Böblingen 2002
Wie jedes Jahr erwies sich die Zeit vom 26.12.-31.12. in ganz Deutschland schachlich zur wahren "Völkerwanderung". Überall ließ man sich vom königlichen Spiel zum Weihnachtsturnier bitten: während andere in Travemünde, Erfurt, Lampertheim, Bad Neustadt, Düsseldorf oder sonst-noch-wo Schach zelebrierten, entschied sich die SP-Fraktion Kl.N., Normi und Brain (gegenüber der NSP-Fraktion Caro, Reyk, Holly und zeitweise auch Schubi, die einen schachfreien Urlaub genossen) für das 19. Internationale Open in Böblingen in der Nähe von Stuttgart. Nicht nur, weil man wusste, dass auch ein gewisser Willi mit seinen Schwabacher Jungs aufkreuzen würde, sondern auch, weil man der Meinung war, dass man die Weihnachtsturnierkarte in Deutschland etwas erweitern sollte - in Böblingen waren wir eben noch nicht.
Nach separater Anreise für SPs (Wir führten die Motorkühlung selbst durch; nach 300 km schlossen wir die Motorhaube dann!) und NSPs stürzte sich das Trio neben 275 anderen Schachfreunden ins Getümmel. Die sachsen-anhaltinische Beteiligung komplettierte FM Peter Hesse von Rochade Magdeburg. Willi wurde ordnungsgemäß begrüßt, eine (weitere) Überraschung angekündigt und es wurde festgestellt, dass wegen der in Stücke schneidbaren Luft (die Konzentration von Rauch darin war nicht allzu klein) im Analysebereich (für Verlierer und Gewinner gleichermaßen günstig direkt neben der Bar gelegen!) und Garderobe die Jacken ab Runde 2 mit in den Spielsaal genommen werden würden.
3 GM, 9 IM und 10 FM gaben sich am oberen Ende der Startrangliste die Ehre, während Kl.N., Normi und Brain an 241, 87 und 76 gesetzt waren.
Der Tagesablauf sah so aus, dass man 9.00 Uhr die erste Runde des Tages spielte, um vor der Nachmittagsrunde zwecks Essensaufnahme entweder die "Grillpfanne" oder den nach Thailändisch-, Deutsch- und Chinesisch-Veto akzeptierten Italiener aufzusuchen, um mit Willi über das-Schach-fördernde-Aktivitäten zu plauschen. Altbekanntes wurde nochmals nachdrücklich allen klargemacht: Manche Sachen müssen nicht schmecken, sondern nur ihren Zweck erfüllen! Als man dann gegen 20.00 Uhr ob des Analysebereiches genug passiv geraucht hatte, verließ man (schau´ an, schon wieder wegen des Hungers!) das Spiellokal Richtung Unterkunft.
Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass die Geschichten über Narkoleptiker, DEN Braunen Bären und ein sogar Schubi faszinierendes Kartenspiel hoffentlich im NSP-Bericht Platz finden, ein detaillierter, zweifelsohne erforderlicher Beitrag zu diesen Schlagwörtern würde im SP-Bericht eindeutig den Rahmen sprengen.
Zum Schachlichen:
Kl.N. spielte sein erstes großes Turnier und konnte mit insgesamt 3,5 erspielten Punkten wirklich zufrieden sein. Die bekannte Tatsache, dass gute, bessere, fast schon gewonnen-scheinende Stellungen erst einmal gewonnen werden wollen, musste er am eigenen Leib erfahren. Hier fehlen eben die Turnierhärte und die Erfahrung, aber die kommt schon noch. Als er nach verhaltenen 0,5/4 das einzige Mal im "2. Raum" spielen durfte, ereignete sich allerlei Kurioses: Nicht nur, dass Redeschach in diesen Gefilden scheinbar zu den gängigen Gepflogenheiten zählte, nein, auch dass sprichwörtlich Wiedersehen Freude macht, konnte hier beobachtet werden. Kl.N. berichtete uns den Anfang seiner Partie sinngemäß so: "Nach 1.e4 verfiel mein Gegner in 10-minütiges Nachdenken, plötzlich zückte er sein Portemonnaie und kramte ein Partieformular mit der Zugfolge 1.e4 c5 2.Sf3 usw. hervor. Es kurz danach wegpackend zog er a tempo c7-c5. Da ich das Formular auch gesehen hatte, entschied ich mich kurzerhand für 2.Sc3, was meinen Gegner wohl völlig aus der Fassung brachte." "Der geht wohl auch", schien sein Gesichtsausdruck zu fragen. Auch als Kl.N.s Gegner in ein Läuferendspiel mit 4 Minusbauern (er hatte keinen!) abwickelte, wollte Kl.N. nicht in die mit den Worten "Naja, das ist doch jetzt Remis" verpackte Offerte einwilligen. Gut so! Mit diesem Sieg läutete er abschließende 3/5 ein; 3,5/9 bedeuteten Platz 211. Dass das Turnier eine gute Vorbereitung war, zeigt seine Qualifikation zur LEM U18 nur einige Tage später.
