigte sich aber auch taktisch recht gewitzt und belegte hinter Gheorghiu den Ehrenplatz. Großmeister Wasjukow hatte es anfangs ziemlich schwer. Er begann mit 0,5/3, konnte sich aber dann entscheidend steigern, so daß es noch für den dritten Rang reichte.
Ausgezeichnete Leistungen boten die beiden rumänischen Meister Soos und Partos. Beide erfüllten die Norm für den Internationalen Meister.
Ich selbst bin mit meinem Abschneiden nicht ganz zufrieden. Es war für mich bedeutend mehr "drin". Aber ich wollte gegen beide Großmeister kein Remis, und das ging diesmal daneben. In der letzten Runde hatte ich die Chance, den siebenten Platz zu belegen. Ich habe dann auch noch zehn Stunden gekämpft, aber leider reichte es nur zum Remis.

Hennings - McCurdy, Studenten-Olympiade Harrachov 1967 vor 39.D:g5! Bei der Studenten-Olympiade im tschechischen Harrachov spielte Artur erneut am Spitzenbrett. Mit Rang 6 für das DDR-Team waren die Offiziellen recht zufrieden.
Artur bekam es am Spitzenbrett mit vielen starken Spielern zu tun, die später Weltklasse-GM werden sollten: Tukmakov, Velimirovic, Gheorghiu, Hort, Savon ...
Gegen Englands Michael Basman, der regelmäßig 1.g4 oder 1.e4 g5 zelebrierte, war eine hochinteressante Partie zu erwarten. Es gab wieder eines von Arturs Schliemann-Jänisch-Gambits. Natürlich weigerte sich Basman, Material entgegen zu nehmen und opferte in einer bekannten Variante selbst eine Figur. Artur gewann eine wilde Partie.
Ich entschied mich jedoch, nur nebenstehendes Diagramm gegen den Iren McCurdy aufzunehmen. Artur brachte mit 39.D:g5! wieder eines seiner Damenopfer. Es beendete gleichzeitig die Partie.

1967: Big point gegen Big Bent?

Arturs Vorstellung im Original-Turnierbuch des Ausrichters Zur eigentlichen Feuertaufe der 67er Auslandseinsätze und vielleicht überhaupt bislang sollte für Artur das Capablanca Memorial in Havanna werden, bei dem es Artur erstmals mit einer Reihe von Gegnern der Weltspitze zu tun bekam: Larsen, Smyslov, Polugayevsky, Taimanov, Filip, Gligoric, Donner ... Auch das offizielle kubanische Turnierbuch, dem nebenstehendes Kurzporträt entnommen ist, sah das Turnier als harte Bewährungsprobe für den jungen IM.
Seit 1962 wird das Turnier ausgerichtet und es geht auf eine Initiative von Ché Guevara zurück. Die Geschichte und Siegerliste liest sich beeindruckend. Im Rahmen eines Pachmann-Porträts in "Schach" 6/1999 gibt es noch nachstehende Hintergrund-Information zu diesem langlebigen Turnier. Ludek Pachmann geht dabei der Frage nach, warum die 1965er Auflage mit Fischers Teilnahme per Fernschreiber aus New York mit geschätzt 100.000 Zuschauern so publikumswirksam war:

Ja, in Kuba ging wirklich alles fabelhaft. Wir gründeten neue Schachklubs und bereiteten das erste Capablanca-Turnier vor, das schon 1962 stattfand ... In Havanna und in Kuba überhaupt gab es zuvor praktisch keinerlei kulturelle Veranstaltungen. Sie konnten entweder politische Versammlungen abhalten und stundenlang Castro zuhören oder zum Schach gehen ... Außerdem konnte man beim Turnier guten Kaffee bekommen, was ansonsten sehr schwer war.

Bent Larsen 1961 Gleich zu Beginn der 67er Auflage sollte es Artur mit der Schachlegende Bent Larsen zu tun bekommen. Larsen galt in den 60ern/70ern als stärkster westlicher Spieler neben Bobby Fischer. Gerade in der zweiten Hälfte der 60er eilte der Däne von Turniersieg zu Turniersieg. Mit ein Grund dafür, dass er beim legendären Match UdSSR vs. Rest der Welt das Spitzenbrett vor Fischer erhielt.
Larsen war mehrfach WM-Kandidat und bezwang 1966 Efim Geller im Kandidatenmatch – die erste Matchniederlage für einen sowjetischen Spieler überhaupt.
Der Däne schildert das Turnier in seinen Memoiren "Bent Larsen's Best Games" so:

The tournament in Havana was very strong with 12 grandmasters out of a total of twenty participants. It was very hot and I perspired heavily.
But I felt in good physical shape, unlike at the olympiad the previous year, and I played very good games. The end result was a total of 15 pts. made up of 11 wins and 8 draws.
In two of the games I was somewhat lucky to save a lost position; however overall I played very well and deserved my victory.

Meine Übersetzung:

Das Turnier in Havanna war mit 12 Großmeistern bei 20 Teilnehmern sehr stark besetzt. Es war sehr heiß und ich kam ordentlich ins Schwitzen.
Aber ich war in guter Verfassung und – anders als bei der Olympiade vor Jahresfrist – spielte sehr gute Partien. Ich erzielte schließlich 15 Punkte (11 Siege, 8 Remis).
In zwei Partien hatte ich etwas Glück, eine verlorene Stellung zu retten. Aber alles in allem spielte ich sehr gut und habe verdient gewonnen.

Ahnen wir bereits, gegen wen er eine verlorene Partie rettete? Hier ist Arturs Einschätzung aus "Schach" (1967, S.327)

Verdienter Sieger des Turniers wurde der dänische Großmeister Bent Larsen. Er war die herausragende Persönlichkeit des Turniers. Nachdem er in den Anfangsrunden einige Schwierigkeiten hatte, so unter anderem in der Partie gegen mich, die er sehr glücklich gewann, steigerte sich Larsen in einen wahren Spielrausch und kein anderer Großmeister konnte ihm den Sieg streitig machen.

In der Tat hätte das Turnier gänzlich anders verlaufen können, hätte Artur nicht einen Blackout gehabt, über den er sich noch Jahre später ärgerte:


Bent Larsen - Artur Hennings [B82]

Capablanca Memorial/Havana (1) 1967


1. e4 c5 2. Nc3 Nc6 3. Nge2 d6 4. d4 cxd4 5. Nxd4 e6 6. f4 Nf6 7. Nf3 Be7 8. Bd3 O-O 9. O-O b6 10. a3 Bb7 11. Qe2 Nd7 12. Be3 Nc5 13. b4 Nxd3 14. cxd3 Rc8 15. Rac1 d5 16. exd5 exd5 17. Qf2?! Re8!

Von Artur mit einem Fragezeichen versehen, aber vermutlich der stärkste Zug.

Bedeutend stärker war laut Artur 17... d4! 18. Nxd4 Nxd4 19. Bxd4 Bh4! 20. g3 Rxc3 21. Bxc3 Qd5 22. Qf3 ist ratsamer (Hennings)(22. Qe2? Qh1+ 23. Kf2 Qxh2+ 24. Ke1 Bxg3+ 25. Kd1 (25. Kd2 Bxf4+) 25... Bg2 mit klarem schwarzen Vorteil. (Hennings)(25... Bxf4!) ) 22... Qxf3 23. Rxf3 Bxf3 24. gxh4= ist die Stellung auf Grund der ungleichfarbigen Läufer als gleichwertig einzuschätzen. (Hennings) Dies legt nahe, dass Schwarz nach der Partiefortsetzung eher schlechter oder doch zumindest nicht besser steht, was nicht der Fall ist. 17.. .Te8 ist stark, allerdings hatte Hennings wohl nicht die damit verbundene taktische Idee ...Lh4 nebst Qualitätsopfer auf e3 im Blick.

18. Nd4 Qd7?!

Verpasst eine schöne Gelegenheit, wobei Artur auch danach sehr gut und lange auf Gewinn steht, bevor er mit einem einzigen groben Fehler sofort die Partie einstellt ...

18... Bh4! räumt die Linie für den Turm e8 und auf jeden Zug folgt nun ...T:e3. Der Läufer wird, wenn er nicht beseitigt wird, nach f6 ziehen mit großem Effekt. Am Ende der Kombi ist immer der wacklige Sc3 das Ziel, der die Investitionen für Schwarz mit Zinsen zurückbringt. 19. g3 noch am besten 19... Rxe3! 20. Qxe3 Nxd4 21. gxh4 (21. Qxd4 Bf6!) 21... Nb3

19. Nxc6 Bxc6 20. Bd4 Qf5 21. Qf3 Bf6 22. Bxf6 Qxf6 23. Qf2 d4 24. Ne2 Bb5?

Gibt kurzzeitig die Kontrolle über die e-Linie auf, was Larsen jedoch nicht ausnutzt.

24... Re3!

25. Qf3?

"Der dänische Großmeister behandelt die Stellung zu leichtfertig. Er musste unbedingt

25. Rxc8 spielen. Mit etwa gleichen Aussichten." (Hennings) So ist es .

25... Rcd8 26. Ng3 Re3 27. Qg4 Qg6

27... Bxd3 ist vielleicht am einfachsten.

28. Qh4 f6 29. Rc7 Qxd3 30. Rfc1 Ree8

30... Rde8

31. Qh5 Qe3+

Viel besser war einfach 31... Kh8 (Hennings), womit er jedoch nicht Recht hat. Beide Züge gewinnen und das Damenschach am klarsten.

32. Kh1










32... Bd3??

"Ein typischer Fall von Schachblindheit." (Hennings)

32... Bd7 gewinnt immer noch. Artur erwähnt diese Variante ebenfalls als klar vorteilhaft sowie 32...De1+ 33.Sf1 De6, was aber aufgrund des hängenden Lb5 eher nicht zu empfehlen ist.

33. Qf7+ 1-0 [Artur Hennings]

1968: Gulko & DDR-Meisterschaft Weimar

Boris Gulko 2002 1968 gelang Artur ein sauberer Positionssieg gegen den späteren WM-Kandidaten und UdSSR- sowie USA-Meister Boris Gulko (geboren in Erfurt). Gulko ist einer der wenigen mit einer positiven Bilanz gegen Garry Kasparov.

Bei der DDR-Meisterschaft in Weimar (Sieger Wolfgang Uhlmann) musste Artur mit 8,5/13 krankheitsbedingt aus dem Turnier aussteigen. Allerdings verlor Artur eine Partie gegen einen noch weiter hinten platzierten Spieler. Das gibt mir Gelegenheit, hinter die Kulissen dieser Partie zu blicken und die Erinnerungen eines weiteren Zeitzeugen zu Artur zu teilen.
Wolfgang Thormann ist ein FIDE-Meister aus Berlin und wurde 1967 DDR-Jugendmeister, wofür er einen Freiplatz in Weimar bekam. Ganz aktuell hat er gemeinsam mit Arno Nickel das Buch "Schach in Ostberlin 1945-1990" veröffentlicht. Dort outet er sich als Blitz- und Rapid-Anhänger.

Wolfgang Thormann 2015 Einige Erinnerungen mit Artur fallen mir ein. Besonders die Partie DDR-Meisterschaft Weimar 1968.
Am Abend vor der Partie hatte Burkhard Malich (der "B") beim Bier Trinken mir einen Tipp für die Eröffnung gegen Artur gegeben (7. a3!). Wir hatten ein wenig geplaudert (ohne Brett). 'Ich glaube es war ein Zugvorschlag von einem griechischen Spieler', so erzählte "B".
Artur verstand sehr viel vom Schach - seine Anmerkungen zu Bauernmajoritäten sind unvergessen.
Übrigens traf ich auf Artur noch dreimal in der Sonderliga/Oberliga – immer bis zum Endspiel gespielt (2 x remis, 1 x verloren 1983 Schwerin-AdW 5:3).

Auch kann ich mich an Treffen in seiner Mitropa-Kneipe erinnern. Viel hat er auch vom Turnier in Havanna erzählt.
Er war ein sehr umgänglicher, liebenswürdiger und humoriger Mensch.

DDR-Meisterschaft 1968: Thormann - Hennigs nach 7.a3! DDR-Meisterschaft 1968: Thormann - Hennings vor 37.D:d8!
DDR-Meisterschaft 1968: Thormann - Hennigs nach 7.a3! DDR-Meisterschaft 1968: Thormann - Hennings vor 37.D:d8!

Die beiden Diagramme zeigen die Stellung nach 7.a3 (entstanden aus einem Alapin-Sizilianer), die tatsächlich aufs Brett kam und das gelungene Finale Wolfgangs vor 37.D:d8!
Die Episode zeigt auch, dass die alten Meister – in diesem Fall Burkhard Malich ("B") – etwas von ihrem Fach verstanden. 7.a3 ist auch der Favorit heutiger Engines und erzielt das mit Abstand beste Ergebnis für Weiß. Dennoch liegen in der Beliebtheit 7.Lc4 und 7.Sc3 klar vorn.

1968: Rundschau und noch ein Damenopfer

Ferner boten die Turniere in Kecskemet (Toth Memorial), Berlin (Lasker-Memorial) und Arturs erste Olympiade in Lugano Gelegenheit, sich mit der absoluten Weltspitze zu messen. Arturs Gegner hießen u. a. Leonid Stein, Lev Polugayevsky und David Bronstein.
Artur gewann in Kecskemet u. a. gegen GM Harry Golombek, der während des II. Weltkriegs gemeinsam mit seinen Teamkollegen Stuart Millner-Barry und Hugh Alexander im Bletchley-Park mithalf, den Enigma-Code zu knacken.
Hennings - Navarovszky, Kecskemet 1968, Stellung vor 21.Thf1 Leonid Stein gewann das Turnier in Kecskemet souverän mit 12/15. Die DDR-Vertreter Dr. Burkhard Malich und Artur Hennings erzielten je 7,5/15.
Artur kommentierte in "Schach" 8/1968 seinen Sieg gegen den Ungarn Navarovszky und seine Niederlage gegen Turniersieger Stein. Die (allerdings nebenlösige) Gewinnführung in der abgebildeten Diagrammstellung Hennings - Navarovszky lautete 21.Tfh1 b;c 22.T:h7 c;d+ 23.Kd1.
Für "Schach" berichtet Dr. Burkhard Malich:

Von unserem Verband wurden Artur Hennings und ich zum Turnier entsandt. Hennings spielte anfangs sehr sicher und bekam erst Sorgen, als er in überlegener Stellung gegen Gufeld verlor. Nach seinem Glanzsieg gegen Navarovszky erreichte er wieder die 50 Prozent und damit die Bestätigung des Titels Internationaler Meister für weitere fünf Jahre.

Für mich war hier durchaus neu, dass die FIDE die Titel anfangs offenbar nicht auf Lebenszeit vergeben hat.
Bei der Olympiade in Lugano erreichten alle DDR-Spieler mindestens 50% (Artur 4/8) und Heinz Liebert glänzte mit 9/12 und einer Bronzemedaille am 1. Reserve-Brett. Dennoch war Verbandstrainer Hans Platz mit der Mannschaftsleistung nicht zufrieden. Gewohnt kritisch nahm er jeden Spieler unter die Lupe – hier die (lapidare) Einschätzung zu Artur ("Schach" 12/1968):

Hennings: Der Neuling der Olympiademannschaft konnte noch keinen wirkungsvollen Beitrag leisten. Spielte relativ besser mit Schwarz als mit Weiß.

In Debrecen gewann Artur eine saubere Partie – erneut gegen Enrico Paoli, die er für "Schach" kommentierte ("Schach" 10/1968).
Das Lasker-Gedenkturnier in Berlin schließlich gewannen Wolfgang Uhlmann und David Bronstein gemeinsam. Artur mit nur 6/15 auf Rang 12. Auch zu diesem Turnier gab Hans Platz in "Schach" (1/1969) eine Einzelkritik zu den DDR-Spielern ab. Viel Positives war jetzt nicht zu erwarten, aber in Arturs Fall fällt die Einschätzung durchaus interessant aus:

Hennings: Um ein guter Turnierspieler zu werden, muß man sich selbst innerhalb und außerhalb der Spielzeit ganz in der Gewalt haben. So ist es schwer, einem Spieler zu raten, wie oft er während der Runde aufstehen und andere Partien betrachten soll. Wer ständig "unterwegs" ist, schadet sich selbst. Uhlmann verließ jedenfalls in der letzten Runde kaum seinen Stuhl, als er gegen Ortega unbedingt einen Sieg erzielen wollte. Die nicht zufriedenstellenden Leistungen in Lugano und Berlin können auch stilistisch bedingt sein, da H. seine allgemein mehr taktische Spielführung durch positionelle Wege bereichern will.

1969: Heimspiel für Artur

Meine Partienauswahl führt weiter zur nächsten DDR-Meisterschaft, die 1969 in Arturs Heimatstadt Schwerin stattfand. Bernd Segebarth – damals wie heute ebenfalls in Schwerin schachlich aktiv – verdanken wir diesen zeitgenössischen Bericht aus der Vereinszeitschrift "Schweriner Schachblätter"

Vor 30 Jahren
DDR Meisterschaften in Schwerin


In unregelmäßigen Abständen sollte in unserer Zeitung nicht nur über Aktuelles, sondern auch über vergangene Höhepunkte im Schweriner Schachleben berichtet werden.
Ich möchte es heute mit der XVIII. DDR-Meisterschaft 1969 in Schwerin versuchen. Es würde mich freuen, wenn gerade die Älteren diesem Beispiel folgen würden und eventuell das eine oder andere historisch wertvolle Foto beisteuern könnten.
Also zur genannten Meisterschaft 1969, nur die älteren oder die schachgeschichtlich Interessierten werden wissen, daß es einen Vorläufer gegeben hat (auch hierüber wird berichtet!). Das Weinhaus Uhle war seinerzeit vom 02.-22.02.1969 Austragungsort.
Im Organisationskomitee befanden sich rührige Schweriner Spieler und Funktionäre. Stellvertretend seien genannt: H. Brüning, R. Manske, W. Tolder und W. Heinsohn.

Liebert - Hennings, DDR-Meisterschaft Schwerin 1969 Für die Schweriner Schachszene war das Turnier insbesondere deshalb interessant, weil Artur Hennings nunmehr als Internationaler Meister wieder seine Visitenkarte in seiner Heimatstadt abgab.
1963 hatte Artur als 23-jähriger erstmals an einer DDR-Meisterschaft teilgenommen und dort Großmeister Wolfgang Uhlmann in einer schönen Partie geschlagen. Aus Leistungsgründen wechselte er nach Leipzig und konnte bereits 1965 den Titel "Internationaler Meister" erringen. Die Sympathie des Schweriner Publikums galt ihm.

Am Ende wurde Artur Vizemeister. Überraschend hatte sich der damals 20-jährige Student Lutz Espig durchgesetzt. Er gehörte schon im Jugendbereich zu den Spitzenspielern und stellte dort besonders für Wilfried Heinsohn aus Schwerin eine schwere Hürde dar.

Erst dann folgte die große Schar der Favoriten Günter Möhring, Wolfgang Pietzsch (übrigens schon 1951 in Schwerin am Start!), Reinhart Fuchs, Burkhard Malich und Heinz Liebert. Aber auch die Jugend machte von sich Reden, Manfred Schöneberg und der spätere Großmeister Lothar Vogt waren die Bekanntesten. Über einen Jugendplatz war auch der damals 17jährige Oswald Bindrich ins Finale gekommen. Als es ihn über die Armee nach Demen verschlug, stärkte er später für einige Jahre die Reihen von Lok Schwerin.

Soweit das Echo aus Schwerin, wo man natürlich mit Artur mitfieberte. Etwas seltsam nimmt sich dagegen das Fazit in "Schach" 4/1969, geschrieben von Werner Golz, aus:

Auch den zweiten Platz durch Artur Hennings muß man als eine Überraschung werten; denn erstmalig konnte der Internationale Meister zum "Vize" avancieren. Sein lebhafter Stil ist leider auch ins Klischeehafte hinübergeglitten. Die Schwarzpartien hatten sehr oft ein Gesicht. Sehr sicher kam er mit den Schwächeren zurecht.

Heinz Liebert 1956 Wie auch immer die Aussage zu Arturs Schwarzpartien gemeint ist, hier ist eine davon.
Arturs Gegner in der vorliegenden Partie ist bei weitem kein Unbekannter. Konrad Reiß widmete unserem Löberitzer Ehrenmitglied IM Heinz Liebert, dem "Löwen von Ulan-Bator" zum 70. Geburtstag gar eine komplette Broschüre. Diese hat u. a. Heinz' größten Erfolg, den Turniersieg 1956 in Ulan-Bator, und seine beste Partie (gegen Lev Polugayevsky, Reykjavik 1957) zum Inhalt.
Bei Mannschaftswettbewerben war Heinz stets sehr zuverlässig und glänzte insbesondere in Lugano 1968 (Olympiade) und Kapfenberg 1970 (Mannschafts-EM).

Ich hatte nicht nur das große Glück, von Bernd Segebarth das stimmungsvolle obige Bild der beiden aus Schwerin 1969 zu bekommen (mit B. Segebarth als Kiebitz), sondern konnte auch mit Heinz ein längeres Telefonat führen über seine Erinnerungen an Artur. Mit ihm hat er längere Zeit in Halle in einer Mannschaft gespielt (u. a. 1. Bundesliga), aber auch gemeinsam in der Nationalmannschaft. Die Geschehnisse vor der Olympiade 1972 in Skopje (Artur wurde kurz vor Turnierbeginn durch Heinz ersetzt - ich komme darauf noch zurück) haben das persönliche Verhältnis der beiden gemäß Heinz nie getrübt. Bei Auslandsturnieren habe Artur stets die Quellen weltlicher Genüsse für alle erkundet. Als ihn Heinz im Gegenzug auf einen Tee einladen wollte, habe Artur nur gelacht.
Ein Remis für Artur (der Kurzremisen im Großen und Ganzen abhold war) gab es von Heinz immer, "egal, wie zerzaust er aussah." So finden sich tatsächlich mehrere kurze Remisen der beiden in den Datenbanken. Allerdings hatte Artur noch eine Rechnung von der DDR-Meisterschaft 1963 offen, um den Score auszugleichen ...


Heinz Liebert - Artur Hennings [E69]

DDR-ch18 Final/Schwerin (10) 1969


Arturs Kommentare: "Schach" 4/1969, S. 102

1. c4 Nf6 2. Nf3 g6 3. g3 Bg7 4. Bg2 O-O 5. O-O d6 6. d4 Nbd7 7. Nc3 e5 8. b3

Diese Fortsetzung war mir nicht bekannt. Ich rechnete nur mit

8. e4 und wollte mit 8... c6 9. h3 Qb6 10. Re1 Re8 11. d5 Nc5 12. Rb1 a5 13. Be3 die Stellung erreichen, die zwischen Portisch und Fischer 1968 gespielt wurde. (Anm. d. A.: Gemeint ist das Interzonenturnier Sousse 1967, das Fischer - in Führung liegend - abbrach) 13... Qc7 14. Bxc5 dxc5 15. dxc6 bxc6 16. Na4 Bf8 17. Qb3 Nh5 18. Qe3 Qa7 19. h4 Ng7 20. Kh2 f6 21. Bh3 Bxh3 22. Kxh3 Ne6 23. h5 gxh5 24. Rh1 Rad8 25. Kg2 Qg7 26. Kf1 Qg4 27. Rh4 Qg6 28. Qe2 Bh6 29. b3 Rd7 30. Rd1 Rxd1+ 31. Qxd1 Rd8 32. Qe2 Bg5 33. Nxg5 fxg5 34. Rxh5 Rd2 35. Qg4 h6 36. Rh2 Kg7 37. Nc3 Rd3 38. Nd1 Qf7 39. Kg2 Qd7 40. Qf5 Rxd1 41. Qxe5+ Kg8 42. Rxh6 Ng7 43. Rg6 g4 44. Rxg7+ Qxg7 45. Qe8+ Kh7 46. Qh5+ Kg8 1/ 2-1/2 (46) Portisch,L-Fischer,R Sousse 1967 IZT

8... c6 9. e3 Re8 10. Qc2 a6

Verfrüht wäre der Vorstoß

10... e4 wegen 11. Nd2 d5 12. cxd5 cxd5 13. Nb5! und Materialverlust ist unabwendbar.

11. Bb2 e4 12. Nd2 d5 13. Rac1 Nb6

14. c5?

Gewiß hat mein Gegner diese Stellung angestrebt. Bei flüchtiger Betrachtung sieht es so aus, als ob er nun nichts Sonderliches zu fürchten hätte. Durch c5 ist aber die letzte Spannung im Zentrum aufgehoben worden, und das kommt hier nur Schwarz zugute, der jetzt in aller Ruhe am Königsflügel Drohungen schaffen kann. Weiß hätte erst einmal 14. a4 spielen sollen mit annähernd gleichen Chancen.

14. a4!?

14... Nbd7 15. Na4 Nf8 16. Nb6 Rb8 17. b4

vielleicht war

17. Nxc8 etwas genauer, aber nach 17... Qxc8 18. b4 h5 dürften die schwarzen Aussichten besser sein.

17... Bf5 18. a4 N8d7!? 19. Nxd7 Qxd7 20. Nb3 h5!

Es kam auch

20... Bh3 in Betracht; nach 21. Rfe1 sah ich nicht, wie ich diese Stellung verstärken konnte. Deshalb griff ich zu dem Textzug.

21. Rfe1!

Es kam auch

21... h4 22. Bc3 hxg3 23. fxg3

Schwächer wäre

23. hxg3 Bh3 24. Bh1 Ng4 und Weiß hat einige Sorgen.

23... Bh6 24. Rb1 Kg7 25. Na5 Rh8

Zieht man das Fazit, so kommt man zu der Einschätzung, daß der weiße König doch verschiedenen Gefahren ausgesetzt ist, aber Weiß andererseits noch keine konkreten Drohungen aufgestellt hat.

26. Bd2 Ng4 27. h3

So gut wie erzwungen, denn es drohte einfach ...S:h2

27... Nf6 28. g4 Be6

Es ging auch

28... Bxg4 Ich nahm davon Abstand, weil die folgenden Varianten sehr unklar waren.

29. Rf1 Bg5 30. b5 axb5 31. axb5 Qc7 32. bxc6










32... Nxg4! 33. Rf4

Weiß darf dieses Springeropfer nicht annehmen, z. B.

