Äskulap-Turnier 2006

Schneegör und Zeitfeder

Sonnenuntergang in echt Die zeitliche Komponente begann bereits zu Beginn der Touren etwas zu federn, als weder Holly noch ich wie geplant unsere Büros verlassen durften und somit Verena und Susann (nein, nein, zu Babs und Babsi wurden die beiden erst viel später ..) auf die berühmtberüchtigte Porzer Shopping-Meile nötigten.
Akkurat dann allerdings exakt bei Eintreffen in Zörbig am späteren Vorosterfreitagsabend brach der Auspuff meines Wagens und schepperte ordentlich auf der Querstrebe. Konrad rief den lokalen Meister, der uns zu nächtlicher Stunde seine Werkstatt öffnete um in bester kollegialer Freundlichkeit gute alte deutsche Handwerksgründlichkeit rund um das edle Versatzstück zu leisten und somit unsere Weiterfahrt anderntags wie erhofft zu ermöglichen. Herzlichen Dank nochmals dafür!
Erstaunlich gut frequentiertes Blitzschach So blieb der Tross am frühen Samstag Morgen vollständig und schaffte relativ geschlossen die Route via Jelenia Gora und den Pass bei Karpacz nach Pec pod Snezku, wo wir auf die zwei separat angereisten Fahrzeuge von Jürgen und Thomas trafen. Während sich die Direktaufsteiger Katharina, Holly und Brain alsdann bereits auf Wanderschaft begeben hatten, warteten wir geduldig auf die Seilbahn, die uns schließlich nebst Gepäck auf die nahezu unveränderte Ruzohorky-Baude brachte. Die Sonne war mit uns gereist und hatte, trotz Mitte April, auf 1200 Meter Höhe eine beschauliche Restschneedecke für uns übrig gelassen.
Dana, Janis, Helena Die abendliche Einführung geriet mit den berühmten Knödeln sowie Janis' Blitzpremiere vielversprechend. Doch über Nacht zogen wie vorhergesagt Schneewolken auf und diese sollten sich bis zum sonnigen Abreisetag auch nicht mehr verziehen und uns dabei mit gut 40 cm Neuschnee eindecken. Der obligatorische Gipfelsturm auf die Schneekoppe am ersten Tag wurde zu einem Schaulaufen für Janis, der trotz einer 15-Kilolast Helena zusammen mit Dana locker als Erster die hohe Grenze nach Polen überschritt. Offensichtlich wirkt ein einjähriges Von Dresden im März noch nicht genug: 40 cm Neuschnee Angolatraining in der sowjetischen Armee ein Leben lang nach. Dagegen taten sich einige unserer Teenager mit den Aufstiegen der Tage doch überraschend schwer, woraus sich die Anregung an Normi ableiten mag, ins Trainingsprogramm vielleicht ab und an mal ein paar Steigerungsläufe einzuflechten und vielleicht am besten bei Sonnenuntergang, auch wenn diesen manche Ableger viel lieber auf dem Fernsehschirm bestaunen mögen .. ;-)
Mikly und die umtriebige Helena Ansonsten verlief die Zeit in der üblichen geselligen Atmosphäre, diesmal garniert durch Helenas höchst umtriebige Aufmerksamkeitsmaßnahmen inklusive einiger mobiliarer Neuordnungen und dem Wermutstropfen der Erkrankung von Helenas Alterspendant Pascal, welcher Bärbel und Thomas leider zur Rückfahrt nach nur einer Nacht veranlasste. Das Rosenbergsblitz blieb ohne Überraschungen und war von Hollys bekanntermaßen höchst bissigem Ehrgeiz, insbesondere gegen das bettelnde Jungdamenvolk, gekennzeichnet. Die präsidiale Hackordnung blieb ungefährdet. Im Spieleprogramm waren die üblichen Verdächtigen vertreten mit einer gewissen Renaissance Akrobatin des eigentlich schon wieder outen Sudoku, zudem einer doch ziemlich überraschend hohen Frequentierung des Blitzschachs und gar noch einer winzigen Reminiszenz an das gute alte Altenburger Skat (Brain errechnete adhoc grob 1,3 Billionen Blattvarianten)! Die Lektürebandbreite reichte von der vernetzten Intelligenz über das seidelrezensierte "Die Plätze der Stadt" bis zum triebhaften Stern. Kulinarisch fand die Knoblauchsuppe des beliebten Pecer "Enzian Grill" geschätzten Einzug in unbedingt zu wiederholende Genüsse. Fleißig gewandert wurde selbstverständlich auch, wobei sich diesmal Dana zum Kilometerfresser bergab wie aufschwang und auch vor wadenmalträtierender Schneedeckenverharschung nicht zurückschreckte.
