Ramada-Cup Köln-Brühl 2005

Mikly Warum eigentlich ein Qualifikationsturnier spielen, wenn die Qualifikation bereits erfolgte? Nun, aus demselben Grund wie bei jeder Teilnahme - zum Erhalt der Spielpraxis, als "Fingerübung". Und das gestaltet sich bei dieser Turnierserie relativ bequem, da komprimiert an einem verlängerten Wochenende sich der Aufwand für bruttosoziale Produzenten in überschaubaren Grenzen hält und die starre Gruppeneinteilung weist zudem einige Reize auf. Über weitere Gründe lässt sich ebenso ramadatrefflich streiten, wie die Meinungen dazu tatsächlich divergieren. Unter denjenigen, die an diesen Turnieren nicht teilnehmen, ist die Ansicht weit verbreitet, es gäbe bei dieser Amateurmeisterschaft ja schließlich nichts zu gewinnen. Unter Anschluss ernte ich jedoch in Gesprächen mit solchen die teilnehmen recht häufig eine vertikale Verschiebung der Augenbrauen. Die ausgegebenen Hotelgutscheine gelten ihnen also in der Scheuer durchaus als werthaltig. Sie berichten strahlend von zwei schönen Wochenenden, die sie am jeweiligen Einlösungsort in trauter Zweisamkeit verbracht hätten. Sicher hängt die Affinität zu Hotelübernachtungen in irgendeiner Stadt auch von den Lebensumständen des Belohnten ab und ganz sicher sind es die Amateure gewohnt im Zusammenhang mit ihrem Hobby Geld mitzubringen und eben nicht mitzunehmen. Da die meisten notorische Ramadaner sind, stiege die Attraktivität der Auslobungen allerdings deutlich, wären sie für ein anderes Qualifikationsturnier und mehr noch, für das gleichzeitig erreichte Finale verwendbar. Tatsächlich aber hat der erfolgreiche Spieler nicht nur die Reiseaufwändungen für seinen Gewinn zu tragen, sondern auch noch die für das Finale inklusive der zumeist erforderlichen Übernachtungen versteht sich. Es ist kaum anzunehmen, dass die Kalkulation der Ramada-Hotelgruppe insgesamt nicht aufgeht.
Doch wir waren bei .. "Fingerübungen" .. Wie jedes Jahr nahm ich also auch das dritte Heimspiel (jeweils die Veranstaltungen im Osten, Norden und Westen) in der Kölner Nachbarstadt wieder wahr. Am Freitag früh noch ins Büro und dann über den Rhein zur Anmeldung wo ich zu meiner Überraschung ganz alleine ein kleines Löberitzer Fähnlein zaghaft in die Sonne streckte, denn kein Ritter schlich weit und breit durch die Flure. Diese waren dafür vollgestopft mit Wartelistigen, die letztlich zur fürwahr stolzen Zahl von 368 ihr Scherflein beitrugen. Nach dem bekannten Prozedere senkten sich dann allmählich die Linsen ins Quadrat, wo sich die meinen mit denen eines Vertreters der Köln-Mülheimer Jugendschmiede kreuzten. Nach einigen weniger gelungenen Entwürfen musste ich meine Bemühungen einstellen und das dargebrachte Friedensangebot annehmen. Runde 2 wurde heftig geprägt von einem mutigen Einfall meines Gegners, der zum Ende der Eröffnung zwei Figuren für Turm plus zwei Bauern gab. Doch die wenig dynamische Struktur und mangelhafte Aktivität seiner Türme versagten dem tapferen Stuttgarter den Erfolg. Die Freiluftanalyse hernach offenbarte indes nicht nur einige interessante Alternativen. Mit einigem Erstaunen nahm ich zur Kenntnis, dass der gründliche Schwabe bestens über mich informiert war und nicht nur über mich sondern offenbar ob seiner eigenen bereits erzielten Finalqualifikation über sämtliche Finalisten!
Amateurmeisterschaft?? Es scheint sich vorzugsweise eine bestimmte Teilgruppe aus dem Heer der Amateure besonders gerne in den Ramadas zu suhlen - sie stehen in Ehrgeiz und Ernsthaftigkeit im Rahmen ihrer Teilzeitmöglichkeiten den Profis kaum nach. Die Intention der Turnierserie hat voll eingeschlagen - all jene, die ansonsten keinerlei realistische Chance haben jenseits der lokalen Vereinsgrenzen schachsportlich in einem gewissen Rampenlicht zu stehen, und sei es auch nur eine etwas bessere Taschenlampe, sehen hier eine echte Chance unter Ihresgleichen mal ein wenig gleicher zu sein, den vielen Jahren bedeutungsloser Mittelmäßigkeit ein längst verdientes Sternchen anzuheften, ein wenig Schimmer als Lohn für die Ackerei und Plackerei, den endlosen Stillstand, die stets ernüchternde Erfahrung der ewigen sportlichen Begrenztheit, einzufangen. So herum wird jeglicher materielle Preis ad absurdum geführt, denn die immateriellen Güter dieser Turniere belegen ihre eigentliche Werthaftigkeit - sie quadrieren die mediokren Kreise, ein fulminanter Geniestreich des DSB, dem keineswegs nur augenzwinkernde Beachtung gebührt!
Doch wir waren bei .. "Fingerübungen" ..
Samstag früh wie Freitag früh wieder Köln-Mülheimer Jugendarbeit gegenübersitzend gelingt mir mit einigen Abstrichen mal so etwas wie eine stringente Partie, deren später Erfolg sich via ungleicher Läufer bei drei Schwächen einstellt. 2,5 aus 3 .. - das lässt sich erstaunlich gut an! Am Nachmittag dann mit Weiß gegen einen von nur noch drei Hundertprozentigen. Irgendwie schaffe ich den Aufzug von Druckspiel, habe bequeme Stellung und reichlich Zeitvorteil und .. stelle einzügig eine Figur ein! Freudestrahlend erzählt mir mein Gegner hernach von seinen 4/4 habe er nunmehr die dritte Partie dieser Art als Geschenk erhalten. So geht es also auch ..
Mir halfen dann auch die Lü'schen Analysen nebst Zeltinger Band im Engelshof am Abend nicht mehr, denn am Sonntag kam es noch besser - nach einem sehr zweifelhaften Opfer des Mitorganisators vom nahen Hockenheim verdarb ich durch gravierende Konzentrationsmängel die Gewinnstellung noch erst zum Remis und schließlich folgerichtig zum Verlust. Nein, beim Karpow-Simultan am Vorabend des Finales für 75 Euro werde ich nicht teilnehmen. Fazit? Zwei dicke Chancen zu einem guten Turnierabschluss ausgelassen und der katastrophalen Bilanz dieser Saison noch einen drauf gesetzt. Von den immateriellen Gütern bleibe ich so entfernt wie ehedem. Dafür hat sich der Frühling in den Garten geschlichen und der kündet von Immateriellem hinter Immateriellem.

Mikly

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