33. hxg4 Qh2+ 34. Kf2 Bh4+ 35. Ke2 Qxg2+ 36. Kd1 Qxf1+ 37. Be1 Qxe1#

33... Bxf4

Das Einfachste. Bei

33... Nxe3 34. Bxe3 Bxf4 35. Bxf4 Qxf4 36. cxb7 Bxh3 37. Nc6 Bxg2 38. Qxg2 Qe3+ (38... Rh5 d.A. ist eine alternative Lösung) 39. Qf2 Rh1+ 40. Kxh1 Qxf2 41. Nxb8 ist eine zwingende Gewinnfortsetzung für Schwarz nicht zu sehen. Anm. d. A.: Der e-Bauer sollte immer noch den schwarzen Sieg sicherstellen.

34. exf4 e3 35. hxg4 exd2 36. Qxd2 bxc6 37. Rxb8 Rxb8 38. Bf1

Die Drohung Tb5 war sehr unangenehm.

38... Bxg4 39. Qe3 Ra8 0-1 [Artur Hennings]

1969: Arturs Glanzstück gegen Boleslavsky

Arturs weitere Turnierergebnisse 1969 waren nicht unbedingt zufriedenstellend. In Sarajevo traf Artur erstmals auf Viktor Korchnoi sowie auf die Spitzenspieler des schachbegeisterten und leistungsstarken Jugoslawien (u. a. Gligoric, Matulovic). Im nicht minder traditionsreichen Polanica Zdroj war das Turnier jedoch schwächer besetzt.

Isaac Boleslavsky 1960 Den Höhepunkt des Jahres und vielleicht auch seiner gesamten Laufbahn stellten dann allerdings für Artur der Länderkampf gegen Weißrussland (auch wenn damals kein eigenständiger Staat) und die Partie gegen Isaac Boleslavsky dar.
Boleslavsky hatte seine beste Zeit zu Beginn der 50er Jahre und war kurze Zeit später mehr als Theoretiker und Sekundant tätig (und erfolgreich). Dies und der Umstand, dass schließlich sein Freund Bronstein 1951 gegen Botvinnik das WM-Match bestritt und nicht Boleslavsky, führen wohl dazu, dass Boleslavsky in der Liste der besten Spieler aller Zeiten gern vergessen wird. Dabei führte er das 1. Kandidatenturnier überhaupt (1950 in Budapest) zwei Runden vor Schluss mit 1 Punkt Vorsprung an, bevor er Bronstein mit zwei kraftlosen Remisen erlaubte gleichzuziehen. Den fälligen Stichkampf gewann Bronstein im Sudden Death, nachdem es zunächst auch hier keinen Sieger gab. Später heiratete Bronstein Boleslavskys Tochter. Der Chessbase-Artikel im Quellenverzeichnis greift etwaige Gerüchte auf, die sich um Kandidatenturnier und Stichkampf ranken.
1950 übersiedelte der gebürtige Ukrainer Boleslavsky nach Minsk und trat deshalb nun im Vergleichskampf gegen die DDR für die Belorussische SSR an.


Artur Hennings - Isaak Boleslavsky [B88]

DDR-BLR m 6th/Schwedt (1.4) 1969


Arturs Kommentare: SCHACH 2/1970; RS: Beispielpartien ergänzt

1. e4 c5 2. Nf3 Nc6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 e6 5. Nc3 d6 6. Be3 Be7 7. Bc4 Nf6 8. Bb3 a6 9. Qe2 Qc7 10. O-O-O Na5

Der sowjetische Großmeister kennt sich natürlich in dieser Variante sehr gut aus.

Bedenklich wäre 10... O-O wegen 11. g4! mit chancenreichem Spiel für Weiß.

11. g4 b5 12. g5 Nxb3+

Ein erzwungener Tausch.

Dagegen würde 12... Nd7? 13. Bxe6! fxe6 14. Nxe6 zu einer Gewinnstellung für Weiß führen.

13. axb3 Nd7 14. h4

Die Opfervariante 14. Nf5 exf5 15. Nd5 wollte ich gegen den führenden sowjetischen Theoretiker nicht auf dem Brett haben, denn sicherlich hatte Boleslavsky eine Neuerung in petto. Der Textzug ist weniger bekannt, aber auch nicht ohne "Gift". 15... Qd8 16. exf5 Bb7 17. Rhg1 Bxd5 18. Rxd5 O-O 19. f6 Nxf6 20. gxf6 Bxf6 21. Rgd1 Qe7 22. Rxd6 Be5 23. Rd7 Qf6 24. Kb1 Rfe8 25. h3 Rac8 26. Qd3 Bxb2 27. Rd6 Qe5 28. Rxa6 Bc3 29. Bd4 Bxd4 30. Qxd4 Qf5 31. Rd2 h5 32. Rd6 Qxh3 33. Kb2 Qf1 34. Rd5 Ra8 35. Rd1 Qe2 36. Rg1 g6 37. Rd6 Qe5 38. f4 Qxd4+ 39. Rxd4 Rad8 40. Kc3 Re3+ 41. Kd2 Ree8 42. Kd3 b4 43. c4 bxc3 44. b4 Rxd4+ 45. Kxd4 Rc8 46. b5 h4 47. b6 h3 48. b7 Rb8 49. Kxc3 Rxb7 50. f5 h2 51. Rh1 g5 52. Rxh2 Kg7 0-1 (52) Anton Guijarro,D (2688)-Van Wely,L (2615) Karlsruhe 2020

14... b4 15. Na4 Nc5 16. Nxc5

(Aus heutiger Sicht nicht mehr empfehlenswert - die Variante selbst ist aber nach 16.h5 oder 16.f3 durchaus noch modern, RS)

Nicht zu empfehlen wäre 16. Qc4 ;nach 16... Bd7 17. Qxb4 O-O erhält Schwarz für den geopferten Bauern vortreffliche Angriffschancen.

16. f3 Bd7 17. Kb1 g6 18. h5 e5 19. hxg6 fxg6 20. Qc4 exd4 21. Bxd4 Be6 22. Qxb4 O-O 23. Qc3 Qb7 24. Bxc5 dxc5 25. Qe5 Qc6 26. Nc3 Rxf3 27. Nd5 Rf7 28. Nf6+ Bxf6 29. gxf6 Bd7 30. Qf4 Rxf6 31. Qh2 Rf7 32. e5 0-1 (32) Nisipeanu,L (2647)-Popov,I (2599) Moscow 2012

16. h5 Bd7 17. Kb1 Bxa4 18. bxa4 Nxa4 19. g6 Bf6 20. f4 O-O 21. h6 hxg6 22. f5 Rfb8 23. hxg7 Bxg7 24. fxg6 f5 25. Rh7 Ra7 26. exf5 Qa5 27. Qc4 Qe5 28. Qxe6+ Qxe6 29. Nxe6 Nxb2 30. Rxg7+ 1-0 (30) Efimenko,Z (2643)-Areshchenko,A (2625) Rivne 2005

16... dxc5 17. Nf3 Qc6

(Es ist wohl diese Stelle, an der Boleslavsky fehl tritt, RS)

17... a5 18. Nd2 a4 19. bxa4 Rxa4 20. Nc4 O-O 21. b3 Ra2 22. Qf3 Ba6 23. Bf4 Qb7 24. Be5 Bxc4 25. bxc4 Qa6 26. Bb2 f6 27. g6 Qxc4 28. Rd7 Rfa8 29. gxh7+ Kh8 30. e5 R8a3 (30... R2a3!) 31. exf6= Rxf3 32. fxe7 Qf4+ 33. Kb1 Rxb2+ 34. Kxb2 Qe5+ 35. Kc1 Qa1+ 36. Kd2 Rxf2+ 37. Ke3 Rf3+ 38. Ke4?? (38. Kxf3 Qxh1+ 39. Ke2 Qg2+ 40. Ke1=) 38... Qxh1 39. e8=Q+ Rf8+ 0-1 (39) Juarez,C-Polugaevsky,L Mar del Plata 1971

18. Qd3 Bb7 19. Ne5! Qb5

Jetzt scheitert 19... Qxe4 an 20. Qd7+ Kf8 21. Bxc5!

20. f3 O-O 21. Qd7 Rfe8 22. Rd3 Rad8










23. Qxe7!

Ein überraschendes und sehr starkes Damenopfer.

Auch nach 23. Qxb5 axb5 24. Rxd8 Rxd8 Rd1 hätte Weiß einen kleinen Vorteil, da die schwarzen Bauern auf dem Damenflügel ziemlich anfällig sind.

23... Rxe7 24. Rxd8+ Re8 25. Rhd1 h5 26. Kb1

Die weiße Position ist dermaßen überlegen, dass man nichts zu übereilen braucht. Der König strebt nach a2, wo er gegen Schachgebote auf der ersten Reihe geschützt sein wird.

26... Rxd8 27. Rxd8+ Kh7 28. g6+!

Danach schwebt der schwarze König ständig in Mattgefahr, während die Dame in ihrer Aktivität doch sehr gehemmt ist.

28... fxg6 29. Bg5 Bc6 30. Nf7 Be8 31. Nd6 Qf1+ 32. Ka2 Qxf3

Da ich mich zu diesem Zeitpunkt in großer Zeitnot befand, verzichtete ich natürlich auf Schönheit. Ich wollte erst die 40 Züge hinter mich bringen.

33. Rxe8 a5 34. Ra8

34... a4 35. Rxa4 Qd1 36. e5 Qxc2 37. Ra7 c4 38. Nxc4 Qf2 39. Rb7 Qc5

Die Partie ist für Schwarz klar verloren. Er versucht nur noch etwas zu schwindeln.

40. Be3 Qf8 41. Nd6 g5 42. Bxg5 Qa8+ 43. Kb1 Kg6 44. Rxb4 Qd5 45. Nc4 Qh1+ 46. Ka2 Qa8+ 47. Ra4 Qc6 48. Ra5 Qb7 49. Ka3 Qc6 50. Kb4 Qb7+ 51. Rb5 Qe4 52. Rb6 Kf5 53. Rd6 Qe1+ 54. Kb5

Der Vormarsch des b-Bauern entscheidet.

1-0 [Artur Hennings]

In Schach 1970/02, S.35ff berichtet National-Trainer Hans Platz über den Länderkampf gegen die Belorussische SSR:

Die Schwedter Organisatoren, unter der Leitung des vitalen Sportfreundes Dieter Jahr, waren sämtlich tüchtige Leute, die es verstanden, Empfänge beim Oberbürgermeister und bei der Leitung des Erdölkombinats mit in das Programm aufzunehmen, wo es auch außerhalb des Wettkampfes deutlich wurde, daß die DDR-Belorussischen Schachbeziehungen einen Teil der deutsch-sowjetischen Freundschaft bedeuten. Für launige Kurzansprachen und Trinksprüche (Altmeister Weressow hatte hier Pointenreiches zu bieten) stand ein guter Dolmetscher zur Seite.

Die DDR trat bei den Männern mit Uhlmann, Malich, Liebert, Hennings, Golz, Schöneberg, Neukirch und Vogt an. Sie unterlag knapp mit 15,5-16,5. Jeder Teilnehmer wurde von Hans Platz mit einer - z. T. harschen - Einzelkritik bedacht. Hier die zu Artur:

Einzelne gute Partien (gegen Boleslawski) reichen nicht aus, will man ein guter Internationaler Meister sein. Ansätze sind da, aber es gehören viele Dinge dazu.

Artur holte im Länderkampf 1,5/4. Er verlor gegen den bekannten Theoretiker Gavrill Veresov (der mit der gleichnamigen Eröffnung) und gegen Albert Kapengut. Remis nach studienartigem Endspiel (das Eingang in den Taktik-Teil von "Schach" fand) endete die Begenung mit einem anderen gefürchteten Taktiker: Viktor Kupreichik.
Insgesamt kein so schlechtes Ergebnis – vor allem im Lichte der überzeugenden Boleslavsky-Partie. Wollte der Trainer Artur hier nur zu noch besseren Leistungen anspornen oder wird bereits deutlich, dass Artur den Funktionsträgern unbequem war?

1970: Arturs Endspielkünste

Artur startete sehr ansprechend ins Jahr 1970 mit ungeschlagenen 8,5/15 beim Maroczy-Memorial in Debrecen. Im Feld waren spätere Weltklasseleute wie Zoltan Ribli oder Ulf Andersson. Artur remisierte zudem gegen starke sowjetische Spieler, denen er zuvor unterlegen war (Savon, Gufeld), und besiegte u. a. den ungarischen GM Levente Lengyel.

Harald Darius Ungeachtet seines Angriffstils scheute sich Artur vielfach nicht, frühzeitig ins Endspiel abzuwickeln. Sei es, um seine Gegner dort zu überspielen oder um einen strategischen Vorteil zu verwerten.
Sein Gegner in dieser Partie aus dem Schachdorf Ströbeck ist in unseren Regionen ebenfalls sehr bekannt. Harald Darius war Sachsen-Anhalts 1. Landesmeister 1991 und wiederholte den Titelgewinn 1997. Bereits frühzeitig war er auf kurze Bedenkzeiten spezialisiert: Er wurde DDR-Schnellschachmeister und dreimaliger Blitz-Meister. Harald Darius verstarb 2009.


Artur Hennings - Harald Darius [B13]

DDR-ch 19th/Freiberg (1) 1970


67... Bd7 68. Kg2 Ba4

verdirbt noch nichts, aber einfacher war das sofortige Flottmachen des a-Bauern:

68... Kc7 69. Kf2 b6 70. axb6+ Kxb6 71. Ke3 Ka5 72. d5 Kb4 73. Kd4 a5 74. d6 a4 75. c5 a3 76. Bc4 e5+ 77. fxe5










77... f4 78. e6 (78. gxf4?? g3) 78... fxg3 79. exd7 g2 Schwarz gewinnt die Figur zurück und wir landen in einem remisen Damenendspiel. 80. d8=Q g1=Q+

69. Kf2 Bd7 70. Ke3 Bc8?

Spätestens hier sollte Schwarz jedoch auf die Idee

70... Kc6 71. Kd2 b6 72. axb6 Kxb6 73. Kc3 a5= aufgreifen.

71. Kd2 Bd7 72. Kc3 Bc8 73. Bb1 Bd7 74. Bc2 Bc6 75. d5!

der entscheidende Durchbruch

75... exd5 76. Bxf5 dxc4 77. Bxg4 Kc5 78. Be6 b5 79. axb6 Kxb6 80. Bxc4 Bd7 81. Kd4 a5 82. Ke5 Kc7 83. f5 Kd8 84. g4 Ke7 85. g5 a4 86. f6+ Kd8 87. g6 a3 88. g7 1-0 [Reyk Schäfer]

Artur wurde bei dieser Meisterschaft Dritter hinter dem späteren Fernschach-Weltmeister Friedrich Baumbach und Heinz Liebert. Einen ausführlichen Bericht, basierend auf den zeitgenössischen Reportagen von "Schach" findet man beim DSB. Dort auch die Einschätzung zu Artur (wiederum durch Hans Platz, der dabei sogar Shakespeare bemüht):

Ungeschlagen wie der neue Titelträger blieben auch die Internationalen Meister Liebert und Hennings, doch fehlte ihrem Spiel etwas Farbigkeit. Beide verfügen über umfangreiche theoretische Kenntnisse, die sich aber des Öfteren offenbar für sie selbst hemmend auswirken. Vielleicht von des Gedanken Blässe angekränkelt, stellen sie sich zu wenig auf den jeweiligen Gegner unter psychologischen Aspekten ein.

1970: Ungarn weiter gutes Pflaster

Artur weiterhin als Vielspieler unterwegs - sicher auch, um bei den kommenden wichtigen Mannschaftsturnieren des Jahres gut in Form zu sein.
Beim Toth Memorial in Kécsemét wurde er ungeschlagen Zweiter hinter Károly Honfí. Artur wertete das in jedem Fall als Erfolg. Aus dem Turnierbericht ("Schach" 6/1970):

Ich hatte einen sehr guten Start und lag ständig in der Spitzengruppe. Ernsthaft in Gefahr geriet ich erst in der 10. Runde in der Partie gegen den polnischen Landesmeister Kostro. Nach vier Stunden Spielzeit nahm ich eine recht bedenkliche Position ein, doch mein Gegner wollte diese Partie elegant gewinnen. Dies ging ins Auge und ich gewann sogar noch. Hiernach wurde mir zum ersten Mal klar, daß ein Spitzenplatz durchaus im Bereich des möglichen läge. Daß es gar der zweite Rang wurde, war auch für mich eine angenehme Überraschung.

Wie schon vor zwei Jahren an gleicher Stelle gewann Artur mit Weiß eine glänzende Angriffspartie gegen Navarovszky. Diesmal bringe ich die Partie in Gänze:


Artur Hennings - Laszlo Navarovszky [B89]

Kecskemet Toth Memorial-03/Kecskemet (3) 1970


SCHACH 6/1970 Seiten 167-168 Inf 9/350 Ein mutiges Opfer

1. e4 c5 2. Nc3 Nc6 3. Nge2 d6 4. d4 cxd4 5. Nxd4 Nf6 6. Bc4 e6 7. Be3 Be7 8. Qe2 O-O

Schwarz wählt eine sehr schwierige Variante. Meines Erachtens hat der Nachziehende mit

8... a6 9. O-O-O Qc7 bessere Chancen auf ein Gegenspiel. So geschehen in Hennings-Boleslavsky; DDR-Weißrußland 1969. RS: Die Partie ist meinem Beitrag ebenfalls mit den Kommentaren von Artur enthalten.

9. Bb3 Bd7 10. O-O-O Nxd4

Ein notwendiger Tausch.

Spielt Schwarz gleich 10... Qa5? so gerät er nach 11. Ndb5! in eine positionell verlorene Stellung.

11. Bxd4 Qa5 12. Rhg1

12. g4? e5

12. Kb1 Bc6 13. f4 Rad8

12... b5! 13. g4 b4 14. g5 Ne8 15. Nd5?!

Ein sehr interessantes Figurenopfer, das vielleicht doch nicht ganz korrekt ist.

15... exd5 16. Bxd5 Rc8?!

Schwarz sollte 16... b3! spielen, wonach Weiß die Korrektheit des Opfers erst einmal beweisen muss.

17. g6 Kh8?

Danach ist die Partie zwangsläufig verloren.

Gleichfalls verlor die Fortsetzung 17... Nf6 wegen 18. Bxf6 Bxf6 19. Qh5! und die Drohungen Dxh7 matt und Lxf7+ nebst Dxa5 sind nicht gleichzeitig zu parieren.

Auch 17... Bf6 wird durch 18. Qh5! widerlegt.

Es gab aber eine Verteidigung und zwar 17... h6! 18. gxf7+ (18. Qh5! Be6 19. Bxg7 Bxd5 Jetzt würde man den Läufer gern von g7 abziehen, um die Linie entscheidend zu öffnen, aber wohin? 20. Bc3! Das einzige Feld.(20. Bd4? Rxc2+! 21. Kxc2 Bxe4+ mit Damengewinn) 20... bxc3 21. gxf7+ Kh7 22. Qg6+ Kh8 23. Qxh6#) 18... Rxf7 19. Qh5 (19. Rg6 RS: Damit kann man Arturs Variante so verbessern, dass sie nicht verliert. Aber 18.Dh5 ist dennoch die klar bessere Wahl.) 19... Be6! und da 20. Bxe6 Qxh5 scheitert, ist Weiß um gute Züge verlegen. Deshalb muß auf 17... h6 18.Td3 oder 18.f4, wonach sehr unklare Verwicklungen entstehen.

17... Qc7! was Dh5 verhindert, ist die beste Verteidigung und führt zu dynamischem Gleichgewicht.

18. gxf7 Nf6










19. Rxg7! Kxg7 20. Rg1+ Kh8 21. Qf3!

Der stille Zug ist entscheidend,

21... Bf5

da 21... Qd8 wegen 22. Rg8+ Rxg8 23. fxg8=Q+ Qxg8 24. Bxg8 auch zu einer Verluststellung führt.

22. Qxf5 Rxf7 23. Bxf7 Qc7 24. Bb3 d5 25. Qxd5 Qd8 26. Qf7 1-0 [Artur Hennings]

1970: Bronze für die DDR!

Noch vor der Olympiade stand als Generalprobe die Team-EM im österreichischen Kapfenberg an, die für die DDR sehr erfolgreich verlief. Obwohl die Vorausscheidungen bereits 1967 ausgetragen wurden, betrachte ich hier den Wettbewerb als Ganzes.
Im Turnierbericht auf olimpbase heißt es zunächst über die Vorrunde:

Group 4 consisted of three very strong Eastern European teams, all of which fully deserving Championship final place and Romania were kicked out in the last round despite their record 10-0 win over Greece as they helplessly saw East Germany walking on water to beat overall winners Bulgaria 7-3 and produce one of glory moments of the short history of chess in DDR.

Meine Übersetzung:

Gruppe 4 bestand aus drei sehr starken osteuropäischen Teams, die alle einen Finalplatz verdient gehabt hätten. Die Rumänen schieden schließlich trotz ihres 10-0-Rekord-Sieges gegen Griechenland aus. Sie mussten hilflos mit ansehen, wie die DDR übers Wasser ging, Gruppensieger Bulgarien 7-3 schlug und einen der glorreichsten Momente in der kurzen Geschichte des DDR-Schachs schuf.

Auch Bernd Segebarth fängt den spannenden Moment für "Schach" 10/1989 ein in seiner Serie "Schach in der DDR":

Die Dramatik der Schlußrunde war kaum zu überbieten. Bulgarien lag klar in Führung, unsere Mannschaft auf Platz zwei. Trotzdem rechnete niemand mehr mit der Qualifikation, denn unsere Vertretung spielte gegen Bulgarien, während Rumänien die abgeschlagenen Griechen zum Gegner hatte. Nun legten die Rumänen auch noch ein 10:0 vor, unsere Mannschaft benötigte daher ein 7:3 gegen Bulgarien. Diese fast unlösbar scheinende Aufgabe wurde gepackt: Mit unbändigem Kampfgeist schlug man die Bulgaren genau 7:3 und erreichte die Finalrunde.

Jan Smejkal 1975 Im Finale zeigte die DDR eine geschlossene Mannschaftsleistung und konnte durch einen 9-1-Kantersieg das Schachland Jugoslawien auf Rang 4 verweisen. Die Bronzemedaille sollte für eine lange Zeit der maßgebende Erfolg bleiben. Noch ahnten die Spieler vermutlich nichts von den kommenden Beschränkungen ...
Überflüssig zu erwähnen, dass es für die Konkurrenten der UdSSR nicht leichter wurde, wenn an 10 Brettern gespielt wurde. Man schaue sich nur die Mannschaft mit Tal, Keres und Stein an 7-9 an ...
Herausragend im Finale Manfred Schöneberg am 1. Reservebrett mit 5/6. Artur erzielte in der Vorrunde 4/6 und steuerte im Finale 3,5/7 bei. Beim 7-3-Finalsieg gegen die ČSSR saß Artur Jan Smejkal gegenüber. Smejkal nahm an drei Interzonenturnieren teil und war dreifacher ČSSR-Landesmeister. Kavalek berichtet in seinem Interview, dass er auf dem Höhepunkt seiner Karriere für einige Zeit krankheitsbedingt aussetzen musste und es sonst evtl. noch weiter gebracht hätte. Seine beste Platzierung in der Weltrangliste war Platz 11 im Jahr 1976.
In der vorliegenden Partie konnte Artur einmal mehr sein Markenzeichen Damenopfer anbringen ... Arturs Kommentare aus "Schach" 7/1970.


Artur Hennings - Jan Smejkal [B02]

EU-chT (Men) 04th/Kapfenberg (3.4) 1970


1. e4 Nf6 2. e5 Nd5 3. c4 Nb6 4. c5 Nd5 5. Nc3 e6 6. Nxd5

Großmeister Boleslawski schreibt in seinem Standardwerk zu 4.c5: 'Der Vorstoß des Bauern bis c5 ist einem so frühen Stadium positionell nicht gerechtfertigt. Bei richtigem Spiel von Schwarz erlangt Weiß nicht einmal Ausgleich.' Er untermauert diese Thesen mit der Zugfolge

6. Bc4 Nxc3 7. dxc3 Nc6! 8. Bf4 Bxc5 9. Qg4 g5! Überraschenderweise erwähnt er den stärkere Zug 6.S:d5! überhaupt nicht.

6... exd5 7. d4 b6

Meines Erachtens die unangenehmste Fortsetzung für Weiß, und der Anziehende muß sich etwas einfallen lassen, um nicht in Nachteil zu geraten.

8. Be3!

Das ist der Zug, der dieser Variante neuen Glanz verleiht.

8... bxc5 9. dxc5 c6

Schwarz hat zwar einen gedeckten Freibauern auf d5, aber er muß in Kauf nehmen, daß er seine Entwicklung nur schwer vollenden kann, und diesen Überlegungen folgend kann man ruhig einmal schlecht zu Buche stehende Varianten spielen.

10. Bd3

In einer Partie Hennings - Jansa folgte

10. b4?! Ba6! 11. Bxa6 Nxa6 12. a3 Nc7 13. Ne2 mit unklarem Spiel. Der Textzug stellt eine Verbesserung dar.

10... Na6

RS: Wir werden auf diese Variante ein Jahr später in Bukarest wieder zurückkommen.

11. Rc1 Qa5+










12. Bd2!

RS: Artur verbessert seine nur wenige Wochen zuvor gespielte Partie gegen Honfi.

12. Qd2 Qxa2 13. Nf3 Rb8 14. Bd4 Nc7 15. O-O Ne6 16. Ra1 Qb3 17. Rxa7 Bxc5 18. Bxc5 Nxc5 19. Bc2 Qb6 20. Ra2 Ba6 21. Rb1 Ne6 22. Rba1 Bb5 23. Ra3 O-O 24. Ng5 Nxg5 25. Qxg5 h6 26. Qf5 g6 27. Qf4 Kg7 28. Rh3 Rh8 29. Qf6+ 1-0 (29) Hennings,A-Honfi,K Kecskemet 1970

12... Qxa2 13. Ra1 Qxb2 14. Bxa6 Bxa6 15. Rxa6 Qxe5+ 16. Ne2 Bxc5

Diese Stellung hatte ich angestrebt, denn ich war der Meinung, daß die Leichtfigur den vier unbeweglichen Bauern des Nachziehenden überlegen ist. RS: Schwarz hat vier Bauern für die Figur, aber Weiß steht - nicht zuletzt wegen der größeren Wirkung seiner Figuren - klar besser. Man vergleiche den Ta6 mit seinem Kollegen auf a8. In der Folge lässt Artur jedoch einige gute Möglichkeiten aus.

17. O-O O-O 18. Nf4

18. Bc3

18... Bb6 19. Re1?!

Dieser Zug vergibt wohl weißen Vorteil in komplizierter Stellung und lässt den Ausgang nunmehr recht unklar erscheinen.

19. Ra3!

19. Qg4!

19... Qf5 20. Qe2 h6 21. Ra3 Rfe8!