Champagner-Nachtschmaus Sprachschatzerweiterungen wurden wesentlich von Helena inspiriert, vor allem durch die Worte "koperz" (warum) und "Fui!" (Pfui!), wohingegen die musikalischen Komponenten Susann ("Beat it") und Katharina per Helenaablenkung der Armbestandteile nebst Mäuschen oblagen. Die Tradition des Gruppenbildes vor der Baude entfiel diesmal zugunsten der Indoor-Variante, wurde aber dafür harmonisch mit den neuen Sponsor-Trikots bestückt. Die andere Tradition des NachderSaisonistvorderSaison-Ausblicks verzögerte sich derweil bis zum letzten Abend, als Bekkas Teamskizzen zur ungewohnt dissonanten Unendlich müde Meinungsverhärtung führten. Frei nach der cineastischen Vorlage "Theo gegen den Rest der Welt" kullerte manch' Träne aus den Äpfeln am Fuße des Birnbaums, bis der Geschäftsführer flugs in wenigen Sekunden mit ein paar Federstrichen die gordischen Knoten zerschlug, wonach das gallische Dorf wieder feuchtfröhlich gemeinschaftlich vereint feierte und dabei den Zaubertränken bis zur Glasigkeit zusprach. Laut Brain wird es daher künftig auf mindestens einem Shirt noch andere Bekennungen als jene von "kki" zu bewundern geben wie wohl "Uwi, find' ich gut!".
Kulturhauptstadt-Träume Von der sich wieder breit machenden Frühlingssonne geweckt, gefrühstückt, ausgecheckt und abgereist - der Tross dümpelte über den Pass zurück und teilte sich bei Görlitz in die Heimfahrer und diejenigen, welche sich in der Fastkulturhauptstadt Europas 2010 turnierlastig einquartierten. Bis auf die Leipziger Fraktion Franzi und Normi wurde die Pension "Zur goldenen Feder" in der Altstadt und nahe dem Spiellokal unsere neue und ausgesprochen angenehme Herberge. Personell verabschiedeten wir noch Abundzulieferer Uwi(!) Rioja-CarlosI-Cigars und speisten das erste Mahl mit Verenas Ex Jens, der via Dresden-Görlitz-Dresden die Auswechslung von Susann gegen Steffi aka Gollum vornahm. Müde und abgekämpft nach der ersten Turnierrunde kredenzte uns Janis im üppigen Dachzimmer, fast einer Wohnung gleichend, noch Champagner und Häppchen, das TV die bittere Pauli-Pleite, Helena erstaunliche Akrobatik und das gegenüberliegende kleine Programmkino der Artemis-Galerie noch etwas Straßenflair, bevor uns alsbald die zeitig beginnende erste Doppelrunde zum Tagesschluss mahnte.
Roter Hirsch zu Görlitz So behielten wir die Ernährungsgewohnheiten des Rosenberges auch in Görlitz bei und versorgten eine ganze Reihe netter Lokale ("Schwibbogen" à la Himmelreich, Fernetmengenrabatt und dem Zipfelpass, "Rasputin" à la kirgisischem Kellner mit verschiedenensprachigen, doch inhaltlich gleichen Geschichten für Steffi und Janis und natürlich einer Menge Russki Standart, "Spundloch" à la Hoyerswerderaner Saucenhose und Verenas Schachundsonstwiefixierung .. uswusf.) mit einem kleinen Plus an Kundschaft unterschiedlichster Zusammensetzung. Doch die Zeit begann mit Vehemenz auf ihre bestimmende Rolle zu pochen Zeitzwinkern beginnt: Jumbo vs. Normi und sie tat es teilweise durchaus mit einem deutlichen Augenzwinkern. So z.B. als wir uns während eines mittagspäuslichen Schlenderns spontan zwecks Einkehr für "Zum Pauker" (die Auswahl reichte u.a. von Strauß über Känguru bis Krokodil), eines der zahlreichen Lokale, entschieden und dort .. Franzi und Normi vorfanden! Nachdem die beiden weitergezogen waren, erschienen uns ebendort noch .. Dana, Janis und Helena! Das alles natürlich ohne jegliche Absprache oder sonstiger Kenntnis von jedwedem Vorhaben.
Gohliser Duett: Sandra und Franzi Noch freundlicher meinte es die Zeit allerdings im wettkampfbezogenen Teil und da vor allem im Sinne wohlerarbeiteten Glücks mit Normi. Der Reihe nach ..: Die Auftaktrunde am Mittwoch abend verlief für unsere Protagonisten noch völlig erwartungsgemäß als Franzi und ich als in der zweiten Hälfte Gesetzte gegen unsere IMs ebenso die Segel streichen durften wie die Gegner von Normi und Dana.
