Verführung zur Ratlosigkeit

Ein Psycho-Konstrukt von Fritz Hoffmann

Fritz Hoffmann An die Adresse der "Zeitschrift für Werbepsychologie", die sich mit dem grellen Titel "Der Marktschreier" in die Kioske drängt, einen Schach-Artikel zu senden, das war schon ein sehr gewagtes Vorhaben. Aber mein Essay wurde samt Diagramm-Aufgebot veröffentlicht, und der Chefredakteur, Dr. Rudolf Wandel, war danach geradezu begeistert. Dabei hatte ich nur in Fachkreisen Altbekanntes zusammengefasst, nichts Neues verkündet: – wie Schach in Wort und Bild per Presse und Fernsehen als "Intelligenz-Metapher" zur Werbung für Medikamente, Versicherungen, Autozubehör und was sonst noch alles benutzt wird, – dass aber Schach für sich selbst wohl zu wenig und anspruchslos wirbt.

Ich folgte gern einer Einladung in die Marktschreier-Redaktion, und wir redeten angeregt über Verbindungen von Marketing-Strategie und Schach-Prinzipien in Theorie und Praxis. Dabei entpuppte sich Dr. Wandel als interessierter Zaungast von Schachturnieren "vor Ort" und von Problemkolumnen. Das Angebot von Aufgaben dieser Art bezeichnete er als "Verführung zur Ratlosigkeit", in Nachbarschaft und/oder Zusammenhang mit kommerzieller Werbung böte es einen reizvollen Kontrast zur klaren Beschreibung der jeweiligen Produkte, ihrer Qualität und vielseitigen Verwendbarkeit.
Das "Probe-Programm mit Schlüssel-Versteck", wie ich es beim Schachfestival von 2007 in Dresden präsentiert hatte, hielt er für bestens geeignet, auch den weniger versierten unter den Mitlösenden auf die Sprünge zu helfen. Ich kündigte an, diesen Trick 2008 für Löberitz verfeinert zu wiederholen, schränkte aber zugleich ein, er sei nicht für jede beliebige Aufgabe brauchbar. Für die Löberitzer Schachtage 2008 sei auch ein Problem vorbereitet, das solche "Winke zur Lösung" nicht vertragen würde. Sie entspräche aber doch musterhaft dem Paradoxon von der "Verführung zur Ratlosigkeit", weil zwei Gegenschachmöglichkeiten mit offenem Ausgang einige Verwirrung stiften könnten, die zunächst wohl erst überwunden werden müsste.
Im übrigen handele es sich da, so erläuterte ich den Plan in der Marktschreier-Redaktion, um einen Zweizüger mit weißer Halbbatterie und einen anderen mit schwarzer Halbfessel. - "Da sind wir auf die Reaktion im Turnier-Publikum gespannt!" freute sich Dr. Wandel sozusagen im voraus, und ich wurde freundlich verabschiedet. Hier folgen die beiden versprochenen Aufgaben im Original, begleitet von guten Wünschen des Verfassers für die Löberitzer Schachtage 2008.

Matt in zwei Zügen Matt in zwei Zügen
Matt in zwei Zügen
(Achtung! Aus zwei Ecken droht Gegenschach!)
Matt in zwei Zügen
l. Dc4? - l. Dd3? - l. Dh3? - l. Df8? - l. Tg3?
Was ist der richtige Schlüsselzug?

Zum Seitenanfang