Ohne diesen Zug kann Schwarz nicht auskommen, da sonst der weiße Angriff bedrohliche Formen annehmen würde.

22. Qxe8+!?

RS: Wird vom Rechner nicht gleich gewürdigt, ist aber wohl der beste Zug. Eines von Arturs Damenopfern, das hier zu sehr interessanten Materialkonstellationen führt. Die Besprechung in "Schach" firmiert auch unter der Überschrift "Merkwürdige Materialverteilung".

22... Rxe8 23. Rxe8+ Kh7 24. Rf3! Qb1+ 25. Be1










25... d4?

Schwarz musste 25...La5 spielen RS: Artur gibt dann die nachfolgende Variante an und von ihm stammt das Fragezeichen für den Textzug. Hier irrt er aber wohl. 25...d4 ist unter den engine-Favoriten mit Tendenz zu =+ und keinesfalls schlechter als 25...La5, aber das sind nur Nuancen. Man sollte sich immer wieder vor Augen halten, dass es damals noch keine Engines gab und der Wert "unmenschlicher" Varianten auch heute relativ ist für den Kampf am Brett.

25... Ba5 26. Nd3 c5 27. Rxf7 (27. g4 c4 (27... Bc7! ist vielleicht sogar noch stärker.) 28. Kg2 RS: ist Arturs Variante mit der Einschätzung "Hier wären seine Chancen nicht schlechter gewesen" Da aber eher Weiß aufpassen muss, ist 27.T:f7 der sicherere Weg zum Ausgleich.) 27... c4 28. Ree7 cxd3 29. Rxg7+

25... Bc7!?

26. g4! c5 27. Kg2 c4 28. h4 Qb5

Da Schwarz 29.h5 nebst Sg6 drohte, ist dieser Damenrückzug erzwungen.

29. Re7 f6?

RS: Erst dieser Zug scheint der entscheidende Fehler zu sein. Danach erhält Artur Zugriff und lässt sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen.

29... Bc7! 30. Rxf7 c3 31. Ne6 dxe6 32. Rxc7 Qd5 33. Bxc3 dxc3 34. Rcxc3 endet wohl nach angemessenen Verwicklungen in einem Remisendspiel.

30. Nh5 Kh8 31. Bd2

31. Rxg7 Qxh5! 32. gxh5 Kxg7 und die Freibauern werden stark. RS: Am Brett ist hier sicher noch Arbeit zu leisten, aber Weiß sollte auf Gewinn stehen. Im 31. Zug führen offenbar schon viele Wege nach Rom.

31... Qc5 32. Rxd7 Qc6 33. Rxg7 c3 34. Bxh6 Bd8 35. Nf4!

RS: Artur ganz eindeutig in seinem Element - eine vermutlich nicht alltägliche Mattkonstellation.

1-0 [Artur Hennings]

Hier noch eine kurze Mannschaftseinschätzung aus "Schach" 7/1970 unter dem Titel "Kollektiver Erfolg":

Viele Faktoren bestimmen den DDR-Erfolg. Blendender Zusammenhalt, gemeinsame Vorbereitung und Analyse von Hängepartien, mannschaftsdienliche objektive Spielweise, regelmäßige Mannschaftsbesprechungen und Einschätzungen des nächsten Gegners, gute Form aller Spieler.
Zur guten Form beigetragen haben dürfte in bedeutendem Maße, daß alle in den Monaten Januar bis April in der DDR-Einzelmeisterschaft und den Kämpfen der Sonderliga ein umfangreiches praktisches Pensum absolvierten. Schließlich kann man unsere Aufstellung als gelungen bezeichnen, die keine Rangfolge darstellte, sondern gewisse taktische Erwägungen berücksichtigte.

1970: Warna

Von diesem Turnier berichtet Artur in "Schach" 8/1970. Ich bringe einige Auszüge davon:

Der herrlich gelegene "Sportpalast" im Seebad Slatni Pjassazi - erbaut auf einer Anhöhe von 50 m über dem Meeresspiegel mit einem wunderbaren Ausblick auf die See - war vom 1. bis 20. Juni 1970 Schauplatz des IX. internationalen Turniers zu Warna.
Man hatte sich vor Turnierbeginn viel vorgenommen. Es sollte ein Turnier der Kategorie 1A werden, aber durch die bedauerliche Absage einiger Großmeister kam der Veranstalter noch in arge Nöte. Mit vier Großmeistern, sieben Internationalen Meistern und vier Meistern kam dennoch eine respektable Besetzung zusammen.
Keiner der teilnehmenden Großmeister, sondern der 25jährige A. Planinc aus Jugoslawien wurde verdienter Sieger des Turniers, und wie die Abschlußtabelle zeigt, mit 1,5 Punkten Vorsprung. Planinc, der im Vorjahr als Nichttitelträger das starkbesetzte Vidmar-Gedenkturnier in Ljubljana gewann, zeigte am Goldenen Strand hervorragende Leistungen und erfüllte "so nebenbei" die Großmeisternorm. Dazu herzlichen Glückwunsch!

Albin Planinc 1973 Über Albin Planinc lohnt es sich, ein paar Zeilen mehr zu verlieren. Vom Stil her passt er unbedingt in diesen Beitrag. Er hat spektakuläre Partien hinterlassen. Der Aufstieg vom Nichttitelträger 1969 zum Sieg in Amsterdam 1973 gemeinsam mit Ex-Weltmeister Tigran Petrosjan war kometenhaft. Letztgenanntes Turnier steht in tragischer Beziehung zu Arturs Karriere, worauf ich später noch zurückkomme. Planincs Karriere währte aus gesundheitlichen Gründen nur kurz. Auch deshalb haben Georg Mohr und Adrian Mikhalchishin ihre sehr lesenswerte Biografie "Forgotten Genius - The Life and Games of Grandmaster Albin Planinc" genannt.
Darin gehen sie auch auf das Turnier in Warna ein:

At the end of the year, Planinc jumped to Varna for his fourth international tournament of 1970. Let's see how his performance was judged in Šahovski glasnik, by the later Grandmaster and well-known publicist Drazen Marovic, who has been regularly monitoring and reporting on the performances of Planinc ever since. This was not always objective, and his evaluations made Planinc quite sad, sometimes even angry: 'In May, the Bulgarian Chess Federation organized a traditional tournament, which was not very strong in its composition, but interesting for us, because Albin Planinc, a great chess fighter, once again realized his sharp, original ideas and won a valuable victory. ... It is true that Planinc's talent is best expressed in complex tactical combat, but over time his positional understanding of chess has visibly improved. Everything suggests that when Planinc resolves his inner instability, we will gain a new Grandmaster in him.''

...

A triumphant, wonderful year! Albin Planinc, a year and a half ago a regular worker in a bicycle factory, quickly became one of the leading Yugoslav chess players.

Meine Übersetzung:

Am Jahresende (evtl. ist Saisonende gemeint - das Turnier fand wie kurz später auch angemerkt im Mai statt - für Planinc war es aber u. U. tatsächlich das letzte Turnier 1970, d. A.) eilte Planinc nach Warna, um sein viertes internationales Turnier 1970 zu spielen. Schauen wir uns an, wie seine Leistung in Šahovski glasnik ("Schachbote" d. A.) vom bekannten Publizisten und späteren Großmeister Drazen Marovic bewertet wurde. Marovic beobachtete und kommentierte Planincs Leistungen von jeher. Das war nicht immer objektiv, machte Planinc traurig und manchmal sogar wütend:
'Im Mai organisierte die Bulgarische Schachföderation ein traditionelles Turnier. Es war nicht sehr stark besetzt, aber interessant für uns, weil Albin Planinc – ein großer Kämpfer – einmal mehr seine scharfen originellen Ideen umsetzen und einen wertvollen Sieg erringen konnte. Es stimmt zweifellos, dass Planincs Talent am besten in komplexen taktischen Gefechten zur Geltung kommt, aber mit der Zeit hat sich sein positionelles Verständnis spürbar verbessert. Alles deutet darauf hin, dass wir einen neuen Großmeister bekommen werden, sobald es Planinc gelingt, seine innere Instabilität zu überwinden.' ...

Was für ein triumphales, wundervolles Jahr! Albin Planinc, vor anderthalb Jahren noch ein einfacher Angestellter einer Fahrrad-Fabrik, wurde plötzlich zu einem der führenden Schachspieler Jugoslawiens.

U.a. in der stilistischen Passage ist die Einschätzung wiederum nicht so weit entfernt von dem, was wir verschiedentlich zuvor über Artur lesen konnten.
Weiter auszugsweise aus Arturs Bericht:

...
Die Großmeister Tringow, Bilek und Padewski taten nur das nötigste, um Preisträger zu werden. Es muß angeführt werden, daß die erfrischenden Fluten des Schwarzen Meeres nicht dazu angetan waren, den Kampfgeist einiger Spieler zu stärken. So ist auch die hohe Remisquote zu erklären.
Stellung Hennings-García vor 24.Sd5 Ich bin mit meiner Platzierung nicht zufrieden. Zwei unnötige Niederlagen kurz vor Turnierende zerstörten meine Aussichten auf einen besseren Rang.

Von mir dazu noch das Diagramm mit dem Finale der Partie Hennings - García. Weiß gewann mit 24.Sd5! Sh5? 25.Df3! Dh6 26.g4. Besser 24...Kh8, wonach die schwarze Stellung verteidigungsfähig bleibt, aber 24.Sd5 ist dennoch der beste Versuch.

1970: Olympiade in Siegen

Das zweite große Mannschaftsturnier war die Olympiade in Siegen. Das Match des Jahrhunderts zwei Jahre später in Reykjavik warf hier bereits seine Schatten voraus. Johannes Fischer in einem Chessbase-Artikel:

Am 19. September, einem Sonntag, kam es so endlich zum lang ersehnten Duell Spassky gegen Fischer, und der Publikumsandrang bei dieser Partie brach alle Rekorde. 4.500 Zuschauer strömten in die Siegerlandhalle, von denen, so Theo Schuster, "viele ohnmächtig wurden und weggebracht werden mussten"

Hennings - Ghitescu, Olympiade Siegen 1970 nach 18...Le6 Für die DDR lief es nicht so gut wie in Kapfenberg, was Johannes Fischer im selben Artikel sehr deutlich formuliert:

Die Mannschaft der DDR belegte den 9. Platz. Während Uhlmann mit 10/16 am ersten Brett ein solides Ergebnis erzielte, ragte aus dem Rest der Mannschaft kein Spieler wirklich heraus. Prozentual am besten schnitten noch Artur Hennings (10,5/15 und der spätere Fernschachweltmeister Fritz Baumbach (4,5/6) ab. Die restlichen Einzelergebnisse: B. Malich an 2, 9,5/17, H. Liebert an 3, 7,5/13, L. Zinn an 5, 5/9.

Wobei "prozentual noch am besten" für Scores wie 10,5/15 und 4,5/6 fast schon tendenziös ist. Artur besiegte u. a. ein weiteres Mal Ghitescu, indem er ihm in der Diagrammstellung das schwer bekömmliche 19.S:d6! vorsetzte. Traditionell auch die Einzeleinschätzungen der Trainer – diesmal durch Ernst Bönsch:

Artur Hennings konnte neben Uhlmann sein Leistungsvermögen auch in der Finalgruppe unter Beweis stellen. Gestützt auf seine umfangreiche internationale Praxis fühlte er sich strategisch und taktisch gleichermaßen gut im Bilde und hatte mit keinen "Farbschwierigkeiten zu kämpfen. Bis auf einen (vermeidbaren) Verlust gegen Korchnoi brauchte er seinen Gegnern nach der Partie niemals als erster die Hand entgegenzureichen.

1970: Hochzeit

Artur heiratet Renate Wüstemann Doch noch ein weiteres Ereignis war "Schach" (1970/S.287) eine Meldung wert und soll Erwähnung finden: Artur heiratete in diesem Jahr in Delitzsch Renate Wüstemann.
Steffen Hoffmann hat in seiner Kolumne "Hoffmanns Erzählungen" bei Fortuna Leipzig das Hochzeitsfoto unter dem Titel "Halt einmal, Artur!" augenzwinkernd genauer unter die Lupe genommen:

Es sieht auf dem Hochzeitsfoto von Artur Hennings und Renate Wüstemann in der Schach-Zeitung vom September 1970, S. 287 erst einmal so aus, als hielte Hennings einen zweiten Blumenstrauß in seiner herabhängenden Hand – die Blüten nach hinten gerichtet. Aber es ist die Blumenanpflanzung hinter den beiden, die mit ihr auf dem Bild verschmilzt (nebenbei ist es schon komisch, wenn Schachspieler bei Turnieren Blumen bekommen, freuen sich solche doch nur an gutem Spiel und aufpolierter Wertungszahl). Nein, Hennings hält vielmehr die Handtasche seiner Frau, die sich links bei ihm einhenkelt und mit der angewinkelten Rechten den Blumenstrauß in die Mitte hält.

Dies diente als Einleitung, um einige von Arturs besten Partien vorzustellen. Die Kolumne sei auch darüber hinaus empfohlen.

1970: Pokalverteidigung Leipzig

Das Jahr endete für Artur als DDR-Meister im Blitzschach und mit einer erfolgreichen Pokalverteidigung beim traditionellen Turnier in Leipzig. Hier ein Auszug aus Heinz Rätschs Bericht in "Schach" 1/1971:

Das Turnier endete mit einem Sieg des Pokalverteidigers IM Artur Hennings (SG Leipzig), der von der ersten Runde an die Führung inne hatte und seine Gegner mit Punktvorsprung distanzierte. Er war der beste des Feldes der 28 Teilnehmer, spielte kämpferisches Schach und geriet in keiner Partie in Gefahr.

Ich hätte das nicht ganz so starke Turnier womöglich nicht weiter erwähnt, aber es ergab sich die spannende Situation, dass der Tscheche Alois Lanc gegen Artur mit Schwarz dessen geliebtes Schliemann-Jänisch-Gambit auspackte (Arturs Kommentare aus "Schach" 1/1971):


Artur Hennings - Alois Lanc [C63]

IX. Leipziger Pokalturnier/German Dem Rep 1970


1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 f5

Die erste Kampfansage schon mit dem 3. Zuge! Zur Erläuterung möchte ich aber anführen, daß mich mein Gegner nur durch einen Sieg einholen konnte. Was mein Kontrahent nicht wußte: Mit 3...f5 habe ich schon einige schöne Partien gewonnen, und deshalb war der Textzug eine freudige Überraschung für mich.

4. Nc3 fxe4 5. Nxe4

5... d5 6. Nxe5 dxe4 7. Nxc6 bxc6?

Meiner Meinung nach bekommt man mit 7....Dd5 die relativ besten Chancen. RS: Artur drückt sich offenbar vor der absoluten Einschätzung der Variante ;-) Man muss wohl konstatieren, daß Weiß in einigen Varianten Vorteil hat, Schwarz diesen aber u. U. am Brett durch bessere Kenntnis der Varianten und Kreativität wettmachen kann

7... Qd5 kennen wir schon aus der Begegnung Haag - Hennings, Leipzig 1965.

7... Qg5 8. Qe2 Nf6 9. f4 Qxf4 10. Ne5+ c6 11. d4 Qh4+ 12. g3 Qh3 13. Bc4 Be6 14. Bg5 O-O-O 15. O-O-O Bd6 16. Rhf1 Rhe8 17. Bxf6 gxf6 18. Rxf6 Bxe5 19. Rxe6 Rxe6 20. Bxe6+ Qxe6 21. dxe5 Qh6+ 22. Rd2 Rxd2 23. Qxd2 e3 24. Qe2 Qg5 25. Kd1 Kc7 26. Qd3 Qh5+ 27. Kc1 Qh6 28. Kd1 Qh5+ 29. Ke1 Qxh2 30. Qd6+ Kc8 31. Qf8+ Kc7 32. Qe7+ 1/2-1/2 (32) Carlsen,M (2813)-Nisipeanu,L (2672) 32... Kc8 1/2-1/2 (32) Carlsen,M (2813) -Nisipeanu,L (2672)

8. Bxc6+ Bd7 9. Qh5+ Ke7 10. Qe5+ Be6 11. Bxa8 Qxa8 12. Qxc7+ Ke8

Auch

12... Kf6 ist schon gespielt worden. Doch nach 13. O-O Be7 (13... Kg6 14. d3 Nf6 15. Be3 Qd5 16. dxe4 Nxe4 17. Rfd1 Bd6 18. Rxd5 Bxc7 19. Rdd1 a6 20. f3 Nf6 21. c4 Re8 22. Bd4 Bf7 23. Kf2 h5 24. h4 Ng8 25. b3 Nh6 26. Kf1 Nf5 27. Bf2 Ng3+ 28. Kg1 Ne2+ 29. Kf1 Be5 30. Re1 Bxa1 31. Rxa1 Kf5 32. Rd1 Kf4 33. Rd7 Bg6 34. Rxg7 Bf5 35. Rf7 Re5 36. c5 Ng3+ 37. Kg1 Rd5 38. Kh2 Nf1+ 39. Kg1 Ng3 40. Re7 Rd1+ 41. Re1 Ne2+ 42. Kf1 Rd2 43. Rxe2 Rd5 44. Re1 1-0 (44) Kokarev,D (2495)-Geller,J (2406) Samara 2002) 14. f3! kam Schwarz in des Teufels Küche.

13. O-O Nf6 14. d3 Be7 15. Bg5 Kf7 16. dxe4 Rc8

Auch

16... Qxe4 bringt Schwarz in große Verlegenheit. Nach 17. Rae1 Qg4 18. h3 Qxg5 19. Rxe6! ist die Stellung aufgabereif.

17. Qf4 Rxc2 18. Rac1!

Verfrüht wäre

18. e5? wegen 18... Rc4! und Schwarz sitzt am längeren Hebel.

18... Rxb2

Nach

18... Rxc1 19. Rxc1 Qxe4 20. Qxe4 Nxe4 21. Bxe7 Kxe7 22. Rc7+ hat Schwarz ein verlorenes Endspiel.

19. Rc7 Qd8 20. Rxa7 Qb6 21. Rxe7+ Kxe7 22. e5 Bxa2 23. Qe4 Qe6 24. exf6+ gxf6 25. Qxh7+ Ke8 26. Qg6+ 1-0 [Artur Hennings]

1971: Überraschungssieger!

Anfang 1971 spielte Artur ein weiteres von insgesamt drei Capablanca-Memorials. Offenbar war er bei den Kubanern gern gesehen. Ein westdeutscher Spieler war diesmal nicht am Start (Hort übersiedelte erst 1979), so dass man über Arturs Zimmerkollege nur spekulieren kann. Artur erzielte solide +1. Den Turniersieg teilten Efim Geller und Vlastimil Hort.
Artur kommentierte für "Schach" 5/71 seine Verlustpartie gegen Vlastimil Hort und berichtete ebenda:

Mit dem von mir erreichten Tabellenplatz konnte ich einigermaßen zufrieden sein. 8 Punkte bedeutete Bestätigung und Übererfüllung der IM-Norm.

Anschließend kam es in Bukarest zu einer weiteren Wiederholung. Das Turnier leitete wohl die erfolgreichste Phase in Arturs Karriere ein. Er berichtet selbst aus der rumänischen Hauptstadt in "Schach" 8/1971, ab S. 227:

Teilnehmer Bukarest 1971 Die Aula der zentralen Universitätsbibliothek in der rumänischen Hauptstadt war wieder einmal Schauplatz eines internationalen Schachereignisses. Vom 11. bis zum 28. Juni stritten 15 Schachmeister - drei Großmeister, acht IM und vier Meister - aus zehn Nationen um den Sieg. Obwohl die Remisquote relativ hoch lag, wurden wenig "Salonremisen" beobachtet und gesamteinschätzend kann man feststellen, daß das kämpferische Element im Vordergrund stand.

Am Beispiel des sympathischen sowjetischen Großmeisters Juri Awerbach zeigte sich einmal wieder, daß unbedingter Siegeswille bei voller Konzentration immer ein Trumpf bei der Vergabe von Titelehren ist. Dabei sah es für J. Awerbach bis zur 7. Runde gar nicht rosig aus. Sein Punktekonto betrug zu diesem Zeitpunkt 3 Punkte und niemand wäre auf die Idee gekommen, daß er noch ein entscheidendes Wort bei der Vergabe des Turniersieges mitsprechen könnte. Aber danach sammelte Awerbach Punkt um Punkt und holte aus seinen restlichen 7 Partien 6 Punkte - sehr zu meinem Leidwesen, denn bis zur 12. Runde führte ich das Teilnehmerfeld an. Und diese imponierende Leistung brachte die Tabellenführung, punkt- und wertungsgleich.

Ich bin mit meinem Abschneiden recht zufrieden, hatte sogar ziemlich gute Aussichten, die Großmeisternorm zu erfüllen. Vier Runden vor Schluß hatte ich 7,5 Punkte (die IGM-Norm betrug 10,5 Punkte, die IM-Norm 8 Punkte) und noch relativ leichte Gegner, aber mir gelang dieses Vorhaben noch nicht. So bleibt eben nur die Hoffnung, in einem der folgenden Turniere die IGM-Norm zu schaffen.

Yuri Awerbakh 2002 Wie wir heute wissen, wurden Arturs Unterfangen "GM-Norm" bald Steine in den Weg gelegt ...
Unabhängig davon und ungeachtet der leichten Enttäuschung, die Artur über seinen Schlussspurt äußert, war der geteilte Turniersieg – gemeinsam mit dem großen Yuri Averbakh natürlich ein großer Erfolg. Averbakh brachte es auf eine lange erfolgreiche Laufbahn als Spieler, Funktionär und berühmter Autor der Endspieltheorie. Er war zweifacher UdSSR-Landesmeister, scheiterte ein weiteres Mal nur im Playoff und qualifizierte sich für das berühmte Kandidatenturnier in Zürich 1953. Am Ende seines 100jährigen Lebens war er der älteste lebende Großmeister der Welt, bevor er 2022 verstarb.

Aber auch dem Bukarester Turnier ist offenbar ein langes Leben beschieden. Vielleicht erinnern sich einige Leser noch, dass Fabiano Caruana im Mai dieses Jahres das Superturnier in Bukarest gewann. Aktuell heißt es Superbet Classic und steht in der Tradition der früheren Turniere. In einem Chessbase-Beitrag von Eduard Frey werden einige dieser Vorgänger ausführlich beleuchtet – von anderen gibt es eine Revue der bisherigen Sieger. Artur befindet sich in illustrer Gesellschaft (meine Hervorhebung):

1961 (5th edition) Leonid Stein (ahead of 2. Bilek, including Gheorghiu, Ciocaltea or Soos, no player was a grandmaster then), 1962 Ratmir Kholmov, 1966 Viktor Kortschnoi (second entry/winner, unbeaten and 2.5 points ahead of 2. Gheorghiu, 3. Kavalek, 4./5. Matulovic, Soos), 1967 Florin Gheorghiu, 1968 Bruno Parma, 1971 (10th edition) Yuri Averbakh and the surprising IM Artur Hennings from East Germany, 1973 Mark Taimanov, 1974 Vitaly Tseshkovsky, 1975 Victor Ciocaltea (Rainer Knaak clear runner-up), 1976 Theodor Ghitescu, 1978 Lev Alburt, 1979 Mark Taimanov (second entry/win), 1980 Alexander Beliavsky (unbeaten and three full points ahead of 2. Suba, 3./4. Ghinda, Ionescu, 5./6. Chandler, Prandstetter), 1981 Sergey Dolmatov

Vlastimil Jansa 2019 Aus Bukarest kommentierte Artur auch wieder eine Partie. Gegner diesmal Vlastimil Jansa, der zum Zeitpunkt der Partie IM war und 1974 Großmeister wurde. Jansa nahm zehnmal für die Tschechoslowakei an Olympiaden teil und wurde dreimal Landesmeister. In Deutschland bekannt und beliebt ist sein Buch "Der beste Zug", das er gemeinsam mit Namensvetter Vlastimil Hort schrieb.


Artur Hennings - Vlastimil Jansa [B02]

Bucharest Int 10th/Bucharest (6) 1971


SCHACH 1971, S. 228

1. e4 Nf6 2. e5 Nd5 3. c4 Nb6 4. c5 Nd5 5. Nc3 e6

Der beste Zug! Eine gefährliche Initiative erhält Weiß nach

5... Nxc3 6. dxc3 d6 7. Qb3! dxe5 8. Bg5! und die Drohungen Lc4 und Td1 sind entscheidend.

6. Nxd5 exd5 7. d4 b6 8. Be3 bxc5 9. dxc5 c6

Die Position kam zwischen den Kontrahenten schon einmal vor. In Polanica Zdroj spielte ich 10.b4?!

10. Bd3!

Dieser Zug bestand seine Feuertaufe in Hennings-Smejkal, Kapfenberg 1970. Nach

10. b4?! Ba6 11. Bxa6 Nxa6 12. a3 Nc7 13. Ne2 und die schwarzen Aussichten sind etwas besser. RS: Die Vorgängerpartie Hennings-Jansa, Polanica Zdroj 1969 endete nach 23 Zügen remis.

10... Ba6?!

10... Na6 11. Rc1 Qa5+ 12. Bd2 Qxa2 13. Ra1 Qxb2 14. Bxa6 Bxa6 15. Rxa6 Qxe5+ war ich mit der Stellung gegen Smejkal sehr zufrieden.

11. b4!

natürlich nicht

11. Bc2? wegen 11... Qa5+ 12. Qd2 Qb5! jetzt hingegen kämpft Schwaz mit Entwicklungsschwierigkeiten.

11... Qh4?

Das kleinere Übel war

11... Bxd3 12. Qxd3 a5 13. b5 cxb5 14. Qxb5 mit etwas Vorteil für Weiß.

12. Rb1 Bxd3 13. Qxd3 Qg4 14. Ne2 Qg6

Nach

14... Qxg2 15. Rg1 Qxh2 16. f4 wäre Schwarz in einer ziemlich bedrohlichen Lage. Er läßt sich lieber auf ein ungünstiges Endspiel ein.

15. Nf4! Qxd3 16. Nxd3 Na6 17. b5 cxb5 18. Rxb5 Nc7 19. Ra5

Die genaueste Fortsetzung. Weniger gut wäre

19. Rb7 Ne6 mit der Drohung 20.. .d4

19... Be7 20. Ke2 Ne6 21. Rb1 d4 22. Bd2 Nd8 23. Rab5 O-O?! 24. f4 f6 25. exf6 Bxf6 26. Rb8!

Nun ist guter Rat teuer. Jansa wählt noch die beste Fortsetzung.

26... Nc6 27. Rxa8 Rxa8 28. Rb7 Re8+ 29. Kd1 Re7 30. Nb4 Kf8 31. g4 Bh4 32. Rc7! Nxb4 33. Bxb4 a5










34. Bxa5

34. c6 axb4 35. Rc8+ Kf7 36. c7 gewann sofort (RS)

34... Ke8

Andernfalls wäre die Drohung c6 recht unangenehm gewesen.