Während es für Dana, Franzi und mich auch fortan in relativ normaler Spur blieb, setzte es bereits in Runde Schach in Zgorzelec 2 eine höchst bemerkenswerte Duftnote unseres saisonalen Überfliegers. Nach Bekunden beider Akteure stand GM Jens-Uwe Maiwald mit den weißen Steinen etwa 20 Züge lang klar auf Gewinn, vermochte indes trotz aller Mühen nebst erheblichem Zeitverbrauch nicht den entscheidenden Haken zu setzen und hätte schlussendlich mit Dame gegen Turm und Läufer bei jeweils einigen Bauern einen völlig aussichtslosen Kampf gegen die minimale Restzeit zu führen gehabt, als Normi ihm das Remis offerierte. Schade, dass kein Fairnesspreis ausgeschrieben war – Normi wäre sicher ein heißer Kandidat gewesen. :-)
Dana trotzt Zezulkin Am Nachmittag ließ er mit Weiß nichts anbrennen und der nächste Vormittag bescherte ihm mit Jakub Czakon einen starken IM, dem er .. widerstand! Der Nachmittag brachte mit Donchenko den nächsten IM und eine Verluststellung mit einer glatten Minusfigur, aber .. auch Donchenko hatte extrem viel mehr Zeit verbraucht und musste sich in eine Zugwiederholung retten! Zum Auftakt der Schlußdoppelrunde wartete der starke FM Günther Jahnel aus Hoyerswerda. Bestens von Verena eingestellt spielte er mit den schwarzen Steinen Normi regelrecht an die Wand, gab mit näher rückender Zeitkontrolle die Vorteile jedoch weitgehend wieder ab und Turniersaal überschritt trotz dreier Minuten für drei noch zu absolvierende Züge bei allerdings recht variantenreicher Stellung .. die Zeit! Das Schlussremis gegen den einzigen Dana-Bezwinger Pakleza rundete dann die phänomenale Vorstellung zum 10. Platz sowie einer Performance von 2471 (!!) ab, was zusammen mit der ebenfalls unbezwungen verlaufenen Oberligarunde zu einer weiteren Eruption auf Normis Ratingskala führen dürfte. Bemerkenswert übrigens in diesem Zusammenhang die überaus positive Wertungsentwicklung der Leipziger WG seit ihrem Bestehen .. ;-)
TV-Profi Helena Daran ändert auch nichts die Görlitzer Momentaufnahme für Franzi, die sich über alle Runden in den Ergebnissen recht strikt an die jeweilige Wertungsverteilung hielt und am Ende bei 50% einkam. Dana nahm es schon nicht mehr ganz so genau, tat sich anfangs und endlich etwas schwer, trotzte aber zwischendurch GM Zezulkin ein Remis ab und verfehlte an 18 gesetzt auf 17 hauchdünn die allgemeinen Preisränge, holte sich aber den Sonderpreis für die beste Teilnehmerin dank besserer Feinwertung vor Franzis Vereinskollegin Sandra Ulms, auf den sie gleichwohl noch wird etwa zwei Monate (Löberitzer Ehrenpreisturnier) warten müssen.
Gollum, Helena Meinereiner nahm es mit den Ratingvorgaben noch ungenauer und das vor allem am schwarzen 13.April, als ich bei klar gewonnenem Endspiel gegen die Potsdamer Nachwuchshoffnung Marleen Vollak vorzeitig die Arbeit einstellte und mir hernach gegen Lokalmatador Praum ein missratenes Eröffnungsexperiment erlaubte. Nach drei weiteren normal absolvierten Runden dann zur letzten Runde wie vor 2 Jahren schon gehabt die zwanghafte und diesmal erfolgreichere Remisvermeidungstracht gegen einen der Piesteritzer Jungs. Der Remisdruck war diesmal noch umso größer, da Dana unbedingt noch Donizettis "Viva la mama" in der Semperoper zu Dresden erreichen wollte. Wir trafen schließlich pünktlich um halb acht an der Opernkasse ein, doch dort wollte man Dana und Janis die beiden übrigen Karten nicht mehr verkaufen, da die Vorstellung vor einer Minute Görlitz unrenoviert angefangen habe. Das Zeitzwinkern war also nicht gen Westen mitgereist und womöglich hoffnungslos verliebt auf Normi ruhen geblieben .. "Las tapas" an der Frauenkirche war es vorbehalten den Frust kulinarisch zu mildern, was anderntags nochmals zur Stärkung diente, als Chevalier eintrudelte um für Danas Familie den Weg nach Berlin zu ebnen, während wir Verenas kleine Familie aufsammelten um dem Regen in den tiefen Westen zu entweichen.

Mikly

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