Das giftige b3 schlug in Runde 1 in nur 11 Zügen tödlich zu, der im 10. Zug Remis bietende Gegner von Normi erntete zwar nichts Zählbares, dafür aber das Schmunzeln von den Nachbarbrettern.
Selbiges passiert Willi ein paar Runden später. Allerdings ging er nicht als Sieger vom Brett, sondern beendete seine "Totalverweigerung" nach 11 Zügen mit der Aufgabe. Runde 2 spülte Normi bis ganz nach vorne. IM Matthias Duppel kreuzte seinen Weg. Nach Quallenopfer (von wem wohl?) und turbulentem Mittelspiel fand sich Schwarz (nicht der IM) in einem gewonnenem Endspiel (welch´ grausam Wort!) wieder. Leider wurde der Sieggarant Freibauer eingestellt und damit schrumpften auch die Siegchancen auf Null - Remis. Runden später fand sich Herr Duppel bei 5,5/6 wieder und der eine oder andere vermutete wohl das Remis in einer der letzten Runden ...
Nach einer nicht sehr aufregenden Punkteteilung kämpfte unser Mann mehr oder weniger erfolgreich gegen den berühmt-berüchtigten Open-Fahrstuhl. Wäre das Turnier nach 7 Runden beendet worden, wäre es ein gutes Turnier gewesen. Dummerweise waren aber 9 Runden ausgelobt. In den beiden Schlusspartien zeigte sich eine alte Bekannte: die Inkonstanz. Somit blieben 4,5/9 und Rang 126 mit der besten Wertung (für die man sich leider nichts kaufen kann). Ein typisches Normi-Turnier.
Bis zur 8. Runde blieb es Brain vorbehalten, die Hand nur zum Remis oder Sieg hinüberzureichen, dann hatte auch er (s)einen Meister gefunden. Und zwar einen Internationalen! Bei nur einer Niederlage und 3 Siegen wurde 5 Mal der Punkt geteilt. Nach zwei Auftaktsiegen gegen schwächer eingeschätzte Gegner folgten noch 3,5/7 allesamt gegen ELO-Gegner. In Runde 4 dann das Highlight seines Turniers. Gegner: FM Dr. Fahnenschmidt.
Brain wurde bewusst, das nicht nur Lucky Luke schneller als sein Schatten ziehen kann. Ganze 6 Minuten für die ersten 20 Züge verbrauchte der gute Mann, insgesamt 15 für die ganze Partie. Willi gab nach der Partie zu, bei einem historischen Moment dabei gewesen zu sein, nämlich als Dr. Fahnenschmidt mehr als eine Minute in die Partie "reingeschaut" (so heißt das wohl in Franken) hat. Eine forcierte Remisabwicklung war dem FM kurz vor der (für ihn natürlich völlig unwichtigen) Zeitkontrolle zu wenig, stattdessen stellte er eine Figur und damit die Partie ein. Die restlichen 5 Runden, die bis auf die schon erwähnte 0 in Runde 8 alle Remis endeten, waren mehr (interessantes Turmendspiel gegen FM Michalzcak) oder weniger (in Runde 5 schaute sich FM "das Tribunal" Ludwig Deglmann [ein alter Bekannter aus Schwabach] nur die Eröffnung an) ausgekämpft. Insgesamt also ein gutes Ergebnis.
5,5/9 bedeuteten schlussendlich Platz 49. Den Platz an der Sonne teilten sich Rainer Buhmann, Pawel Jaracz und Jan Gustafsson mit je 7,5/9. FM Peter Hesse rangierte auf Platz 41 mit 6/9, auf dieselbe Punktzahl kam auch Willi (38.), der das Feld von hinten aufrollte. Das Ergebnis der anderen Schwabacher Weggefährten FM Ludwig Deglmann 6,5 Pkt./12. Platz und Webmaster Frank Sörgel 5,5 Pkt./ 65. Platz. kann sich allemal sehen lassen.
Nachdem sich die SPs dann am 31.12. so richtig ausschlafen konnten, wurde mit Ambi, Wanze und Coach, die kurz zuvor noch Bad Neustadt unsicher gemacht hatten, in Stuttgart ins neue Jahr gefeiert.
Und schon darf man gespannt darauf warten, welches Weihnachtsturnier 2003 in die nähere Wahl kommt ...
Brain & Brainfreund