35. Rb7 Re4 36. Bd2 d3 37. Rb3 Ra4 38. a3 Bf2 39. Bb4 Be3 40. f5 Bf4 41. h3 d2 42. Rd3

Der Rest ist nun einfach.

42... h5 43. Kc2 Ra6 44. Kb3 hxg4 45. hxg4 g6 46. Bxd2 Bxd2 47. Rxd2 gxf5 48. gxf5 Rf6 49. Rf2 Kf7 50. Kb4 Ra6 51. a4 Kf6 52. a5 Ra7 53. Kb5 Rb7+ 54. Kc4 Rb1 55. Ra2 Rc1+ 56. Kb5 Rb1+ 57. Ka4 1-0 [Artur Hennings]

Zum Abschluss noch einmal Artur in "Schach":

Das Turnier war ausgezeichnet organisiert; ein sachkundiges und objektives Publikum honorierte jede gewonnene Partie sofort mit Beifall. Zum Schluß ein Wort des Dankes an Turnierdirektor E. Hartmann, der für alle Probleme stets ein offenes Ohr hatte, und den beiden Internationalen Schiedsrichtern Moldoveanu und Anghel, die das Turnier sicher über die Runden brachten.

1971: Mittelfeld und endgültiger Pokalgewinn

Zum Jahresabschluss erzielte Artur zunächst +1 in Zinnowitz (Turniersieger Dr. Burkhard Malich). Dieses Ergebnis wird von Hans Platz wohl auch unter dem Eindruck des Bukarest-Ergebnisses in "Schach" 11/1971 kritisch beurteilt:

Kann mehr und hätte auch höher landen können. Es kommt darauf an, die zweifellos vorhandenen Potenzen noch besser zu nutzen.

Stellung vor 36.b6? Sehenswert war allerdings Arturs Konter gegen Gennadi Kuzmin. Kuzmin war in Zinnowitz noch als Meister am Start, aber natürlich längst viel stärker. Ihm wurden 1973 sowohl der IM- als auch der GM-Titel verliehen. Schon 1 Jahr später wurde er in die Olympia-Auswahl der UdSSR für Nizza berufen. Sich als Neuling für solch eine Aufstellung zu empfehlen, spricht für sich.
In der Diagrammstellung ist Kuzmin mit Weiß am Zuge und hätte zunächst realisieren müssen, dass er keinen Vorteil hat aufgrund des starken schwarzen Läuferpaars und der eigenen Königsstellung. Mit 36.b6?? glaubte der Ukrainer wohl eine Qualität zu gewinnen. Aber nach 36...T:c6 37.b7 Tc1+ 38.Ke2 Le4! droht eben nicht nur das Nehmen auf b7, sondern auch Matt auf e1!

Im Dezember konnte Artur schließlich ein sehr gutes Jahr 1971 beim Jubiläums-Pokalturnier in Leipzig abrunden. Ulf Busch berichtet in "Schach" 1/1972:

Der Verlauf des Turniers war äußerst spannend und wurde von den beiden teilnehmenden Ungarn Toth und Vadasz (5. bzw. 8. Platz bei der letzten Landesmeisterschaft) entscheidend mitbestimmt. Nach 6 Runden sah Toth schon wie der sichere Sieger aus, denn mit 5,5 Punkten besaß er 1 Punkt Vorsprung vor den Nächstplatzierten. Dann verlor er jedoch in einem Zeitnotduell gegen Lorenz.
Hennings, der das Turnier sehr verhalten begonnen hatte, aber als einziger ohne Niederlage blieb, konnte bis auf einen halben Punkt aufschließen. Die letzte Runde brachte mit dem Aufeinandertreffen der beiden Führenden die Entscheidung. Mit einer präzisen Endspielführung bezwang Hennings als Nachziehender den Ungarn und gewann mit diesem Turnier den Pokal auch zum dritten Mal hintereinander. Im Anschluß an die Siegerehrung stellte er ihn für ein Nachwuchsturnier zur Verfügung.

Artur kommentierte ebenfalls in "Schach" 1/72 alle drei Partien ausführlich, von denen ich jeweils die entscheidenden Momente im Diagramm festhalte:

Hennings - Augustin vor 30.T:f6! Hennings - Lorenz vor 19.Lb5! Hennings - Oetzel vor 27.Se:f6!
Hennings - Augustin: 30.T:f6! L:f6 31.D:f6+ Kh7 32.L:e5 Dd7 33.b4, und der b-Bauer entschied Hennings - Lorenz: 19.Lb5! ("Sehr stark! Für Lorenz kam der Textzug völlig überraschend." (Hennings)) a;b 20.a;b Sc4 21.b;c S:e3 22.f;e D:g2 23.Tf1 Lc4? 24.Df3 1-0 Hennings - Oetzel: 27.Se:f6! S:f6 28.Te8!! ("Das ist die Pointe des vorangegangenen Springeropfers. D:e8 verbietet sich wegen Matt in zwei Zügen." (Hennings)) Df7 29.S:f6 Te7 30.Sg8+ Te5 31.Te7 1-0

1972: Aus der Sonderliga

Die Partien aus der DDR-Sonderliga (später Oberliga) wurden im Allgemeinen nicht erfasst und haben so keinen Eingang in spätere Datenbanken gefunden. Deshalb ist es auch so schwierig, individuelle Bilanzen von ehemaligen DDR-Spielern zu vergleichen.
Gelegentlich wurden aber Partien für "Schach" kommentiert – so wie hier von Artur gegen seinen alten Rivalen Günther Möhring. Was mir bei der Kommentierung hier besonders gefällt, ist die schnörkellose strategische Ausrichtung. Man muss hier aus heutiger Sicht nichts hinzufügen.


Artur Hennings - Guenther Moehring [C49]

DDR-Sonderliga 1971/72


1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 Nf6 4. Nc3 Bb4 5. O-O O-O 6. d3 d6 7. Ne2

Die Theorie gibt 7.Lg5 den Vorzug. Manchmal ist es aber psychologisch ratsamer, alte und etwas ins Vergessene geratene Varianten zu wählen.

7... Bc5 8. c3 Ne7 9. Ng3 c6 10. Bc4 b5 11. Bb3 Bb6 12. a4

Da Schwarz am Königsflügel ausreichend gesichert ist, muß der Anziehende seine erste Aktion auf den Damenflügel verlegen.

12... bxa4 13. Bxa4 Ne8

Schwarz versucht, mit f7-f5 ein gefährliches Gegenspiel einzuleiten. Verständlicherweise darf sich Weiß nicht darauf einlassen und muss den drohenden Vorstoß f5 entschärfen.

14. d4! Qc7 15. Nh4 exd4 16. cxd4 d5 17. Bg5 dxe4 18. Nxe4 Be6 19. Rc1 f6 20. Be3 Rd8 21. Nc5 Bxc5 22. Rxc5 Qb6 23. Qc2 Bd5 24. Re1

Da sich der Druck gegen c6 nicht verstärken lässt, versucht Weiß, aus der e-Linie Kapital zu schlagen.

24... Rf7 25. Bd2 Rb8 26. Bf4 Rd8 27. Bd2 Rb8 28. b4

Der Nachziehende wäre wohl mit der Zugwiederholung einverstanden gewesen. Doch ein Remis war mir zu wenig.

28... Nd6 29. Bb3 Bxb3 30. Qxb3 Nd5 31. Re6 Rd8 32. h3 Kh8? 33. b5! Rc7 34. Qa2! Nxb5










35. Rxd5!

Diesen taktischen Witz hatte Möhring übersehen.

35... cxd5 36. Rxb6 axb6 37. Qb2 Nd6 38. Qxb6 Rcd7 39. Qc6 g5 40. Ba5! 1-0 [Artur Hennings]

1972: Kuba zum Dritten

Arturs dritte Teilnahme beim Capablanca-Memorial, das in diesem Jahr schwächer besetzt war, geriet farblos bei hoher Remisquote (Turniersieger Anatoly Lein). Seinen Berichtauftakt in "Schach" 5/1972 hingegen lasse ich einmal unkommentiert ...

Nicht Havanna, sondern die Hafenstadt Cienfuegos war diesmal Austragungsort des IX. Capablanca-Gedenkturniers. Bei der feierlichen Eröffnung im Hotel "Jaguar" konnten die Repräsentanten der kubanischen Schachföderation Schachmeister aus zehn Ländern, darunter fünf Großmeister und neun Internationale Meister, herzlich begrüßen.
Typisch kubanisch verlief die Auslosung. Auf einer Bühne standen zwanzig bildhübsche kubanische Mädchen mit einer Mappe in der Hand, die die jeweilige Auslosungsnummer enthielt. Nun durfte sich jeder Teilnehmer – je nach Geschmack – sein Ideal aussuchen und bei Musik und Cocktails den Abend gemeinsam mit ihr verbringen.

Artur ebenda zu seinem Abschneiden:

Mit dem von mir erreichten Tabellenplatz bin ich zufrieden. Mehr war für mich diesmal nicht drin. Hauptsächlich lag es wohl daran, daß durch meine sieben Hängepartien in den ersten Runden meine Kondition stark angegriffen wurde und ich in den letzten neun Runden kräftemäßig nichts zuzusetzen hatte.

1972: Amsterdam - Aufstieg!

Nach dem Turniersieg in Bukarest folgte für Artur ein weiterer Triumph in Amsterdam. Das dortige IBM-Turnier war bereits so aufgebaut wie Wijk-aan-Zee heute: Es gab A- und B-Gruppe und der Sieger der B-Gruppe stieg für das Folgejahr in die stark besetzte, prestigeträchtige A-Gruppe auf. Darin sollte später der bittere Nachgeschmack auf diesen Sieg folgen ...
Historisches zu den IBM-Turnieren u. a. hier. In der A-Gruppe siegte Lev Polugayevsky vor Viktor Korchnoi und Wolfgang Uhlmann. Dr. Burkhard Malich, der ebenfalls in der A-Gruppe am Start war, fängt in "Schach" 8/1972 Flair ein:

Die Startnummern wurden aus dem Europapokal der Fußball-Landesmeister gezogen, den eine Jugendmannschaft von Ajax Amsterdam zur Eröffnungsfeier hereingetragen hatte. Jeder Teilnehmer konnte seine Startnummer an ein Paar Mini-Fußballschuhen ablesen. Schon hier deutete sich die Anteilnahme der Bevölkerung und der Schachspieler an dem großen Fußballkampf Ajax Amsterdam - Inter Mailand an.

In der B-Gruppe (Meistergruppe genannt) kämpfte Artur um den Aufstieg und berichtet ebenfalls für "Schach":

Artur in Amsterdam Parallel zum Großmeisterturnier fand in Amsterdam wie stets ein Meisterturnier statt. Es nahmen sieben IM und fünf Meister daran teil. Da nur der erste Platz für das nächstjährige Großmeisterturnier berechtigt, konnte man sehr harte Kämpfe erleben. Vor Beginn wurde allgemein H. J. Hecht (erfüllte die IGM-Norm in Olot) und G. Sax eine leichte Favoritenstellung eingeräumt. Es kam aber ganz anders ...
Hecht verlor gleich zu Beginn, Sax tauchte erst in der 7. Runde in der Spitzengruppe auf, als er den bis dahin führenden Marovic recht glücklich bezwang. Bei dem folgenden Endspurt hatte ich die Nase knapp vorn durch meine Siege gegen die unmittelbaren Konkurrenten. Bei Punktgleichheit entschied das Ergebnis untereinander, erst danach Sonneborn-Berger.

Guyla Sax 1979 Wie von Artur berichtet waren seine guten Ergebnisse gegen die unmittelbaren Konkurrenten um den Titel in der Meistergruppe mit ausschlaggebend für seinen Wertungssieg. Nachfolgend seine Kommentare zur Gewinnpartie gegen den Ungarn Guyla Sax.
Sax kam als frisch gebackener Junioren-Europameister und IM nach Amsterdam. 1974 wurde ihm der Großmeistertitel verliehen. 1987 und 1990 qualifizierte er sich jeweils für die Kandidaten-Wettkämpfe, wo er gegen Short bzw. (nach Tiebreak) gegen Korchnoi ausschied.
Sax war Teil der Mannschaft, die 1978 überraschenderweise der UdSSR Olympia-Gold abnahm und trug mit 8,5/12 erheblich zu diesem Erfolg bei.


Artur Hennings - Gyula Sax [B79]

IBM-B/Amsterdam (4) 1972


Schach 8/1972, S.229

1. e4 c5 2. Nc3 Nc6 3. Nf3 g6 4. d4 cxd4 5. Nxd4 Bg7 6. Be3 Nf6 7. Bc4 O-O 8. O-O

Eine ungebräuchliche Fortsetzung. Meistens wird

8. Bb3 gespielt und nach 8... d6 9. f3 Bd7 10. Qd2 Qa5 11. O-O-O Rfc8 entsteht eine sehr scharfe Stellung mit verteilten Chancen. Mit 8.0-0 wollte ich den weit ausanalysierten Varianten ausweichen und meinem Gegner gewisse Probleme stellen.

8... d6 9. h3 a6!

Meines Erachtens der beste Zug. Nach

9... Bd7 hat Weiß die etwas besseren Chancen. RS: Es wurde/wird hier alles Mögliche gespielt, aber heutzutage sind eher 9...S:e4 und 9...Sa5 Hauptzüge.

10. Re1 Na5 11. Bb3 Nxb3?!

Eine recht zweischneidige Maßnahme. Solider war

11... b5 und nach 12. Nd5 Bb7 13. Nxf6+ Bxf6 14. Bd5 Qc8 erreichte Schwarz eine bequeme Position in Hennings-Soos im gleichen Turnier.

12. axb3 b5 13. b4!

Fehlerhaft wäre

13. Ndxb5 Bb7 14. Nd4 Nxe4 und Schwarz hatte die besseren Möglichkeiten in Andersson - Ribli, Debrecen 1969; RS: Ich habe die Partie nicht finden können, auf die Artur sich bezieht, wobei 14...S:e4? statt 14...L: e4 = ein Fehler wäre wegen 15. Nxe4 Bxe4 16. Bg5 d5 17. Nc6

13... Bb7 14. f3 a5?!

Um die "Ausstopfung" Sd4-b3-a5 zu verhindern, greift der junge Ungar zu einer Radikalmaßnahme. Ihren Wert muß man aber bezweifeln. Wie die Fortsetzung beweist, erhält Weiß klaren Vorteil.

15. bxa5 b4 16. Nce2 Rxa5 17. Qd2

Interessant ist

17... Rxa1

17... e5 18. Nb3 Rxa1 19. Rxa1 d5 20. Qxb4 Ba8 21. Bc5 Re8 22. Nc3 dxe4 23. fxe4 Nxe4? erweist sich als Schlag ins Wasser, denn 24. Nxe4 Qd5 25. Re1 f5 26. c4! Qc6 27. Na5 gewinnt für Weiß.

18. Rxa1 Qc8 19. Qxb4 e5 20. Nb5 Qxc2










21. Kf2?

Von Artur unkommentiert, wirft dieser Zug den Vorteil weg.

21... Nxe4+?

Da die Drohung 22.Tc1 sehr unangenehme Folgen für den Nachziehenden hat, setzt Sax mit diesem Opfer alles auf eine Karte. Doch es ist keine Trumpfkarte, sie sticht nicht! RS: Artur kommentiert gewohnt sympathisch-schrullig. Doch er verschweigt uns wohlweislich Alternativen zum Fragezeichen-Opfer. Soo übernatürlich stark ist die Drohung 22.Tc1 nun auch wieder nicht. Vieles spricht dafür, dass Schwarz erst hier die Partie endgültig verdarb. Beide Alternativvarianten: RS

21... Bxe4?! 22. fxe4 Rb8 23. b3! (23. Rc1 Nxe4+ 24. Kf3 (24. Ke1? Qd3!) 24... Ng5+ mit Dauerschach) 23... Nxe4+ 24. Ke1 Warum nun nicht auch analog 24... Qd3? Nun, wegen 25. Nbc3 Rxb4 26. Ra8+ Bf8 27. Bh6 Qd2+ 28. Bxd2 Nxd2 29. Kxd2 Rxb3 30. Ra7 und Weiß wird den Schwarzen noch quälen

21... d5! am einfachsten 22. Rc1 Qd3 und Weiß kann die schwarze Dame nur dauerverfolgen, während stattdessen 23. Nd6? d4 24. Bg5 (24. Bxd4 exd4 25. Nxb7 Qe3+ 26. Ke1 Bh6!) 24... Ba6 schnell zum Bumerang wird.

22. fxe4 f5 23. Nxd6 fxe4+ 24. Ke1 Bd5

gegen den Damentausch mit Dc4+ gerichtet.

25. Rc1 Qd3 26. Rc3 Qa6

Nach

26... Qb1+ 27. Nc1 ist Schwarz am Ende seines Lateins.

27. Qa3 Qxa3 28. bxa3 1-0 [Artur Hennings]

1972: Zonenturnier und Olympia-Aus

Die nun folgenden Ereignisse des Jahres 1972 sollten sich als schicksalhaft für Arturs Karriere herausstellen. Nach den großen Erfolgen von Bukarest 1971 (geteilter Turniersieg) und Amsterdam 1972 (Sieg in der Meistergruppe mit Qualifikation für das Hauptturnier 1973) stand das für Artur bislang sportlich wichtigste Ereignis an: das Zonenturnier – aufgeteilt auf die finnische Kleinstadt Forssa und Helsinki.
Leider ging gerade hier nahezu alles schief, was schief gehen konnte. In "Schach" 10/1972 berichtet Artur vom Turnier und führt Gründe für das schlechte Abschneiden an:

Aus Anlaß des 50jährigen Bestehens des finnischen Schachbundes fand in dem kleinen Städtchen Forssa (16 000 Einwohner) der erste Teil des FIDE- Zonenturniers 2 (Zentraleuropa) statt. Hier begann aber schon eine Fehlkalkulation der finnischen Schachfunktionäre. Das Hotel, in dem die Teilnehmer untergebracht waren, war zwar gut, aber einfach für uns Schachspieler zu laut. Eine Beatgruppe spielte Abend für Abend zum Tanz. War man endlich eingeschlafen, brauchte man keinen Wecker zu stellen. In aller Frühe begannen vor dem Hotel Gesteinsbohrer zu rotieren. Zur Erklärung: Man trieb eine neue Straße durch das Felsgestein. Ich war einfach nicht in der Lage, mich normal zu konzentrieren; ich verdarb klare Gewinnstellungen zum Remis oder Verlust.

Der zweite Teil des Turniers wurde in Helsinki ausgetragen. Alles freute sich schon auf die besseren Bedingungen, doch wir wohnten auch hier in einem unruhigen, wenig repräsentativen Hotel. Das Ärgerliche ist, ich brauchte keine Partie zu verlieren, aber durch die mangelnde Konzentrationsfähigkeit war ich nicht in der Lage, etwas zu leisten. Ich war aber nicht der einzige Teilnehmer, der davon betroffen wurde, so kamen auch die Großmeister Andersson und Matulovic einfach nicht zurecht.

Artur kommentierte im Rahmen des Berichts seine Verlustpartie gegen Turniersieger Ivan Radulov aus Bulgarien.
Für die DDR spielte weiterhin Dr. Burkhard Malich in Vrnjacka Banja und verpasste die Qualifikation für das Interzonenturnier als Vierter knapp. Wolfgang Uhlmann war als WM-Kandidat des vorhergehenden Zyklus für das Interzonenturnier vorqualifiziert.

Bevor ich mit den Ereignissen von 1972 fortfahre, ein Blick um vier Jahre und zwei Olympiaden zurück. Genna Sosonko erinnert sich in "Genna remembers":

Even if the right of travel was just one of many rights which a person in the Soviet Union did not posess, the absence of it was no less painful. That right belonged to the government exclusively, and for that reason, even those stars who found themselves at the very top of the giant chess pyramid, could never really rest easy when submitting their travel forms.

... While he was champion, there was plenty Mikhail Tal could get away with.

Later though, there were times when Tal was pretty much removed from the actual boarding ramp of the plane. This happened once before a trip to Yugoslavia, and again in 1968, when as part of the National Team he was supposed to represent the USSR at the Olympiad in Lugano. On the way to the airport, and with luggage in tow, every member of the team arrived at the State Committee for Sport Office, to receive parting words and wishes, as was the tradition. After some extravagant, yet absolutely meaningless phrases, the head funtionary ended his speech with the casually-cheerful: 'While you Mikhail Nekhemevich, can return to Riga. Smyslov is already in Lugano for the FIDE congress, and he'll be the one replacing you ...'

Meine Übersetzung:

Auch wenn die Reisefreiheit nur eines von vielen Rechten war, das ein Sowjetbürger nicht besaß, war ihr Fehlen doch besonders schmerzlich. Einzig die Regierung verfügte über dieses Recht. Deshalb waren selbst die absoluten Stars an der Spitze der Schachpyramide nervös, wenn sie ihre Reiseformulare ausfüllten.

... Als er Weltmeister war, ließ man Tal vieles durchgehen.

Später allerdings gab es Zeiten, da man Tal buchstäblich von der Landetreppe des Flugzeugs zurückholte. Dies geschah zunächst bei einer geplanten Reise nach Jugoslawien und dann noch einmal 1968. Tal sollte in diesem Jahr Teil der Nationalmannschaft sein, die die UdSSR bei der Olympiade in Lugano vertrat.
Vollbepackt trat jedes Teammitglied vor Abflug beim Staatlichen Sport-Komitee an, um Abschiedsworte und Wünsche entgegenzunehmen. So wollte es die Tradition. Nach einigen extravaganten, jedoch inhaltsleeren Floskeln endete der Chef-Funktionär, beiläufig-fröhlich an Tal gewandt: 'Sie, Mikhail Nekhemevich können jedoch nach Riga zurückkehren. Smyslov ist bereits in Lugano beim FIDE-Kongress. Er wird Sie ersetzen.'

Die UdSSR konnte sich diesen Wechsel natürlich locker erlauben. Ohne Partieverlust (Smyslov erzielte 11/12!) pflügte die Mannschaft durch das Feld und gewann mit großem Vorsprung.
Tals Suspendierung wird im Allgemeinen als Bestrafung für den "Havanna-Bar-Vorfall" bei der Olympiade 1966 angesehen. Diesen schildert z. B. Soltis in seiner Multibiographie ("Tal, Petrosian, Spassky and Korchnoi"), wobei er Sosonkos Version zu Lugano bestätigt und zu Havanna im Wesentlichen eine Version Korchnois wiederholt. Demnach hätten die Zimmergenossen Tal und Korchnoi in Havanna die Schuhe vor die Zimmertür gestellt, um ihre KGB-Bewacher abzuhängen und noch vor der ersten Runde tanzen und trinken zu gehen. Ein eifersüchtiger heißblütiger Kubaner hatte Tals Kopf benutzt, um eine Flasche zu zertrümmern. Tal musste genäht werden, verpasste die ersten vier Runden und erzielte dann 12/13 ...

Nun vier Jahre später sollte Artur dasselbe passieren, was Tal vor Lugano widerfuhr. Das ist auch insofern bemerkenswert, als sich weitere Parallelen zwischen Tal und Artur finden lassen – angefangen bei schach-stilistischen Fragen ...
Heinz Liebert erinnert sich, dass er praktisch am Vorabend der Olympiade von seiner geplanten Nominierung zuungunsten Arturs erfuhr. Während die Gründe für die Suspendierung im Falle Tals geklärt erscheinen, bleiben in Arturs Fall Fragen offen.

Unmittelbar vor der Olympiade spielte die DDR einen Länderkampf gegen die ČSSR, die als etwas stärker eingeschätzt wurde. Man kann davon ausgehen, dass die DDR hier mit Uhlmann, Hennings, Malich, Knaak, Schöneberg und Vogt die ursprünglich geplante Olympia-Mannschaft an den Start brachte.
Der Länderkampf endete 9:9, aber unglücklicherweise verlor Artur alle drei Partien. Die ČSSR war vorn mit Filip, Hort und Smejkal sehr gut aufgestellt, so dass Verlieren sicher keine Schande ist. Aber dies in Zusammenhang mit dem schlechten Abschneiden in Finnland war sicher eine ungute Mischung.
Schließlich wurde die Einwechslung von Heinz für Artur in "Schach" 10/1972 verkündet – allerdings dürfte zum Erscheinungszeitpunkt dieser Ausgabe die Olympiade schon in vollem Gange gewesen sein. Insofern steht dies der Version von Heinz Liebert, wonach der Wechsel unmittelbar vor der Olympiade erfolgte, nicht entgegen.
Hier die fragliche Passage:

Bedauerlicherweise hat die letzte harte Prüfung auch die Befürchtung bestätigt, daß der beim Zonenturnier in Finnland in schlechter Verfassung befindliche Leipziger Artur Hennings sein Formhoch schon vor dem großen Start überschritten und diesen sprunghaften Leistungsknick nicht verwunden hatte. Für ihn vertritt Heinz Liebert, ein bewährter Olympiade-Kämpfer, die Farben der DDR.

Diese Zeilen finden sich im Bericht zum Länderkampf, der diesmal jedoch nicht von Hans Platz verfasst wurde (dieser wird nur kurz zitiert). Unterschrieben hat den Bericht Werner Golz. Ich erinnere kurz an seinen mysteriös-kritischen Kommentar zu Arturs Vizemeister-Titel bei der DDR-Meisterschaft 1969. In welcher Funktion Golz berichtete, ist nicht ganz klar. In jedem Fall gehörte er zu dieser Zeit der "Schach"-Redaktion an, nachdem er den Kombinationsteil "Wir lehren Schach" vom verstorbenen Kurt Richter übernommen hatte.
So wurde also der DDR-Topscorer von Siegen 1970 aus der Mannschaft befördert – besonders tragisch rückblickend, wenn man bedenkt, dass die DDR erst 1988 wieder an einer Schacholympiade teilnehmen würde.
Im Übrigen ergänzte Heinz seine Version noch dergestalt, dass Artur "aufgrund eines Vorfalls beim Zonenturnier in Finnland ausgewechselt wurde". Gab es demnach (noch) andere als sportliche Gründe, Artur auszuwechseln? Dieser Frage wollte ich nachgehen.

