Memorandum zum Vergleich von XIANGQI und SCHACH

(Zusammenfassung vom 21.07.2004)

Fritz Hoffmann (1) Claus Tempelmann (C.T.) darf auf Grund seiner Erfolge vom chinesischen Schach HSIANGTSCHI (HS) begeistert sein. Ob die Kombinationsstrukturen von Schach und HS indessen als gleichwertig zu betrachten sind, bleibt jedoch zweifelhaft.

(2) HS entwickelte sich nach anderen Quellen zur Zeit der Tang-Dynastie, also in der Kultur-Periode vom Anfang des 7. bis zum Ende des 9. Jahrhunderts. Es passt zum Stil dieser Epoche, in der Künste und Wissenschaften in China einen bedeutenden Aufschwung erlebten. Nach C.T. wird aber nun HS seit dem 12. Jh. nach unveränderten Regeln gespielt. Das weist den vergleichenden Forscher zu dem arabischen MANSUBENSCHACH des Mittelalters. Seitdem hat sich unser Schach erheblich weiter- und höherentwickelt. So ist das strategische Kalkül des HS kaum mit der Kombinationsvielfalt des modernen Schachs annähernd gerecht zu vergleichen.

(3) Aus diesem Gedankengang erhebt sich die bis jetzt noch nicht befriedigend beantwortete Detailfrage: Warum riet(en) wohl XIE's Trainer der jungen Frau zum Wechsel vom HS zum Schach, bei dem sie dann bis zur Weltspitze drang und Weltmeisterin wurde?

(4) Wer meint, dass unsere Schachmeister keine oder wenig Ahnung vom HS hatten, irrt zumindest in Teilbereichen. Eins davon ist unser Märchenschach. Es hat günstige Anleihen aus dem HS bezogen. Der britische Märchenschachkönig Dawson z. B. entwickelte aus der chinesischen Kanone (mit Turm-Charakter) den Grashüpfer (mit Damen-Wirkung). Interessant ist die logisch alternative Nachbildung des chinesischen Pferdes in den Märchenfiguren MAO und MOA. Daneben existieren weitere "chinesische Märchenschachfiguren" im modernen Problemschach.

(5) HS soll aus der Tang-Periode stammen (s. o.) oder ein noch höheres Alter aufweisen. Wie ist aber damit die Existenz von Figuren auf dem Spielbrett zu erklären, die Kanonen genannt werden. Artillerie mit Schießpulver-Gebrauch entwickelte sich erst seit dem 14. Jahrhundert in Europa, und Kanonen lernten die Chinesen danach bei den europäischen Eroberern kennen. Wahrscheinlich waren Schleudergeräte frühe Vorbilder für die Schachfigurenbezeichnung, und die Kanonen-Abbildungen kamen erst später dazu.

(6) Darf man dem Laien-Publikum Märchenaufgaben mit chinesischen Figuren anbieten? Im besonderen ist aber das "Vorauswissen" der Schachfreunde von LÖBERITZ in Rechnung zu ziehen. Das wird mit entsprechender Einführung durchaus möglich sein, die Zauberwerke und Kunststücke des modernen Märchenschachs aufzutischen, und die interessierten Schachjünger werden sich 2005 ebenso begeistert daran machen, wie sie 2004 HS gespielt haben ...

Fritz Hoffmann

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