Schlosspark-Open Wiesbaden 2013

Vertrübung

Jeanne-Schütz-Haus Auch der Wiesbadener Schachverein ist alt, sehr alt. 1885 steht über dem Eingang zum Jeanne-Schütz-Haus am Biebricher Schlosspark. Noch liegt der so schön um die Ecke. Da lässt sich mal zur Teilnahme am 25. Schlosspark-Open ein verlängertes Wochenende kürzen, je nach Betrachtungsweise. Eigentlicher Auslöser dafür aber ist Anita, die den Reigen der Offenbach-Abschiedsbesucher um fast ein Dutzend Tage ergänzt, dieses Open en Passant zum Auslöser nehmend. En Passant repräsentiert sie mit der Teilnahme auch die ungarische Schachnation, die über alle Turnierauflagen seit 1981 hinweg die größte ausländische Spielergruppe stellt.

Anita Sonnig begann es. Kein Salat im H2O, aber nach dem leichten Aufgalopp blieb es auch den Freitag über noch recht hell. Dem ordentlichen Schwarz-Remis folgte allerdings ein jugendlicher Gegner und so standen immer noch akzeptable fünfzig Prozent zu Buche, sowie gar 100% bei Anita. Der Samstagvormittag missriet hingegen. Erneut saß mir die Jugend gegenüber und meine jüngste Bilanz gegen derlei Opponenten weitete sich auf ganze null aus sechs. Aufgrund seiner typisch hinterherhinkenden Elozahl war das Turnier damit im Grunde auch schon wieder gelaufen, da war kaum noch etwas zu erben. Am Spitzenbrett brachte Anita den Turnierfavoriten Khenkin zwar ordentlich ins Schwitzen, sich selbst aber mit einer kleinen späten Unachtsamkeit um den Ertrag. Am Nachmittag ließ sie ein Remis folgen, während es die Auslosung mit mir fortan bitterböse meinte.

Analyse, Außenbereich Ich erhielt einen völlig Wertungslosen zugesprochen! Wie mir der freundliche Chemiker hernach erzählte, hatte er vor 33 Jahren zum Studium die Klötzchen in den Kasten gelegt und erst mit diesem Turnier wieder in die Hand genommen. Dafür waren seine 2/4 zu jenem Zeitpunkt mehr als beachtlich, wenn auch sehr zu meinem Leidwesen. Es zog sich zu, Regen setzte ein.

So ging es auch am Sonntag weiter, ein Eloloser. Es wurde eine lange und kräftezehrende Partie mit dem glücklicheren Ende für mich. 20 Minuten vor der Schlussrunde wurden die Paarungen bekanntgegeben. Diesmal hatte mein Gegner Zahlen, und zwar reichlich. Und ich bekam zur Belohnung für den zuvor gezeigten Kampf nochmal.. Schwarz. Trotzdem bringe ich ihn ins Schwitzen, mich aber mit einer kleinen späten Unachtsamkeit um den Ertrag.

Figurenheizung Ich bin ungerecht. Und doch, statt in der sechsten Runde zu siegen, wäre ich höchstwahrscheinlich mit einem Remis aufgrund der Paarungsarithmetik besser aus dem Turnier gekommen. Die Elonen aus Riga sind jedenfalls erst mal wieder futsch.

Anita jedoch gelang zum Ende nochmal ein Doppelschlag - 5,5/7 bedeuten eine sehr beachtliche Ausbeute und Platz 10 im Endklassement. Höher dotiert ist der Frauensonderpreis, den ihr Annelen Carow überraschenderweise beinahe noch streitig gemacht hätte. Diese hielt sich dann aber lieber mit dem Ratinggruppensonderpreis schadlos, der wiederum höher dotiert war. Bemerkenswert auch die doppelt vorzügliche Leistung aus dem Hause Carow, denn ihr Bruder Johannes (‚Ich zeig' Dir, wo das Brötchen die Körner hat.') gab lediglich gegen zwei GM je ein Remis ab. Zur besten Partie des Turniers wurde nicht so überraschend einer der zahlreichen Erfolge des Frankfurter BvK-Spielers Karabalis gekürt.

ELO-Ausfahrt verpasst? Insgesamt ein gut organisiertes Turnier mit guten Spielbedingungen in einem hübschen Wiesbadener Stadtteil. Allerdings ist eine Bedenkzeit von 90 Minuten plus 30 Minuten (nach 40 Zügen) plus 30 Sekunden pro Zug eindeutig zu viel für drei Doppelrunden. So manche arme Wurst bekam sozusagen nicht mal mehr ein Würstchen zwischen den Partien, 20 Minuten nur für Entspannen, Essen, Vorbereiten, u. U. waren 12 Stunden pro Tag quasi ununterbrochen zu absolvieren. Darauf angesprochen meinte der bewährte Turnierleiter Post, einigen Spielern sei das sogar noch zu wenig Bedenkzeit. Sicher, man muss den allgemeinen Trend der Bedenkzeitverkürzung nicht unbedingt gutheißen. Schwer verständlich ist aber, wenn für eine einzige Partie am Tag, wie z.B. in Lito Mysl oder eben in Riga, lediglich die kurze Zeit (90 Minuten plus 30 Sekunden Inkrement) verwendet wird, bei doppelrundigen Turnieren hingegen die lang und längere Variante. Genau umgekehrt wäre es nachvollziehbar.

Siegerehrung Die für 20 Uhr anvisierte Siegerehrung verzögerte sich dann auch um eine glatte Stunde aufgrund eines (erfolgreichen) Versuchs, mit Turm und Läufer gegen Turm matt zu setzen.

Es regnet.

Mikly

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