Hans-Joachim Hecht 1980 Da Artur bekanntlich ein lockeres Verhältnis mit den westdeutschen Spielern pflegte, lag es nahe Großmeister Hans-Joachim Hecht zu befragen, der in Forssa/Helsinki für Westberlin am Start war. Zumal Helmut Pfleger den Kontakt vermittelt hat mit dem Hinweis, er habe sich erst kürzlich anlässlich eines gemeinsamen Besuchs bei Klaus Darga mit Hajo Hecht über Artur Hennings unterhalten. Zudem war Hans-Joachim Hecht beim Zonenturnier deutlich erfolgreicher als Artur und belegte ungeschlagen mit 10/15 Rang 3.
In seinem Buch "Rochaden - Schacherinnerungen" verschweigt Hecht das gute Abschneiden auch nicht, sondern würdigt es mit einem entsprechend positiven Zitat aus der Deutschen Schachzeitung. Er schränkt allerdings ein:

Dennoch habe ich in den Runden 10 und 14 zwei scheußliche Aussetzer gehabt, die mich um die mögliche Qualifikation und um die noch leichter mögliche GM-Norm, die bei 10,5 lag, gebracht haben. Gegen den Norweger Ögard ließ ich ein leicht berechenbares zwangsläufiges Matt ohne Nebenvarianten in 5 Zügen aus (siehe Korkenzieher), und gegen den stets von O-Saft und Rum betäubten Tabellenletzten aus Island schaffte ich infolge geistiger Abwesenheit nur remis und gesellte mich zu dem Klub der "Fünf", die gegen den Isländer nur remis spielten (Gheorghiu, Andersson, Timman, Robatsch, Hecht).

Ein durchaus namhafter Klub, wie ich finde.
Wobei Hans-Joachim Hecht eigentlich "Ostdeutscher" ist (geboren in Luckenwalde) und lange Zeit zwischen der sowjetischen Besatzungszone und Lichtenrade/Westberlin pendelte, was Ende der 50er/Anfang der 60er zunehmend schwieriger wurde. Eine Woche vor dem Mauerbau entschied sich Hecht, in Abstimmung mit seiner Familie, im Westen zu bleiben. Dies schildert er eindrücklich in seiner Autobiographie "Rochaden - Schacherinnerungen". Das Buch bietet aber sehr viel mehr als das, u. a. viel Lesenswertes zur Berliner Schachszene, spannende Begebenheiten in seiner Zeit als Schach-Profi, atmosphärische Schilderungen zu den zehn(!) Olympiadeteilnahmen usw. Sein größter Einzelerfolg war wohl der geteilte Turniersieg mit Andersson und Spassky 1973 in Dortmund. Er konnte u. a. Paul Keres auf die Plätze verweisen und gewann gegen Boris Spassky.

Meine Anfrage zum Turnierschicksal Arturs und möglichen Vorkommnissen beantwortete Hans-Joachim Hecht sehr schnell. Auch wenn seine Antwort Fragen offen lassen muss, lieferte sie spannende Einblicke in das Leben und die Vorgaben eines "ostdeutschen Schachprofis":

Leider kann ich Ihnen nicht wirklich weiterhelfen, was das Zonenturnier in Forssa/Helsinki, Finnland 1972 betrifft.
Artur Hennings erzählte mir lediglich, daß er bei diesem Turnier einige Vorgaben zu erfüllen hätte, und er zeigte mir auch die ihm mitgegebenen Berichtsbögen in 5-facher Ausfertigung.

Danach hatte er diese Zielvorgaben:
a) Qualifikation für das Interzonenturnier, was gleichbedeutend mit Platz 1 oder 2 war;
b) Erfüllung der GM-Norm, was gleichbedeutend mit >/=10,5 Punkten war, also auch a) entsprochen hätte;
c) Wenn beide Ziele verfehlt würden, so sollte er wenigstens vor dem bundesdeutschen Vertreter landen;
d) oder den bundesdeutschen Vertreter besiegen.

Artur Hennings verfehlte sämtliche Zielvorgaben, was man der Turniertabelle leicht entnehmen kann. Artur sagte mir, daß sein Ergebnis Konsequenzen haben würde.

Ich nehme also an, daß dies der "Vorfall" war, der Artur die Teilnahme an der Schacholympiade in Skopje 1972 gekostet hat.

Großmeister Rainer Knaak, der in Skopje sein Olympia-Debüt für die DDR gab, ist in diesem Punkt allerdings anderer Ansicht. Er bestätigt, dass Artur kurzfristig aus der Olympia-Mannschaft ausgebootet wurde, wobei er die Umstände nicht kenne. Wörtlich fährt er fort:

Aus rein leistungssportlichen Gründen passierte so etwas eigentlich nicht. Man bekam zwar solche Aufträge, aber manchmal spielte man gut, dann weniger erfolgreich. Ich glaube, dass Artur Hennings von seiner ganzen Persönlichkeit her nicht sehr angesehen war bei den Oberen der Schach-DDR. Es war vermutlich eher so, dass Arturs schlechte Resultate (Zonenturnier und Vorbereitungsländerkampf in Erfurt mit 0 aus 3) gut in den Kram passten, in Wirklichkeit aber nur Vorwände waren. Vielleicht hat er auch 1972 seinen Status als Reisekader (West) eingebüßt, den brauchte man nämlich für Jugoslawien. Bei Arturs Offenheit wäre das denkbar. Er nahm sozusagen kein Blatt vor den Mund. Es ist aber bemerkenswert, dass Artur danach, also direkt nach der Schacholympiade 1972 und dann 1973, noch mehrere Turniere im Ausland und auch in der DDR spielte, zu denen er vom Schachverband der DDR entsandt wurde.

Das ist ein Auszug aus einer Mail von Rainer Knaak, in der es eigentlich um den DTSB-Leistungssportbeschluss 1972 ging. Ich komme auf den weiteren Mailinhalt und das Kurzporträt Rainer Knaaks bald zurück. Auch auf die genannten Turniere 1972/73 werde ich natürlich noch eingehen.
Arturs Offenheit und damit in der DDR verbundene Schwierigkeiten habe ich im vorliegenden Beitrag ebenfalls mehrfach thematisiert. Daher erscheinen mir Rainer Knaaks Überlegungen zu diesem Punkt schlüssig. M. E. lässt die kurze Verlautbarung in "Schach" jedoch Spielraum für die Korrektheit beider Thesen – oder einer Mischung aus diesen.

Die DDR belegte am Ende bei der Olympiade in Skopje Rang 10, was in etwa den Vorjahren entsprach. Es ist nun sicher müßig, darüber nachzudenken, wie es mit Artur ausgesehen hätte. Ich bringe allerdings zwei Stimmen aus dem Doppelheft "Schach" 11/12/1972 zum Abschneiden der Mannschaft. Zunächst Chef-Redakteur Horst Rittner:

Die DDR-Mannschaft gleich mit drei Neulingen in die schwere Bewährungsprobe zu schicken, mag von vornherein als Wagnis erschienen sein. Doch führen wir uns die Platzierungen unseres Teams bei den vorhergegangenen Olympiaden vor Augen – 1966 Havanna 9. Platz, 1968 Lugano 9. bis 10. Platz, 1970 Siegen 9. Platz – dann mußte endlich einmal dieses Wagnis eingegangen werden. Es hat sich insofern teilweise bewährt, als der Stammplatz der DDR-Mannschaft etwa gehalten werden konnte. Es hat jedoch nicht die angestrebte Verbesserung gebracht.
Wir sind weit davon entfernt, mit der DDR-Mannschaft zufrieden zu sein; nicht zufrieden mit dem Rang und nicht zufrieden mit der Spielweise.

...

Verbandstrainer Hans Platz schätzt unsere sechs Spieler auf Seite 341 dieser Ausgabe ein. Nur zwei von ihnen spielten so, wie wir es von allen erhofften: Dr. Burkhard Malich und Lothar Vogt. Ersterer erfüllte beinahe die Großmeisternorm, letzterer erfüllte die Norm für den Titel Internationaler Meister. Lothar nahm in diesem Jahr und in den Jahren zuvor häufig an internationalen Turnieren teil. Wie wichtig das ist, zeigte sich in Skopje. Weniger internationale Praxis hatte Rainer Knaak, weit weniger Manfred Schöneberg. In diesem Zusammenhang scheint es auch angebracht, den Beschluß neu zu überdenken, daß der DDR-Meister automatisch für die Schach-Olympiade nominiert wird.
...

Wir ziehen ein Resümee: Der 10. Platz liegt unter den Erwartungen, wenn auch die vor der DDR platzierten Länder durchweg mehr internationale Titelträger in ihren Aufgeboten hatten. Aber der 10. Platz, mit einer stark verjüngten Mannschaft errungen, läßt für die Zukunft hoffen. Der eingeschlagene Weg, den Nachwuchs an große internationale Aufgaben heranzuführen, ist richtig.

Sowie Verbandstrainer Hans Platz:

Das angestrebte Ziel, den Stand der DDR-Mannschaft im Weltmaßstab um einige Plätze zu verbessern, ist leider nicht gelungen. Die Ursache dafür bedarf gründlicher Analysen und ist nicht in einigen wenigen Sätzen zu erfassen. Es kann jedoch festgestellt werden, daß das bewußt eingegangene Risiko, die Mannschaft für Skopje mit drei international erfahrenen Kräften und drei jungen Spielern, die zum ersten Mal an einer Olympiade teilnehmen, zu strukturieren, nicht als mißlungene Maßnahme bezeichnet werden kann.

1972: Höhenluft im Kaukasus

In zeitlicher Nähe zur Olympiade spielte Artur das sehr gut besetzte Tschigorin-Memorial in Kislowodsk/Kaukasus. Theoretisch wäre es möglich gewesen, beide Turniere zu bestreiten, aber das tat tatsächlich niemand. Doch eine Art Ausgleichsmaßnahme? Hier einige Auszüge aus seinem Bericht für "Schach" 1/1973:

Kislowodsk war Austragungsort des Tschigorin-Memorials vom 22. Oktober bis 12. November 1972. Acht Großmeister, vier Internationale Meister und vier Meister aus sieben Ländern maßen die Kräfte.
Gesamteinschätzend kann man feststellen, daß dieses Turnier zu Ehren des Begründers der russischen Schachschule M. I. Tschigorin (1850-1908) ein voller Erfolg war. Hervorzuheben ist der Kampfgeist aller Teilnehmer, die immer für Spannung für die zahlreich erschienenen Zuschauer sorgten. Im Gegensatz zu vielen anderen Turnieren konnte man hier die Salonremisen an einer Hand abzählen! Dafür gebührt besonders den zehn sowjetischen Meistern Dank, die auch in allen Partien gegeneinander hart kämpften.

Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit L. Stein hatte der sympathische Großmeister Lew Polugajewski nach der letzten Runde die Nase vorn. Er war der Beste in diesem Klassefeld und hat es vor allem seinem "Sitzfleisch" zu verdanken, daß er auf der höchsten Stufe des Siegerpodestes stehen konnte. Den Ehrenplatz belegte verdient der dreifache, UdSSR-Meister und zweimalige Gewinner des Aljechin-Memorials Leonid Stein.
Jefim Geller machte den dreifachen sowjetischen Triumph perfekt. Er hätte noch weiter oben landen können, aber sein Mut zum Risiko wurde in einigen Partien nicht belohnt.

...

Von den Ausländern schlug sich BRD-Spitzenspieler W. Unzicker ganz ausgezeichnet. Es gelang ihm, in die sowjetische Phalanx einzudringen.

So etwas gab doch sicher auch Minuspunkte?! Wir wissen ja schon aus Dr. Pflegers Erinnerungen, dass Arturs Haltung gegenüber dem "Klassenfeind" als "nicht gefestigt" gelten musste ...
Bemerkenswert ist aber auch, dass Artur kein einziges Wort zur eigenen Leistung verliert. Hier ist er sonst schonmal kritisch, wenn es sein muss.
Efim Geller 1977 Dabei gewann er immerhin gegen keinen Geringeren als Efim Geller, dem er zuvor schon ein Remis abgetrotzt hatte. Geller hatte positive Gesamtbilanzen (bei einer durchaus signifikanten Zahl an Partien) gegen Botvinnik, Smyslov, Petrosian und Fischer (sowie auch gegen alle Weltmeister insgesamt). Seine Bilanz gegen Tal war ausgeglichen, die gegen Spassky negativ. Eine Partiensammlung von ihm wird aufgrund dieser Umstände "The Nemesis" genannt vom Herausgeber. Im Vorwort von John Shaw wird Geller wie folgt charakterisiert:

When the topic of the best player never to be World Champion is raised, Korchnoi and Keres are often mentioned, but Geller deserves to be on the shortlist. Among his many achievements, he won two Soviet Championships, seven Olympiad team gold medals and three Olympiad golds for individual performance. ... When Petrosian dethroned Botvinnik in 1963, he qualified for the match by finishing just half a point ahead of Geller and Keres in the 1962 Curacao Candidates Tournament. Would Geller (or Keres) also have defeated the ageing Botvinnik? Quite possibly, but I am straying into alternative history, so I shall return to more solid ground.

Meine Übersetzung:

Wenn das Thema "Stärkste Spieler, die nie Weltmeister wurden" angesprochen wird, fallen oft die Namen Korchnoi und Keres, aber Geller hätte es nicht minder verdient genannt zu werden. Seine zahlreichen Erfolge umfassen u. a. zwei UdSSR-Landesmeistertitel, sieben olympische Goldmedaillen mit der Mannschaft und drei für den besten Einzelspieler.
Als Petrosian 1963 Botvinnik entthronte, hatte er sich zuvor nur mit einem halben Punkt Vorsprung auf Geller und Keres beim Kandidatenturnier Curacao 1962 für das Match qualifiziert. Hätte Geller (oder Keres) den alternden Botvinnik ebenfalls bezwungen? Durchaus möglich, aber ich schweife in alternative Geschichtsschreibung ab und sollte mich wieder Soliderem zuwenden.

Garry Kasparov hat Geller in seinen "Great Predecessors" einen eigenen Abschnitt gewidmet.
Geller war auch erfolgreicher Theoretiker und neben Bronstein einer der Väter von Königsindisch.
Verschiedentlich ist auch die Rede davon, dass der WM-Kampf Fischer - Spassky anders ausgegangen wäre, hätte sich Spassky in entscheidenden Momenten der Geller'schen Ratschläge nur erinnert. Gelegentlich durfte Geller dann die Bombe wenigstens selbst platzen lassen, so wie hier:

Fischer - Spassky, WM Reykjavik 1972 nach 14...a6? Timman - Geller, Hilversum 1973 nach 14...De7-b7!

In aller Kürze: Geller hatte selbst schon mit 14...a6? gegen Furman verloren und Spassky seine Verbesserung 14...Db7! in der Vorbereitung gezeigt. Der schwarze a- und c-Bauer werden entfesselt, was u. a. ein Einkreisen des Lb5 droht und so die weiße Rochade unmittelbar verhindert. Timman musste das Ganze dann ein Jahr später gegen Geller ausbaden, da Spassky zu einem extrem wichtigen Zeitpunkt im Match die Vorbereitung vergessen und Gellers Fehler wiederholt hatte. Schachlich sehr viel ausführlicher erläutert durch Mihail Marin im Printmedium KARL 3/22 (Online-Teaser) oder auch mit einigen Hintergründen online zu finden, z. B. bei Chessbase/Friedel.

Wie durchaus auch zu erwarten, verlief Arturs Partie mit Efim Geller sehr kompliziert:


Artur Hennings (2475) - Efim P Geller (2590) [B21]

Chigorin Memorial-08/Kislovodsk (11) 1972


1. e4 c5 2. f4 Nc6 3. Nf3

Ein anderes gutes Verteidigungssystem besteht in

3... e6

3... g6 Nach 4. Bb5 Bg7 5. O-O Nd4 entsteht eine zweischneidige Position, in der die Chancen des Nachziehenden nicht schlechter sind.

4. Nc3 Nge7 5. Bb5 Nd4 6. Nxd4 cxd4 7. Ne2 a6 8. Bd3 Nc6 9. O-O Bc5 10. a3 O-O 11. b4 Ba7 12. Qe1 d5 13. e5 f6 14. Qh4 h6 15. exf6?

Nach

15. Bb2! fxe5 16. Qxd8 Rxd8 17. fxe5 halten sich die Chancen die Waage. Der Textzug begünstigt Schwarz.

15... Qxf6 16. Qxf6 gxf6!

Nun ist guter Rat teuer. Die Drohung ...e6-e5-e4 und d3+ ist äußerst unangenehm.

17. Bb2

17. Ng3! RS: Vermutlich verdient eher 17.Lb2 als 15.e;f das Fragezeichen. Allerdings war die Pointe von 17.Sg3 - falls Schwarz den von Artur geschilderten Plan 1:1 umsetzt - auch sehr versteckt. 17... e5? 18. fxe5 fxe5 19. Bh7+! Kg7 20. Nh5+

17... e5 18. b5!

Eine gute Ausrede!

18... Ne7

Nach

18... axb5 19. fxe5 fxe5 20. Rxf8+ Kxf8 21. Kh1 entsteht eine sehr komplizierte Position. (RS: die Schwarz nichtsdestotrotz im Vorteil sieht)

19. fxe5 fxe5 20. Bh7+

RS: Ohne einen Springer auf g3 wie in der obigen Variante leider nicht so wirkungsvoll.

20... Kg7

Im Falle von

20... Kxh7 21. Rxf8 d3+ 22. Kh1 (22. b6! RS: Auftakt zu einer computerlastigen, aber bizarr-hübschen Variante. Der sL wird zunächst auf ein ungedecktes Feld getrieben, um die eigentliche Pointe im nächste Zug vorzubereiten. 22... Bxb6+










23. Bd4! Ng6 24. Re8 exd4 25. cxd3 während die Engine das immer noch als etwa ausgeglichen betrachtet, hat Schwarz zwar das Läuferpaar für den Turm, aber erhebliche Probleme, den Damenflügel zu entwickeln. Die praktischen Chancen liegen wohl eher bei Weiß. Allerdings lässt sich Geller ja richtigerweise gar nicht erst auf diese Variante ein.) 22... dxe2 23. Rf7+ (23. Bxe5 Bc5= RS) 23... Kg6 24. Rxe7 hat Schwarz ziemliche Sorgen. RS: Nach Arturs zu optimistischem Vorschlag 23.Tf7+ liegen die Sorgen bei Weiß. Schwarz hat zwar eine Qualität weniger, aber das Läuferpaar entfaltet jetzt die volle Kraft und der weit vorgerückte Freibauer bleibt am Leben. 24... Bg4 RS 25. h3 Rf8! natürlich die Idee hinter 24...Lg4 26. Kh2 Rf1 27. Bxe5 Rxa1 28. Bxa1 Bc5 und der Turm findet kein friedliches Plätzchen in der e-Linie. 29. Rg7+ (29. Re8 Kf7) 29... Kf5 30. hxg4+ Ke6 31. Rg6+ Kf7 32. Rf6+ Ke7 33. Rf5 Bd6+ und der e-Bauer läuft durch.

21. Rxf8 Kxf8 22. Ng3 Kg7 23. Bd3 e4 24. Be2 Be6 25. a4 Rc8 26. Rc1 Kg8 27. Kf1 a5 28. Ke1?

Viel besser war

28. d3! z. B. 28... e3 (28... Nf5 RS: verhindert das Druckspiel gegen d4. 29. Nxf5 Bxf5) 29. Bf3 und Se2 mit Vorteil für Weiß.

28... Ng6 29. d3 Nf4 30. dxe4 Nxg2+ 31. Kf2 Ne3 32. Bd3 Rf8+ 33. Kg1 dxe4 34. Nxe4 Bd5 35. Ba3! Rf4

Falls jetzt

35... Bxe4 36. Bxf8 Bxd3 37. cxd3 Kxf8 , so 38. Rc8+ Kf7 39. Rc7+ und die weißen Aussichten sind klar besser.

36. Ng3 Nc4 37. Be7










37... Rf7

37... Bb6! RS: Entscheidend hierbei ist nicht, Druck von der 7. Reihe zu nehmen oder weißes b6 zu verhindern, sondern das Feld d8 unter Kontrolle zu nehmen. 38. Nh5 funktioniert hier - anders als bei Turm auf f7 - nicht, da der schwarze Turm Zugang zur g-Linie bekommt.(38. Rf1 Rxf1+ 39. Kxf1 Kf7 40. Bh4 Nb2 ist noch am besten.) 38... Rg4+ 39. Ng3










39... Kf7 Mitten auf dem Brett hat der Le7 keine Felder mehr - die Pointe von 37...Lb6 40. Re1 h5 41. Kf2 h4

38. Nh5!

RS: Ein sehr vielseitiger und starker Zug. Zu Verteidigungszwecken nimmt er g7 unter Deckung und daneben auf taktische Weise den Le7. Gleichzeitig deuten sich auch mit reduziertem Material Möglichkeiten an, die Artur in seinem Element sehen: dem schwarzen König einzuheizen. Weiß hat damit wieder gleiche Chancen hergestellt.

38... Be6

natürlich nicht

38... Rxe7 wegen 39. Nf6+ RS: mit Ausgleich und etwa gleichwertig zur Partie.

39. Bh4 Ne5 40. Bg3 Nf3+ 41. Kg2 Nd2?

Der Verlustzug.

41... Bd5=

42. Re1! Bd5+ 43. Kh3 Rf3

Noch das Beste. Folgende Varianten sollen zeigen, wie kritisch die Lage des Nachziehenden ist.

43... Bc4 44. Re8+ Rf8 45. Nf6+ Kf7 46. Rxf8+ Kxf8 47. Nd7+ Ke7 48. b6! RS: und jetzt wird der Spieß bei den schwarzfeldrigen Läufern umgedreht!

43... Bc5 44. Re5 Rd7 45. Rxd5 und gewinnt.

44. Kg4 Bf7 45. Re2 Nf1! 46. Bc7! Rxd3 47. cxd3 Bc5

Etwas besser war

47... Ne3+ 48. Kh4 Nf5+ 49. Kh3 Bxh5 50. Rg2+ Kf7 51. b6

48. Nf6+ Kg7 49. Ne4 b6 1-0 [Artur Hennings]

1973: Die "Neckař-Kontroverse"

Eine Partie Arturs gegen Lubomír Neckař aus dem Jahr 1973 hatte, wie in der Einleitung beschrieben, mein Interesse an seinen Partien geweckt. Spannend war dabei vor allem der z. T. kontrovers geführte Wechsel von Zuschriften/Kommentaren und vor allem Analysen zwischen Lesern, Redaktion und Autor. Heute in der Form gegenstandslos und wenn man den Analyse-Wettstreit des berühmten Endspiels Botvinnik - Fischer (Varna 1962) zum Vorbild nimmt, praktisch ein ausgestorbenes Genre.
Leider scheinen damit auch gleichzeitig die Leserbriefe selbst ausgestorben zu sein – zumindest bei "Schach". Schade!


Artur Hennings (2435) - Lubomir Neckar [B66]

SGL-Cesky Brod/Leipzig (2.1) 1973


SCHACH 9/1973 Seite 271

1. e4 c5 2. Nf3 d6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 Nf6 5. Nc3 Nc6

RS: Fabiano Caruana wählte den Klassischen Sizilianer, als er in er letzten Runde des Kandidatenturniers 2016 gegen Karjakin unbedingt mit Schwarz gewinnen musste. Wir erinnern uns noch, wie das Ganze ausging: Karjakin spielte eine tolle Partie mit Turmopfer auf d5 und qualifizierte sich für das WM-Match gegen Carlsen.

6. Bg5

RS: Der Rauser-Angriff gilt auch heute noch als Mittel der Wahl gegen den klassischen Sizilianer.

6... Bd7

6... e6 RS: ist der Hauptzug, aber 6. ..Ld7 eine auch heute noch verbreitete Alternative.

7. Qd2 a6 8. O-O-O e6

RS: Durch Zugumstellung sind wir wieder in einer der Hauptvarianten gelandet.

9. f4 h6 10. Bh4 Nxe4

"Ein taktischer Schlag, mit dessen Hilfe Schwarz die Stellung vereinfachen und ins Endspiel übergehen will." So zitiert Artur Boleslawski. Dieser war neben Keres, Taimanow, Polugajewski u. a. Autor der beliebten Eröffnungsbuch-Reihe im DDR-Sportverlag. Der Informator steckte hier noch in den Anfangsjahren und an Datenbanken war natürlich noch nicht zu denken. Wohl denen, die gut geordnete Karteikartensysteme pflegten. Artur Hennings hatte den großen Isaak Boleslawski, der 1950 das Kandidatenturner gemeinsam mit seinem engen Freund David Bronstein gewann und den anschließenden Stichkampf knapp verlor, übrigens 1969 in einer Glanzpartie mit Damenopfer besiegt. Dazu mehr am Ende des Artikels. Artur Hennings' Skepsis gegenüber dem Zug war durchaus angebracht - er ist heute aus der Mode gekommen. Parimarjan Negi schreibt in "1.e4 vs. Sizilian II" (GM-Repertoire): "This is an old move. Obviously it should still be considered, but White gets a comfortable position with just a few accurate moves."

10... b5 11. Bxf6 gxf6 12. f5 Qb6 13. fxe6 fxe6 14. Nxc6 Qxc6 15. Bd3 h5 16. Kb1 b4 17. Ne2 Qc5 18. Rhf1 Bh6 19. Qe1 a5 20. b3 Rg8 21. g3 Ke7 22. Bc4 Be3 23. Rf3 Rg4 24. Qf1 Rf8 25. Nf4 Bxf4 26. Rxf4 a4 27. bxa4 Bxa4 28. Qd3 Bc6 29. Bb3 Rg5 30. e5 Rxe5 31. Rc4 Rd5 32. Qe2 Qb6 33. Rh4 Re5 34. Qd3 Bg2 35. Rd4 d5 36. Qd2 Re4 37. Rxd5 exd5 38. Qxd5 Qc7 39. Qf5 Rf7 40. Bxf7 Qe5 41. Rd7+ Kf8 42. Rd8+ 1-0 (42) Karjakin,S (2760)-Caruana,F (2794) Moscow 2016 CBM 172 [Karjakin,S]

11. Qe1 Nf6

12. Nf5 Qa5 13. Nxd6+ Bxd6 14. Rxd6

"Die Ausgangsstellung vieler Analysen. Die Hauptzüge sind jetzt 14...Dc7 und 14... 0-0-0. Aber ich glaube, dass beide Fortsetzungen nicht zum vollwertigen Spiel für Schwarz ausreichen." (Hennings) Wie schon angedeutet hält dieses Urteil auch heutigen theoretischen Erkenntnissen Stand.

14... Nb4?!

