Der Saale-Schachbund

Programm 1. Bundesversammlung

Schon wenige Jahre nach der 1877 in Leipzig erfolgten Gründung des Deutschen Schachbundes gab es ernsthafte Bestrebungen, das schachliche Leben auf den lokalen Ebenen zu verbessern. Dabei waren die im Halleschen Raum existierenden Vereine am schnellsten. Die gemeinsamen Ziele beflügelten die Ideen. Am Sonntag, den 8. Oktober 1882 trafen sich in Zörbig die Vertreter dreier Vereine, um in "Bettmanns Hotel" einen Schachbund zu gründen.
Diese Vereinigung erhielt den Namen "Saale-Schachbund" und wurde somit der erste Landesverband des Deutschen Schachbundes. Gründungsmitglieder waren die Schachclubs aus Halle, Löberitz und Zörbig. Die Interessen ihrer Vereine vertraten dabei Kaufmann Otto Hensel vom Halleschen Schachclub, Ziegeleibesitzer Franz Ohme vom Löberitzer Schachclub und vom Zörbiger Schachclub der Maurer- und Zimmermeister Carl Enke. Desweiteren war neben anderen Vertretern der Eisenbahnsekretär Felix Krauser aus Halle anwesend. Hensel, der später nach Berlin verzog, schrieb 1897 an den damaligen Bundessekretär des Saale-Schachbundes F. Tempel über die vollzogene Gründung:

"Krauser ist aber der Vater des Bundes, Franz Ohme seine Mutter, und ich war die Hebamme."

Mit einem Satz werden hier die Initiatoren des Bundes genannt. Diese gingen nun mit großem Elan an die sich selbst gestellten Aufgaben. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn schon am 21. Januar 1883 die erste Bundesversammlung des neugegründeten Saale-Schachbundes zur Austragung kam. Als Versammlungsort wurde Halle gewählt.
Vormittags, 10.00 Uhr, empfing der Gastgeber die Bundesmitglieder im "Kronprinzen" zu einem Frühschoppen. Im Anschluß kam es 11.00 Uhr zur Generalversammlung. Hier wurde eine Bundessatzung, die sich im wesentlichen nach den Statuten des Deutschen Schachbundes richtete, beschlossen. Nur wenige Punkte wichen davon ab und bezogen sich hauptsächlich auf die lokalen Besonderheiten des Bundes. Aus dieser ältesten Satzung hier einige Auszüge:

§ 1
Zweck des Bundes ist die Förderung des Schachspiels im Saale-Gebiet (Halle a. S. und Umgebung) durch einen regen Verkehr der Bundesmitglieder untereinander, durch regelmäßig mindestens 2mal im Jahre abzuhaltende, mit Turnieren zu verbindende Bundesversammlungen, sowie durch Korrespondenzpartien, welche die zum Bunde gehörigen Clubs oder Einzelmitglieder desselben untereinander veranstalten.

§ 4
Mit der Verwaltung der Bundesangelegenheiten wird ein Ausschuß betreut, zu welchem jeder zum Bunde gehörige Club ein Mitglied aus seiner Mitte wählt. Die Ausschußmitglieder wählen sich einen Bundessekretär, welchem die Führung der gesamten Korrespondenz usw. obliegt.

Nach der Delegiertenversammlung und dem Mittagessen konnten nachmittags 2.00 Uhr die Turniere beginnen. Im Hauptturnier, das im KO-System ausgetragen wurde, siegte der in Halle immatrikulierte Medizinstudent Siegbert Tarrasch, der das Endspiel gegen Otto Rosenbaum (Dessau) gewann. Eine Fahrt zur Saalschloßbrauerei an der Pferderennbahn oder ein Spaziergang durch die Stadt überbrückte die Zeit für die Gäste, die sich nicht an den Turnieren beteiligten, bis zum gemeinsamen Abendessen.
An den Turnieren beteiligten sich über 50 Schachfreunde, darunter auch viele Löberitzer. Die Gründungsetappe wurde somit für alle Beteiligten erfolgreich abgeschlossen. Nun mußte man daran gehen, den jungen Bund zu vergrößern und vor allem dadurch das Schachspiel noch mehr zu verbreiten. Die hier geplanten Bundeskongresse hatten also schon jetzt ihre Aufgaben.

Konrad Reiß

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