XX. Äskulap-Turnier in Görlitz

Am Mittwoch, dem 16.04. machten sich Normi und ich auf den Weg nach Görlitz, in die östlichste Stadt Deutschlands, um bei der 20. Auflage des Äskulap-Turniers dabei zu sein. Bis zum Ostersamstag wollten sich im Hauptturnier insgesamt 108 Teilnehmer im Ostereier Verteilen üben; keiner von ihnen wollte dagegen welche sammeln, jedoch konnte das der eine oder andere nicht verhindern.
Die Jugendherberge wurde nach anfänglichen Schwierigkeiten auch aufgestöbert. Nach abgefaßter Einweisung durch das Jugendherbergspersonal und der Entledigung unserer Sachen im kleinen, aber feinen Zimmer (Da uns Petrus zumindest an den ersten beiden Tagen hold war, wurden wir immer von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Das Fenster blieb die ganze Nacht über offen, und Normi wußte das sogar; aber er konnte sich ja tief in SEINEN Schlafsack flüchten.) gingen wir dann in Richtung Spiellokal.
Bei der Anmeldung trafen wir sogleich die richtige Entscheidung, indem wir uns für das Mittagessen anmeldeten, was dann mehr als nur volle Mägen, nämlich großes Erstaunen ob des wirklich sehr, sehr reichhaltigen, dreigängigen Menus, das preis-leistungstechnisch wohl alles bisher Dagewesene um Längen schlug, verursachte. Sachsen-Anhalt war reichlich im Teilnehmerfeld zu finden. Neben den Stammgästen Frank Schönfeld, Benno Pankrath und Harald Leipold aus Piesteritz war auch ein Magdeburger Quartett mit Mike Stolz, Ulf von Hassel, Hans Schwarz und Christian "Wagi" Wagner vertreten. Hinzu gesellten sich mit GM Roman Slobodjan der amtierende Landesmeister Sachsen-Anhalts, der jetzt allerdings in Berliner Diensten steht, sowie der Zeitzer Blitzlandeseinzelmeister Joachim Just und zweimal Wono. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen.
Nachdem wir uns in dem von Katharina Weiß, (ehemals Wolfen-Nord, jetzt Görlitz) die wir zufällig auf der Straße trafen und die nachher auch im Open mitspielte, beschriebenen Sparmarkt mit Getränken versorgt hatten und lernen mussten, daß ein kleines Softeis besser für das Geschäft ist als ein großes, konnte es losgehen. Die erste Runde brachte Normi ein Rüdersdorfer Nachwuchstalent (HB war natürlich auch vor Ort und hatte jede Menge Jugendliche ins Rennen geschickt) mit denen Normi im Turnier gleich zweimal die Klingen kreuzte, beide Male aber sicher als Sieger vom Platz ging, da er die Theorievarianten immer mindestens einen Zug weiter wußte.
Ich brachte mich, nachdem ich mich endlich in eine vorteilhafte Stellung manövriert hatte, in Runde 1 buchstäblich selbst um. (siehe Partie) Schöni hätte vielleicht nicht sagen sollen, daß die Leute dort viel, viel stärker sind, als ihre Zahlen. Er behielt - wie sich noch an anderer Stelle zeigen sollte - recht. Runde 2 und 3 brachten mir zwei hart erkämpfte Siege, während Normi nach einer Null gegen IM L.Voloshin, der ihn mit noch knapp einer Minute auf der Uhr mit Dame gegen Turm bezwang, in Runde 3 wieder voll punktete.
Auch in der Folgerunde dauerte es bei Normi nicht lange, ehe der volle Punkt eingestrichen war, während ich mich mit meinem Gegner 5 Stunden duellierte, um dann zu erkennen, daß ich mit f- und h-Bauern im Turmendspiel nicht gewinnen konnte. Nachdem ich dann in der zweiten Runde des Tages gegen Stefan Frübing nicht über ein Remis hinauskam (nach einem Generalabtausch lag das Remis bereits in der Luft, aber ich "probierte" noch eine ganze Weile mein Glück, jedoch vergeblich), war ich wahrlich enttäuscht. Es wollte mir nichts so richtig gelingen. In dieser Runde besiegte Normi sehenswert Hans Schwarz, Te6 war wohl der Zug der Partie. In der Vorschlußrunde weilte Normi nicht lange am Brett. Drazen Muse, der spätere Zweite, machte kurzen Prozeß, der jedoch hätte noch kürzer ausfallen können, ja müssen. Mir gelang ein Sieg, so daß ich ebenfalls auf 4/6 kam. Beim Mittagessen wurde dann gemunkelt. Ich hatte so ein ganz und gar nicht gutes Gefühl was die Auslosung anging. Schließlich wollte ich in der letzten Runde mit den weißen Steinen alles versuchen, um das Turnier noch gut zu Ende zu bringen, während Normi sich mit guter Wertung und einem Erfolg in Runde 7 wohl bis in die Preisränge schießen konnte. Und natürlich - wie sollte es anders sein - schlug das Schicksal zu! Worst-Case-Szenario sozusagen! Warum fährt man denn nach Görlitz? Natürlich, man will gegeneinander zocken - man kommt ja sonst nicht dazu!! Aber wie heißt es in einem Sprichwort: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Während ich das Turnier wohl schnell vergessen machen will, wird sich Normi an leichtem Elo- und DWZ-Plus erfreuen können.
Roman Slobodjan führte nach 5 Runden das Feld zusammen mit GM Janis Klovans mit 4,5 Punkten an. Ihre Partie, in der sich Roman leichte Vorteile im Endspiel erspielen konnte, endete nach dramatischer 2. Zeitnotphase Remis, weil Roman keine Zeit mehr zum Mattsetzen blieb. Das wäre es wohl gewesen. Mit einem schnellen Remis in Runde 7 landete er auf dem 6. Platz. Von den übrigen Sachsen-Anhaltinern ist noch Mike Stolz hervorzuheben, der mit 3/3 startete, dann gegen GM Lanka und GM Haba Remis spielte und erst in Runde 6 in GM Zezulkin, der auch das Turnier mit 6/7 gewann, seinen Meister fand. Mit einem Schlußrundensieg landete er am Ende bei 5/7 auf Platz 8. Benno Pankrath spielte das ganze Turnier über vorne mit, erzielte u.a. ein Remis gegen GM Slobodjan!, wurde aber mit einer Niederlage in der Schlussrunde gegen IM Schöne etwas um den Lohn seiner Arbeit gebracht. Die weiteren Platzierungen sind der Endtabelle auf der Ausrichterseite entnehmbar.
Bleibt mir noch, die Verpflegung vor Ort zu loben und festzustellen, daß auch Görlitzer Nächte mit Magdeburger Sangeskünstlern inklusive 3-Zug-Schach sehr lang sein können und das vielleicht doch bald ein Seminar "Elozahlen im Kopf ausrechnen" angeboten werden sollte!

In diesem Sinne, Brain

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