"Für mich eine große Überraschung, und ich nahm "voll Zeit"." (Hennings)

15. Qe5

Nach diesem Zug gibt es in vielen Varianten die 0.00-Bewertung des Rechners. Aus heutiger Sicht verdient er daher ein Fragezeichen, da Weiß großen Vorteil vergibt. "Nach Boleslawski widerlegt

15. a3 den Textzug. Bei 15... Nbd5 16. Qe5 Bc6 (16... Rg8 17. Bc4 Qc5 18. Nxd5 Nxd5 19. Bxd5 f6 20. Rxe6+ 1-0 (20) Jansa,V (2490) -Giustolisi,A Cirella di Diamante 1976) 17. f5 Qc5 18. Nxd5 Nxd5 19. Qxg7 steht Schwarz vor den Ruinen seiner Spielführung. Da ich aber seit langer Zeit zum ersten Mal wieder die Rauser-Variante ausprobierte, kann es schon vorkommen, dass man eine Variante vergisst. Manchmal ist es sogar sehr gut - die theoretischen Widerlegungen müssen nicht immer korrekt sein." (Hennings) In diesem Fall sind sie es übrigens. Man kann Boleslawski voll beipflichten. 14...Sb4 ist entweder ein grober Zeitverlust nach 15.a3 Sc6 oder ermöglicht der weißen Dame nach 15...Sbd5 den Zugang zum Feld e5, ohne dass Damentausch möglich ist. Schwarz steht nach 15.a3 tatsächlich mehr oder weniger auf Verlust.

15... Nxa2+

"Nun war es mein Gegner, der voll Zeit nahm. Nach der Partie hielt er auch

15... Qxe5 16. fxe5 Ng4 für stark und übersah den einfachen Totschlag 17. Rd4! " (Hennings)

16. Nxa2 Qxa2 17. Bxf6 gxf6 18. Qxf6 Rg8 19. f5 Rc8

"Auch 19... Qa1+ 20. Kd2 Qa5+ 21. c3 Qxf5 22. Qxf5 exf5 23. Rxh6 kam in Betracht." (Hennings) Auch diese Stellung dürfte ausgeglichen sein.

20. Be2!










20... Qa4!!

"Der Textzug ist äußerst wirksam. Hauptdrohung ist das Matt auf c2. Zum anderen droht Turmverlust durch Df4+." (Hennings) Vermutlich ist der Textzug tatsächlich am stärksten, da er auch Weiß Genauigkeit abverlangt, aber im Remissinne waren auch andere Züge möglich. Z. B. das nachstehend untersuchte Damenschach auf a1 - allerdings ohne den Turmraub auf h1.

Oder 20... Qa1+ 21. Kd2 Qxh1?? Der Turm allerdings ist unbekömmlich, worauf in den zeitgenössischen Kommentaren nicht eingegangen wird. Nach(21... Qa5+ 22. c3 Qxf5 23. Qxf5 exf5 24. Bf3 Rg6 sollte Schwarz nicht verlieren.) 22. fxe6 Bxe6 23. Rxe6+ fxe6 24. Qxe6+ Kd8 (24... Kf8 25. Qxc8+ Kg7 26. Qxb7+ "und Weiß hält alle Trümpfe in der Hand." Weiß sollte hier tatsächlich besser stehen und wer wollte es den alten Meistern verdenken, dass sie ohne elektronische Unterstützung das Matt in 20 nicht fanden? Allerdings gewinnt Weiß in der Alternativvariante relativ schnell forciert den Turm. Die Partie ist voll von geometrischen Motiven ...(26. Qd7+ Kf6 (26... Kh8 27. Qd4+) 27. Qd6+ Kf7 28. Bh5+ Rg6 29. Qxg6+) ) 25. Qd6+ Ke8 26. Bh5+ {

21. c4 Rxg2

"Sieht hervorragend aus, denn der Le2 hängt und es droht . ..T:c4+ nebst Matt.

Im Remissinne war aber wohl 21... Rxc4+ 22. Bxc4 Qxc4+ 23. Kb1 Qe4+ besser. Mein Gegner glaubte auf Gewinn zu stehen; deshalb verwarf er diese ausgleichende Fortsetzung." (Hennings)

22. Rd4!!

"Die Rettung! Die Hauptidee besteht darin, nicht etwa das Turmschach auf c4 zu entgiften, sondern das Gegenmatt vorzubereiten: 23. Dh8+ Ke7 24. f6" Diese Anmerkung von Hennings in Schach 9/73 bildete den Ausgangspunkt für die "Neckar-Kontroverse", die sich über mehrere Leserbriefe in Ausgaben des 74er Jahrgangs hinziehen sollte. 'Rettung' ist eigentlich ein korrekter Fingerzeig auf die 0.00-Tendenz der Stellung. Allerdings verdient der Textzug eher ein "?!", da er in remislicher Lage unnötigerweise ein nicht ganz einfaches Endspiel riskiert. Zudem zeigen sowohl das Ausbleiben kritischer Kommentare zu schwarzen Folgezügen als auch Arturs Reaktionen auf die Leserbriefe, dass er zu diesem Zeitpunkt seine Chancen noch optimistischer sah.

22. Kb1! nimmt vorsorglich sowohl ...Da1+ als auch ...T:c4+ aus der Stellung. 22... Rxe2 23. Rhd1 Qc2+ 24. Ka1 nebst Dauerschach wäre wohl die folgerichtige Variante, die aber von niemandem erwähnt wird.

22... Qa1+

In den Varianten folgt nun Teil 1 der Kontroverse:

SCHACH 1/1974 Seite 19 und 5/1974 Seiten 147-148: "Zur Partie Hennings - Neckar in Heft 9/73/S. 271 meint Siegfried Schneider aus Zwickau, 'dass 22.T:d4! nicht die Rettung bedeutet; nach 22...e;f verliert Weiß in allen Varianten.' Daran ist schwerlich etwas einzuwenden." (der letzte Satz von der Redaktion). Weitere Varianten werden nicht ausgeführt. Hennings war darüber offenbar sehr verärgert, führte seinerseits mehrere Varianten aus und leistete sich die etwas bissige Bemerkung zum 'Fachkommentar', die ich weiter unten wiedergebe. Dies mag etwas abgehoben rüberkommen, aber mehrere Zeitgenossen bezeichneten Artur Hennings als sehr umgänglich. Ich kann seinen Ärger insofern verstehen als "verliert in allen Varianten" arg lieblos daherkommt, wenn es die Essenz des Leserbriefs war. Und auch die Redaktion stimmte nur lapidar zu, anstatt zu untermauern. Ein paar nähere Erläuterungen darf man dann doch erwarten. Zum Ansinnen der Nicht-Veröffentlichung bezieht die Redaktion allerdings einen klaren und nachvollziehbaren Standpunkt: "Hennings' Vorwurf, Schneiders 'Fachkommentar' überhaupt zu veröffentlichen, halten wir für unangebracht. Bestünden die Redakteure nur aus Furcht vor einem Irrtum, müssten sie fast jede Partieanmerkung streichen, so auch Hennings' kategorische Bemerkung zu besagter Partie: '22.Td4!! (Die Rettung!...)' Eine solche entschiedene Beurteilung fordert natürlich die kritischen Leser heraus. Damit muss der Glossator rechnen, und das ist gut so." Soweit die Redaktion. Ich möchte allerdings noch zu bedenken geben, dass Hennings in diesem Punkt nur indirekt zitiert wird und bekanntlich bei den offiziellen Kreisen nicht sonderlich beliebt war. Wie sehr diverse SED-Kreise in solche schachlichen Details eingreifen würden, vermag man wohl jetzt nicht mehr zu sagen. Fakt ist aber, dass man Seite 2 der DDR-Schach-Ausgaben (der Propaganda-Teil zu Planerfüllungen u. ä. mit meist nur sehr indirektem schachlichen Bezug) getrost überblättern konnte. 22... exf5 23. Qe5+ 23... Be6 (23... Kf8 24. Rhd1 Hier irrt der Meister - beide von ihm vorgeschlagenen Züge verlieren. Notwendig war sofort 24.Kb1 mit der für solche Stellungen üblichen 0.00-Bewertung.("gut ist auch" 24. Qh8+ (Hennings)) (24. Kb1=) 24... Kg8 25. Kb1 "und die weißen Drohungen bleiben bestehen." (Hennings)(25. Rxd7? Rxc4+!) 25... Re8! "Soweit eine sachliche Gegenkritik des Internationalen Meisters, der wir ebenfalls wünschen, sie möge der Wahrheit sehr nahekommen, obgleich die zuletzt genannte Variante wenig überzeugt. Wir meinen, dass Schwarz nach 25... Te8 gewinnt." (Redaktion Zeitschrift "Schach" - Chefredakteur war damals Fernschach-Weltmeister Horst Rittner - bzw. Werner Golz, zu jener Zeit verantwortlich für den Kombinationsteil) In der Tat steht Schwarz hier auf Gewinn, woran allerdings der in der Analyse fehlerhafte Zug 24.Thd1 Schuld ist. ) 24. Rhd1 mit der Drohung Td8+! 24... Rxe2 (bzw. 24... Ke7 25. Rd7+ Qxd7 26. Rxd7+ Kxd7 27. b3 mit der unangenehmen Drohung 28. Lf3 könne Weiß die Partie retten, behauptet Hennings) 25. Rd8+ (25. Qxe2 Rxc4+ 26. Rxc4 Qxc4+ 27. Qxc4 Bxc4 28. Rd6 und ein Remis ist wahrscheinlich) 25... Ke7! 26. R1d7+ Qxd7 27. Rxd7+ Kxd7 28. Qxe2 Rxc4+ 29. Kb1 mit guten Verteidigungschancen für Weiß angesichts der offenen Stellung

23. Kc2










23... Rxe2+

In den nachfolgenden Varianten Teil 2 der Kontroverse, der mehr Hand und Fuß hatte.

"Altmeister Rudolf Schwabe (72) aus Westberlin schrieb uns hierzu: 'An die Rettung "glaubt der Glossator, weil er die Partie gewonnnen hat. In Wahrheit ist die Stellung für ihn verloren: 23... Rxc4+! 24. Rxc4 Rxe2+ 25. Kd3 (Falls aber 25. Kb3 so 25... Ba4+! 26. Rxa4 Re3+ 27. Kb4 Re4+ mit Gewinn für Schwarz.(27... Qxh1) ) 25... Qxb2 26. Qxb2 Rxb2 und Schwarz muss das Endspiel gewinnen.' Auch das - so meinen wir - ist nicht einfach von der Hand zu weisen." Dieser Leserbrief wurde erst mit Heft 5/74 veröffentlicht, so dass es zu keiner Reaktion von Hennings mehr kam. 27. Kc3 Rf2 28. fxe6 Bxe6 29. Rh4 Rf6 30. Rd1 Ke7

24. Kd3 Rd2+ 25. Kxd2 Qxb2+

25... Qa5+

26. Ke3 Qc3+ 27. Kf4

"Es ist leicht ersichtlich, dass Schwarz sein Pulver verschossen hat. In hochgradiger Zeitnot spielt er noch etwas weiter." (Hennings)

27... e5+ 28. Qxe5+ Kf8 29. Qh8+ Ke7 30. Rxd7+ 1-0 [Artur Hennings]

1973: Begegnung mit Tal

1973 wurde Artur erneut zum Tschigorin-Memorial entsendet, das diesmal in Sotschi am Schwarzen Meer stattfand. Und wohl noch einmal besser besetzt war als die 8. Auflage ein Jahr zuvor. An der Spitze duellierten sich die Ex-Weltmeister Tal und Spassky, die gerade in diesem Jahr sehr gut in Form waren. Tal hatte in den 70ern seinen Stil etwas gewandelt und brach mehrmals Rekordserien als Ungeschlagener. Er gewann 1972 seinen vierten Landesmeistertitel.
Spassky – von der "Weltmeisterbürde" befreit – spielte auch sehr stark und gewann die in diesem Jahr besonders hochkarätig besetzte Landesmeisterschaft 1973.
Was hatte Artur in "Schach" 11/1973 über seinen Turnierverlauf zu berichten? Hier ein erster Auszug:

Ich hatte große Schwierigkeiten, mich in Sotschi zu akklimatisieren. Besonders in den ersten fünf Runden erreichte ich nicht mein normales Leistungsvermögen. Das kam in den einzelnen Partien und vor allem im Punktekonto zum Ausdruck. Danach lief es etwas besser und ich konnte noch die IM-Norm bestätigen.

Wenn wir uns die nächsten Fragmente und Partien sowie die Namen der Gegner anschauen, werden wir "etwas besser" wohl doch als Untertreibung einordnen.
Jan Timman 1984 Zunächst die Begegnung mit dem jungen Jan Timman aus dem berühmten 51er Jahrgang (Andersson, Karpov, Sax, Vaganian, ...). Ich hatte den Großmeister, Studienkomponisten, Autor bereits hier im Rahmen eines anderen Projekts vorgestellt:
Der Niederländer war 1982 hinter Anatoli Karpov die Nr. 2 in der Weltrangliste und hat gegen selbigen einen WM-Kampf bestritten. Schon seit langer Zeit schlägt er Brücken zwischen Partieschach und Studien, z. B im Buch mit dem beispielgebenden Namen "Studien und Partien" (dt. Rau-Verlag 1990). 2016 besuchte er unseren Verein und belegte Rang 2 im Ehrenpreisturnier hinter Alexander Naumann.

Teilnehmer Ehrenpreisturnier Löberitz 2016 Jan Timman steuerte dann eine eigens für meinen Artikel zum "Schildkrötenmotiv" komponierte Studie bei. Und natürlich sind seit dieser Zeit herausragende Bücher von ihm erschienen. Schon vor einiger Zeit mein absoluter Favorit "Timman's titans" – unglaublich trocken –humorige, kenntnisreiche und packende Porträts der Weltmeister, die er kannte (nebst Zugabe). Unlängst eine Partiensammlung seines großen Landsmannes Max Euwe und eine erweiterte Neuauflage von "The Art of the Endgame".


Artur Hennings (2475) - Jan H Timman (2480) [B07]

Chigorin Memorial/Sochi (7) 1973


32. g4! Qh4?

übersieht ein schönes geometrisches Motiv. Die schwarze Lage war aber bereits schwierig.

33. gxf5 gxf5 34. Bxe4 Bxe4 35. Rg2+ Kf7 36. Qg7+ Ke6










37. Rxe4+!

Solche Mattbilder ließ sich Artur selten entgehen.

37... fxe4 38. f5+ Kxf5 39. Rf2+ Ke6 40. Qf7+ 1-0 [Reyk Schäfer]

Arturs Gegner in der nächsten Partie – Jan Smejkal – hatte ich bereits vorgestellt. Beim schon angesprochenen Länderkampf gegen die ČSSR 1972 konnte er sich überzeugend für die Niederlage 1970 in Kapfenberg revanchieren.
Nachstehende Partie brachte Artur in der persönlichen Bilanz gegen den Weltklassespieler wieder in Führung. In der Ausgangsstellung zum Fragment deutet noch nichts auf einen weißen Sieg hin, aber Artur wird besser durch die Verwicklungen navigieren.


Artur Hennings (2475) - Jan Smejkal (2570) [C28]

Chigorin Memorial/Sochi (8) 1973


42... Bc2?

Smejkal kann offenbar dem folgenden Scheinopfer nicht widerstehen.

42... Rc2 war notwendig.

43. Bxg5 Bxd3+










44. Kf2!

Sehr stark gesehen von Artur! Die Dame hat ein Röntgenauge auf d8, was entscheidend dabei hilft, Drohungen gegen h6 aufrecht zu erhalten.

44. Kxd3?? Qb3+ 45. Kd2 Rc2+ 46. Ke1 Qxf3 und das Matt ist nicht zu verhindern.

44... Kg8 45. Qa5!

Sehr stark gesehen von Artur! Die Dame hat ein Röntgenauge auf d8, was entscheidend dabei hilft, Drohungen gegen h6 aufrecht zu erhalten.

45... Bb5

Jetzt wirkt die Dame auf a5 fehl am Platz, aber schon der nächste Zug zeigt, dass der Schein trügt.

46. Bxh6 Rxh6 47. Rxh6 Rxh6 48. Qd8+ Kg7 49. Re7 d3 50. g5 Rh2+ 51. Kg3 1-0 [Reyk Schäfer]

Mikhail Tal 1962 Mikhail Tal muss man eigentlich nicht näher vorstellen. Und doch gäbe es zu dieser Persönlichkeit sehr viel zu sagen, was viele andere ja auch schon getan haben.
Sein Sturm auf den Weltmeister-Thron mit 23 Jahren war damals beispiellos. Auch wenn seine Regentschaft nicht lange anhielt, errang Tal auch als Ex-Weltmeister noch zahlreiche Turniererfolge. Er war u. a. sechsmal Landesmeister im stärksten Championat der Welt und blieb noch bis Mitte der 80er Jahre trotz langjähriger gesundheitlicher Probleme stets eine Größe, mit der man bei den Kandidaten-Wettkämpfen rechnen musste.

Man kann Tal sicher mit Fug und Recht als beliebtesten Weltmeister bezeichnen. Das liegt zum einen natürlich an seinem spektakulären Opferstil – vor allem zu Beginn seiner Karriere. Später wurde sein Stil universeller und er hatte in den 70ern und 80ern lange Serien ohne Verlustpartie.
Zum anderen liegt Tals Popularität sicher in seiner stets freundlichen und fairen Persönlichkeit begründet.
Es gibt mehrere Beispiele (u. a. gegen seinen späteren Trainer Koblenz), wo er die Gegner auf Fehler im Partieformular aufmerksam macht und sie so vor der Zeitüberschreitung bewahrt.
Genna Sosonko beschreibt in "The world champions I knew", wie Tal beim Betreten des Turniersaals nicht nur alle Spieler mit Handschlag begrüßt, sondern auch jeden Schiedsrichter und jeden Bedienjungen an den Demonstrationsbrettern!
Bei der kürzlichen Live-Übertragung des FIDE Grand Swiss gab Peter Leko eine Geschichte zum Besten, die in eine ähnliche Richtung geht. Das Interzonenturnier mit Tal fand 1987 in Lekos Geburtsstadt Subotica statt. Als 7jähriger wollte er Autogramme jagend auf die Bühne stürmen, kam aber etwas zu spät. Der Schiedsrichter hatte die Runde bereits freigegeben und verwies den Kleinen der Bühne. Tal, dessen Partie bereits lief, hatte alles mitbekommen und ging bei laufender Uhr von der Bühne zu Leko, um ihm das Autogramm doch noch zu geben. Peter Leko schilderte diese Begegnung als sehr prägend.
Für Artur war die Partie mit Tal sicher auch besonders. Er hat sie in "Schach" 11/73 kommentiert:


Mihail Tal (2655) - Artur Hennings (2475) [D55]

Chigorin Memorial/Sochi (9) 1973


Kommentare aus (Schach 11/73): Die Schachbegeisterung war in Sotschi riesengroß. Ein Beispiel: Pünktlich um 16.30 Uhr begannen im großen Konzertsaal der staatlichen Musikschule die Uhren zu ticken. Es war nicht einfach, pünktlich zu erscheinen. Hunderte Schachbegeisterte versuchten, noch eine der 700 Karten zu erwischen und blockierten dabei natürlich alle Zufahrtswege.

1. d4 Nf6 2. c4 e6 3. Nf3 d5 4. Nc3 Be7 5. Bg5 h6 6. Bh4 O-O 7. e3 Nbd7 8. Rc1 a6 9. cxd5 exd5 10. Bd3 c6 11. Bg3 Re8 12. O-O Nf8 13. Ne5 Ne6 14. Bb1 Ng5 15. Qb3

Sehr unangenehm! Der schwarze Damenflügel wird blockiert und es treten Entwicklungsschwierigkeiten für den Nachziehenden auf.

15... Nh5 16. f4 Nxg3

Damit war das erste Teilziel erreicht. Ein gefährlicher Angreifer wurde eliminiert. Man musste allerdings die nach 17.f;g entstehenden Varianten genau prüfen. Nach zwanzigminütigem Prüfen entschloss sich mein Kontrahent zu

17. hxg3

17. fxg5 Nxf1 RS: Dies ist der beste Zug, den Artur irrigerweise für fehlerhaft hält. Die Varianten sind aber hochkompliziert und die zeitgenössischen Kommentare ohne Engine-Hilfe entsprechend zu würdigen.(17... Bxg5 RS: wird von Artur favorisiert, ist aber wohl nur ausgeglichen, während 17...S:f1 für Schwarz gewinnen sollte. 18. hxg3 (18. Rf3 Ist laut Hennings besser als h;g, was zweifellos zutrifft. 18... Nf5 19. Bxf5 Bxf5 20. Rxf5? (20. Nxf7 Kxf7 21. Rxf5+ Kg8=) 20... Bxe3+) 18... Bxe3+ 19. Kh1 Rxe5! 20. dxe5 Qg5 und Schwarz sitzt am längeren Hebel.) 18. Rxf1 (18. gxh6!? ist besser und wird von Artur nicht untersucht. Schwarz bleibt aber nach 18... Be6! am Drücker.(18... Nxe3?? 19. h7+ Kh8 20. Nxf7#) ) 18... Bxg5 19. Nxf7 Rf8!! (19... Bxe3+ ist Hennings' Zug 20. Kh1 Qh4 21. Qc2 und die weißen Drohungen sind unparierbar. RS: Nach dem wahrhaft computerlastigen 21... Bf4! 22. g3 Qh3 23. Qh7+ Kf8! hält Schwarz jedoch erstaunlicherweise den Laden halbwegs zusammen.) 20. Nxd8 Bxe3+ 21. Rf2 Bxf2+ 22. Kh1 Bxd4 23. Bd3 Rxd8

17... Ne6 18. Rcd1 Qa5 19. a3 Bd8 20. Qc2 Nf8 21. e4

RS: Nach und nach verspielt Tal jetzt seinen Vorteil, bis schließlich Artur auf Gewinn steht ... Wie schon gegen den großen Bent Larsen bleibt ihm auch hier der big point verwehrt. Aber zumindest wird es keine Niederlage . ..

21... dxe4 22. Nxe4 Bf5 23. Ba2 Be6 24. Bb1 Bb6 25. Kh2= Red8?

RS: Wird von Artur mit ! kommentiert, ist aber ein Fehler.

25... Rad8

26. Nc5

(25... Ted8) "Verhindert vor allem 26. f5 Rxd4 27. fxe6 Qxe5 28. exf7+ Kh8 " . Diese Stellung dürfte ungefähr im Gleichgewicht sein.

26. b4! RS: hebelt jedoch die taktische Rechtfertigung für die Verhinderung von f5 aus. Die Dame wird von e5 abgelenkt. Diese Variante haben sowohl Tal am Brett als auch Artur in der Analyse übersehen. 26... Qxa3 27. f5! In der Tat ist f5-f6 durchschlagend. 27... Bd5 (27... Bb3 28. Qc3 a5 29. Rd3 a4 30. f6! g5 (30... g6 31. Qd2 g5 32. Nxg5) 31. Nd2) 28. f6

26... Bxc5 27. dxc5 Rd5 28. Rxd5 Bxd5 29. Qc1 Re8 30. b4 Qc7 31. Qc2 f6 32. Ng6 Qf7!

Tal hatte wieder einen großen Schwindel parat. Er hoffte auf

32... Nxg6 33. Qxg6 Re2 34. Rf2!! Qe7 35. Qh7+ Kf8 36. Qh8+ Kf7 37. Bh7! und was nun?

33. Nh4 Re3 34. a4 Qe6 35. Rf2 Qg4










36. Nf5?

RS: Der Verlustzug (eigentlich) bleibt von Artur unkommentiert.

36... Qh5+

RS: Sowohl dieser Zug als auch die Variante gewinnen für Schwarz. Die Variante dabei noch klarer und schöner. Es herrschte aber offenbar hochgradige Zeitnot.

Verlockend erschien 36... Re1 37. b5 (37. Nh4 wird von Artur als Rettung angesehen, aber 37... f5! erneuert die Drohung. 38. Qxf5 Qd1) 37... Qh3+ 38. Kxh3 Rh1+ 39. Kg4 h5#

37. Nh4 g5 38. fxg5 hxg5 39. Qf5










39... Rxg3?

Es muß gesagt werden, daß bei beiden Spielern das Blättchen hing. Ich prüfte kurz

39... Qh6! dachte aber, nach 40. Qg4 wäre die Sache unklar. Dabei gewann einfach 40... Kf7 Ich dachte mit 39...T:g3 zu gewinnen, übersah aber eine Kleinigkeit.

40. Qxf6! Qxh4+ 41. Kg1 Rxg2+

Hier wurde die Partie abgebrochen und später Remis gegeben. Ich konnte mich überzeugen, dass nach

41... Rxg2+ 42. Rxg2 Qe1+ 43. Kh2 Schwarz nicht mehr gewinnen kann.

1/2-1/2 [Artur Hennings]

Nachfolgend noch ein Blick darauf, wie Tal selbst und sein Biograph Tibor Karolyi die Partie gegen Artur sahen. Zunächst Mikhail Tal selbst in seiner berühmten Autobiographie "The Life and Games of Mikhail Tal"

Although I managed to get through the traditional Chigorin Memorial Tournament in Sochi without defeat, and take first place there, I could be satisfied with my play only very relatively. Several times I obtained attacking positions (against Andersson, for instance, and against Hennings), but then for some reason I began to hurry things, and thus trew away my advantage.

Meine Übersetzung:

Obwohl ich das traditionelle Tschigorin Memorial ungeschlagen gewinnen konnte, war ich mit der Qualität meiner Partien nur sehr eingeschränkt zufrieden. Mehrfach erreichte ich Angriffsstellungen (gegen Andersson z. B. und gegen Hennings), aber dann begann ich, aus irgendeinem Grund, die Dinge zu forcieren und büßte so meinen Vorteil ein.

Etwas klarer wird Tibor Karolyi in Teil 3 seiner Tal-Biographie und Partiensammlung "Mikhail Tal's best games III - The Invincible":

Round 9 Tal obtained a promising position against Hennings, but first after allowing the East German to equalize, he was then outplayed, and Tal was lucky to escape with an eventual draw.

Meine Übersetzung:

In der 9. Runde erlangte Tal eine vielversprechende Stellung gegen Hennings. Nachdem er es dem Ostdeutschen zunächst erlaubt hatte auszugleichen, wurde er überspielt und Tal konnte am Ende sehr froh sein mit einem Remis entwischt zu sein.

1972/73: DTSB-Leistungssportbeschluss

Der DTSB-Leistungssportbeschluss und seine vernichtenden Folgen für das DDR-Schach wurden bereits mehrfach erwähnt. Nach 1972 waren keine Teilnahmen an Welt/Europa-Meisterschaften/Olympiaden möglich, selbst dann nicht, wenn die entsprechenden Turniere im sozialistischen Ausland stattfanden. Generell durften keine Turniere im westlichen Ausland bereist werden. Das Infame war zudem, dass den Beschluss wohl niemand der Betroffenen je gelesen hat. Seine Auswirkungen wurden nach und nach bei Trainingslehrgängen o.ä. verkündet.
Manuel Friedel hat in seinem Buch "Sport und Politik in der DDR am Beispiel des Schachsports" den Leistungssportbeschluss sowie seine Hintergründe/Auswirkungen untersucht. Ein Fazit ist wohl, dass die Rolle des DTSB-Chefs Manfred Ewald nicht unerheblich war. Aber letztlich müssten viele Fragen offen bleiben.
Friedel untersucht den negativen Einfluss des Beschlusses auf die DDR-Spitzenspieler am Beispiel seiner Interview-Partner Wolfgang Uhlmann (der als Weltklassespieler noch bis 1976 gewisse Sonderprivilegien genoss) und Rainer Knaak. Er betrachtet aber auch die Auswirkungen auf den damaligen Nachwuchs:

Mit dem "Leistungssportbeschluss" trat auch ein Substanzverlust ein. Die Nachwuchsspieler hatten keine Motivation im Trainingsbereich mehr, weil sie nicht an Weltmeisterschaften teilnehmen durften. Die Nachwuchstalente wie z. B. Petra Feustel, Hans-Ulrich Grünberg, Raj Tischbierek, Annett Michel und Iris Bröder wurden dadurch benachteiligt. Die DDR-Schachspieler wurden noch zu Turnieren in den sozialistischen Ländern eingeladen, wodurch die DDR-Spieler noch gute Möglichkeiten hatten, aber 'ohne den Extrakt der dann hätte eigentlich vorhanden sein sollen.' (gemäß Uhlmann - d. A.) Durch diese Einschränkung, wie sie in keinem anderen Land der Welt zu finden war, verlor die DDR den Anschluss an die Weltspitze.

Man könnte wohl noch Thomas Pähtz und weitere Namen nennen. Im Fazit definiert Friedel drei Phasen des DDR-Schachs:

Die letztgenannte Phase gilt in Anlehnung an Ernst Bönsch rückblickend als "schachliche Eiszeit".
Verweise auf ein Interview mit dem Autor und eine Rezension finden sich im Quellenverzeichnis.

Spannend ist auch, wie man im Verbandsorgan "Schach" damit umging bzw. vermutlich auf Weisung umgehen musste: Wenn ich es richtig sehe, werden weder der Rückzug der DDR 1974 noch die Wiederentsendung einer Auswahl 1988 bei der jeweiligen Olympia-Berichterstattung in Schach 8/1974 bzw. Schach 1/1989 mit einer Silbe erwähnt. Man berichtet einfach über die jeweiligen sportlichen Verläufe – einmal halt ohne und einmal mit DDR.
Erste nach außen sichtbare Änderungen in der spannenden Wendezeit ergaben sich allerdings noch im selben Jahr einige Ausgaben später in "Schach" 12/1989, zunächst im Geleitwort von Dagobert Kohlmeyer:

Unsere Freude ist groß, daß das zähe Ringen um die Rückkehr unserer besten Schachspieler zur Olympiade und zum WM-Geschehen nach langen Jahren von Erfolg gekrönt wurde.

Und in derselben Ausgabe, eingebettet in eine Artikelserie von Bernd Segebarth zu "Schach in der DDR":

Mit Freude haben sicher alle Schachsportler aufgenommen, daß 1988 nach längerer Pause wieder eine DDR-Mannschaft an der Schach-Olympiade teilgenommen hat.

Aber sicherlich war das erst der Beginn der Aufarbeitung des Leistungssportbeschlusses.
Ergänzend die aus den 90er Jahren rückblickende Sichtweise des Betroffenen und späteren Chefredakteurs Raj Tischbierek, eingebettet in den Bericht zu Skopje 1972 im Kompendium "Sternstunden des Schachs - 30x Olympia":

Zum letzten Mal für viele Jahre war dagegen 1972 die DDR bei einer Schacholympiade am Start. Das hatte freilich weniger mit dem erneut mehr schlechten als rechten 10. Platz zu tun als mit der Sportpolitik von DTSB-Präsident Manfred Ewald, die besagte, daß "Kategorie B (= nicht-olympische)-Sportarten" nicht mehr an Welt- und Europameisterschaften teilnehmen durften. Selbst in die kommenden "fetten" Jahre hineingewachsen, weiß auch ich ein Loblied auf diese Strategie zu singen ...

Rainer Knaak 2007 Ich möchte hier den Einfluss des Beschlusses auf Arturs Karriere beleuchten. Da Rainer Knaak als Betroffener bereits einige Details/Überlegungen zum Leistungssportbeschluss öffentlich zugänglich gemacht hatte, habe ich ihn dazu per Mail befragt.

Rainer Knaak war mehrfach DDR-Jugendmeister, bevor er auch bei den Erwachsenen sehr erfolgreich eingriff und zwischen 1974 und 1984 fünf DDR-Meistertitel sammelte. Sehr erfolgreich ist er auch bei den Senioren, wo er erst kürzlich mit der Lasker-Stiftung bei den Mannschaften Weltmeister 65+ wurde.
Rainer Knaak pflegt einen oft spektakulären Angriffsstil, der sicher auch Artur erfreut hat. Er war besonders vom DTSB-Leistungssportbeschluss betroffen, weil dieser in den Beginn seiner Karriere fiel und es bereits vor 1972 Einschränkungen gab, z. B. bei den Studenten-Weltmeisterschaften. Trotz aller Hindernisse schaffte er es bis auf Platz 25 der Weltrangliste.
Rainer Knaaks Anmerkungen zu Artur und dem Leistungssportbeschluss:

Meine "Kontaktzeit" mit Artur Hennings war nur kurz, vieles kann ich also nur vom Hörensagen berichten.

Die Spitzenspieler der DDR waren sehr unterschiedlich von verschiedenen Beschlüssen betroffen. Schon vor dem 1972-er Beschluss wurden dem Schachverband Stellen für die Spieler gestrichen. Das war aber gewissermaßen vor meiner Zeit. Wann genau zum Beispiel Artur seine Profistelle (so hieß das nicht, aber es wurde von uns so genannt) einbüßte, weiß ich nicht. Andere, wie zum Beispiel Malich und Baumbach, hatten während ihrer Zeit als "Schachprofi" ihre berufliche Karriere vorangetrieben (Promotion) und waren vom Verlust der Profistelle weniger betroffen als Artur.
Schaut man auf die Turniere, die Artur gespielt hat, so hat er wohl sogar bis Ende 1973 eine Stelle gehabt. Danach ging er wieder nach Schwerin, für vier Jahre sind in der großen ChessBase-Datenbank keine Turniere von ihm verzeichnet.

Sowie noch einmal Rainer Knaak zur Frage, warum Artur nach 1973 auch an DDR-Meisterschaften nicht mehr teilnahm.

Zu den DDR-Meisterschaften nach 1973 kann ich nicht viel sagen. Ich vermute, er wollte einfach nicht in die Qualifikation für ein Turnier, bei dem es kaum Preise gab und er von seinem Job hätte frei nehmen müssen.

Artur war übrigens mein Angstgegner. Meine Bilanz gegen ihn war grauenhaft und das, obwohl ich in den meisten Partien wegen meiner höheren Elozahl favorisiert war.

Somit endete Arturs internationale Profikarriere abrupt 1973. Was in seinem Fall besonders bitter war, denn er verpasste – neben zuvor der für 16 Jahre letztmöglichen Olympiade – den Start in der Großmeistergruppe des IBM-Turniers in Amsterdam. Dieses Turnier, dessen Startberechtigung sich Artur eigentlich durch seinen feinen Sieg in der IBM-Meistergruppe 1972 erworben hatte, war gerade in dem Jahr sehr stark besetzt. Mit Tigran Petrosian und Boris Spassky nahmen die beiden Exweltmeister der jüngsten Schachgeschichte teil. Lubomir Kavalek, Laszlo Szabo, Ulf Andersson und Jan Timman waren weitere klangvolle Namen. Das Turnier ist aber vor allem dadurch in Erinnerung geblieben, dass der Außenseiter Albin Planinc mit seinem spektakulären Stil das Feld nahezu überrannte (Albin war ihm ja 1970 in Varna begegnet). Nur seiner Wechselhaftigkeit ist es geschuldet, dass er den Turniersieg am Ende mit Petrosian teilen musste, denn Planinc lag zwischenzeitlich deutlich in Führung.
Es ist also naheliegend, dass Arturs Motivation am Boden war. Inwieweit sich das bei seinen anderen Turnieren 1973 bereits ausgewirkt hat, ist schwer zu sagen. Bei der DDR-Meisterschaft 1973 kam er über 50% bei sehr hoher Remisquote nicht hinaus. Wobei die durchschnittliche Zügezahl durchaus ordentlich war. Die soliden bis guten 8/15 beim Leipziger DSV-Turnier beinhalten einige kurze Remisen, aber alles in allem lässt sich aus den 73er Turnierergebnissen keine Resignation ablesen. Umso bemerkenswerter der Schritt, fortan keine einzige DDR-Meisterschaft mehr zu bestreiten. Um allerdings etwas vorzugreifen: Mitte der 90er Jahre nahm Artur an drei (Gesamt)Deutschen Meisterschaften teil.

Was wäre gewesen, wenn ... es den Leistungssportbeschluss nicht gegeben hätte? Diesem Gedankenspiel sind sicherlich viele DDR-Spitzenspieler das eine oder andere Mal nachgegangen. Ich glaube, dass Artur 1969 - 1972 seine beste Zeit hatte und das für damalige Verhältnisse ideale Schachalter. Er war zwar immer anfällig für Schwankungen, spielte zu dieser Zeit aber auch starkes scharfes Schach und konnte sich in Bestform mit der Weltspitze messen. Die Titelanforderungen waren zu dieser Zeit höher. Aber die Motivation und entsprechende Turniermöglichkeiten vorausgesetzt, muss man Artur unbedingt zutrauen, dass er den Großmeistertitel hätte erreichen können. Dieses Ziel hatte er ja auch anlässlich seines Turniersieges in Bukarest bekräftigt.

Das Jahr 1973 ist wie für viele andere DDR-Spitzenspieler eine Zäsur. Aufgrund der von Rainer Knaak angesprochenen anschließenden vierjährigen Turnierpause bei Artur sicherlich noch einmal etwas ausgeprägter als bei anderen. Aus diesem Grunde und da die Gelegenheiten, sich mit der Weltspitze zu messen, später nicht mehr gegeben waren, hielt ich es zunächst für angemessen, die Partienauswahl an dieser Stelle enden zu lassen. Die Partie gegen Mikhail Tal wäre ein mehr als würdiger Schlusspunkt in diesem Sinne. Trotz stilistischer Veränderungen und insgesamt nicht mehr so prominenter Gegnerschaft hat Artur natürlich auch danach noch schöne Partien gespielt und manchen Sieg eingefahren (die ich für diesen Beitrag ja doch nicht ausblenden kann, wie ich bald feststellte). Ich werde, soweit möglich, seine schachlichen Aktivitäten von 1977 bis 2003 im Folgenden weiter begleiten.

1977-1990:"Amateur", aber kein bisschen opfermüde ...

Für die Zeit von 1977 bis zur Wende lassen sich Arturs Aktivitäten für mich nur grob nachzeichnen. Er nahm regelmäßig an den Einladungsturnieren des Baukombinats bzw. der SG Leipzig teil, mit dem Aufkommen der Open-Turniere später auch an solchen in Ungarn.
Die Teilnahmen an den Leipziger Einladungsturnieren verliefen zunächst erfolgreich. 1978 konnte Artur das Turnier vor den Großmeistern Vogt und Knaak für sich entscheiden. Berichterstatter in "Schach" 2/79 war der spätere Fernschach-Weltmeister Dr. Fritz Baumbach. Er freut sich mit Artur:

Zu einem Höhepunkt gestaltete sich die Abschlußfeier und die Siegerehrung im "Schauspielhaus". Hier wurde Artur Hennings (38), der als Gaststättenleiter im Bezirk Halle aus beruflichen Gründen gegenwärtig nur wenig an Turnieren teilnimmt, noch einmal mit viel Beifall geehrt.

Gegenüber Bernd Segebarth räumte Artur allerdings schon zu Beginn dieser Zeit ein, eigentlich nichts mehr für Schach zu tun. Dies in Verbindung mit der fehlenden Motivation durch den Leistungssportbeschluss lassen es nur natürlich erscheinen, dass Arturs Ergebnisse bei diesen Turnieren nachließen und er nicht an frühere Erfolge anknüpfen konnte. Bei der 84er Auflage des BMK-Einladungsturniers blieb für Artur gar nur der letzte Platz. Obwohl gleich die folgende Partie aus demselben Zeitraum zeigt, dass er das Schachspielen keineswegs verlernt hatte.

Man darf davon ausgehen, dass er in der Sonderliga/Oberliga regelmäßig die Teamwettkämpfe bestritten hat – zunächst wieder für Schwerin und später dann für Halle. Diese Partien wurden ja für gewöhnlich nicht veröffentlicht, aber bei besonders schönen und spannenden Partien gab es Ausnahmen. Die nachstehende Partie darf jedenfalls in einer Sammlung von Arturs besten Partien nicht fehlen. Umso mehr, da sie in den mir zugänglichen Datenbanken nicht vorkommt. Gäbe es nicht auch prosaische Wege zum Ziel, wäre es vielleicht die Hennings-Partie schlechthin. Aber wen kümmern schon Nebenlösungen, wenn Artur die stärksten und schönsten Züge findet?
Abgesehen davon, dass 13...Db8 auch schon nicht mehr hilft für Schwarz, sind Arturs Anmerkungen auch heute noch spot on und unverändert! Man merkt ihm an, dass er große Freude hatte, die Partie zu spielen und zu kommentieren.

Mathias Womacka 2008 Arturs Gegner Mathias Womacka verdiente sich zum Zeitpunkt der Partie gerade seine ersten Sporen. Er hat 40 Jahre lang das Karl-Marx-Städter/Chemnitzer Schach geprägt (inklusive einer Erstligasaison 1997/98), bevor er 2014 berufsbedingt nach Baden-Württemberg wechselte. Seitdem ist er in Hofheim aktiv. Womacka ist seit 2010 Großmeister und gewann eine Reihe stark besetzter Open. 2012 schlug er den damals 11jährigen Magnus Carlsen in einer Turnierpartie.
Mit Artur gemeinsam bestritt er 1990/91 eine Bundesligasaison für den SC 1868 Bamberg und erzielte dabei mit 7,5/12 eine IM-Norm.


Artur Hennings - Mathias Womacka [B23]

DDR-Oberliga 1983/84


Arturs Kommentare aus Schach 7/1984

1. e4 c5 2. Nc3 Nc6 3. f4 e6 4. Nf3 Nge7 5. d4 cxd4 6. Nxd4 Nxd4 7. Qxd4 Nc6 8. Qf2 d5 9. a3

CSSR-Großmeister Hort experimentierte verschiedentlich mit diesem Zug; falls

9. Bd3 , so 9... Nb4 und Weiß muß sich von seinem Angriffsläufer trennen.

9... Be7 10. Bd3 O-O 11. Bd2 dxe4

Stark in Betracht kam

11... f5 mit beiderseitigen Möglichkeiten.

12. Bxe4 Bd7 13. O-O-O Qc7?

Die Ursache aller Schwierigkeiten. Spielbar und stellungsgerecht wäre 13... Db8 gewesen. Nach dem Schablone-Textzug gewinnt Weiß wichtige Tempi zur Verstärkung des Angriffs gegen den schwarzen König.

14. Nb5 Qb8 15. Bc3 Rd8 16. Qg3! g6

Da

16... Bf8 wegen 17. Bf6 Ne7 18. Be5 Qc8 19. Nd6 dem Nachziehenden nichts Gutes verspricht, wurde 16...g6 aus der Not geboren.

17. h4! a6










18. h5!!

Falls Schwarz a;b spielt, wird der schwarze Königsflügel mit Opfer auf g6 zertrümmert.

18... g5 19. Nd6! h6 20. fxg5! Bxg5+










21. Qxg5+!!

Die Krönung der Kombination und eine geschickte "Investition". Zwar bekommt Weiß nur eine Figur für die Dame, aber die konkreten Drohungen - Sturmlauf des h-Bauern mit Matt - verbunden mit den ungünstigen Positionen der schwarzen Figuren sind ein ausreichendes Äquivalent.

21... hxg5 22. Bf6!!

Voreilig wäre

22. h6 e5! 23. h7+ (oder 23. Bxc6 Bxc6 24. h7+ Kg7 25. Bxe5+ Kg6) 23... Kg7 Nach dem Textzug befindet sich Schwarz in einer "Zwangsjacke", aus der er sich nur unter großen materiellen Opfern befreien kann.

22... Qa7 23. h6 Qe3+ 24. Rd2 Qxe4

Traurige Notwendigkeit.

25. Nxe4 Kh7 26. Bxd8

Da nach

26. Bxd8 Rxd8 27. Rxd7! eine weitere Figur verlorengeht, gab Schwarz auf.

1-0 [Artur Hennings]

Der Chemnitzer schien Artur zu liegen, wie folgendes Fragment – gespielt nur 1 Jahr später – zeigt.

McDonnell - Labourdonnais, Match 1834 nach 37...e2 Gufeld - Kavalek vor 27...T:c5!, Studenten-WM ("Kavalanche") Womacka - Hennings vor 19.S:b6, DDR-oberliga 1984/85
McDonnell - Labourdonnais, Match 1834 nach 37...e2 Gufeld - Kavalek vor 27...T:c5!, Studenten-WM ("Kavalanche") Womacka - Hennings vor 19.S:b6, DDR-oberliga 1984/85

Artur hatte einen Turm für die Freibauern ins Geschäft gesteckt und erinnert damit an berühmte Vorbilder. In allen Fällen erwies sich die schwarze Bauernmasse als erdrückend.

Manfred Hardt im Gespräch mit Rolf Pauly In den 80er Jahren übernahm Artur die Leitung der legendären Mitropa(Bahnhofs)-Gaststätte in Bitterfeld. Dadurch ergaben sich zahlreiche Berührungspunkte mit unserer Region. Artur war gern gesehener Gast bei verschiedenen Schachvereinen und gab auch die eine oder andere Simultanvorstellung. Von einer solchen in Dessau Mitte der 80er Jahre berichtet Manfred Hardt. Manfred ist der Geschichte des Dessauer Schachs eng verbunden und hat eine umfangreiche Chronik für den 1. SC Anhalt erstellt. Dieser entnehmen wir seine Erinnerungen zu Arturs Simultanvorstellung in Dessau und zu Artur im Allgemeinen.

Artur beim Simultan in Dessau Mehr Federn ließ bei einem weiteren Simultanspiel der Internationale Meister Artur Hennings (Schwerin, später Halle). Er musste sich mit einem 19:11 begnügen. Von den 30 Partien verlor er sieben und 8 endeten remis.

In seiner Jugendzeit hatte er viele scharfe Angriffspartien gespielt. Seine schon damals reife Spielauffassung äußerte sich auch darin, dass er sich viel mit den Partien alter Schachmeister wie Steinitz, Lasker, Capablanca u. a. beschäftigte.
...
Ich denke immer noch gern an die schöne Zeit in Schwerin zurück, die ich mit ihm dort verbringen konnte.

Mir gegenüber ergänzte er per Mail:

Das Foto von Arturs Simultanspiel im Lok-Stahlbau-Sportlerheim stammt von Bernd Helbig, ein damals in Dessau sehr bekannter Fotograf. Als seine Gegner sind Dirk Mirschinka, Michael Thom und Jens Erik Schneider zu erkennen.
An Artur denke ich gern zurück, da wir während meiner Armeezeit in Schwerin guten Kontakt hatten. Schon damals habe ich seine Spielstärke bewundert. Ich bedaure sehr, dass er so früh gehen musste.

Konrad Reiß und Dr. Robert Hübner im Löberitzer Schachmuseum Während Arturs Zeit in Bitterfeld entstanden weitere Verbindungen und Freundschaften zu unserer Region. Zum einen zu den Zörbiger Schachfreunden, wo Artur ein regelmäßiger und gern gesehener Gast war. Zum anderen zum langjährigen Löberitzer Präsidenten, Historiker und Leiter des Schachmuseums, Konrad Reiß. Konrad ist seit Ende der 70er Jahre unermüdlich für das Schach in Löberitz im Einsatz.
Im Jahre 2007 gab es einen von vielen Höhepunkten in der jüngeren Löberitzer Schachgeschichte mit der Eröffnung des Schachmuseums. Dieses hat Konrad seitdem durch viele Aktivitäten und akribische Arbeit bis weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt gemacht.
Konrad erinnert sich an Artur:

Artur Hennings war bei der Mitropa beschäftigt. Unter anderen war er auch Chef der Mitropa-Gaststätte in Bitterfeld. Nachdem die Mitropa in der Nachwendezeit abgewickelt wurde, arbeitete er weiter bei der Deutschen Reichsbahn. So war er für vielleicht ein, zwei Jahre in Zörbig beschäftigt bzw. untergebracht und für die Versorgung der Bauarbeiter verantwortlich. Er wohnte zusammen mit vielen Bauarbeitern, die die Strecke Halle-Magdeburg erneuerten, in einem Bauzug. Er trainierte damals die Zörbiger Schachspieler und spielte dort öfters Simultan.

Da ich nur 200 Meter von ihm weg wohnte, hatte ich manchmal Kontakt mit ihm und besuchte ihn auch in dem Bauzug.
Als er uns in Löberitz besuchte (siehe Chronik-Eintrag), hatte er sich fein gemacht und begrüßte seinen Vereinskollegen Dr. Pfleger mit einem riesigen Blumenstrauß sehr herzlich. Überhaupt war er sehr umgänglich und immer mit Krawatte unterwegs.

Nachfolgend der von Konrad erwähnte Chronik-Eintrag über den Besuch von Dr. Helmut Pfleger und Artur Hennings in Löberitz. Die Löberitzer Vereinschronik wird von Konrad seit vielen Jahren akribisch geführt.

Löberitzer Vereinschronik berichtet über den Besuch von Dr. Helmut Pfleger und Artur Hennings

1990-1994: Bundesliga

Mit der Wende taten sich auch für Artur wieder neue schachliche Betätigungsfelder auf. Dabei war die Übergangssaison 1990/91 eine besondere. Zum einen startete Deutschland noch einmal mit zwei Mannschaften Ost & West bei der Schacholympiade in Novi Sad, obwohl es die DDR zu diesem Zeitpunt bereits nicht mehr gab. Zum anderen nahmen viele ostdeutsche Spitzenspieler die Gelegenheit wahr, in der Bundesliga (West) anzutreten – parallel zur laufenden Oberliga-Saison der DDR, die die Qualifikation für die Bundesliga 1991/92 darstellte.
Manfred Schöneberg, Anton Csulits und Artur traten (neben wie schon erwähnt Mathias Womacka) in der Bundesliga für den SC 1868 Bamberg an und halfen, den Klassenerhalt zu sichern. Man kann darüber spekulieren, ob Arturs gute Verbindungen zu Helmut Pfleger seit Bukarest 1967 bei der Verpflichtung der Hallenser eine Rolle spielten. Für Artur schien die Bundesliga noch einmal neue Motivation frei zu setzen. Es war der einzige Zeitraum seit vielen Jahren, in dem Arturs ELO stieg. Artur erzielte in der Bundesliga sehr gute 5/10.
In der auslaufenden DDR-Oberliga waren zur selben Zeit drei Plätze für die kommende Bundesliga-Saison zu vergeben. Der Aufstieg von SV Erfurt-West und SV Empor Berlin stand vorzeitig fest. Um den dritten Platz entspann sich ein Duell zwischen Post Dresden und VdS Buna Halle. Nicht zuletzt Arturs Leistung von 9/12 bei 2500er Performance ist es zu verdanken, dass die Hallenser dieses Duell für sich entschieden und die Qualifikation für die gesamtdeutsche Bundesliga schafften.

VdS Buna Halle 1991/92: sitzend v.l.: GM Dr. Burkhard Malich, IM Jindřich Trapl, IM Heinz Liebert, FM Manfred Schöneberg; stehend v.l.: FM Anton Csulits, GM Jiří Lechtýnský, FM Wolfgang Dietze, FM Michael Becker, IM Artur Hennings Nun galt es allerdings Entscheidungen zu treffen, denn in der Saison 1991/92 konnten die Hennings & Co nur für eine Bundesligamannschaft antreten. Artur Hennings, Anton Csulits und Manfred Schöneberg blieben letztlich ihrer langjährigen Mannschaft VdS Buna Halle treu. Die allerdings verkraften musste, dass ihr junges Spitzenbrett Uwe Bönsch bei Bayern München blieb und auf Titeljagd ging. So nahm Buna Halle den Erstligakampf mit der abgebildeten Mannschaft in Angriff, die das höchste Durchschnittsalter aller Teams aufwies.
Im Bild zu sehen sitzend v. l.: GM Dr. Burkhard Malich, IM Jindřich Trapl, IM Heinz Liebert, FM Manfred Schöneberg; stehend v. l.: FM Anton Csulits, GM Jiří Lechtýnský, FM Wolfgang Dietze, FM Michael Becker, IM Artur Hennings. Die Spieler sind in unseren Gefilden eigentlich alle mehr oder weniger bekannt. So spielte GM Lechtýnský später viele Jahre für Hoyerswerda in der Oberliga. Am wenigsten bekannt ist vermutlich der inzwischen verstorbene IM Trapl. Lubomir Kavalek bezeichnete ihn im Interview als "tschechischen Tal". Es könnte sich also lohnen, ein paar Partien von ihm anzuschauen.
Nicht ganz unerwartet stiegen am Saisonende sowohl Bamberg als auch Halle ab. Der grundsolide Dr. Malich wurde mit der Aufgabe des Buna-Spitzenbretts betraut, hatte aber – wie die meisten – einen schweren Stand. Bei Artur lief es allerdings auch in dieser Saison gut. Er konnte sein 50%-Ergebnis wiederholen, obwohl deutlich weiter vorn eingesetzt. Bei GM Jörg Hickl – zu dieser Zeit regelmäßig ein Top-Scorer der Liga – revanchierte er sich souverän für die Niederlage ein Jahr zuvor.
Artur bestritt eine Zweitliga-Saison für Halle und folgte 1993/94 noch einmal dem Ruf nach Bamberg, das den sofortigen Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga geschafft hatte. Artur konnte GM Philipp Schlosser auskontern, aber ansonsten nicht mehr an die Resultate der ersten beiden Spielzeiten anknüpfen.

1994-2003: Rückkehr in den Norden & Hattrick

Ehrenmitgliedschaft 1. Schweriner SC 1994 kehrte Artur auch schachlich ein weiteres Mal in seine alte Heimat Mecklenburg-Vorpommern zurück. Diesmal sollte es sich als endgültig erweisen.
Artur heuerte zunächst beim 1. Schweriner SC an, wo er im Jahr 2000 zum Ehrenmitglied ernannt wurde, später dann beim VfL Neukloster.
Durch seine Persönlichkeit und sein immenses Schachwisssen gab Artur dem königlichen Spiel im nördlichen Bundesland viele Impulse und bestimmte die Szene. Der Erfolg in Mecklenburg-Vorpommern führte in den nächsten Jahren nur über Artur. In den Jahren 1995-97 gewann Artur die Landesmeisterschaften (und kam 1998 und 1999 auf Medaillenränge) und nach über 20jähriger Pause würde er wieder an nationalen Titelkämpfen teilnehmen – diesmal an gesamtdeutschen.

Artur Hennings - Ulrike Wöhl; Blitz LEM Mecklenburg-Vorpommern Februar 1998 Die´Deutsche Meisterschaft im Ostseebad Binz 1995 war dann auch noch quasi ein Heimspiel. Ich selbst spielte eines der Nebenturniere und hatte genügend Gelegenheit zum Kiebitzen. Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht den Fokus auf Artur – ansonsten hätte ich mir sein Comeback wohl genauer angesehen. Die Auftaktniederlage gegen den späteren Deutschen Meister Christopher Lutz war sicher noch kein Beinbruch, aber nach der kurzzügigen Niederlage gegen Gunnar Kirschbaum aus Erfurt in Runde 4 standen 0 aus 4 zu Buche. Es spricht einmal mehr für Arturs Kampfgeist, dass er diesem Start 4/4 folgen ließ, um das Turnier achtbar mit 4,5/9 zu beenden.
Bei den nächsten beiden DEM-Teilnahmen erreichte Artur die 50% nicht mehr.

1999 hatte Artur unverschuldet einen schweren Unfall, als er als Fußgänger von einem PKW angefahren wurde. Bernd Segebarth erinnert sich, dass die Prognosen schlecht waren und dahin gingen, dass Artur ein Pflegefall bleiben würde. Trotzdem zeigte er wieder seinen großen Kampfgeist und tauchte schon bald unverhofft in seinem geliebten Schachklub auf. Allerdings von den Folgen des Unfalls gezeichnet und bei seiner letzten Landesmeiterschaft Mecklenburg-Vorpommern deutlich entfernt von seiner einstigen Spielstärke.

Andenken

Artur Hennings starb vor genau 20 Jahren am 12.11.2003. Dies zog eine Reihe von Nachrufen nach sich. Folgend Auszüge aus dem Nachruf von Olaf Teschke, der darüber hinaus an den großartigen Sieg gegen Boleslavsky erinnert hat.

Am 12. November 2003 verstarb in Schwerin Artur Hennings. Allen die ihn gekannt haben, wird er als grosser Schachmeister und liebenswerter Mensch unvergesslich bleiben; für alle, die ihn vielleicht nicht mehr so gut kennengelernt haben, hier eine kurze Erinnerung an ihn.

...

Zurück in MV, dominierte er hier viele Jahre die Schachszene. Wir alle wissen um die zahlreichen Titel, die er im Einzel und mit den Mannschaften aus Schwerin und Neukloster geholt hat; aber vor allem möchte ich daran erinnern, dass er auf eine ungeheuer zugängliche Weise tiefes und unkonventionelles Schachverständnis an die jüngere Generation vermittelte. Es war immer ein Gewinn, mit Artur zu analysieren, und ungeheuer motivierend, mit ihm in einer Mannschaft zu spielen.

Auch die Zörbiger vergaßen Artur nicht:
Nachruf Zörbiger SV in Rochade Sachsen-Anhalt

Bernd Segebarth, Schach 12/2003, S. 69:

Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre erzielte Artur Hennings viele Siege in internationalen Turnieren und gehörte zur absoluten DDR-Spitze. Höhepunkte seiner Laufbahn waren die Teilnahmen an den Schacholympiaden 1968 und 1970 sowie der Gewinn der Bronzemedaille bei der Mannschafts-Europameisterschaft 1970. Der sympathische Meister und seine vielen Anekdoten aus der Welt des großen Schachs werden uns fehlen.

Bernd Segebarth, En Passant 01-2003, Mitteilungsblatt Mecklenburg-Vorpommern:

Schachspieler weit über Mecklenburg Vorpommern hinaus trauern um den verdienstvollen Meister, der wie kein anderer das Schach in unserem Land geprägt hat. Nach langer schwerer Krankheit hat der große Kämpfer am Schachbrett die letzte Partie des Lebens nicht gewinnen können.

...

Die Schachspieler nicht nur aus Schwerin werden Artur Hennings stets in ehrendem Gedenken behalten und in seinen vielen schönen Partien , die er uns geschenkt hat, wird er fortleben.

Arturs Grabstätte in Schwerin Dem ist nicht so viel hinzuzufügen. Die Schweriner Schachfreunde pflegen auch heute noch sein Grab und haltem ihm zu Ehren Turniere ab. Für viele bleibt Artur ein großes schachliches und menschliches Vorbild.
Wann immer euch alte Partien von Artur in die Hände fallen (und es gibt mit Sicherheit noch Schätze, die sich der Digitalisierung entzogen haben): Anschauen lohnt sich!

Reyk Schäfer, 12.11.2023

Game(s) in PGN











Statistik

Artur bei DDR-Meisterschaften

Jahr Ort Platzierung Score Sieger
1963 Aschersleben 13.(18) 7/17 Günther Möhring
1965 Annaberg-Buchholz 3.(17) 10,5/16 Lothar Zinn
1967 Colditz 8.(18) 9,5/17 Wolfgang Pietzsch
1968 Weimar 13.(20) 8,5/13 Wolfgang Uhlmann
1969 Schwerin 2.(19) 11,5/18 Lutz Espig
1970 Freiberg 3.(20) 13/19 Friedrich Baumbach
1973 Erfurt 11.(20) 9,5/19 Burkhard Malich

Artur bei Deutschen Meisterschaften

Jahr Ort Platzierung Score Sieger
1995 Binz 28.(46) 4,5/9 Christopher Lutz
1996 Dudweiler 29.(40) 3,5/9 Matthias Wahls
1997 Gladenbach 31.(38) 3,5/9 Matthias Wahls

Artur bei Olympiaden/Internationalen Teamwettbewerben

Jahr Event Ort Platzierung/Brett Score Sieger
1965 Studenten-Team-WM Sinaia 7.(17)/1 6/12 UdSSR
1966 Studenten-Team-WM Örebro 8.(21)/1 5,5/12 UdSSR
1967 Studenten-Team-WM Harrackhov 6.(19)/1 6,5/12 UdSSR
1968 Olympiade Lugano 10.(53)/6 4/8 UdSSR
1970 Team-EM Kapfenberg 3.(8)/4 3,5/7 UdSSR
1970 Olympiade Siegen 9.(60)/4 10,5/15 UdSSR
1971 Team-EM Vorausscheid 2.(4)/4 10,5/15 UdSSR

Artur in der Bundesliga

Jahr Mannschaft Platzierung/Brett Score Sieger
1990/91 SC 1868 Bamberg 10.(16)/11 5/10 FC Bayern München
1991/92 VdS Buna Halle 15.(16)/3 3,5/7 FC Bayern München
1993/94 SC 1868 Bamberg 16.(16)/3 3,5/11 SG Porz

Artur bei sonstigen Turnieren (Auswahl)

Jahr Event Ort Platzierung Score Sieger
1964 Bydgoszcz 1.(12) 9/11 Artur Hennings
1965 Zinnowitz 10.(16) 7,5/15 Vladimir Simagin, Wolfgang Uhlmann
1965 Leipzig 9.(16) 7,5/15 Wolfgang Pietzsch
1966 Vorausscheid Zonenturnier Rabenberg (Leipzig/Berlin) 5.(6) 4,5/10 Reinhart Fuchs, Lothar Zinn
1966 Zinnowitz 12.(16) 6/15 Vladimir Antoshin
1967 Bukarest 9.(14) 6/13 Florin Gheorghiu
1967 Capablanca-Memorial Havanna 13.(20) 8,5/19 Bent Larsen
1968 Toth-Memorial Kecskemet 11.(16) 7,5/15 Leonid Stein
1968 Lasker-Memorial Berlin 12.(16) 6/15 Wolfgang Uhlmann, David Bronstein
1969 Sarajevo 14.(16) 5,5/15 Viktor Korchnoi
1969 Polanica Zdroj 11.(16) 6,5/15 Laszlo Barczay
1969/70 Leipzig 1.(32) 5,5/7 Artur Hennings
1970 Maroczy Memorial Debrecen 5.-8.(16) 8,5/15 István Bilek, Vladimir Savon
1970 Toth Memorial Kecskemet 2.(14) 8/13 Károly Honfí
1970 Varna 8.-9.(15) 7/14 Albin Planinc
1970 IX. Leipziger Pokalturnier 1.(28) 7,5/9 Artur Hennings
1971 Capablanca-Memorial Havanna 7.-9.(16) 8/15 Efim Geller, Vlastimil Hort
1971 Bukarest 1.-2.(16) 9/15 Artur Hennings, Yuri Awerbakh
1971 Zinnowitz 6.(13) 6,5/12 Burkhard Malich
1971 X. Leipziger Pokalturnier 1.(28) 7/9 Artur Hennings
1972 Capablanca-Memorial Havanna 4.-8.(20) 11/19 Anatoly Lein
1972 IBM (B/Master Group) 1.(12) 7,5/11 Artur Hennings
1972 Zonenturnier Forssa/Helsinki 12.(16) 6,5/15 Ivan Radulov
1972 Chigorin-Memorial Kislowodsk 8.-10.(15) 6/14 Lev Polugayevsky
1973 Chigorin-Memorial Sotschi 11.(16) 6,5/15 Mikhail Tal
1973 DSV-Turnier Leipzig 8.(16) 8/15 Vlastimil Hort, Anatoly Lutikov
1978 17. Einladungsturnier der SG Leipzig 1.(12) 7,5/11 Artur Hennings
1995 LEM Mecklenburg-Vorpommern 1.(24) 7,5/9 Artur Hennings
1996 LEM Mecklenburg-Vorpommern 1.(24) 6,5/9 Artur Hennings
1997 LEM Mecklenburg-Vorpommern 1.(24) 6,5/9 Artur Hennings
1997 1. Petermännchen Open Schwerin 9.(45) 5,5/9 Jonny Hector
1998 LEM Mecklenburg-Vorpommern 2.(24) 6,5/9 Wolfgang Westphal
1999 LEM Mecklenburg-Vorpommern 3.(33) 6/9 Gerd Dettmann
2000 LEM Mecklenburg-Vorpommern 20.(24) 3,5/9 René Stern

Quellen/Nachweise

Online-Quellen

Alle Online-Quellen abgerufen am 12.11.2023

365chess.com (Turnierergebnisse)

Chemchess (Schmidt, Mario): Chemnitzer Großmeister muss Zelte abbrechen; Copyright Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG

Chess.com: Interview mit Mathias Womacka

Chessbase: Ernst Bönsch zum 75. (Interview)

Chessbase: Isaac Boleslavsky zum 100. Geburtstag

Chessbase (Fischer, Johannes): Interview mit Helmut Pfleger zum 80. Geburtstag

Chessbase (Fischer, Johannes): Olympiade Siegen 1970

Chessbase (Frey, Eduard): The Superbet Chess Classic starts: A Chess History of Bucharest

Chessbase (Friedel, Frederic): 50 years ago today: Fischer-Spassky, game six

Chessbase (Schulz, André): Hans-Joachim Hecht: Rochaden

Chessbase (Schulz, André): Zum Geburtstag von Efim Geller

Chessbase (Thielsch, Norman): Abschied von Günther Möhring

Deutscher Schachbund: DDR-Meisterschaft 1970 (gemäß "Schach")

Endgame nl: CAPABLANCA MEMORIAL (via webarchive)

Endgame nl: IBM Amsterdam (via webarchive)

En passant 1/2003: Trauer um Artur Hennings (Mitteilungsblatt des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern

Finegold, Ben: Gufeld vs. Kavalek 1962 (via youtube)

Gheorghiu, Florin: Kommentierte Partien (via youtube)

Glarean: "Sport und Politik in der DDR am Beispiel des Schachsports" (Interview mit Manuel Friedel)

Glarean: "Sport und Politik in der DDR am Beispiel des Schachsports" (Rezension)

Griffin, Douglas: Isaac Boleslavsky at the Budapest Candidates and in the match v. Bronstein, 1950

Hardt, Manfred: Geschichtliches zum 1. SC Anhalt Dessau

Hoffmann, Steffen: Halt einmal, Artur! (via Fortuna Leipzig/Hoffmanns Erzählungen)

KARL/Schaack, Harry "Mann vieler Talente" (Rezension von "Life at Play" von Lubomir Kavalek)

Knaak, Rainer: "DDR-Schach in der Praxis des Beschlusses von 1972" (via web archive)

Knaak, Rainer: "Schach und Politik in der DDR" (via web archive)

Olimp Base (Encyclopaedia of team chess)

Pérez, Andrés: Patrones tácticos: El sacrificio de demolición en "g7"

Reiß, Konrad: Der Löwe von Ulan-Bator (via Teleschach)

Reiß, Konrad: Meine Begegnung mit einem Weltmeister (Vereinsseite SG 1871 Löberitz)

Rusbase, International Tournaments (Turniertabellen)

Schachblätter: Artur Hennings

Schachgeflüster (Busse, Michael): Podcast-Folge mit Hans-Joachim Hecht (via youtube)

Teschke, Olaf: Artur Hennings (Nachruf via webarchive)

Wagner, Paul-Werner: Schachmeister - Artur Hennings (ursprünglich veröffentlicht: Berliner Zeitung, 2.6.2007)

WDR: Schach der Großmeister (alle Folgen via youtube)

Weeks, Mark: WORLD CHESS CHAMPIONSHIP BLOG (Ergebnisse Zonen-/Interzonenturniere

Wikipedia (Kurzbiographien Schachspieler und mehr)

Wikipedia: Nichtantritt DDR Olympiade Nizza 1974

Wilson, Fred: Interview mit Lubomir Kavalek, 2003; via Perpetual Chess Podcast

Zeitzeugenportal (Uhlmann, Wolfgang) via youtube: "Tod dem Schachsport" (zum DTSB-Beschluss 1972)

Bücher/Zeitschriften

Brunello, Sabino: Attacking the Spanish
Quality Chess, First edition 2009

Friedel, Manuel: Sport und Politik in der DDR am Beispiel des Schachsports
Books on Demand Norderstedt; 1, Auflage 2012

S. Garcia: Capablanca in Memoriam - V. Torneo Internacional 1967; Softcover;
Verlag des Kubanischen Schachverbandes Havanna ("La Habana") 1967

Geller, Efim: The Nemesis - Geller's greates games
Herausgeber: Quality Chess, First edition 2019

Hecht, Hans-Joachim: Rochaden - Schacherinnerungen
Edition MARCO, 1. Auflage 2015

Hornych, Dr. Christoph: Über Adolph Schliemann und die Schweriner Schachgeschichte der 1860er-Jahre
Eigenverlag, 1. Auflage 2022

KARL, Magazin für Schachgeschichte/-kultur
Karl-Verlag Harry Schaack

Károlyi, Tibor: Mikhail Tal's Best Games 3: 1972-1992 The Invincible
Quality Chess 2017

Kasparov, Garry: My Great Predecessors, Volume 2: From Euwe to Tal
Everyman Chess/Garry Kasparov 2003

Kavalek, Lubomir: Life at Play
New in Chess 2022

Larsen, Bent: Bent Larsen's Best Games
New In Chess 2016, 2. Auflage

Negi, Parimarjan: 1.e4 vs. The Sicilian II
Quality Chess, First Edition 2015

Mohr, Georg/Mikhalchishin, Adrian: Forgotten Genius - The Life and Games of Grandmaster Albin Planinc
Thinkers Publishing, 2021

Reiß, Konrad als Leiter der Autorengruppe: Schach in Sachsen-Anhalt, Ein junger Landesverband mit alter Tradition, Teil 2: 20 Jahre Verbandsleben, Herausg. LSV Sachsen-Anhalt, Produkt der ORWO NET GmbH Bitterfeld-Wolfen, 1. Aufl. 2010

Segebarth, Bernd (Schweriner Schachblätter 2/1999; Redaktion Jens Motullo): Vor 30 Jahren DDR-Meisterschaft in Schwerin

Soltis, Andrew: Tal, Petrosian, Spassky and Korchnoi - A Chess Multibiography with 207 Games
McFarland & Company, Inc., Publishers 2020

Sosonko, Genna: Genna remembers
Thinkers Publishing, 2021

Sosonko, Genna: The world champions I knew
New in Chess, 2013

Tal, Mikhail: The Life and Games of Mikhail Tal
Everyman Chess 2020, Gloucester Publishers Limited

Thormann, Wolfgang/Nickel, Arno: Schach in Ostberlin
Edition Marco/Verlag Arno Nickel; 1. Auflage 2023

Tischbierek, Raj: Sternstunden des Schachs - 30 x Olympia
Sportverlag Berlin, 1. Auflage 1993

Völkel Pedro/Zörbiger SV: Nachruf Artur Hennings
Europa Rochade/Rochade Sachsen-Anhalt 1/2004, S.6; Rochade GmbH & Co. KG

Zeitschrift "Schach", Exzelsior-Verlag (vor 1999 Sportverlag Belin); verschiedene Ausgaben aus dem Zeitraum 1963 bis 2003; jeweils bei den Zitaten einezln aufgeführt

Datenbanken/Engines

Chessbase/Megabase

The Week in Chess

Stockfish

Bildquellen

Lok Schwerin 1962; Foto bereitgestellt von Bernd Segebarth

DDR-Sonderliga 1982/83 Lok Schwerin vs. Baukombinat Leipzig; Foto bereitgestellt von Bernd Segebarth

Paul Werner Wagner 2023;
Wikipedia: Von Behli - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link

Michael Becker 2006;
Webseite SG 1871 Löberitz

Manfred Schöneberg 2012;
Wikipedia: aufgenommen vor seinem Lieblingsspiel von seiner Frau am 13. April 2012, Author =GFHund, Link

Helmut Pfleger 1980;
Wikipedia: Schach-Olympiade 1980 Malta, Author =MBIHund, Link

Wolfgang Uhlmann 1970;
Wikipedia: Collectie / Archief : Fotocollectie Anefo Reportage / Serie : [ onbekend ] Beschrijving : IBM-schaaktoernooi Datum : 22 juli 1970 Trefwoorden : schaken Instellingsnaam : IBM-Schaaktoernooi Fotograaf : Mieremet, Rob / Anefo Auteursrechthebbende : Nationaal Archief Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit) Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer : 923-6899, Link

Bernd Segebarth 2015;
Ken Whyld Association

Dr. Enrico Paoli 2004;
Wikipedia: Author: Giorgio Gozzi, Link

Lubomir Kavalek 1968;
Wikipedia: Lkavalek - Eigenes Werk, Link

Günther Möhring 2005;
Berliner Einzelmeisterschaft - Meisterklasse beim SC Kreuzberg; Foto: Carsten Schmidt, Bearbeitung: Frank Hoppe; mit freundlicher Genehmigung durch Frank Hoppe

Anton Csulits
Sportausweise; Sammlung Löberitzer Schach-Museum

Teodor Ghitescu 1965;
Wikipedia: Collectie / Archief : Fotocollectie Anefo Reportage / Serie : [ onbekend ] Beschrijving : IBM schaaktoernooi, G. Hitesan (Roemenie) (Theodor Ghitescu ??) Datum : 25 juli 1965 Locatie : Roemenië Trefwoorden : schaken, tournooien Persoonsnaam : G. Hitesan Instellingsnaam : IBM Fotograaf : Kroon, Ron / Anefo Auteursrechthebbende : Nationaal Archief Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit) Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.01.03 Bestanddeelnummer : 917-9979, Link

Hans Platz; mit freundlicher Genehmigung bereitgestellt von Wolfgang Thormann (ursprünglich von Frau Platz)

Burkhard Malich 1994/95;
Wikipedia: deutsche Schachbundesliga Saison 1994/95, Partie gegen Lukas Brunner, CC BY-SA 4.0, Author: Peter BoltLink

Teilnehmer und Trainer beim Ausscheidungsturnier Rabenberg 1966: Fuchs, Pietzsch, Zinn, Golz, Platz, Hennings, Neukirch, Rätsch; Schach 4/1966, S. 101

Florin Gheorghiu 1987;
Wikipedia: Author: Peter BoltLink

Artur Hennings, vorgestellt im Original-Turnierbuch Havanna 1967; S. Garcia: Capablanca in Memoriam - V. Torneo Internacional 1967; Softcover;
Verlag des Kubanischen Schachverbandes Havanna ("La Habana") 1967

Bent Larsen 1961;
Wikipedia: Bent Larsen playing as Black against Erno Gereben, Hoogoven Chess Tournament (NL), 22 January 1961, Author: Harry Pot - GaHetNa (Nationaal Archief NL) 912-0059Link

Boris Gulko 2002;
Wikipedia: James F. Perry - Eigenes Werk Einzelheiten zur Genehmigung The above image is copyright © 2002 by James F. Perry and is hereby made available under the terms of the Creative Commons Attribution - ShareAlike 3.0 license. Please note, however, that the license under which this material is made available concerns only my own rights as Original Author and copyright holder in the above material. The subject(s) of the above photograph may enjoy, and in fact should be presumed to enjoy, certain rights to privacy and publicity associated with their name and image and that these rights are rooted in public law. Users of this material bear the sole responsibility of determining whether or not such privacy/publicity rights are implicated and of conforming to whatever public policy regulations exist regarding same as well as conforming to any and all other matters of public policy related to the use of such images.Link

Wolfgang Thormann 2015;
Senioren-Länderkampf Brandenburg - Berlin; Foto: mit freundlicher Genehmigung durch Frank Hoppe

Liebert - Hennings; DDR-Meisterschaft 1969 Schwerin; Foto bereitgestellt von Bernd Segebarth

Heinz Liebert 1956; "Der Löwe von Ulan-Bator" (Konrad Reiß)

Isaac Boleslavsky 1960;
Wikipedia: öffentliche Simultanschachveranstaltung an 38 Brettern in Wilkau-Haßlau, Photo from the heritage of Kurt Stemmler the late president of the local chess club in Wilkau-Haßlau, Link

Harald Darius, Deutscher Schachbund

Jan Smejkal 1975;
Wikipedia: Collectie / Archief : Fotocollectie Anefo Reportage / Serie : IBM schaaktoernooi 1975 te Amsterdam Beschrijving : Jan Smejkal (Tsjech) Annotatie : Randnummer negatiefstrook: nr 13 Timman (Ned); nr 16 Gheorgia (Roem) Datum : 8 juli 1975 Locatie : Amsterdam, Noord-Holland Trefwoorden : portretten, schaken, toernooien Persoonsnaam : Smejkal, Jan Instellingsnaam : IBM-Schaaktoernooi Fotograaf : Fotograaf Onbekend / Anefo Auteursrechthebbende : Nationaal Archief Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit) Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer : 928-0394, Link

Albin Planinc 1973;
Wikipedia: Hoogoven-schaaktoernooi te Wijk aan Zee , A. Planinc (Joegoslavie) Dutch National Archives, The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANeFo), 1945-1989;
author:W. Punt for Anefo; Link

Hochzeitsfoto Artur Hennings/Renate Wüstemann, "Schach" 9/1970, S. 287

Teilnehmer Bukarest 1971, "Schach" 8/1971, S. 227

Yuri Averbakh 2002;
Wikipedia: CDeutsch: Juri Awerbach feiert seinen 80. Geburtstag; Author: Jurgen Stigter, Link

Vlastimil Jansa 2019;
Wikipedia: Author: Stefan64 - Eigenes Werk, Link

IM Artur Hennings, "Schach" 8/1972, S. 229 (Amsterdam)

Gyula Sax 1979;
Wikipedia: Author: Hans van Dijk für Anefo - [1] Dutch National Archives, The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANeFo), 1945-1989, Nummer toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer 930-3775, Link

Hans-Joachim Hecht 1980;
Wikipedia: MBIHund - Eigenes Werk Hans-Joachim Hecht, Schacholympiade 1980 in Malta., Link

Efim Geller 1977;
Wikipedia: Suyk, Koen / Anefo - Cropped from Dutch National Archives, The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANeFo), 1945-1989, Nummer toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer 928-9845, Link

Jan Timman 1984;
Wikipedia: Jan Timman, Chess Olympiad 1984 in Saloniki, Photographer Gerhard Hund. Link

Teilnehmer Löberitzer Ehrenpreisträger 2016, Eigenes Werk

Mikhail Tal 1962;
Wikipedia: Harry Pot - [1] Dutch National Archives, The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANEFO), 1945-1989, Nummer toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer 913-8136. Link

Rainer Knaak 2007;
Wikipedia: Rainer Knaak am 24. Juni 2007 beim 43. Rosengarten-Pokalturnier in Forst (Lausitz), Author: Frank Hoppe, Link

Mathias Womacka;
Wikipedia: Mathias Womacka bei der Deutschen Schnellschach-Einzelmeisterschaft in Fredersdorf-Vogelsdorf, Author: Frank Hoppe, Link

Manfred Hardt im Gespräch mit Rolf Pauly; Foto bereitgestellt von Konrad Reiß

Artur Hennings beim Simultan in Dessau; "Geschichtliches zum 1. SC Anhalt Dessau" Foto: Bernd Helbig; bereitgestellt von Manfred Hardt

Konrad Reiß mit Dr. Robert Hübner im Löberitzer Schachmuseum; Foto bereitgestellt von Konrad Reiß

Bundesligamannschaft VdS Buna Halle 1991/92; bereitgestellt von Reiß, Konrad als Leiter der Autorengruppe/Reinemann, Günter: Schach in Sachsen-Anhalt, Ein junger Landesverband mit alter Tradition, Teil 2: 20 Jahre Verbandsleben, Herausg. LSV Sachsen-Anhalt, Produkt der ORWO NET GmbH Bitterfeld-Wolfen, 1. Aufl. 2010

Ehrenmitgliedschaft Artur Hennings 1. Schweriner SC; Foto mit freundlicher Genehmigung zur Verwendung bereitgestellt von Bernd Segebarth

Artur Hennings - Ulrike Wöhl; Blitz LEM Mecklenburg-Vorpommern Februar 1998; Foto mit freundlicher Genehmigung zur Verwendung bereitgestellt von Bernd Segebarth

Arturs Grabstätte in Schwerin; Foto mit freundlicher Genehmigung zur Verwendung bereitgestellt von Sven Helms